Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Die (unfreiwillige) Absage.

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    3 Comentârs → on Die (unfreiwillige) Absage.

    Vor einigen Wochen ist die Junge Generation Brixen mit der Einladung an mich herangetreten, an einer Podiumsdiskussion in Vahrn mit dem Titel »Selbstbestimmung — Zukunft oder Illusion?« teilzunehmen. Außer mir würden Richard Theiner (Obmann der SVP), Sven Knoll (STF) und Günther Pallaver (Politologe) mitdiskutieren.

    Leider musste ich vor wenigen Tagen absagen — da ich nicht definitiv zusagen konnte. Vor Jahresende weiß ich nicht, ob ich am 11. Jänner, Datum der Veranstaltung, anwesend sein kann, und ich möchte die Organisatoren freilich nicht in ihren Vorbereitungen behindern. Es ist aber zu sagen, dass ich die Einladung sehr gerne angenommen hätte. Ich spreche der JG meinen Dank für ihr Vertrauen aus. Falls ich im Lande bin, werde ich mit Sicherheit zumindest im Publikum anwesend sein. Und: Ich hoffe, dass sich 2010 noch einmal die Gelegenheit ergibt, an einer Diskussion zu diesem Thema teilzunehmen.



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  • TAZ: »Prontuario« abgeschafft.

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    41 Comentârs → on TAZ: »Prontuario« abgeschafft.

    Wie bereits in den Kommentaren vorweggenommen wurde, berichtet die Neue Südtiroler Tageszeitung (TAZ) heute über ein kleines Hoppala der Mitterechtsregierung. Der Minister für Vereinfachung (!) habe beim eifrigen Abschaffen alter Gesetze einfach die faschistischen Relikte Dekrete außer Kraft gesetzt, mit denen die Südtiroler Toponomastik italianisiert wurde. Damit haben die Phantasienamen Tolomeis keine gesetzliche Grundlage mehr. Beim Südtiroler PDL herrscht hellste Aufregung. Wie die TAZ schreibt, erwägt die Regierung jetzt, die Abschaffung wieder rückgängig zu machen.

    Dazu fallen mir spontan zwei mögliche Schwierigkeiten ein:

    1. Die Zuständigkeit auf diesem Gebiet ist mit dem Autonomiestatut an das Land übergegangen.
    2. Das wäre dann de facto die Einführung eines faschistischen »Prontuario« durch ein demokratisches Land — auch wenn man versuchen wird, die Abschaffung als reines Versehen abzutun.

    Siehe auch: 01



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  • Zuwanderer für die Unabhängigkeit.

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    68 Comentârs → on Zuwanderer für die Unabhängigkeit.

    Dutzende von Zuwanderervereinigungen haben im Vorfeld der Unabhängigkeitsbefragungen in Katalonien ihre Zustimmung zum Ausdruck gebracht. In einer eigens einberufenen Versammlung haben sie den Organisatoren der selbstverwalteten Referenda sowie der Presse ihre Unterstützung angekündigt. Gemäß einem Manifest, das diese Vereine verfasst haben, erlebe Katalonien seit 300 Jahren eine beklemmende Situation, in der den Bürgern die Selbstbestimmung verweigert wird.

    Zuwanderer 13D.

    Laut Mbaye Gaye »hat uns Katalonien aufgenommen. Wir werden Katalonien in seiner Bestrebung unterstützen, die Eigenstaatlichkeit zu erlangen«. El-Hassane Jeffali ruft die Immigranten dazu auf, an den Abstimmungen teilzunehmen. Der Senegalese Omar Diana hat einen gewagten Vergleich zwischen Afrika und Katalonien hergestellt — in beiden Fällen handle es sich um Kolonialgebiete. Diego Arcos vom Casal Argentì (Argentiniervereinigung) begründet die Unterstützung seiner Vereinigung damit, dass sich das Land in einem ähnlichen Prozess wie damals Argentinien befinde, als es seine Abhängigkeit von Spanien über Bord warf. Ahmed Benallal stellte in den Vordergrund, dass die Abstimmungen eine Gelegenheit sind, »die uns Katalonien im Unterschied zum spanischen Staat und zu unseren Ursprungsländern bietet, und die wir gerne annehmen«.

