Vor einiger Zeit hatte die Südtiroler Tageszeitung (TAZ) berichtet, das renommierte Hamburger Wochenblatt Die Zeit arbeite an einem Bericht über eine angebliche »Verdeutschung« Südtirols. Laut TAZ-Informationen sollte darin vor allem die »gemischtsprachige Landtagsabgeordnete« (Eigendefinition) Elena Artioli zu Wort kommen.
Am vorletzten Donnerstag ist der Artikel der freien Südtiroler Reporterin Barbara Bachmann tatsächlich erschienen, er kann hier nachgelesen werden. Die vorgebrachte Verdeutschungsthese ist äußerst dürftig untermauert, der Beitrag weist insgesamt grobe Mängel auf, die ich in der Folge aufdröseln möchte. Elena Artioli kommt nicht zu Wort.
- Bereits der Titel (»Daheim bei Fremden«) weist auf einen nationalistisch angehauchten Leitfaden hin, der sich durch den Artikel zieht und wonach eine anderssprachige Mehrheit in der Region eines Nationalstaats etwas Anrüchiges sei und einer Rechtfertigung bedürfe.
- Einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Verdeutschungsthese lässt Bachmann durch den postfaschistischen Landtagsabgeordneten Alessandro Urzì vortragen — ohne allerdings darauf hinzuweisen, welch radikale Ideologie er vertritt. Unter anderem sprach er sich noch im März 2013 gegen die Gleichstellung der deutschen Sprache in der Produktetikettierung aus und erwirkte die römische Anfechtung des Landesgesetzes zur Ortsnamensgebung, das einen kompromiss deutscher und italienischer Parteien im Südtiroler Landtag darstellt, um wenigstens einige der im Faschismus erfundenen, italianisierten Ortsnamen wieder abzuschaffen.
- Urzì ortet »in den Tälern, in den kleinen Orten Südtirols« einen »immer heftiger werdenden antiitalienischen Diskurs«. Dies entbehrt nicht nur eines Belegs, sondern mutet besonders merkwürdig an, nachdem gemäß letzter Volkszählung die Italienerinnen in allen Bezirken außer im Vinschgau und im Eisacktal anteilsmäßig zunehmen; nachdem die Eltern deutschsprachiger Schülerinnen ohne wesentliche Unterschiede zwischen Stadt und Land in einer (nicht repräsentativen) Umfrage erst neulich mehr Italienischunterricht gefordert haben; nachdem die Italienischkenntnisse in Südtirol deutlich besser sind, als es die Zuordnung zu den Sprachgruppen vermuten ließe. Und nachdem die Schülerinnen deutscher Muttersprache wesentlich besser Italienisch lernen, als umgekehrt.
- Urzìs unwidersprochener Befund: »In Südtirol braucht man das Italienische nicht mehr.« Eine merkwürdige Aussage, nachdem das Astat-Sprachbarometer belegt, dass es deutsch- und ladinischsprachige Südtirolerinnen deutlich schwerer haben, ihre Muttersprachen im Umgang mit öffentlichen Ämtern zu gebrauchen als ihre italienischsprachigen Mitbürgerinnen; nachdem Produktetiketten und selbst Packungsbeilagen von Medikamenten in der Regel nur auf Italienisch abgefasst sind und auch nur auf Italienisch abgefasst sein müssen; Zugewanderte nur Italienischkenntnisse nachweisen müssen; internationale Handelsketten nicht selten auf Personal mit Deutschkenntnissen verzichten.
- Ferner behauptet Urzì, die Situation der Italienerinnen in Südtirol sei »paradox«. »Rechtlich gesehen gehören sie der gesamtstaatlichen Mehrheit an. In der Praxis der Region sind sie aber eine Minderheit und abhängig von den Entscheidungen der lokalen deutschen Mehrheit.« Das ist jedoch alles andere als paradox, solange man nicht den anachronistisch-nationalistischen Anspruch erhebt, die »nationale Mehrheit« müsse tatsächlich in jeder einzelnen Region in der Mehrheit sein. Die von Italien nie ratifizierte Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats empfiehlt sogar ausdrücklich, innerstaatliche Verwaltungsgrenzen so zu gestalten, dass Minderheiten in ihrer eigenen Region nicht minorisiert werden.
- Bachmann berichtet weiter, »als im Sommer 2013 beschlossen wurde, Berghütten nur noch deutsche Namen zu geben« habe die Mailänder Tageszeitung Il Giornale geschrieben: »In diesem fantastischen Stück Italiens wird es jeden Tag heldenhafter, italienisch zu sein.« Sie »vergisst« sowohl zu erwähnen, dass die italienischen Bezeichnungen hauptsächlich Erfindungen des protofaschistischen Extremisten und Assimilierers Ettore Tolomei waren, die die ursprünglich deutschen auslöschen sollten, als auch, dass Il Giornale zu Berlusconis rechtspopulistischem Medienimperium gehört.
- Selbst mit statistischem Zahlenmaterial wird salopp umgegangen. So behauptet die Autorin, seit Anfang der 1960er Jahre sei der Anteil italienischsprachiger Südtiroler um »mehr als zehn Prozentpunkte« zurückgegangen. Richtig ist, dass der Rückgang von 34,3% auf 24,5% genau 9,8 Prozentpunkte beträgt. Auch hier bleibt wichtiges unerwähnt, nämlich dass die Zahl von 1960 durch staatlich erzwungene und geförderte Zuwanderung zum Zwecke der Majorisierung völlig aufgeblasen war.
- Dass die Zahl italienischer Landtagsabgeordneter nach den Landtagswahlen 2013 »von acht auf fünf, ein Siebtel der Mandatare bei einem knappen Viertel der Bevölkerung« zurückging, hat sehr viel mit der Zerstrittenheit und Zersplitterung der italienischen Parteien und sehr wenig mit Diskriminierung zu tun. Demokratische Wahlen sind frei und niemand wird gezwungen, sprachgruppenkonform zu wählen.
- Erstaunlich ist, dass eine Grüne (Brigitte Foppa) es laut Bericht merkwürdig findet, wenn im Landtag der Vorschlag zur Ersetzung von .it durch .eu bei der Internetdomain des Landes gemacht wird — oder wenn angedacht wird, Südtiroler Sportlerinnen bei internationalen Wettbewerben mit neutraler Bekleidung statt italienischen Trikots antreten zu lassen. Die Überwindung des Nationalen und die Betonung des Europäischen sollte eigentlich ein Anliegen grüner Politik sein.
- Senator Francesco Palermo bezeichnet die deutschsprachige Bevölkerung als eine »Mehrheit mit Minderheitskomplex«. Für einen Verfassungsrechtler angesichts der bereits erwähnten Empfehlungen des Europarats eine seltsame Auffassung. Müssen Minderheiten auf staatlicher, regionaler und kommunaler Ebene gleichzeitig in der Minderheit sein, um nicht eines Minderheitenkomplexes bezichtigt zu werden?
- Palermo kenne noch Zeiten, in denen Bars ethnisch getrennt waren. »Mittlerweile hätten sich die die italienischsprachigen Südtiroler “mit einer gewissen Hierarchie abgefunden”, sagt er.« Angesichts der Tatsache, dass es gerade in Bozen mitunter sehr schwierig ist, sich in Bars und Läden (mit der Bedienung) auf Deutsch zu verständigen, ist das eine wirklich erstaunliche Aussage.
