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Widerstandsloses Bozen.

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Wie bereits erwähnt bestätigte sich die Südtiroler Landeshauptstadt bei den jüngsten Gemeinderatswahlen als eine Hochburg von Rechten und Rechtsextremistinnen, wiewohl die Stadtregierung wahrscheinlich auch während der kommenden fünf Jahre in den Händen einer Koalition von Mitte- und Linksparteien bleiben wird.

Im Einzelnen erzielten die Rechten folgende Ergebnisse:

  • Lega Nord (LN) 11,0% – 5 Sitze
  • A.A. nel Cuore (AAnC) 6,3% – 3 Sitze
  • Liste Benussi (LB) 3,7% – 2 Sitze
  • Forza Italia (FI) 3,6% – 2 Sitze
  • CasaPound (CPI) 2,4% – 1 Sitz
  • Unitalia (UI) 2,3% – 1 Sitz
  • Fratelli d’Italia (FdI) 2,1% – 1 Sitz

Was sich da mit 31,4% der abgegebenen Stimmen genau ein Drittel der Gemeinderatssitze (15 von 45) sichern konnte, ist eine explosive Mischung, aus der vor allem die Benussi-Liste und die deklarierten Faschisten von Unitalia und CasaPound Italia hervorstechen. CPI entsendet mit Andrea Bonazza den historischen, wegen Wiederbetätigung vorbestraften Anführer der Bozner Neonaziszene ins Stadtparlament.

Erst kürzlich hatten Medienberichten zufolge einige CasaPound-Mitglieder linke Jugendliche brutal zusammengeschlagen. Bei Bürgermeisterkandidat Benussi löste dies nur kurz etwas Unbehagen aus, die Unterstützung der gewaltbereiten Bewegung lehnte er letztenendes jedoch nicht ab. Warum auch? Auf seiner eigenen Liste kandidierte unter anderem der ehemalige Unitalia-Gemeinderat Luigi Schiatti, der aus seiner Bewunderung für den Faschismus keinen Hehl macht. Auch er zieht in den Gemeinderat ein.

Noch wenige Tage vor der Wahl traten CasaPound-Aktivisten bei der Wahlkundgebung des populistischen Lega-Chefs Matteo Salvini als Ordner auf — und droschen gleich wieder auf einige Linke ein, die ihren Widerstand kundtun wollten. In einem Video von Tageszeitung Online ist der jetzige Gemeinderat Bonazza zu sehen, wie er in unmittelbarer Anwesenheit der Staatspolizei selbstbewusst den Arm zum faschistischen Gruß erhebt — im Zuge einer politischen Veranstaltung.

Die Nähe der Faschisten zu Matteo Salvini ist kein Zufall, denn der neue Anführer der Lega Nord sucht in ganz Italien systematisch die Zusammenarbeit mit CPI.

Nach wie vor wird die faschistische Gefahr in Bozen auf unfassbare Weise unterschätzt, nicht nur von der Polizei, sondern auch von der Politik. Für die Verharmlosung der Rechtsextremistinnen steht emblematisch ein Bild, das direkt im Anschluss an die Wahlveranstaltung von Salvini entstanden sein soll. Es zeigt Bürgermeister Spagnolli, wie er mit CPI-Aktivisten feiert, die gerade eine Straftat begehen (Hitlergruß). Kurz zuvor hatten sie linke Gegendemonstranten verprügelt. Es ist — man kann es nicht anders sagen — zum Kotzen.

Spagnolli/CPI.

Quelle: Antifa Meran

Im Umgang mit Rechtsextremistinnen sollte für politischen Relativismus eigentlich kein Platz sein, doch in Bozen scheint es keinen Widerspruch zwischen der Teilnahme an aalglatten, institutionellen Widerstandsveranstaltungen und der völligen Abwesenheit von Widerstand im politischen Alltag zu geben. So hat Bürgermeister Luigi Spagnolli, der sich selbst im mittelinken Spektrum verortet, während seiner letzten Amtsperiode selbst einen neuen Kultort der Rechten erschaffen. Gleichzeitig lehnt er die Streichung faschistischer Straßennamen in der Landeshauptstadt ab, da Bozen (anders als etwa Sterzing) für einen solchen Schritt »nicht bereit« sei. Als er kurz vor der Gemeinderatswahl seinen ehemaligen Kontrahenten Robert Oberrauch, der noch vor fünf Jahren unter anderem für Unitalia ins Rennen gegangen war, auf seine »Bürgerliste« setzen wollte, musste er wegen des öffentlichen Protests zurückrudern.

Es gibt in Bozen zwar noch immer eine solide Mehrheit, die sich von den Rechten nicht vertreten fühlt; konsequenten Widerstand spürt man aber nicht in Ansätzen. Erst heute etwa kündigte Rudi Rieder (5SB) an, mit Urzì über eine Unterstützung im zweiten Wahlgang verhandeln zu wollen.



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Comentârs

14 responses to “Widerstandsloses Bozen.”