    Die Vereinigungen wurden vertreten von Clà udia Videla (Espai Latino), Jorge Cruz (Präsident von Casa Mendoza in Spanien), Èric Bertran (Präsident Nous Catalans Joves, Neue Junge Katalanen), Ahmed Benallal (Präsident Llum del Nord, Nordlicht), Abdelhak Elhaddouti (Kollektiv Amazic), Guillermo Anibal Morini (argentinischer Zuwanderer und Bürger von Arenys de Munt), Mbaye Gaye (Col·lectiu Senegalès de Catalunya und Mitglied von Nous Catalans, Neue Katalanen), Omar Diatta (Col·lectiu Senegalès de Catalunya), Oscar Carral Arriguchi (Asylant und Mitglied von Col·lectiu migrants del Vallès), Diego Arcos (Präsident des Col·lectiu Argentì), Mohamed Iqbal (Comunitat Pakistanesa, Pakistanische Vereinigung), Javed Illyas (Comunitat Pakistanesa), Flavio Carvalho (Comunitat Brasileira de Catalunya, Brasilianische Vereinigung) und Pedro Morón de la Fuente (Els altres Andalusos, Die anderen Andalusier und Catalònia Acord).

    Quelle: Racó Català.



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  • Eine inneritalienische Angelegenheit.

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    38 Comentârs → on Eine inneritalienische Angelegenheit.

    Der italienische Botschafter hat direkt bei den Südtirol-Sprechern von FPÖ und ÖVP, Neubauer und Gahr protestiert, weil diese den Vorschlag in den Nationalrat eingebracht hatten, uns Südtirolerinnen die doppelte — also zusätzlich zur italienischen die österreichische — Staatsbürgerschaft anzubieten. Dieses Ansinnen bezeichnete der Botschafter als einen Affront gegen Italien, denn bei der Südtirolfrage handle es sich um eine rein inneritalienische Angelegenheit.

    Zur Erinnerung: Spätestens seit dem Pariser Vertrag ist Südtirol eine internationale Angelegenheit, die in einem Abkommen zwischen Italien und Österreich geregelt ist. Und mit der Behandlung vor der UNO 1960 wurde auch Italien auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, was auch der Grund dafür sein dürfte, dass die Südtirol-Autonomie nicht wie jene der anderen Regionen mit Sonderstatut völlig ausgehöhlt wurde. Doch ein bequemer nationalistischer Reflex wie jener, den ausschließlichen Besitzanspruch über Südtirol zu erheben, stirbt offensichtlich nicht so leicht.

    Der Botschafter scheint außerdem zu vergessen, dass Italien ehemaligen Emigranten und ihren Nachkommen auch nach mehreren Generationen den italienischen Reisepass anbietet, selbst wenn sie freiwillig auf die Staatsbürgerschaft verzichtet hatten. So haben hunderttausende Südamerikaner, besonders Argentinier, heute wieder einen italienischen Pass. Die meisten Südtirolerinnen haben hingegen nie aus freien Stücken auf den österreichischen Pass verzichtet.

    Übrigens: So neu ist der Vorschlag von Neubauer und Gahr gar nicht — auch Sergio Romano (Bolzano e l’Italia) und Riccardo Dello Sbarba (Sowohl, als auch) hatten sich bereits mit ähnlichen Ideen beschäftigt.



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  • Die ganz alltägliche Grenzerfahrung.

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    41 Comentârs → on Die ganz alltägliche Grenzerfahrung.

    Im Anschluss an »Experten vor« hat sich eine Diskussion darum entwickelt, wie sich die angeblich nicht mehr existierenden Grenzen (in unserem Falle zwischen Italien und Österreich) im Alltag eines jeden Einzelnen spürbar machen. Ich habe beschlossen, dieses Thema hier in einem gesonderten Beitrag zu behandeln, um mithilfe der Leser so viele Dinge wie möglich zusammenzutragen, welche die Auswirkungen der Grenze auf das normale Leben der Bürger zeigen. Es geht hier weniger um die Formulierung von Klagen, als um die Widerlegung der immer wiederkehrenden Feststellung, es gebe in Europa keine Staatsgrenzen mehr, weshalb es nicht nur sinnlos sei, neue aufzustellen oder alte zu verschieben, sondern auch, sich für deren Überwindung einzusetzen. Denn wieso sollte man etwas überwinden, was es gar nicht mehr gibt? — Ich will hier auch keine Gründe aufzählen, warum sich Südtirol von Italien loslösen sollte, sondern Beispiele dafür, dass die Grenze sehr wohl besteht und den Alltag der Menschen sehr konkret mitgestaltet.

