Susatal.

Die Bevölkerung des Susatals kämpft gegen die Realisierung der neuen Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke von Lyon nach Turin durch ihr Tal. Den Leuten dort, die für ihr Land, ihre Umwelt und ihre eigene Gesundheit kämpfen, möchte ich an dieser Stelle meine entschiedenste Solidarität aussprechen.

In diesem Fall kann man beobachten was passiert, wenn man eine zu eingeschränkte Souveränität über das eigene Territorium hat: Man wird überrollt und geradezu vergewaltigt von (realitäts)fernen Machthabern, denen persönliche und wirtschaftliche Interessen wichtiger sind, als die konkrete Problemlösung. Die Menschen dort haben gewichtige Argumente vorzubringen: Laut einem einschlägigen Gutachten des Mailänder Polytechnikums ist die Strecke unwirtschaftlich und ökologisch sehr bedenklich, sogar die derzeit bestehende Bahninfrastruktur sei nur zur Hälfte ausgelastet. Die Gegner behaupten weiters, das Tal habe mit Autobahnen, Umfahrungen, Zugstrecken, Tunnels u.v.m bereits einen zu hohen Beitrag für die Erfordernisse der italienischen (Transport-)Wirtschaft geleistet. Jetzt müsse endlich Schluss sein. Und nicht zuletzt habe man selbst die Mühe gescheut, die Bevölkerung zumindest über das Vorhaben zu informieren, sie sei einfach vor Tatsachen gestellt worden. Den friedlichen Protest versucht man nun zu allem Überfluss mit nackter Polizeigewalt zu brechen.

Solch ein Vorgehen wäre in Südtirol wohl kaum möglich, jedenfalls nicht ohne die Zustimmung unserer hier kontrollier- und belangbaren Landespolitiker. Spärliche Informationsabende zum Bau des Brennerbasistunnels hat es bei uns nur gegeben, weil dem Druck aus der Bevölkerung auch die direkte »Erpressbarkeit« der Verantwortlichen gegenüberstand, die konkret um ihre Sessel bangen müssen. Die Alemagna-Autobahn konnte ihrerzeit wohl vor allem deshalb verhindert werden. Doch selbstverständlich ist das nicht genug: Wir brauchen noch wesentlich mehr und effizientere direktdemokratische Mitbestimmungsrechte, um unserer Regierung in Sachfragen einheizen zu können. Und wir brauchen, wie auch die Bevölkerung im Susatal, dringendst mehr Handlungsspielraum, damit uns kein »nationales Interesse« überrollen kann.

In der Schweiz ist die direkte Demokratie so ausgeprägt wie nirgendwo anders. Und die Kantone verfügen über soviel Macht, dass die Eidgenossenschaft praktisch keine Möglichkeit hat, sich über deren Willen hinwegzusetzen. Und dennoch ist das dortige Verkehrssystem – in Abwesenheit von Politikern des Schlages eines Herrn Lunardi – nicht zusammengebrochen. Ganz im Gegenteil: Die Entscheidungen orientieren sich i.d.R. an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen, was die perfekt organisierte Logistik im ÖPNV und im Warentransport täglich belegt!

Volle Solidarität den Menschen im Susatal, die sich nicht gegen den Fortschritt, sondern gegen Willkür von oben wehren! Kein Eingriff ohne Mitbestimmung!

Dokumente: ‹1 ‹2

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Trennung raus.

Das geltende Südtiroler Autonomiestatut ist zunächst ein vorzügliches Schutzinstrument — aus dem vorigen Jahrhundert. Es hat gestattet, Südtirol ins neue Millennium herüberzuretten, und ist eine Maßnahme aus der Zeit nach jenen Kriegen, die Europa zerstört, die Juden vernichtet und ganze Völker in ein Korsett gezwungen haben, das längst viel zu eng geworden ist.

Das Aushängeschild dieses (nunmehrigen) Anachronismus’ ist das nötige Übel einer ethnischen Trennung, die auf kulturelle Erhaltung setzt und Entwicklungen — negative und eben auch positive — hemmt. Eine Art identitäres Konservierungsmittel.