- Als Gegenargument dazu, dass sich Südtirol »als funktionierende mehrsprachige Provinz (sic)« verstehe, zählt Bachmann unter anderem auf, dass es neben deutschen Tageszeitungen eine italienische Tageszeitung (in Wirklichkeit sind es deren zwei) gibt. Wäre es für ein funktionierendes mehrsprachiges Land besser, wenn es Zeitungen nur in einer Sprache gäbe? Oder müssten sämtliche Medien mehrsprachig sein?
- Desweiteren schreibt die Autorin, dass die SVP eisern am ehtnischen Proporz festhalte. Dass heute gerade die Italienerinnen davon profitieren, wie selbst Postfaschist Alessandro Urzì gesteht, bleibt leider unerwähnt.
- Auch Bachmann kann sich schließlich nicht verkneifen, den Mythos zu erneuern, wonach »die einen immer schlechter Italienisch sprechen« während die anderen aufholen. Daten hierzu gibt es nicht, wie aufgrund ausgiebiger Recherchen zweifelsfrei feststeht. Wir werden die Journalistin trotzdem anschreiben und nach ihren Quellen fragen.
Jene Daten, die zu den Zweitsprachkenntnissen der Südtirolerinnen vorliegen, lassen zwar kein Urteil über deren Entwicklung im Lauf der Zeit zu, belegen jedoch, dass die deutschsprachigen Südtirolerinnen nach wie vor deutlich besser Italienisch sprechen, als umgekehrt.
62 replies on “Daheim in Mythen?”
Der ganze Artikel fühlt sich wie eine kräftigste Watsche ins Gesicht an, einmal als “normaler” Südtiroler andererseits auch persönlich!
-> Weitere Analyse folgt
Wie die “Zeit” tickt, konnte man spätestens im Vorfeld des Referendums in Schottland klar miterleben.
Was dort an tendenziöser, antischottischer Berichterstattung geliefert worden ist, hat mich herb enttäuscht.
Dass dieser Artikel durch die interne Qualitätskontrolle gekommen ist, muss entweder ein tragischer Fehler oder klare Absicht gewesen sein.
Ich war Abonnent der “Zeit”, jetzt lese ich stattdessen die “Süddeutsche”.
Die Berichterstattung von Zeit Korrespondent Rainer Luyken aus Schottland war an Einseitigkeit in der Tat kaum zu überbieten. Für die Zeit, deren Leser ich zumindest bis dato war, anscheinend kein Problem.
Reiner Luyken war sich unter anderem nicht zu schade die Meinung des chinesischen Ministerpräsidenten als Argument gegen die Unabhängigkeit Schottlands vorzubringen:
Tolle Pressefreiheit übrigens in China. Ist diesbezüglich für die Zeit die Meinung des chin. Ministerpräsidenten auch von Bedeutung?
Ein wesentlicher Teil des Artikels von Barbara Bachmann basiert auf Aussagen des Postfaschisten Alessandro Urzì. Nicht, dass ich den unbedeutenden, postfaschistischen Provinzpolitiker, der noch vor nicht allzulanger Zeit kräftig Stimmung gegen den Friedensplatz machte, mit dem chin. Ministerpräsidenten vergleichen möchte. Trotzdem, die verwunderte Frage eines regelmäßigen Zeitlesers: Basiert die Berichterstattung der Zeit aus anderen Ländern und Regionen, in denen wir die Hintergründe weniger gut überprüfen können auch auf ähnlichen Gesprächspartnern und Meinungsmachern?
Da hast du recht, noch eine Sache regt mich bei der Zeit auf, früher kaufte ich mir ab und zu mal ein Exemplar da mir Zeit Online meist gefiel, zu meinen entsetzen musste ich feststellen das man sich mit der Print Ausgabe nur einen Zeitvorsprung von max. 2 Wochen erkauft, und zeitkritische Artikel ohnehin instant online veröffentlicht werden, sehr ärgerlich das Ganze.
Ich hab eher das Gefühl das eine “alles geht” Politik bei der Zeit vorherrscht und somit derart tendenziöse Artikel veröffentlicht werden.
Hallo Waldgänger, nix für ungut, aber von der “Zeit” zur “Süddeutschen”, das sind wirklich erhebliche Qualitätssprünge ;-). Ich denke im Ernst, dass statt dieser verlorenen Zeit ein Spaziergang im Wald erheblich inspirierender sein kann.
Dass die bundesdeutschen Medien nicht gerade Leuchttürme der Wahrheit sind, wissen wir nicht erst seit heute. Dass nun neben der Ukraine, Russland, Katalonien usw. nun auch Südtirol teil der deutschen Mainshitmedien werden muss ist natürlich bedauerlich aber nicht weiter verwunderlich. Besagte Journalistin soll mal eine Runde in Südtirols Städten machen und sich selbst ein Bild davon machen, ob alles so ist wie sie schreibt.
Sie ist Südtirolerin.
… ja und dies gibt schon sehr zu denken: ist das die Wahrnehmung unserer Jugend? – Oder ist es Profilierungssucht in einem zunehmend problematischen Arbeitsfeld für junge Arbeitsuchende?
Also wenn sie Südtirolerin ist verdoppelt sich meine Kritik natürlich, da dann dieser oberflächlich geschriebenene Artikel völlig unverständlich ist.
Die Dame weiß eben, welche Töne man in diesen Medien anschlagen muss, um abgedruckt zu werden. Dass deutschsprachige Menschen etwas anderes als unmoralisch oder rückständig sein könnten, kommt in diesem Kosmos gar nicht vor. Wer sich für den Erhalt der deutschen Sprache im Kontext der Sprachenvielfalt einsetzt, ist generell verdächtig.
Wir werden irgendwo zwischen den Attributen “faul”, “dumm”, “rückständig” und “arrogant” verortet.
Danke, Frau Bachmann!
So schlimm ist es also nicht, also von der Reichweite, aber einige Aussagen sind natürlich kompletter plenten!
Ähm… der Artikel wurde im Internet veröffentlicht.
Nichtsdestotrotz macht es einen Unterschied, es wir sicherlich nicht viele geben die die Zeit und die Zeit Online lesen. Auch kann man das ganze so eher als ein “Experiment” sehen, es ist eine bewusst getroffene Entscheidung das ganze “nur” in der Zeit Österreich erscheinen zu lassen.
… und wer liest in Österreich die Österreich-Ausgabe der Zeit? – Gezwungenermaßen die ZEIT-Leser aus Deutschland die in Ö urlauben …
Nur zwei Anmerkungen:
Für mich weist der Titel unter der Schale auf eine Problematik hin, die definitiv besteht und die hier im Blog auch öfters zu recht thematisiert wird. Nämlich jene, dass wir von einem inklusivistischen Zukunftsmodell Südtirols (oder “mehrsprachigen Quellcode”, “postethnisch” wie ihr es nennt) weit entfernt sind.
Was könnte Urzì wohl mit antiitalienischem Diskurs meinen … ach ja: STF + F + Union. So wird ein Schuh daraus.
Beleg: Wahlergebnisse der deutschen Rechtsparteien. Landtagswahl 2013 und 2008, 2003.
http://www.provinz.bz.it/vote/2003/monitor_d.htm
http://www.provinz.bz.it/vote/landtag2008/pdf_ld_vl.pdf
http://www.provinz.bz.it/vote/landtag2013/results/pdf_ld_vg.pdf
Ergebnisse STF + F + Union (2003/2013):
Ahrntal: 15% / 54,6%
Moos i. P.: 9,5% / 30,5%
usw…
In diesem Sinne hat Urzì recht.
