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LH und BM: Keine Zeit für die Pride.

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Am Samstag ist in Bozen die erste Pride Südtirols über die Bühne gegangen, doch sowohl der neue rechte Bürgermeister der Landeshauptstadt, Claudio Corrarati, der der Veranstaltung die Schirmherrschaft verweigert hat, als auch Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) waren nicht dabei. Sie hatten besseres — und selbstredend wichtigeres — zu tun.

Das ist ein richtiges Armutszeugnis und ein bedauerliches Signal in Richtung der queeren Community in Südtirol, aber auch aller, die sich für ein offenes und inklusives Südtirol engagieren: Am sogenannten Christopher Street Day hat man als Bürgermeister und als Landeshauptmann genausowenig wichtigere Termine wie zum Beispiel am 27. Jänner. Dies umso weniger, als es sich bei der Südtirolo Pride ja um die erste derartige Veranstaltung in Südtirol gehandelt hat. Und auch die schrecklichen Vorkommnisse im Vorfeld, mit einem Koalitionspartner der gegen die Pride-Flagge niemand geringeren als Goebbels in Stellung bringt und einem Vize-Landeshauptmann, der die Regenbogenflagge wegräumen lässt, bevor er den Pressesaal betritt, hätten ein klares Zeichen von Corrarati und Kompatscher nötig gemacht.

Stattdessen auffälliges Schweigen. Beide Herren haben der Veranstaltung nicht nur anderes vorgezogen, sondern noch nicht einmal auf ihren Social-Media-Kanälen irgendetwas — eine Ermunterung, ein Glückwunsch, eine Entschuldigung für ihr Fernbleiben — veröffentlicht. Auf den institutionellen Seiten von Land und Gemeinden sucht man eine Pressemitteilung ebenfalls vergeblich.

Die von Kompatscher während des Pride-Monats im Raum der Landespressekonferenz aufgestellte Regenbogenflagge ist da nicht viel mehr als ein Feigenblatt für die Koalition mit den Faschos.

Obwohl das im Grunde ja bereits klar sein sollte, finde ich es dennoch empörend und enttäuschend.

Cëla enghe: 01 02 03 04 | 05 06 | 07



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Comentârs

5 responses to “LH und BM: Keine Zeit für die Pride.”

  1. Harald Knoflach avatar
    Harald Knoflach

    Ich stimme dir zu, dass das öffentliche Ignorieren unschön ist – eben auch angesichts der Vorgeschichte – aber einen Teilnahmezwang würde ich daraus nicht ableiten. Und vielleicht wollte er auch nur nicht mit Terrorismus-Apologeten marschieren.
    Wie gesagt – eine offizielle Sichtbarmachung von politischer Seite hätte man sich aber schon erwarten dürfen.

    1. Simon avatar

      Von Teilnahmezwang ist ja auch nicht die Rede, den gibt es auch am 27. Jänner nicht.

      Und vielleicht wollte er auch nur nicht mit Terrorismus-Apologeten marschieren.

      Dann hätte er / hätten sie das kommunizieren sollen.

      1. Harald Knoflach avatar
        Harald Knoflach

        Klar gibt es keinen Teilnahmezwang. Aber du suggerierst einen moralischen Teilnahmezwang, indem du das Fernbleiben als “empörend” bezeichnest.

        Dann hätte er / hätten sie das kommunizieren sollen.

        ich sage ja – das Problem ist das Ignorieren/Stillschweigen

  2. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Ich frage mich, was geschehen wäre, wenn jemand im Sinne der Toleranz mit einem Transparent mit der Aufschrift “Freiheit für Katalonien” oder gar “Freiheit für Südtirol” teilgenommen hätte. Ob das die Toleranz wohl toleriert hätte?