Leider lässt es das Autonomiestatut kaum zu, neue Lösungen in Eigenständigeit, selbst im gesellschaftlichen, sprachgruppenübergreifenden Dialog zu finden und umzusetzen. Aufgrund seiner Beschaffenheit setzt es auf Unbeweglichkeit, auf seine »Verankerung« (im Völkerrecht und in der Verfassung) und auf den Schutz durch das sogenannte »Vaterland Österreich« — und ist darauf angewiesen.

In dieser Logik sind die heutigen (eines Nationalstaates würdigen) Schutzmechanismen weiterhin nötig und unersetzlich. Nur ein Ausbruch aus den heutigen Rahmenbedingungen wird den Dialog aus Rom (oder Wien) ins Land verlegen und alle in den konstituierenden Prozess eines neuen, überfälligen Gesamtkonzeptes für Südtirol einbinden.

Das bedeutet zunächst eine Territorialisierung der Autonomie- und Selbstbestimmungsgedanken. Denn eine Lösung für nur einen Teil der Bevölkerung ist nicht nur schwer umsetzbar, sondern (vor allem) nicht wünschenswert. Dies würde lediglich zu einer Umkehrung des Minderheitenproblems führen.

Der jüngste, mutige Schritt der SVP, eine Italienerin auf ihren Listen zu präsentieren ist ein richtiger und ermutigender Schritt in diese Richtung, so er nicht ein Wahlgag bleibt. Die Diskriminante darf keine ethnische mehr sein, sondern muss zwischen Autonomiewilligen und -unwilligen unterscheiden; und selbst letztere sind anzusprechen und von der Güte des Projekts zu überzeugen.

Der »Prozess« wird in jenem Maße erfolgreich sein, wie man imstande sein wird, sämtliche Sprachgemeinschaften und Bevölkerungsschichten anzusprechen und einzubinden. Für das Gelingen wird dies sogar eine conditio sine qua non sein, das zeigen nicht zuletzt die Erfahrungen in anderen Regionen mit ähnlichen Problemen.

Vertiefung. Hinzugefügt am 16.02.2006

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Sprachimmersion und Aosta.

In letzter Zeit ist das Thema Sprachunterricht – bedingt etwa durch die Kandidatur von Frau Elena Artioli auf den Listen der SVP – wieder verstärkt in den Mittelpunkt gerückt. Die Frau schlägt etwas vor, was wohl den meisten Südtirolerinnen ein ernsthaftes Anliegen ist, und zwar die Sprachkompetenz des Nachwuchses noch stärker zu forcieren. Ich bin selbst auch davon überzeugt, dass in Südtirol eine noch bessere Vermittlung der Sprachen (sämtlicher Sprachen, vieler Sprachen!) vonnöten ist. Es könnte z.B. auch ein umfangreiches freiwilliges Angebot der Schulen unter Beibehaltung des heutigen Schulsystems sein. Allerdings bin ich seit jeher skeptisch, ob das in Vorträgen illuminierter Expertinnen so hochgelobte Immersionsmodell unseren Bedürfnissen wirklich genügt, die da auch sind: der Minderheitenschutz. Ich bin jüngst im Netz auf eine wissenschaftliche Analyse der Situation im Aostatal gestoßen, die ich hier verlinke:

Hier gehts zur Studie.

Falls etwas Zeit vorhanden, empfehle ich, die sehr detaillierten Daten genauer unter die Lupe zu nehmen. Selbstverständlich muss man stets vorsichtig sein, wenn man Regionen mit unterschiedlicher Geschichte vergleicht. Dennoch finde ich die Ergebnisse ernüchternd und erschreckend, von Multikulturalität und Mehrsprachigkeit in einem Ausmaß wie in Südtirol kann da keine Rede (mehr) sein! Davor kann niemand die Augen verschließen, dem die Mehrsprachigkeit Südtirols ein Anliegen ist.

