Der diesjährige Tag der Autonomie (am 5. September) stand unter dem Hauptthema »Digitalisierung«, die durch ihre Vereinheitlichungs- und Zentralisierungstendenzen eine große Herausforderung für den Föderalismus und die Südtirolautonomie darstellt. Keine Frage: Neue Zuständigkeiten und die Ausweitung des Rechts auf Gebrauch der Muttersprache im digitalen Bereich sind dringend anzugehen, da hier heute bekanntermaßen nicht automatisch eine sinngemäße Interpretation der Autonomie, sondern eine restriktive Auslegung vorherrscht, die den Minderheitenschutz ad absurdum führt.
Gleichzeitig muss sich insbesondere die SVP auch vorwerfen lassen, das Thema sträflich vernachlässigt, Spielräume nicht ausgenutzt und sogar Möglichkeiten freiwillig aus der Hand gegeben zu haben. Wir weisen seit Jahren darauf hin.
Einige Beispiele:
- Während die Digitalisierung von vielen — insbesondere autonomen — Regionen in Europa und weltweit genutzt wurde, um ihre Sichtbarkeit im virtuellen Raum etwa durch eigene Internetsuffixe sichtbarer zu machen und somit auch die Bindung an die jeweiligen Nationalstaaten abzuschwächen, wurde diese Entwicklung in Südtirol bis heute völlig verschlafen.
- Im Gegenteil wurde hierzulande noch nicht einmal die Gelegenheit genutzt, durch andere Internetsuffixe als .it bei offiziellen Seiten des Landes auch symbolisch die Autonomie gegenüber Italien darzustellen. Hierfür würde sich zum Beispiel auch die europäische Endung .eu eignen, die immerhin von einigen »wagemutigen« Gemeinden genutzt wird.
- Mit etwas Kreativität ließe sich diesbezüglich vermutlich auch der Hyperzentralismus ansatzweise umgehen. Wenn es wirklich stimmt, dass (das ach so autonome) Südtirol — anders als Regionen im zentralistischen Frankreich (
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) — vom Zentralstaat gezwungen wird, die Adresse provinz.bz.it zu nutzen, dürfte es wohl kein größeres technisches Problem darstellen, als eine Art »Alias« beispielsweise auch die Adresse landsuedtirol.eu auf dieselben Internetseiten verweisen zu lassen.1ähnlich wie heute schon provinz.bz.it, provincia.bz.it und provinzia.bz.it auf die Landesseiten führen Dann wäre der zentralistischen Vorgabe Genüge getan, ohne deshalb (gänzlich) auf die Eigenständigkeit zu verzichten. - Bei der Digitalisierung von Bereichen, die im Zuständigkeitsbereich des Landes und der Gemeinden liegen, wurde oftmals sogar freiwillig auf Autonomie verzichtet — so zum Beispiel beim Einheitsschalter für das Bauwesen, über den ich vor einiger Zeit näher berichtet hatte. Hier hat man sich — anders als etwa das Trentino, das eine eigene, wesentlich bedienungsfreundlichere Plattform entwickelt hat! — unnötig an ein staatsweites, von den Handelskammern betriebenes Portal gekoppelt. Mit der Folge, dass die vorgeschriebene Zwei- und Dreisprachigkeit (auch im Vergleich zur früheren analogen Abwicklung) massiv unter die Räder gekommen ist. So sehr sogar, dass es absurderweise im Trentiner Portal problemlos möglich ist, die Südtiroler Adressen auf Deutsch einzugeben, während es beim »Südtiroler« (bzw. staatsweiten) Portal meist nicht gelingt.
Überhaupt macht das Trentino manchmal vor, dass (und auch wie) sich vorhandene autonome Spielräume, wiewohl sie vielfach mickrig sind und eines dringenden Ausbaus bedürften, effizienter und selbstbewusster Nutzen ließen. Und das, obwohl dort keine Zwei- und Dreisprachigkeitsvorschriften gelten, somit eine Bindung an staatsweite Lösungen weniger Probleme bereiten würde als hierzulande.
Parallel zum Kampf um neue Befugnisse, wie er sich aus den Überlegungen am Tag der Autonomie ergibt, könnte und sollte also auch schon heute mehr getan werden, ohne auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu warten.
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- 1ähnlich wie heute schon provinz.bz.it, provincia.bz.it und provinzia.bz.it auf die Landesseiten führen
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