Versuch doch mal den Urzì zu verstehen :). Ich erklär mir das folgendermaßen: In der öffentlichen Verwaltung treffen deine Ausführungen zu, _aber_ bei der Arbeitssuche sieht das anders aus. Versuch mal im Tourismusgewerbe ( _dem_ Wirtschaftsmotor in Südtirol) zu arbeiten und Deutsch nicht zu können. Die deutsche Sprachgruppe hat hier Vorteile gegenüber der italienischen. … ganz zu Schweigen von den Englischkenntnissen.
Beleg: http://www.afi-ipl.org/files/de/forschung/qualitaet-der-arbeit/Sprachkompetenzen_am_Suedtiroler_Arbeitsmarkt.pdf
Zitat:
20% (!)
und:
Dies setzt du dann in Zusammenhang mit den Ergebnissen deiner vielzitierten Sprachstudien.
Fazit: Italienisch hat bei der Jobsuche nicht den gleichen Stellenwert wie Deutsch oder Englisch, weil es ein Großteil der Bewerber schon außreichend beherrscht.
Aus dem Kontext gerissen. Bachmann krritisiert den Proporz an sich. Der Proporz steht einem inklusivistischen Zukunftsmodell entgegen, wie bbd selbst (!) in eurer FAQ anmerkt. Ihr seid da mit Bachmann einer Meinung.
Ich zitiere bbd: “Allerdings schafft die Autonomie durch ihre — in einem Nationalstaat erforderlichen — Schutzbestimmungen (getrennte Schulen, Sprachgruppenzugehörigkeit, Proporz etc.) Anreize, die einer ethnisch ungeteilten Gesellschaft letztendlich im Wege stehen;”
Aus dem Zusammenhang gerissen. Bachmann merkt an, dass bei der italienischen Bevölkerung das Bewusstsein wächst die Deutsche Sprache zu erlernen. Daten braucht es dafür keine. Italiener schreiben ihre Kinder häufiger in deutsche Kindergärten ein, oder hast du schon mal von dem Problem auf italienischer Seite gehört.
Das Argument, das Bachmann vorbringt ist jenes der nebeneinander- und eben nicht miteinander existierenden ethnischen Gruppen. Sie spricht von “Bruchlinien”. Du stellst dich hier absichtlich dumm wenn du fragst “Wäre es für ein funktionierendes mehrsprachiges Land besser, wenn es Zeitungen nur in einer Sprache gäbe? Oder müssten sämtliche Medien mehrsprachig sein?” Das geht am eigentlichen Argument der Bruchlinien vorbei, oder willst du sagen die unterschiedlichen journalistischen (und eben nicht sprachlichen) Ausrichtungen der Tageszeitung hätten keinen Einfluss auf das Zusammenleben?
Vergessen wir nicht: die Art der Erhebung war sicherlich auch ein Gründ für den drastischen Rückgang. Da haben sich viele deutsche italienisch erklärt. Die deutsche Bevölkerung ist zwischen den Zählungen 1961 und 1971 sogut wie gar nicht angewachsen und 1981 dann plötzlich “explodiert”.
Ich Zitiere:
http://www.provinz.bz.it/astat/download/JB2013_K3.pdf
Ich werde immer Putinversteher genannt. Unser lieber m. gruber ist hiermit offiziell zum Urziversteher avanciert ;-). Nein, im Ernst. Ich denke allgemein, dass der Ansatz von dir, m.gruber, nicht schlecht ist. Es ist m.A. nach bewiesen, dass Konflikte viel besser gelöst werden, wenn man versucht, sich in den Anderen hineinzuversetzen. Trotzdem sollte auch Urzà versuchen, Selbstbestimmungsbestrebungen in Südtirol zu verstehen, so kämen wir uns alle einen Schritt näher. Der Artikel ist und bleibt aber einseitg.
nehm mir noch ein wenig Zeit:
Wo sagt Bachmann das wäre eine Diskriminierung? Sie umschreibt damit nur das Gefühl mancher italiener unterrepräsentiert zu sein und das kann man aufgrund dem Verhältnis Bevölkerung, Landtagsabgeordnete ja auch verstehen. Ob zerstritten oder nicht spielt dabei keine Rolle. Sie sind unterrepräsentiert. Und das eben auch, weil sie in der größten Partei aufgrund ihrer Sprachzugehörigkeit (!) nicht mal Abgeordneter sein dürfen.
Du scheinst dir für gut und seriös aufbereitete Artikel ja generell gerne ein “wenig” Zeit zu nehmen. Häufiger Succus der Übung: das Auffinden des Haares in der Suppe, das Beschwichtigen oder die Relativierung der Aussage.
Dagegen wäre jetzt ja noch nichts einzuwenden. Es fällt aber auf, dass m.gruber an den Erzeugnissen professioneller Medien, wie etwa Tageszeitung, ff oder salto, wo man diesbezüglich um ein Vielfaches fündiger würde, was das Orten von Widersprüchen oder zweifelhaft recherchiertem Datenmaterial anbelangt, kein Interesse bekundet.
Erzähl uns doch mal etwas über deine Beweggründe, sich auf bbd immer wieder ein “wenig” Zeit zu nehmen ohne, dass du an eklatanten Widersprüchen in anderen Medien, die in dieser Art und Weise auf bbd nicht zu finden sind, anscheinend nichts auszusetzen hast?
Vielleicht nimmt sich m.gruber ja nur deshalb ein “wenig” Zeit, weil er dafür bezahlt wird, auf Blogs und in Foren die Regierungspartei und ihr Handeln zu verteidigen …
Ja genau! Diese Frage beschäftigt dich schon lange, nicht? Du stellst sie auch hier immer wieder. Warum treib ich mich bloß auf brennerbasisdemokratie.eu rum, und warum tue ich nichts gegen die Totalüberwachung der NSA, gegen Kindesmisshandlung, gegen Folterknäste in Guantanamo, warum laufe ich nicht Streife gegen Einbrüche, warum gründe ich nicht meine eigene/n Partei/Blog/Religion/Zeitung?
Ich bin so untätig gegenüber diesen Sachen und äußere mich nie dazu. Was für eine verwerfliche Kreatur ich doch bin.
Ich hab es dir schon mal gesagt: Weil ich kann und Bock drauf hab.
Und auf was hast du Bock?
Dass man diskutiert aufgrund eines möglichen Erkenntnisgewinnsgewinns ist natürlich ein völlig abwägiger Gedanke.
Gut. Dann sollte man aber dazusagen, dass dieser »antiitalienische Diskurs« sich weniger gegen die Italiener im Lande richtet, als gegen den italienischen (National-)Staat.
Nein, Bachmann schreibt ausdrücklich, dass die deutschsprachigen immer schlechter Italienisch sprechen und dass die Italiener immer mehr aufholen. Für eine solche Aussage braucht es Belege und die existieren nicht.
Das hätte Bachmann tatsächlich thematisieren können — hat sie aber nicht. Sie hat thematisiert, dass es deutsche und italienische Zeitungen gibt, ob diese unterschiedliche Blattlinien fahren erschließt sich dem Leser nicht.
Ficht das meine Argumentation an? Inwiefern?
Dann missversteht sie die Demokratie. Denn jeder entscheidet frei, ob und von wem er sich repräsentieren lassen will. Wenn zum Beispiel viele Italiener SVP wählen, tun sie dies doch gerade, weil sie sich von der Partei repräsentiert fühlen. Daraus das Gegenteil konstruieren zu wollen, ist etwas abenteuerlich.
Und wie geht es zusammen, zunächst die Bruchlinien zu beanstanden und kurz darauf Sprachgrenzen überwindendes Wahlverhalten als Indiz für Unterrepräsentation zu interpretieren?