Das Fazit könnte natürlich sein, sich weiterhin (und verstärkt) der Immersion zu verschließen – während aufgeklärte Bürger nach wie vor daran festhalten könnten, um den Istzustand auch unter dem Risiko aufzubrechen, langfristig Schaden davonzutragen. Beide Haltungen sind für mich nachvollziehbar und haben ihre philosophische und politische Daseinsberechtigung.

Bis jetzt ist allerdings im Widerstreit der Positionen untergegangen, dass die Quadratur des Kreises wohl durch ein höheres Maß an Selbstbestimmung für Südtirol zu erreichen wäre. Dadurch würde man nämlich die Ausgangslage (also sämtliche Voraussetzungen) auf einen Schlag zum Besseren verändern. Im Klartext: In einer lösgelösten Situation (etwa Luxemburger Verhältnisse), wo es keine natürliche Entwicklung hin zu einem angeschlossenen »Nationalstaat« geben kann, ist Assimilierung kaum zu befürchten, multikulturelle Bestrebungen könnten erfolgreich verlaufen. Solange wir aber nicht kulturelles und geistiges Zentrum unserer selbst sind, sondern lediglich die Peripherie zweier Sprachräume, laufen wir stets Gefahr, dem Beispiel des Aostatals zu folgen – in den Abgrund.

Siehe auch ‹1 ‹2 | 1› 2›

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ERC.

Weiter unten und vor etlichen Monaten war bereits von Esquerra Republicana de Catalunya (Republikanische Linke Kataloniens) die Rede. Deren Programm entspricht ziemlich genau meinen persönlichen Wünschen an eine mögliche sozialdemokratische Partei für Südtirol. Kandidierte ERC mit einem adaptierten Programm hierzulande, wäre ihr meine Stimme sicher. Nun könnte man meinen, eine persönliche Wahlaussage in diesem Blog und zu diesem Thema wäre kontraproduktiv, doch ich will gleich zeigen, warum ich nicht davon ausgehe. Es gibt mehrere Gründe:

  1. Es gibt derzeit keine Partei in Südtirol, die diesem Profil entspräche. Das ist auch der Grund, warum ich auf ein katalanisches Beispiel zurückgreife. Gleichzeitig tut es der Überparteilichkeit keinen Abbruch, denn keine Partei in Südtirol ist wirklich wie ERC und kaum eine ist so weit davon entfernt, dass sie sich von meiner Überlegung ausgeschlossen fühlen könnte.
  2. Meine politische Gesinnung, zu der ich stehe, obschon meine Absichten überparteilich sind, ist für Südtirol quasi ein Novum. Ein »Linker« oder ein »Sozialdemokrat«, der sich entschieden für mehr Selbstbestimmung einsetzt? Das muss näher untersucht werden. Und ich denke, daran werden sowohl die Konservativen (die ohnehin bereits für diesen Zweck kämpfen) als auch die Linken z.T. Gefallen finden. Jedenfalls wird es nicht per se ein Grund sein, das Projekt skeptisch zu beäugen.
  3. Wer sich für Selbstbestimmung stark macht, wird merkwürdigerweise (s. Beitrag »Sensibilisierung«) in Südtirol ohnehin meist in die rechte Schublade gesteckt. Einen klaren persönlichen Widerspruch halte ich daher für angebracht.

Hier also zur Inspiration das Programm von ERC:

Verfügbar auf: Katalanisch | Englisch | Französisch | Spanisch

Außerdem interessant und sehr zeitgemäß (»modern«) finde ich das Programm von Iniciativa per Catalunya – Verds (ICV, Initiative für Katalonien – Grüne), deren Mitglieder in Straßburg mit unseren Grünen in einer Gruppe sitzen. Vielleicht färbt dabei ja was ab… von grün auf grün sozusagen.
Deren Programm konnte ich leider nicht in übersetzter Fassung finden. Womöglich gelingt mir das noch, andernfalls werde ich den Text vielleicht selbst ins Deutsche übertragen.

Nachtrag vom 29.07.2006: Es gibt jetzt offensichtlich eine neue englische Teilfassung der Homepage von ICV ‹1 mit einer Zusammenfassung der Parteigeschichte und deren Zielen ‹2.