  3. Martin Daniel avatar
    Martin Daniel

    Die Frage ist, ob eine institutionelle Figur wie der LH sich durch seine Präsenz das Gesamtpaket der Anliegen des Pride zu eigen machen sollte. Wenn man sich das politische Manifest des Südtirolo Pride ansieht, dann hat Roland Stauder zum Teil nicht ganz unrecht damit, dass dieses weit über die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Nichtdiskriminierung und Gleichberechtigung, die die allermeisten teilten, hinausgeht und weit ins Politisch-Ideologische hineingreift.
    Das Manifest (https://pride.bz.it/wp-content/uploads/2025/06/POLITISCHES-MANIFEST.pdf) beinhaltet alle Kernthemen der klassischen US-amerikanischen Identitätspolitik, deren Positionen auch innerhalb des progressiven Lagers heftig umstritten sind (man siehe Susan Neimans “Left is not woke”, Altfeminismus (z.B. Alice Schwarzer) vs. intersektionalen Feminismus, Trans-Exclusionary Radical Feminist etc.). So steht dieses Manifest z.B.:
    – Für eine intersektionale queer- und trans_feministische Perspektive: … wir werden konsequent im rassistischen, kapitalistischen, ableistischen cis-hetero Patriarchat unterdrückt.
    – Für eine Kritik am kapitalistischen System: Wir setzen uns für eine Pride ein, die sich dem Kapitalismus widersetzt. Wir erkennen an, dass der Kapitalismus auf der Ausbeutung der Erde und ihrer Lebewesen beruht, und wir wollen uns so weit als möglich von diesem System befreien.
    – FREI ZU WACHSEN: EINE SCHULE FÜR ALLE: Alle Schüler*innen müssen ihren gewählten Namen nutzen dürfen – auch ohne amtliche Namensänderung (Alias-Karriere). Geschlechtsneutrale Toiletten, die Anerkennung der Geschlechtsidentität sowie diskriminierungsfreie Kleidungsvorgaben (z.B. ohne Farbzuweisungen) sind dafür ebenso notwendig wie inklusive Sprache in Formularen und Schulkommunikation.
    Sichtbarkeit queerer Perspektiven gehört in den Unterricht: durch Inhalte, Vorbilder und queere Schüler*innengruppen. Auch Gedenk- und Aktionstage wie der Pride Month oder der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter-, und Transphobie (IDAHOBIT) sollen schulisch gewürdigt werden.
    – Für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch: Auch in der Provinz Bozen ist das Recht auf Schwangerschaftsabbruch nicht immer gewährleistet. Ein Schwangerschaftsabbruch kann nur in den Krankenhäusern Bozen und Meran vorgenommen werden und der Prozentsatz des Personals, das die Durchführung aus Gewissensgründen verweigert, ist mit 87,2% unter den höchsten in ganz Italien. (Frage: Will man Ärzte zwingen können?)
    – Würde und Respekt für alle Menschen: Wir fordern die Anerkennung der Geschlechtsidentität aller Menschen. Die Änderung von Namen und Geschlechtseintrag soll auf Selbstbestimmung beruhen.
    – Für ein Ende von Genoziden, Terror und bewaffneten Konflikten: Wir fordern ein Ende des Völkermords in Palästina und anderer Völkermorde, wie jener in Myanmar, im Sudan oder in der Demokratischen Republik Kongo. Wir stehen für das Recht der Völker auf Selbstbestimmung, für ein freies Palästina ein
    – Wir lehnen ein System ab, das die Freiheit von Menschen nach ihrem Reisepass bemisst. Während einige aufgrund ihres Geburtsortes privilegiert sind, werden andere dazu gezwungen, ihr Leben zu riskieren, um staatliche Grenzen zu überwinden (-> die offenen Grenzen, von denen Stauder spricht);
    – Wir fordern das Recht auf Inklusion durch die Einführung von Gesetzen wie das Ius soli, Ius culturae und Ius scholae, damit alle Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft – ohne rechtliche Hürden leben und aufwachsen können, die ihre Freiheit oder ihr Recht auf Zugehörigkeit einschränken.
    – Wir fordern, dass alle Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung, einschließlich jener der sozialen Dienste, der Bildungseinrichtungen und der Ordnungskräfte, verpflichtende Fortbildungen zu Antirassismus und struktureller Diskriminierung erhalten.
    – Für die Entkriminalisierung der Sexarbeit
    – Wir fordern die rechtliche Anerkennung aller Familien, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, die Möglichkeit zur Ehe für alle für jene, die sie wünschen, die Möglichkeit für alle, Adoptionsverfahren zu durchlaufen, den Zugang zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung für alle und die Anerkennung aller Elternteile von Geburt an. … Das Varchi-Gesetz, das Schwangerschaftsfremdaustragung (Leihmutterschaft) als „Universaldelikt” kriminalisiert, richtet sich direkt gegen vielfältige Elternschaften. Es basiert auf einem ideologischen Bild von Familie und nimmt queeren Menschen die Möglichkeit, Eltern zu werden.
    – Performativität: Geschlecht ist etwas, das wir tun, nicht das wir sind.
    Zu diesen Forderungen gibt es heftige gesellschaftliche und politische Divergenzen bereits innerhalb des links-progressiven Lagers, geschweige denn zwischen konservativen und liberalen Kreisen, die (leider) hauptsächlich in Form eines Kulturkampfes ausgetragen werden und ob sich eine demokratische Institution ein solches Gesamtpaket zueigen machen soll, darf zumindestens als offen betrachtet werden.

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