Nein, vollkommen falsch. Der Tenor des Artikels ist, dass die Italiener das selbst machen. Die Motivation dazu ist intrinsisch (!). Sie werden nicht verdeutscht, sie verdeutschen sich. Das ist die etwas schräge Sicht Urzìs, denn eigentlich beschreibt er ja einen positiven Prozess; jenen einer Annäherung beider Sprachgruppen.
Eine “Gewalteinwirkung” der deutschen Sprachgruppe auf diesen Prozess muss man schon auf der Meta-Ebene suchen und ist nur an wenigen Stellen im Text Bachmanns zu finden; und dann auch nur als Zitate von Palermo und Foppa.
Stellen aus dem Artikel Bachmanns die dies Belegen, dass der Grundton des Artikels NICHT der einer Diskriminierung, oder assimilation ist:
a) “Die Italiener in Südtirol _assimilieren sich_ zusehends.”
Das offensichtlichste Beispiel zu Beginn: _Assimilieren sich_ steht da. Nicht “werden assimiliert”, diskriminiert, oder ähnliches.
b) “Die schleichende Entwicklung produziere aber _keinen Identitätskonflikt_ der italienischen Bevölkerung, […]”
Kein identitätskonflikt. Die Italiener machen das freiwillig.
c) “Das mache es leichter, sich mit dem mehrheitlich deutschsprachigen Südtirol zu identifizieren.”
Sie identifizieren sich, keine assimilation.
d) “Viele sind froh, dass hier alles in deutscher Hand ist. Sie denken, wir stünden sonst schlechter da””
e) “Selbst mit der Autonomie, die sie früher vehement ablehnten und die der Region seit 1972 umfangreiche Sonderrechte innerhalb Italiens einräumt, können sie sich mittlerweile anfreunden”
f) “weil sich manche Italiener aus taktischen Gründen als deutschsprachig deklarieren”
g) “Deutsch zu lernen ist unter Italienern weit verbreitet, denn nur so habe man in Südtirol noch Chancen auf Erfolg. Vorbei sind die Zeiten, in denen man in Bozen glaubte, die Stadt sei italienisch genug für ein Leben ohne Deutsch.”
h) “dass es ihre Kinder ohne gute Deutschkenntnisse in Südtirol zu nichts bringen würden”
i) “Im Regal stehen deutsche Märchenbücher zwischen italienischen. Möchten die Kinder fernsehen, schaltet ihre 37-jährige Mutter zuerst auf einen deutschen Kanal.”
j) “Nur Italiener zu sein ist als Identität zu wenig.”
Einsicht eines italiener.
Dann sollte man aber dazusagen, dass ich, und wahrscheinlich auch du, sehr wohl wissen, dass diese Differenzierung noch nicht in den Alltag vorgedrungen ist, weil sie ein gewisses Maß an Bildung voraussetzt; man stattdessen sehr pauschal mit den Vorurteilen gegenüber den “walschen” umgeht und zwischen dem “walschen” Staat und dem charakter des “Walschen” Ähnlichkeiten bei Stammtischgesprächen ausmacht.
Nein, du hast den Kern meiner Aussage nicht verstanden. Alle Studien (Sprachkompetenz am Arbeitsmarkt, Sprachschwierigkeiten an öffentlichen Ämtern, Sprachkompetenz von Schülern) belegen, dass ein deutschschprachiger Südtiroler mit größerer Wahrscheinlichkeit ausreichende Kenntnisse des Italienischen (Englischen) hat als ein italienischschprachiger Südtiroler.
Daraus folgt, wie Urzì in diesem Sinne richtigerweise Anmerkt, dass die italienische Sprache statistisch gesehen keinen Wettbewerbsvorteil mehr verspricht, zumindest nicht jenen, dem einen die Kenntnis der deutschen Sprache verspricht. Um es mit Urzì zu sagen: man braucht das Italienische nicht. Der deutsch-Muttersprachler spricht es ja auch schon ausreichend gut. Dies ist u.a. auch ein Grund, warum italienische Familien ihre Kinder in den deutschen Kindergarten schicken. Die simple Frage, die sich diese Familien stellen ist: wie ermögliche ich meinem Kind die besten Zukunftsperspektiven. Italienisch hat da in Südtirol -gefühlt und auch statistisch belegt- nicht den Stellenwert des Deutschen.
Nein. Der Absatz mit dem Proporz kommt im Text Bachmanns direkt nach den BRUCHLINIEN und ist eine Verlängerung des selben. Bachmann geht es nicht um “Minorisierung”. Es geht um die institutionell/politisch Festgeschriebenen/bedingten Bruchlinien.
Bachmann schreibt:
“Südtirol bezeichnet sich gerne als funktionierende mehrsprachige Provinz, aber dennoch verlaufen immer doppelte Bruchlinien durch das Land.[…]”
Dann folgt eine Aufzählung der Bruchlinien (Politik, Medien, Schule) und dann kommt der Proporz:
“Eisern hält die SVP am ethnischen Proporz fest. Öffentliche Ämter werden proportional auf die deutsch-, italienisch- und ladinischsprachige Bevölkerung aufgeteilt. Alle Bürger müssen sich zu einer der Sprachgruppen bekennen. Der komplexen Sprachsituation trägt diese Regelung nicht mehr Rechnung – weil sich manche Italiener aus taktischen Gründen als deutschsprachig deklarieren.”
Wo bitte ist da von Minorisierung die Rede? Das geht aus dem Kontext m.M. nicht hervor.
:) Nein, das ficht deine Argumentation nicht an. Es untermauert sie sogar. War nur eine Ergänzung. Es ist ja nicht so, dass ich am Artikel nichts zu beanstanden hätte. Nur ist deine Kritik auch in Teilen unangebracht.
Bei den Zeitungen ist mir meine Argumentation zu dünn. Ich gehe deshalb nicht darauf ein.
Ha :) Gute Suggestivfrage!
Ich interpretiere, aber Sprachgrenzen überwindendes Wahlverhalten _nicht_ als Indiz für Unterrepräsentation. Im Gegenteil ich bin mit dir da einer Meinung, dass das sehr viel mit der Zerstrittenheit (m.M. auch mangelnder Kompetenz) der italienischen Parteien zu tun hat. Wenn du nochmal mein Ausgangspost liest beanstande ich, dass du den italienern unterstellst, sie wären aufgrund ihrer Zerstrittenheit selber Schuld an ihrer Unterrepräsentation im Landtag und daher (und jetzt kommt mein Punkt:) wäre die Kritik Bachmanns nicht legitimiert.
Nun ist es aber so, dass diese Unterrepräsentation zurecht wahrgenommen wird (zitiert wird Brigitte Foppa). Das halte ich für legitim. Eine Unterrepräsentation ist vorhanden. Das kann man nicht von der Hand weisen. Wie sie zustande gekommen ist ist nicht von Belang.
In aller Kürze: Selbst Schuld ist kein valides Gegenargument.
@m.gruber
Das Teil stimmt völlig,beim Wort "assimiliert" könnte man sich darüber streiten ob das ganze reflexiv zu formulieren wäre, "sich assimilieren".
Diese Logik würde ich gerne besitzen… Dazu bedarf es wahrscheinlich ein gewisses Maß an Bildung.
Genau der Teil wird ja in der Studie (nach kurzem Überfliegen) ausgelassen, weshalb wohl?
?
Weshalb? Wenn man selbst, in diesem Fall die Italieinischsprachigen, selbst eine Situation verursacht dann verwehrt man sich das Recht darauf andere für die Situation zu kritisieren.
