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Wiederauferstehung von Ettore Tolomei.
Autonomie knickt vor Zentralstaat ein

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Der Südtiroler Landtag hat gestern ohne Gegenstimmen beschlossen, das Ortsnamengesetz von 2012 abzuschaffen, noch bevor es jemals in Kraft treten konnte. Der Prontuario des Protofaschisten Ettore Tolomei ist also auch formell wieder die einzige amtliche Quelle der Toponomastik in Südtirol. Damit haben sich die faschistoiden Kräfte in Südtirol einmal mehr gegen die demokratischen durchgesetzt.

Das Ortsnamengesetz war kein gutes, sondern ein — teilweise schlampiger — Kompromiss, der aber im Landtag immerhin sprachgruppenübergreifenden Zuspruch (Zustimmung von SVP und PD, Enthaltung der Grünen) erhalten hatte. Somit hätte es zumindest der Anfang einer gemeinsamen Arbeit und der Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses der Materie sein können.

Einzelne Landtagsabgeordnete der italienischen Rechten beschlossen jedoch, dem Parlament, dem sie angehörten, in den Rücken zu fallen. Anstatt den Versuch zu unternehmen, die demokratischen Instrumente zu nutzen, die sich im Lande geboten hätten — wie die nach Sprachgruppen getrennte Abstimmung, die sie vermutlich verloren hätten — wandten sie sich an die »technische« Regierung von Mario Monti und stießen dort mit ihrem durch und durch politischen Anliegen auf offene Ohren.

Die Zentralregierung, die sich damals zierte, mit den Landesregierungen von Südtirol und Trentino in Kontakt zu treten, reichte auf Zuruf des Postfaschisten Alessandro Urzì, von Maurizio Vezzali und des bekennenden Faschisten Donato Seppi Verfassungsklage gegen das Ortsnamengesetz ein. Man muss die Brisanz dieses — politischen! — Aktes unterstreichen: Obschon in Südtirol ein sprachgruppenübergreifender Konsens zur Ortsnamenfrage gefunden wurde, bestand der Zentralstaat auf die Beibehaltung der faschistischen Ortsnamenerfindungen.

Selbst die auf Monti folgenden, sogenannten »autonomiefreundlichen« Mittelinksregierungen (Letta, Renzi…) weigerten sich stets, die auf Wunsch der Rechten zustandegekommene Anfechtung zurückzuziehen. Da bekannt ist, dass die Gerichtsbarkeit des Verfassungsgerichts sehr häufig zentralistisch und nationalistisch eingefärbt ist, war die nunmehrige Abschaffung des Gesetzes nötig, um einem Richterspruch zuvorzukommen.

Ein Landesverfassungsgericht, wie wir es vorgeschlagen hatten und wie es zum Beispiel in Sizilien vorgesehen war, könnte in solchen Fällen sehr hilfreich sein.

Nicht zu vergessen ist, dass es in der vergangenen Legislaturperiode Anstrengungen gegeben hatte, die Prinzipien des Ortsnamensgesetzes in der Sechserkommission in eine Durchführungsbestimmung (DFB) zum Autonomiestatut zu gießen. Die eigenwillige Ankündigung des Vorsitzenden Francesco Palermo (SVP/PD), die DFB nur bei Einstimmigkeit verabschieden zu lassen, machte sich PD-Dissident Roberto Bizzo — wohl aus wahltaktischen Gründen — zunutze, um das Vorhaben zu boykottieren.

Somit konnte Ettore Tolomei gestern einmal mehr aus der Asche wiederauferstehen.

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