    Was von den Lesern bereits genannt wurde — und was mir einfällt — zunächst in beliebiger Reihenfolge:

    • Einen Zentimeter diesseits der Brennergrenze gelten italienische Gesetze, einen Zentimeter jenseits gilt österreichisches Recht; hier sind italienische Gerichte mit letzter Instanz in Rom für die Verfolgung von Gesetzeswidrigkeiten zuständig, wird die Gesetzeswidrigkeit einen Zentimeter nördlicher begangen, ist ein Gericht in Nordtirol mit letzter Instanz in Wien dafür zuständig;
    • Produkte können nicht direkt von Österreich nach Südtirol importiert und hier verkauft werden, wenn sie keine italienische Beschriftung nach genauen nationalen Vorschriften tragen; die deutsche Beschriftung ist in Südtirol völlig irrelevant; aufwändige Nachetikettierung jeder einzelnen Packung pflicht, was für den italienischen Markt bestimmte Erzeugnisse ganz klar gegenüber anderen bevorteilt;
    • Es ist i.d.R. nicht möglich, eine Versicherung (schon gar keine KfZ-Haftpflichtversicherung) im Nachbarland abzuschließen; Konditionen und Prämien unterscheiden sich aber erheblich;
    • Die Packungsbeilagen von Medikamenten sind in Österreich deutsch, in Südtirol — gesetzeswidrig — fast immer ausschließlich italienisch; die entsprechenden Zulassungen werden von Gesundheitsbehörden in Rom und Wien erteilt, wodurch eine Apotheke in Südtirol ihre Produkte nicht im Ausland beziehen darf; Apotheken in Brenner Dorf und Gries am Brenner haben also ein völlig anderes Angebot, mit anderen Preisen und Dosierungen; es ist nicht möglich, mit einem Südtiroler Rezept Medikamente entsprechend vergünstigt in Nordtirol und umgekehrt zu beziehen;
    • Firmen orientieren sich an den Staatsgrenzen, daher ist für Südtirol fast immer die italienische Niederlassung zuständig; mit allen folgen, die das zum Beispiel auf die Sprache, aber auch auf die Produktpalette hat: Bedienungsanleitungen sind häufig nicht in deutscher Sprache verfügbar; es ist mitunter schwierig, einen Computer mit deutscher Tastatur zu erwerben; Handys (z.B. htc) sind nur mit italienischer Software erhältlich; Smartphones mit QWERTY-Tastatur sind oft nicht mit deutscher Tastatur erhältlich; Haushaltsgeräte (Wasch-, Spülmaschinen, selbst von Miele mit Italienniederlassung in Südtirol) sind ausschließlich italienisch bedienbar;
    • Für Fahrzeuge in den hier erhältlichen Ausstattungsvarianten gibt es i.d.R. nur italienische Produktprospekte und Bedienungsanleitungen; Bordcomputer zwahlreicher Fahrzeuge (z.B. des deutschen Herstellers Ford!) lassen sich nicht in einer anderen Sprache als Italienisch einstellen;
    • Selbst deutsche Vertriebsketten wie Lidl oder Schlecker orientieren sich ganz strikt nach der Grenze: diesseits des Brenners gilt italienische Einsprachigkeit, meist sogar bei den Mitarbeitern (!) in Südtirol, jenseits gilt deutsche Einsprachigkeit;
    • Telefon- und speziell auch Handytarife sind dies- und jenseits der Grenze völlig andere (in Österreich viel günstiger); eine deutschsprachige Hotline bietet kein Mobiltelefonanbieter (mit Ausnahme von TIM, beschränkt auf die automatischen Ansagen) diesseits der Grenze an; ohne Wohnsitz im jeweiligen Land ist es nicht möglich, einen Handyvertrag zu unterzeichnen; Grenzüberschreitung bedeutet das Anfallen sehr teurer Roaminggebühren; 01
    • Dies- und jenseits des Brenners herrschen unterschiedliche Straßenverkehrsordnungen, mit verschiedenen Vorschriften, unterschiedlichen Kontrollen und einem anderen Strafausmaß; Strafzettel, die man in einem Land erhält, werden nicht in’s andere Land nachgeschickt;
    • Wer von Eltern aus Gries am Brenner auf die Welt gesetzt wird erhält bei der Geburt eine andere Staatsbürgerschaft als der, dessen Eltern aus Brenner Dorf stammen; dies gilt sogar, wenn die Eltern ihren festen Wohnsitz in das jeweils andere Land versetzt haben — die Grenze wirkt also nach;
    • Unterschiedliche Einkommensbesteuerung und unterschiedliche Steuersätze z.B. bei indirekten Steuern wie der MwSt., dadurch unterschiedliche Preise;
    • Genau an der Grenze ändert auch die Stromversorgung der Züge von Gleich- zu Wechselstrom, was Mehrstromloks oder einen Lokwechsel erforderlich macht; Züge können also häufig nicht einfach durchfahren;


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  • Heimatbegriff.

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    1 Comentâr → on Heimatbegriff.

    Heimat ist das, was man nicht ertragen kann, wenn man dort ist, und nicht loslassen kann, wenn man weg ist.

    — Herta Müller, Literaturnobelpreisträgerin


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  • Hirte Hofer — Donatos Krippendeutungshoheit.

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    21 Comentârs → on Hirte Hofer — Donatos Krippendeutungshoheit.

    Krippenhofer.