Ja, die Logik, wonach man etwas, was so grundlegend ist, dass man es einfach voraussetzt, »nicht braucht«, möchte ich auch nachvollziehen können. Demnach braucht man auch Deutsch in Deutschland oder Englisch in England nicht.
Wenn du zur genüge Brot zu hause hast wirst du wahrscheinlich auf die Frage “Brauchen sie Brot?” antworten “Nein, brauche ich nicht.”
… oder du kannst -weil dir diese Logik völlig fremd ist- antworten: “Doch, natürlich das brauche ich jeden Tag, aber, wenn sie damit meinen/suggerieren wollen, ob ich Brot kaufen möchte, muss ich ihnen leider mitteilen, dass ich bereits ausreichend Brot zuhause habe.”
@Libertè:
Ein bisschen mehr Mühe hättest du dir schon machen können.
“Selbst Schuld” ist in diesem Fall kein valides Gegenargument, weil es nichts am Faktum ändert.
Die Italiener sind im Landtag unterrepräsentiert. Ob sie selbst daran Schuld sind, oder nicht ändert nichts an der Tatsache, dass dem so ist und dass dies ein Problem darstellt.
Und, wie stehst du eigentlich zur Meinugsfreiheit? Wer selbstverschuldet in eine Situation gerät soll die Klappe halten? Im Ernst?
Stimmt, du hast vollkommen recht, wie konnte ich bloß so dumm sein? Urzì hat sicher gemeint, dass es in Südtirol schon so viel Italienisch gibt, dass es nicht mehr braucht. Ja, so ist es ganz gewiss.
Warum sollen “die Italiener” unterrepräsentiert sein? Warum muss mein Vertreter der gleichen Muttersprache sein wie ich? David McAllister hätte somit niemals gewählt werden dürfen? Damit verfallen wir wieder in die nationalstaatliche Logik, die hier auf BBD kritisiert wird.
In erster Linie sind wir doch alle Menschen und wählen andere Menschen. Warum sollte ich nicht jemanden wählen dürfen, der/die nicht meine Muttersprache, Geschlecht, Hautfarbe, religiöse Ansicht, sexuelle Orientierung, Bezirk, Blutgruppe, Schuhgröße, Musikgeschmack,…teilt? Unzulässig wird es erst, wenn die Stimmen unterschiedlich gewichtet werden und es somit zu einer groben Verzerrung des Wählerwillen kommt. Ansonsten kann ich hier nichts zu Beanstandendes finden.
Made my day! :-)
@steve
stimmt. die italiener sind “unterrepräsentiert” kann ich nur behaupten, wenn ich dem “ethnischen” merkmal ein höheres gewicht als anderen merkmalen beimesse.
dieser logik zufolge könnte ich mich durch eine frau als meine politische vertreterin im landtag nicht repräsentiert fühlen. das ist doch blödsinn.
Nein, er muss es sich aber gefallen lassen wenn man ihn darauf hinweist das er selbst dran Schuld ist und nicht jemand anderes. Und in einem journalistischen Artikel sollte dies auch erwähnt werden!
Diesse Analogie ist völlig falsch und unnötig, besser wäre, wie Simon angedeutet hat, “Brauchst du Deutsch in Deutschland?” oder ” Brauchst du Englisch in England?”
Wenn du das auf diese Ebene hebst ist die Diskussionsgrundlage eine andere, dann kann keiner außer Urzì selbst sagen, was er gemeint hat. Ich biete eine Interpretation an, du eine andere. Bevor wir ihn nicht gefragt haben wissen wir gar nichts.
Aber -und das ist mein Punkt- allein schon, wenn unterschiedliche Deutungen an Urzìs Zitat möglich sind entkräftet das in Teilen deine Kritik an Bachmanns Artikel.
@Steve:
a) Warum sollen ”die Italiener†unterrepräsentiert sein?
Das hängt vom politischen Modell/Maßstab ab, das du einer Regierung zugrunde legst. Meine Argumentationsgrundlage ist die einer repräsentativen Demokratie. Wenn man das Modell einer repräsentativen Demokratie zum Ideal erhebt/vertritt ist es durchaus zu verstehen wenn sich manche Italiener unterrepräsentiert fühlen, weil sie es nämlich aufgrund des prozentuellen Anteils an der Bevölkerung auch sind.
Aufgabe der Volksvertreter in einer repräsentative Demokratie ist es Entscheidungen zu treffen die einem Gesamtkonsens (!) entsprechen. Es darf kritisiert werden, ob dies noch der Fall ist, wenn eine Sprachgruppe, gemessen am Bevölkerungsanteil unterrepräsentiert ist. Diese Darstellung Bachmanns ist legitim.
Du kannst natürlich auch das Modell einer Diktatur, direkten Demokratie, usw. als Diskussionsgrundlage hernehmen. Dann hat die Frage nach der Repräsentation von Bevölkerungsschichten und jene des Gesamtkonsens eine andere Gewichtung.
b) Warum muss mein Vertreter der gleichen Muttersprache sein wie ich?
Der von dir gewählte Volksvertreter muß natürlich nicht der gleichen Muttersprache wie du sein, aber ich darf -um die Wichtigkeit abermals zu unterstreichen- daran errinnern, dass das italienische Wahlsystem aus gutem Grund eine Sonderregelung für _sprachliche_ Minderheiten vorsieht. Ein Großteil der südtirol-Parlamentarier ist nur wegen dieser Klausel dort. Weiters darf ich an den sicheren Vertretung der Ladiner im Landtag erinnern. Das sind alle Mechanismen die das Funktionieren einer repräsentativen Demokratie gewährleisten sollen. Es geht in der repräsentativen Demokratie um das Ideal eines Gesamtkonsens, die Volksvertreter sollen die Wählerschaft dabei repräsentieren.
c) In erster Linie sind wir doch alle Menschen und wählen andere Menschen. Warum sollte ich nicht jemanden wählen dürfen, der/die nicht meine Muttersprache, Geschlecht, Hautfarbe, religiöse Ansicht, sexuelle Orientierung, Bezirk, Blutgruppe, Schuhgröße, Musikgeschmack,…teilt?
Ist deine These, dass jeder (Mensch) jeden (Menschen) wählen kann? Diese Behauptung ist falsch. Mensch zu sein genügt als Wahlvorraussetzung (aktiv + passiv) bei weitem nicht (Staatsbürgerschaft, Alter, Strafregister, Sprachgruppe). Reductio ad absurdum.
Wir sind nicht Menschen die andere Menschen wählen.
d) Unzulässig wird es erst, wenn die Stimmen unterschiedlich gewichtet werden und es somit zu einer groben Verzerrung des Wählerwillen kommt.
Definiere Unzulässig. Die ungleiche Gewichtung von Stimmen ist juristisch zulässig. Im italienisches Wahlrecht gibt es eine Reihe von Punkten nach denen Wählerstimmen unterschiedlich gewichtet werden: Minderheiten, Koalitionen, Prozenthürden, Bonus für den Wahlsieger, Vorzugsstimmen, gewährleistung der Vertretung der Ladiner … ; Proporz.
Ich spreche im Übrigen nicht von Unzulässigkeiten.
Nicht ein höheres Gewicht. Die Reihung von Merkmalen ist nicht von Belang. Es reicht aus wenn ich diesem Merkmal überhaupt ein Gewicht beimesse.