  1. G. P. avatar
    G. P.

    Wenn ich böse wäre – und das bin ich :-) – dann würde ich jetzt schreiben, ich find’s gut, dass Bonazza und Kumpanen nun endlich im Gemeinderat sitzen. Vielleicht geht so den Leuten – im Gemeinderat, in der SVP, aber auch den Leuten “draußen” – endlich ein Licht auf!

    1. Hubert Trocker avatar
      Hubert Trocker

      Wenn ich resignieren würde – und das tue ich – dann würde ich sagen, dass der SVP nicht mal jetzt ein Licht aufgehen wird, oder sehe ich das falsch?

      1. G.P. avatar
        G.P.

        Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und wer Bonazza & Co. auch nur ein wenig kennt und so wie sie sich im Gemeinderat aufführen werden, habe ich (noch) ein Fünkchen Hoffnung.

    2. pérvasion avatar

      Unitalia saß doch auch bisher schon im Gemeinderat, lieber G.P.

      1. G.P. avatar
        G.P.

        Unitalia schon, aber nicht Casapound mit Bonazza und Lista Benussi mit Schiatti.

      2. hunter avatar
        hunter

        schiatti war für unitalia im gemeinderat.

    3. ProEuregio avatar
      ProEuregio

      … ja, und da denke ich an Barbara Bachmann und ihren Artikel in der “DIE ZEIT”! – Ob sie wohl der Korrektheit halber das Bild des Landes BZ “berichtigt”, indem sie über die Ergebnisse der GR-Wahlen in Bozen als Zeichen der Italianità¡ berichtet, – um den Rückgang des Italienischen nicht gefürchtet werden muss ? !

  2. fabivS avatar
    fabivS

    Povero Bonazza, ora potrà  picchiare i “compagni” solo tra una seduta e l’altra… speriamo trovi ancora il tempo, che sarebbe un peccato!
    Seriamente non capisco come si possa votare una persona del genere: non è nemmeno il politico con idee pessime, che però si sforza di mantenere una facciata di decoro. No, lui è pure aggressivo, come si vede dalle immagini.

  3. Wolfgang Kulas avatar

    Liebe Freunde; eigentlich ist es nicht fein euch noch mal für einen Hinweis auf meine http://www.unrecht.xyz zu mißbrauchen. Ist aber nicht im Sinne von Konkurrenz gemeint und es ist gut bei Euch zumindest beim antifaschistischen Widerstand eine Bastion zu finden. Es sieht nicht gut aus für den europäischen Frieden. Und darüber hinaus wohl auch nicht, wenn wir Merkel, den Herren von Übersee nicht deutlicher in den Arm fallen. Nein! Hier gibt es überhaupt nichts zu beschönigen; egal ob wir heute in einer SVP; einer CDU, den Grünen ob nun nördlich oder südlich der Alpen, einer SPD, den neuen sozialdemokratischen Strömungen wie Linkspartei ect. uns politisch zu Hause fühlen. Selbst bin ich z.B. wütend, dass so mancher hier in Thüringen diesem MB den Hof macht, welcher nicht mal in der Lage scheint zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und dieser wertvollen Bundesrepublik Deutschland unterscheiden zu können. Ach doch ja; das tut er; war er damals krank geschrieben?
    Also; zusammenhalten!!!

  4. pérvasion avatar

    Heute — jedenfalls wurde es heute ausgestrahlt — hat Spagnolli gegenüber RMI (Radionachrichten) gesagt, manche (die Rechten) glaubten, man könne die Flüchtlinge einfach ausweisen und keine Ausländer mehr hereinlassen, doch leider (das Wort »leider« hat er sogar extra betont) sei das nicht möglich.

  5. G. P. avatar
    G. P.

    Insgeheim wünsche ich den Boznern sogar den Urzì als Bürgermeister. Da weiß man wenigstens, wie man dran ist und mit wem man es zu tun hat. Im Gegensatz zu Spagnolli, der nix anderes als eine Mogelpackung ist.
    Das Bild hier ist doch zum Fremdschämen: Im Hintergrund der Hitlergruß, in der Mitte die T-Shirts mit der Aufschriftt “Spagnolli a casa!” und was macht dieser? Er lacht, er grinst. In jedem anderen Land würde ein solches Bild das sofortige Ende der Politikerkarriere bedeuten.

  6. pérvasion avatar

    Der A. Adige schafft es heute sogar, CasaPound als Teil von »Mitterechts« darzustellen:

    Andrea Bonazza è stato il candidato più votato tra tutti i partiti del Centrodestra, da Forza Italia alla Lega, mentre un altro candidato della lista di CasaPound, Sandro Trigolo, risulta il secondo per numero di preferenze e Luigi Schiatti, iscritto a CasaPound, è stato eletto in consiglio comunale nella lista per Benussi sindaco.

    Angesichts solcher Verharmlosung wundere sich jemand, wenn es die Faschisten in den Gemeinderat schaffen.

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