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Wiki auf Ladinisch.

Auch will ich natürlich nicht vorenthalten, was ich schon in verschiedenen Foren geteilt habe:

Im O-Ton:

Das wird zu wenig beworben: Es gibt einen Testbetrieb für die neue Wikipedia auf Dolomitenladinisch (wie bereits für das schweizerische Bündnerromanisch). In kurzer Zeit sollten etwa 100 Artikel zustandekommen, damit die freie Enzyklopädie in den ordentlichen Betrieb genommen wird. Falls ihr der ladinischen Sprache mächtig seid, helft mit. Der Beitrag aller ist gefragt, um dieses Ziel zu erreichen! Jeder kann auch mit geringen Vorkenntnissen mitmachen.

Hier die Adresse: http://meta.wikimedia.org/wiki/Test-wp/lld

Die Wiki ist der ideale Ort um einer Minderheitensprache auf die Beine zu helfen, ihr Leben einzuhauchen.

Wie ich meine ist die Wiki eine ungeahnte und unerschöpfliche Möglichkeit gerade für eine bedrohte Minderheitensprache »ohne Staat«, kostenlos und in zwar harter aber lohnender Zusammenarbeit ein derart wichtiges Instrument wie ein universelles Nachschlagewerk zu schaffen. Zahlreiche Minderheiten haben diese Chance bereits begriffen und ergriffen, wie etwa die Korsinnen, Friauler- oder Baskinnen. Die ladinische Wiki schläft derweil noch einen Dornröschenschlaf, viel Interesse scheine auch ich mit meinen Aufrufen nicht erreicht zu haben. Allem Anschein nach wurde das Projekt von irgendeiner gutmeinenden Institution oder Stelle (das »Micurà de Rü«? die »Union Generela«?) initiiert, allerdings ohne besondere Vorkenntnisse. Die Artikel sind größtenteils reinkopiert und nicht mit den für Wikipedia charakteristischen Links versehen, die willigen Verfasserinnen die Arbeit erleichtern würden. Schade, dass ich des Ladinischen trotz einiger Vorfahren aus diesem Sprachraum nicht ausreichend mächtig bin, es wäre eine Freude, ein bisschen Zeit darin zu investieren. Andererseits: Wenn sich eine Gesellschaft nicht für ihre Sprache interessiert und stark macht, ist Engagement von außen eigentlich wenig hilfreich. Ohne Selbstbewusstsein der Betroffenen selbst ist das Problem nicht zu lösen. Vielleicht macht sich ja doch noch jemand an die Arbeit?

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Sensibilisierung.

Im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten bin ich derzeit vorrangig im Internet aktiv, wo ich etwa Politiker anschreibe und versuche, sie zum Thema Selbstbestimmung zu sensibilisieren. Eigentlich ist es vorerst eher für mich interessant zu beobachten, was unsere Entscheidungsträger von dieser Problematik halten. Besonders links der Mitte scheint das Thema eher verdrängt zu werden oder gar verpönt, obschon die Idee von persönlicher und kollektiver Freiheit, Mitbestimmung und Subsidiarität international und historisch eher in diesem politischen Milieu anzusiedeln ist. Es ist wirklich kurios, wie die historische Entwicklung Südtirols zum einen, und die Aneignung des Themas durch rechte und z.T. sogar extremistische Gesellschaftsteile zum anderen, die Linke verschreckt haben. Nur allmählich wird zur Kenntnis genommen, dass das Prinzip Selbstbestimmung – wenn richtig, also im Konsens und zum Vorteil aller umgesetzt – einen entscheidenden Beitrag zur Lösung der strukturellen Probleme in der Südtiroler Gesellschaft führen könnte.

In letzter Zeit habe ich öffentlich einsehbar vor allem mit dem Europaabgeordneten Sepp Kusstatscher auf seinem eigenen Blog diskutiert.

Auch der SVP-Obmann sowie alte und neue Bozner Vize-BM Elmar Pichler Rolle stellt sich auf dem Forum der VP öffentlicher Diskussion.