Nein, kein Blödsinn. Wird ja auch so ähnlich schon diskutiert und im ganzen Rest Italiens ist das bereits Realität. Stichwort Frauenquote:
@m.gruber
nein. diese regelungen zeigen mir, dass ich der “ethnie” und dem geschlecht einen höheren stellenwert beimesse als anderen merkmalen wie beispielsweise dem alter.
junge menschen sind in der politik auch “unterrepräsentiert”. anwälte sind “überrepräsentiert”. wollen wir jetzt echt ein system einführen, bei dem ich bei den vorzugsstimmen nur jemandem zwischen 20 und 40 eine stimme geben darf, wenn die zweite auf jemanden zwischen 40 und 60 fällt, der dann aber kein anwalt sein darf. das ist doch alles ein blödsinn.
@m.gruber
ich befürchte, du hast nicht ganz verstanden, wie steves aussage gemeint war.
auch das hast du falsch verstanden. repräsentative demokratie heißt nicht, dass die volksvertreter (repräsentanten) notwendigerweise die demographische zusammensetzung der bevölkerung widerspiegeln müssen. sie sind vielmehr ausdruck des wählerwillens. andernfalls müssten wir ja gar nicht wählen sondern beschicken die parlamente, landtage und gemeinderäte einfach mit einem repräsentativen querschnitt der bevölkerung.
Ich vermute mal, er hat es im Gegenteil sehr gut verstanden. Anders sind für mich dieses sich-blöd-stellen, Suggestionen und weitere rhetorische “Stilmittel” nicht erklärbar.
Aja, hier war ja schon mal die Rede von Personen, welche Aussagen treffen und man den fünffachen Aufwand benötigt, um auf den eigenen Standpunkt wieder zurückzukommen (obwohl man diesen bereits mehr als einmal definiert und somit eigentlich deutlich gemacht hat). Wie nennt man die nochmal? Hab neulich den Begriff “Zeitdieb” bzw. “Energievampir” gelesen…könnte das hinkommen?
ja, richtig, da bin ich einer Meinung. Die bestehenden _Regelungen_ zeigen eine Reihung nach Stellenwert.
Ich darf dich jedoch an deine Aussage zu Beginn erinnern, welche lautet: “die italiener sind ”unterrepräsentiert†kann ich nur behaupten, wenn ich dem ”ethnischen†merkmal ein höheres gewicht als anderen merkmalen beimesse.” Da beziehst du dich nicht auf Regelungen. Für die Repräsentation von Italienern gibt es auch keine Regelung. Ich kann deren Unterrepräsentation auch ohne Regelung behaupten, indem ich mich auf die Prinzipien/Ideale einer repräsentativen Demokratie beziehe.
ja, das auf diese Weise einzuführen wäre Blödsinn. Es ist jedoch kein Blödsinn, (und das ist der Punkt) wenn ich sage junge Menschen sind unterrepräsentiert, italiener sind unterrepräsentiert, Anwälte sind überrepräsentiert. Dem ist so und das ist ein Kritikpunkt repräsentativer Demokratien.
Natürlich nicht notwendigerweise, aber IDEALERWEISE (!). Denn durch Unter- und Überrepräsentation egal auf welchem Gebiet entstehen u.U. und mit großer Wahrscheinlichkeit Spannungsfelder.
Doch, das glaube ich schon. Er hat den gleichen Einwand gebracht der hier schon zig mal genannt wurde. Nämlich den, dass man eine unterräpresentation nicht kritisieren kann, weil Wahlen ja demokratisch sind und jeder das wählen kann, was er will.
Menschen wählen Menschen ist dabei aber eine derartige Reduktion und blauäugige, naive, realitätsferne, ignorante, you name it Sicht der Dinge, dass diese einfach in Grund und Boden gestampft gehört. Wahrscheinlich ist Steve dann auch der Meinung Arno Kompatscher wäre Landeshauptmann geworden, wenn er Italiener wäre, oder HGV, Bauernbund und Athesia hätten keinen Einfluss auf Wahlen. Menschen wählen Menschen … *pfff* … das Ganze ist eben nicht so einfach.
Wenn diese Statistik (http://www.afi-ipl.org/files/de/forschung/qualitaet-der-arbeit/Sprachkompetenzen_am_Suedtiroler_Arbeitsmarkt.pdf) etwas aussagt dann dass man als gut ausgebildete Person (jedweder Sprache) sich besser in englischsprachigen Gebieten (diese Sprache beherrscht man), dem Englischen tolerant gesinnte Gebiete (z.B die Niederlande) oder einem anderen einsprachigen Land niederlässt (hier muss man nur eine Sprache lernen).
Südtirol kann sich entscheiden ob es weiterhin derartige Hemmnisse leisten kann, die zu den allgemeinen nachteilen des Arbeitens in Italien hinzukommen, aus persönlicher Erfahrung eine empfindlich geringere Entlohnung (30% bis 45% weniger)! De facto ist ja kaum ein Mensch außer in Südtirol deutsch- und italienischsprachig, dies führt zu einem “Ausschluss” sämtlicher “ausländischer” Arbeitskräfte, eigentlich ein Traum eines jeden Xenophoben.
Träume weiter!
Ich kann auf Anhieb 20 Personen italienischer Muttersprache in meinem Heimatort (2000 Einwohner, 90% davon deutscher Muttersprache, Haupteinnahmequelle Tourismus) aufzählen, die hier schon teilweise jahrelang arbeiten und nicht deutsch sprechen.
Wozu auch? Die Einheimischen passen sich an. (Ach nein: Wir können ja alle so schlecht die Zweitsprache…)
So, so?
20 Personen sagst du?
Und von diesen 20 können alle kein deutsch?
Das sind ja 100%! Da kann ich und die Studie der astat nur falsch liegen. Das muss ein Rechenfehler sein. Diese Beamten machen auch immer alles falsch.
Die Wahrheit ist, dass das Astat darüber keine Aussagen macht, inwieweit man in Südtirols Geschäften/Gastlokalen auf Deutsch, Italienisch, Ladinisch, Englisch und anderen Sprachen bedient wird bzw. welche Geschäftssprachen wie stark vertreten sind. Anders als in anderen mehrsprachigen Gebieten wird solcherlei bei uns nicht erhoben.
Vielen Dank an pérvasion für die fundierte Stellungnahme zum absurden ZEIT-Artikel. Ich kann auf ZEIT-Online leider keine Kommentare mehr abgeben, da ich wegen meiner Kritik am italienischen Neofaschismus gesperrt worden bin. Faschisten können für die ZEIT nur Bundesrepublikaner, Österreicher und deutschsprachige Südtiroler (!) sein, Italiener sind ausschließlich Opfer des Faschismus.
Ich picke nur einen einzigen Punkt hier heraus:
War gestern im neuen (deutschen) Baumarkt in Bruneck, habe zwölf Artikel gekauft, auf der Rechnung/Kassazettel scheinen alle (!) Artikel nur in italienisch auf.
Eine bekannte (österreichische) Supermarktkette überklebt regelmäßig die deutschen Produktbeschreibungen mit italienischen Etiketten bzw. muss sie überkleben, um rechtlich in Ordnung zu sein.
… ob wohl deshalb viele Südtiroler lieber in der deutschsprachigen Nachbarschaft nördlich des Brenners einkaufen ? !
