Politikwissenschaftler Günther Pallaver formulierte es auf Rai Südtirol treffend und knochentrocken: Der Meloni-Besuch in Bozen ist eine reine PR-Aktion. Die Athesia-Medien übertrumpften sich gegenseitig beim Jubeln: Meloni, Superstar. Die digitalen Dolomiten berichteten live über jeden Schritt der Ober-Schwester in Bozen, im Noi Techpark. Sie wurde regelrecht mit Lob überhäuft, brachte sie doch fast 100 Millionen Euro mit. Sogar Gastgeber Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) durfte vorkommen, aber halt nur am Rand.
Tatsächlich, alle Schweinwerfer waren auf Giorgia Meloni (FdI) gerichtet, wie Stol es überschwänglich formulierte. Alles drängte zur Ministerpräsidentin, die Drängerler:innen wollten auch vom Scheinwerferlicht angestrahlt werden.
Meloni ist aber keine verspätete Befana, die das Land mit Geld überschüttete. Sie und ihr Minister Raffaele Fitto, einst bei Forza Italia, inzwischen bei den Fratelli, unterzeichneten mit LH Kompatscher ein Abkommen zum Staatlichen Fonds für Entwicklung und Kohäsion. Zusätzliches Geld für das Land, um wirtschaftliche und soziale Ungleichgewichte zu verringern, lautet eine der Zielsetzungen.
Nichts grundlegend Neues, in den vergangenen Jahren wurden aus dem Fonds mehrere Projekte finanziert, wie Tunnelbauten oder Infrastrukturprojekte für die Landwirtschaft. Allein der Techpark-Ableger in Bruneck erhielt zwischen 2014-2020 18 Millionen Euro.
Nein, Meloni hat Südtirol nichts geschenkt. Es handelt sich um Gelder vom Staat — Meloni spricht immer von »Nation« — und vom Land. Außerdem steuert die EU über ihren Kohäsionsfonds Fördermittel bei. Tatsächlich erhält Italien von der EU am meisten Fördergelder für das Nach-Corona-Wiederaufbauprogramm, 200 Milliarden Euro. Ein unglaublicher Geldsegen aus Brüssel, dagegen schürt und hetzt Lega-Minister Matteo Salvini, ein erklärter Gegner der EU. Satte 30 Milliarden Euro sind gar geschenkt.
Meloni schenkt Südtirol nichts. Südtirol ist seit Jahren schon Nettozahler, kein staatlicher Alimentenempfänger, wie italienische Parteien und Medien gebetsmühlenhaft wiederholen — trotz besseren Wissens oder aus purer Hinterfotzigkeit? Schon 2019 wiesen die Freiheitlichen — damals noch Opposition, heute Teil der Landesregierung — darauf hin, dass Südtirol Nettozahler ist. Die Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsforschung in Innsbruck rechnete nach, dass Südtirol seit 2003 Nettozahler ist. Wissenschaftlich belegt, wenn schon schenkt Südtirol Italien Geld.
Erst im vergangenen Jahr widersprach die Wirtschaftszeitung SWZ einer nach Kampagne schmeckenden Berichterstattung gesamtstaatlicher Zeitungen über Südtirols angebliche Finanzprivilegien. Schon 2009 belegte das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO den Südtiroler Beitrag zum Staatshaushalt, 2023 legte die SWZ nach: Südtirol ist mit seinen Nettozahlungen eine verlässliche Stütze für den Staatshaushalt.
Also, warum »danke Meloni«? Naja, ihre Partei durfte in die Landesregierung, der politische Enkel von Mussolini ist Landeshauptmannstellvertreter, eine Mehrheit der Südtiroler:innen findet Meloni gut. Trotz der weit verbreiteten Pro-Meloni-Stimmung zeigte der Staat, die »Nation«, seine Zähne. Martialisch aufgerüstete Polizist:innen sicherten am Dienstag in Bozen Süd die Zufahrtsstraßen zum Techpark ab. Offensichtlich erwarteten sich die Sicherheitskräfte bürgerkriegsähnliche Zustände. Dabei waren die wenigen Demonstrant:innen — es waren deutlich mehr Polizisten anwesend — äußerst friedlich. Auch die Freunde der Hamas, die zurückhaltend gegen Israels Krieg in Gaza demonstrierten.
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