Sogar im sehr geschäftigen Blog von Silvano Bassetti war ein grundsätzlicher Konsens zu meinem vorsichtig untergebrachten Vorschlag zu erkennen.

Zum Schluss war ich noch bei den g.ecos, die ein interessantes Potential für Südtirols Politlandschaft darstellen. Dort stehen Antworten noch aus, ich werde nach Möglichkeit berichten.

Alles in allem ist jedenfalls festzustellen, dass sich alle Akteure der heimischen politischen Landschaft grundsätzlich bereit zeigen, an einer Diskussion teilzunehmen. Wie ernsthaft – und welche Folgen diese Tatsache auf die reale Politik haben wird – ist natürlich noch nicht abzusehen. Wichtig ist für mich jedoch, dass die Möglichkeit besteht, positiv Einfluss zu nehmen, die Leute lassen mit sich reden. Das ist gut für die Demokratie.

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Zurückeroberung.

Ich habe beschlossen mir das -Blog wieder anzueigenen. Nachdem der Versuch, ein gemeinsam geführtes Projekt aus dem ff-Forum auszulagern, gescheitert ist, werde ich hier ein »Tagebuch« in eigener Sache führen. Dazu zunächst folgendes: Die beiden Seiten mit den Titeln »selfdetermination project« und »Brennerbasisdemokratie« werden unter einem gemeinsamen Dach fortgeführt. Das Thema ist vorrangig die Erlangung eines höheren Maßes an Selbstverwaltung für Südtirol und ein Resümee aus meiner »Lobbying«-Tätigkeit, wie ich meinen Einsatz verstehe: Linksliberaler Prägung, aber im großen und ganzen überparteilich und unabhängig.

Anmerkung: Eine Änderung der Blogsoftware und deren Regeln gestattet es fortan, auch ohne umständliche Anmeldung Kommentare zu hinterlassen. Persönliches Engagement der Leserinnen ist ausdrücklich erwünscht!

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Energie.

Die Energie für das Projekt müßte selbstverständlich durch Mobilisierung geweckt werden, auch wenn es einer künstlichen Herbeiführung gar nicht bedarf. Obschon die ethnischen Spannungen im Alltag verdrängt werden und das Miteinander (im Zuge der Vorbildlichkeit unserer »Autonomie«) beschworen wird, merken die meisten Südtiroler doch, daß etwas nicht stimmt:

  • Wenn wir uns die effektive Trennung nach Sprachgruppen und Vorgärtchen vor Augen halten;
  • Wenn wir Einzelfälle, wie die Friedensplatz-Abstimmung nicht vergessen;
  • Wenn man also die »permanentisierte« Ausnahmesituation beachtet, die vielen Südtirolern allmählich zu eng wird. Immer mehr Leute in diesem Land finden Schutzmaßnahmen notwendig und sehnen sich dennoch nach einer Normalisierung im Umgang mit dem Nachbarn oder im politischen Verhalten. Viele haben es satt, einer Partei nur aufgrund von ethnischen Überlegungen ihr Vertrauen zu geben. Doch eine so geartete Normalisierung ist nicht zu schaffen, solange wir uns in einer tatsächlichen oder perzipierten »Notsituation« befinden. Und die Zukunft ist m.E. nur gemeinsam zu bewältigen und nicht mehr länger im Dauerspiel ethnischer Reibungen.
  • Nicht zuletzt entstammt diese bereits vorhandene Energie dem europäischen Einigungsprozeß, der die Selbstverantwortung herausfordert, indem er auf Subsidiarität setzt und indem er indirekt (trotz anderslautender Vermerke in der neuen »Verfassung«) die Nationalstaaten als solche der Geschichte übergibt.

Wenn wir es freilich nicht schaffen, die Südtiroler von der Überlegenheit der Politik und demokratischer Entscheidungsprozesse über den ephemeren wirtschaftlichen Wohlstand (und die nur dadurch mögliche ethnische Duldungsphase) zu überzeugen, ist diese Idee wahrscheinlich hinfällig.

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