Der Artikel von Bachmann entspricht schlicht und einfach nicht den Tatsachen. Das Einzige was stimmt ist, dass in praktisch allen kleinen Ortschaften Südtirols mehr als 90% (außer in Ladinien und im Unterland natürlich) der Bevölkerung deutschsprachig sind und somit die Italiener als nationale Mehrheit in der Minderheit. Aber selbst in Hintertupf gibt es Carabinieri (also Militär), rein italienische Produktbeschriftung und die Poste Italiane. Von einer echten Autonomie wie in Katalonien ist man also weit entfernt, das erwähnt Bachmann allerdings nicht. Sie erwähnt auch nicht, dass in Südtirols Städten das Deutsche jedenfalls gefühlt (Belege gibt es noch keine) merklich zurückgeht. Aus Erfahrung stammen solche Aussagen wie m. gruber bzw. Bachmann im Artikel suggerieren meistens von Leuten, die wohlbehütet (und wohlhabend) im Elfenbeinturm leben und kaum die Gesamtsituation berücksichtigen können. Dies ist mir öfters bei Exponenten der Grünen aufgefallen (und natürlich der teils oligarchischen SVP), kann aber auch Zufall sein, was ich aber zumindest anzweifel.
Es ist enttäuschend, wie sich bbd und Gefolgschaft wiedereinmal als Meute aufführen. Anstatt, dass man Bachmanns Artikel versucht, zu verstehen, wird er kollektiv abgekanzelt mit üblichen Beißreflexen. Die Meinung von “m.gruber” wird vom Moderator einfach als “falsch” abgestempelt, als hätte jemand Deutungshoheit. Zu guter Letzt soll sich gruber auch noch rechtfertigen, warum er überhaupt hier auf bbd schreibt. Dem Einzigen, der der Kollektivmeinung trotzt, sollten seine Beiträge doch als Bereicherung angesehen werden. Auch finde ich es eine Anmaßung, anderen Medien wie der Zeit Journalistische Qualitätskriterien aufdoktronieren zu wollen, was man denn jetzt ohne Angabe von Quelle und Daten wiedergeben dürfte und was nicht. Ich mag den Blog hier wirklich, aber wie ihr in Wellen über manche herfällt ist erschreckend und widerspricht dem intellektuellen Anspruch fast (je nach persönlicher Sichtweise) bis zur Unglaubwürdigkeit.
Sonderbar. Herr Gruber darf sehr wohl über richtig und falsch urteilen — wir nicht. Wobei ich meine Sichtweise argumentativ untermauert und nicht über jene von m.gruber gestellt habe (wie auch?). Wenn es darum geht, journalistische Qualitätskriterien aufoktroyieren (!) zu wollen — wozu wir bei der Zeit gar keine Macht haben, ich würde es eher »kritisieren« oder »bemängeln« nennen — ist m.gruber ein Meister. Und das bei uns, einem ehrenamtlich geführten Blog. Ich gebe niwo recht, dass ähnliche Qualitätskriterien in Südtirol an kein anderes (professionelles!) Medium gestellt werden. Wenn es bei uns nicht so systematisch geschehen würde, könnte ich es glatt als Anerkennung unserer hohen Ansprüche an uns selbst interpretieren.
Tut mir leid, dass ich m.gruber nicht aus dem einzigen Grund unwidersprochen lasse, dass er hier »der Kollektivmeinung trotzt«, als wäre das allein ein Qualitätskriterium. Und seien wir uns im Übrigen doch ehrlich: Die Kollektivmeinung ist doch inzwischen eher jene, die Frau Bachmann vertritt.
Vorsicht! So ähnlich “unschuldig” argumentiert beispielsweise Burger: “wieso wird ausgerechnet Frei.Wild immer ins rechte Licht gerückt?” Vermeide bitte Parallelen! Gewisse Dynamiken hier auf bbd sind manchen suspekt. Was kann ein Burger dafür, dass seine Konzerte gerne von der Szene besucht werden? Was kann ein Simon dafür, wie auf seinem Blog kommentiert wird? Fühl Dich jetzt bitte nicht von mir einseitig an die Wand gedrängt (ich hoffe, Du erinnerst Dich, dass ich auch anderswo gewisse Dynamiken angeprangert habe). Du brauchst Dich auch nicht vor mir zu rechtfertigen. Ich empfinde es aber als fair und auch als meine Pflicht, Euch Feedback zu geben, sobald ich beginne, mich unwohl zu fühlen.
Das habe ich weder geschrieben noch gemeint, zumindest nicht hier.
Ich wäre dir dankbar, wenn du mir ein konkretes Beispiel dafür aufzeigen würdest.
Kollektiv: einer macht es vor ( was ja legitim ist), aber anstatt, dass dann kontrovers diskutiert wird, schlagen alle in die selbe Kerbe, mit Steigerung in der Wortwahl
Abgekanzelt: es wurde auch nicht der Versuch unternommen, dem Artikel irgendetwas Positives abzuringen. Wertschätzung setzt doch keine Meinungsgleichheit voraus! Stattdessen wird jeder einzelne Punkt auf der Waagschale des Grundversachts zerklaubt, was denn Böses damit gemeint sein könnte. Und dann ist die Autorin gleich eine schlechte Landsfrau und die Zeit ein unwürdiges Medium.
üblich: ich hatte doch schon mehrmals auf das Muster aufmerksam gemacht…
Beißreflex: man fühlt sich in einem (mir nicht ganz klaren) Kollektiv mit dem Rücken zur Wand und greift in der Defensive zu einer überzogenen Wahl der Waffen. Ein kleines Miau hätte meines Erachtens eine bessere Diskussion angestoßen.
@bzler
es ist ja nicht so, dass wir artikel über südtirol in überregionalen medien grundsätzlich zerklauben. auch haben wir erst unlängst einen beitrag des standard-redakteurs christoph prantner publiziert, weil wir ihn für so gelungen hielten.
aber es darf doch wohl erlaubt sein – wohlgemerkt mit argumenten untermauert – einen artikel aus unserer sicht für schlecht zu befinden – sowohl inhaltlich als auch handwerklich.
ich persönlich finde, dass frau bachmann ein schema benutzt, das man sehr häufig in medien wie der kronenzeitung usw. findet: man interviewt menschen, von denen man glaubt, dass sie die gewünschte stimmung (die richtung, in die es gehen soll, steht meist schon von vornherein fest) am besten befeuern. im artikel findet sich keine einzige stimme, die die “verdeutschungsthese” nicht teilt oder zumindest kritisch hinterfragt. das ganze garniert man dann mit subjektiven erfahrungen und unbelegten bzw. unbelegbaren behauptungen (“die einen sprecher immer schlechter italienisch”, “italienisch braucht es nicht mehr”). fertig ist der mythos. die ganze ausländer- und zuwanderungsdebatte, die “sicherheitsdebatte” in südtirol, generell der boulevard – all das funktioniert nach genau dem gleichen schema. und das finde ich erschreckend.
Stimmt hunter, hinzufügen möchte ich noch, oft werden dies Interviewten dann als “Experten”bezeichnet und ihre Meinung als die einzig Wahre dargestellt.
@hunter: ich hatte ja selbst geschrieben, dass es legitim ist. Nur ist aus der Saat etwas aufgegangen, was mir so nicht mehr gefallen mag – ohne auf irgendeinen Kommentar speziell zeigen zu wollen. Gefällt *Dir* der Gesamteindruck, den dieser Thread vermittelt?
Was anderes: hab mir den Kommentarbereich unter dem “Zeit”-Artikel angeschaut und festgestellt, dass dort lediglich zwei Kommentare vorhanden sind, davon (mindestens) einer aus dem BBD-Lager. Was soll man daraus schließen? Dass das Thema “Minderheiten in Südtirol” dem Rest der Welt am A…. vorbeigeht? (Das ist jetzt keine rhetorische, sondern eine ernstgemeinte Frage).
Steve, zu Deiner Frage: ja, weitgehend! Der Rest der Welt interessiert sich wirklich nur zu einem sehr ueberschaubaren Bereich fuer die Probleme der verschiedenen Sprachgruppen in Suedtirol. Ich lebe in den USA, praktisch niemand hier hat jemals von der Existenz einer deutschen Sprachgruppe in Italien gehoert. Auch die Kenntnisse der meisten Deutschen, die ich hier kennenlerne, zu Suedtirol, sind auesserst bescheiden. Und sogar in Wien, wo ich jahrelang gelebt habe, hat nur ein relativ kleiner Teil der Bevoelkerung eine tiefergehende Ahnung von den Suedtiroler Realitaeten. Tja, die Welt ist gross, Suedtirol ist klein, und derzeit international kein wirkliches Thema.
A quanto pare per soddisfare qualcuno avremmo bisogno di 3 consigli provinciali; ognuno con 3 attività legislative indipendenti, ognuna delle quali si applichi solo per appartenenza linguistica… questa signorina pare abbia un’idea particolare di come funzioni la democrazia. Ed a quanto pare l’idea che ci siano italiani che votano candidati e partiti tedeschi e vice-versa non la sfiora nemmeno.
Sarebbe interessante interpellarla e vedere che dice in proposito alle critiche al suo articolo o che ci spieghi cosa le passava per la testa mentre lo scriveva. Di sicuro di un futuro post-etnico non ha sentito molto parlare…
Fazit: – dass ein Bericht so konstruiert wie der hier besprochene von Barbara Bachmann, in einer Zeitung wie der ZEIT erscheinen kann, – lässt natürlich darüber nachdenken: – was für “Wahrheiten und Stimmungsbilder” bekommen wir eigentlich aus anderen Teilen der Welt serviert?
Wenn Südtirol im globalen Gefüge auch unbedeutend sein mag, “stimmig” sollte ein Bericht darüber schon sein!
Wenn man unsere Geschichte im Kopf hat, 65 J. alt ist und damit Teil eines bestimmten Zeitgeschichtsabschnittes ist, dann hat man – was mich betrifft – schon ein Bild vom Gestern und Heute und möchte versuchen, sich selbst und die nachkommenden Generationen in einer guten Zukunft zu wissen!
Selbstverständlich gibt es unterschiedliche Meinungen und Einschätzungen, – andere Meinungen mit Herablassung zu quittieren, fällt an die Absender zurück!
Wieso die italienische Sprachgruppe im Südtiroler Landtag unterrepräsentatiert sein soll, erschließt sich mir nicht. Sie wird von den Leuten vertreten bzw. repräsentatiert die die Italiener beauftragt haben sie zu repräsentatieren. Die Nichtwähler wollen nicht vertreten werden und die anderen wählten Leute die offensichtlich ihr Vertrauen genießen, also werden sie doch wohl von jemandem repräsentatiert werden, allein schon bedingt durch den Umstand dass sie zur Wahl gegangen sind. So funktioniert Demokratie. Unterrepräsentatiert würde bedeuten, dass man obwohl man zur Wahl gegangen ist und jemanden gewählt hat, die Wahl keine Früchte bzw. keine oder zu wenige Vertreter hervorgebracht hat, was praktisch unmöglich ist. Es gehen eben diejenigen hervor, die gewollt wurden.
Brigitte Foppa spricht im Landtag (manchmal) auf Italienisch. Das sei ihr unbenommen — merkwürdig ist aber ihre Erklärung, dass sie dies bewusst tue, weil das Italienische im Landtag unterrepräsentiert sei. Da stellt sich mir die Frage: Spricht dann Herr Kronbichler im römischen Parlament auch manchmal Deutsch?
Diese Frage ist es allemal Wert gestellt zu werden. Gut beobachtet.
Im Landtag ist das Italienische unterrepräsentiert, in Bozen überrepräsentiert, in Südtirol unterrepräsentiert, in Italien überrepräsentiert, in Europa repräsentiert, in der Welt eine Sprachminderheit.
Es ist ein Hund…
Was ist daran merkwürdig? Das Italienische *ist* im Landtag unterrepräsentiert, aus welchem Grund auch immer.
Wenn eine zweisprachige Landtagsabgeordnete unter Anführung dieses Grundes entscheidet (auch) Italienisch zu sprechen, so hängt die (argumentative) Legitimität für dieses Tun doch nicht davon ab, ob es ihr ein Kollege in einem anderen Gremium unter umgekehrten Vorzeichen gleich tut. Selbst wenn er der selben Partei angehört.
Grundsätzlich nein, da bin ich mit dir einverstanden. Bei dieser speziellen Argumentation sollte aber schon die Gesamtsituation »mitgedacht« werden. Es ist im Grunde ähnlich wie mit dem »Aufzwingen« von »Sudtirolo«, das Brigitte ein Dorn im Auge ist, während sie das »Aufzwingen« von »A. Adige« nie thematisiert bzw. problematisiert hat.
Immerhin hat sie das Recht, auch ohne Anführung von Gründen im Landtag Italienisch zu sprechen. Herrn Kronbichler (und allen anderen Südtiroler Abgeordneten) wird dieses Recht umgekehrt im römischen Parlament erst gar nicht gewährt. Ich fände es übrigens wesentlich spannender, wenn Brigitte eine Abänderung der Geschäftsordnung (ich nehme an, sowas gehört in die Geschäftsordnung) des Landtages vorantreiben würde, mit der im Landesparlament auch der Gebrauch der ladinischen Sprache gestattet wird. Meines Wissens ist es diese Sprache, die im Landtag mit 0% Redebeiträge am deutlichsten unterrepräsentiert und sogar normativ diskriminiert ist.
Spannend, so etwas in einer deutschen Zeitung nachzulesen. Haben doch die Dänen in Sachsen Sonderrechte gewährt bekommen, die Bayern einen Freistaat. Schaut man in die Regionen, dann sind Zeitungen nicht “nordrhein-westfälisch” oder “baden-württembergisch”, sondern stolz rheinisch, (nord/süd)badisch oder schwäbisch. Eine Assimilation des ganzen Volkes in einer einzigen “Nationalkultur” wurde eigentlich nur in stark zentralistischen Staaten (Frankreich) und faschistischen Regimen (Deutschland, Italien) wirklich versucht, immer mit nationalistischen Hintergedanken. Aber nicht mal im Inbegriff des zentralistischen Staates, Frankreich, hat es vollständig funktioniert mit dem Aufgehen in einer einzelnen Nationalkultur: Bretagne, Elsass, Korsika sprechen dagegen. Man sieht daran aber auch, dass dies gar nicht nötig ist. Weder wird einer der Gruppen zwingend rassistisch auffällig, noch ist das Zusammenleben gefährdet. In der Mehrheit sind ja alle Menschen auf der Welt vernunftbegabte Wesen.
Das Zitieren eines Faschisten ist natürlich ganz unterste Schublade. Ich finde es sogar deutlich schlimmer, gerade weil es in einer deutschen Zeitung passiert ist. Italiener (ob Südtiroler oder nicht) oder auch an der Lage in Südtirol interessierte Österreicher bemerken dies schnell, aber für Deutsche wird es sehr schwierig, diese Zitate korrekt einzuordnen.
Generell gehört bei solchen Beispielen eine Übersicht der Fakten dazu. So wie wohl nicht alle Italiener den Unterschied zwischen Franken und Oberbayern kennen, ist die sprachliche/kulturelle Situation in Südtirol (mit “Hotspots” einer der Sprachen wie Bozen) in Deutschland nur aus dem Urlaub bekannt. So wirkt es bewusst irreführend.