    Die Neue Südtiroler Tageszeitung (TAZ) hat neulich von einem wirklich unglaublichen Vorfall am Bozner Christkindlmarkt berichtet, der sich so wohl nur in Südtirol zutragen kann. Der neofaschistische Unitalia-Landtagsabgeordnete Donato Seppi hat in der großen Holzkrippe am Waltherplatz doch glatt einen Hirten entdeckt, der niemand anderer als der (abgemagerte) Tiroler Volksheld Andreas Hofer sein soll. Woran er diese krankhafte Beobachtung festmacht, ist unklar — vermutlich daran, dass der Hirte einen Hut und einen Bart trägt. Auf seine über eine Gemeinderatsanfrage (!) eingebrachte Kritik hin, für die er andernorts bestenfalls ausgelacht worden wäre, hat der Besitzer der Krippe beschlossen, den Hirten zu entfernen! Soviel Ignoranz und Unterwürfigkeit machen mich sprachlos. Frohe Weihnachten!

    Im Bild (Ausschnitt TAZ) der entfernte Hirte.



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  • Experten vor.

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    39 Comentârs → on Experten vor.

    Die aktuelle Ausgabe der ff (Nr. 49) beinhaltet ein höchst interessantes Interview mit dem Bozner Juristen und Professor für vergleichendes Verfassungsrecht Francesco Palermo, in dem es um Autonomie und Zukunftsvisionen geht. Palermo schlägt dabei ähnliche Töne an wie Wirtschaftswissenschaftler und Minderheitenforscher Thomas Benedikter, der über dieses Blog erst kürzlich für einen dezidierten Um- und Ausbau der Autonomie plädiert hatte. Beide schlagen dabei eine Ausweitung der Zuständigkeiten vor, die beinahe eine Defacto-Unabhängigkeit ohne Grenzverschiebung ergäbe — so spricht denn Palermo ausdrücklich von einer Entwicklung in Richtung Liechtenstein.

    Ich gebe einige Auszüge des Interviews wieder, die mir besonders nennenswert und diskussionswürdig erscheinen:

    1. Das Gerüst hat gehalten. Noch, sagen Sie. Warum?
    In 40 Jahren wird das Gerüst nicht mehr halten, wenn wir es so lassen, wie es ist — denken [Sie] nur an den Proporz. Ich sehe heute noch kein Problem in den gesetzlichen Grundlagen, auf denen die Autonomie beruht, ich sehe das Problem darin, dass der Politik eine Vision für die Entwicklung der Autonomie fehlt, auf deutscher und auf italienischer Seite.

    […]

    2. Was wird etwa mit dem Proporz?
    Ich wäre einer der Ersten, der auf die Straße ginge, wenn der Proporz von heute auf morgen abgeschafft werden würde, aber ich bin auch nicht — wie die Mehrzahl der Politiker — der Meinung, dass so ein System ewig überdauern kann. Ich sehe allerdings auch ein Problem in einer flexiblen Handhabung des Proporzsystems — das führt leicht zu Vetternwirtschaft. Eine Alternative wäre eine Exit-Strategy in gewissen Bereichen, wo man vom Proporz absieht und testet, was das für Auswirkungen hat, ob die Gesellschaft bereit ist, ohne Proporz zu leben. Ich glaube, dass die Südtiroler reif sind, die Deutschen vielleicht mehr als die Italiener.

    […]

    3. Es scheint ja, dass die Italiener mehr an der Autonomie hängen als die Deutschen.
    Ja, und der Beleg dafür waren die Volksabstimmungen vom 25. Oktober, vor allem die, die eine andere Form der Regierung für das Land vorgeschlagen haben. […] Das Abstimmungsergebnis zeigt, dass ein Teil der deutschsprachigen Bevölkerung nicht mehr vom Gedanken beherrscht ist, dass man alles über die Sprachgruppenzugehörigkeit regeln muss; es hat aber auch gezeigt, dass ein Teil der italienischsprachigen Bevölkerung Angst davor hat, das System zu verändern. Die Italiener müssen sich mehr darin üben, sich am freien Wettbewerb zu beteiligen, sie sind mit dem Proporz träge geworden.

    […]

    4. Ist die Südtirol-Autonomie langweilig?
    Zum Glück ja. Langweilige Systeme funktionieren besser. Autonomie heißt Garantie und Garantie heißt, dass die Demokratie im klassischen Sinne beschränkt wird. Für Südtirol wäre — in Abweichung vom Autonomiestatut — ein Entscheidungssystem wichig, das vom klassischen Mehrheitssystem abweicht. Vetorechte als Notbremse könnte man sogar ausdehnen, damit die Volksgruppen noch mehr verhandeln müssen. […]

    5. Die Schule ist ja neben dem Proporz das größte Tabu der Südtirol-Autonomie. Kann man eine zweisprachige Schule noch verbieten?
    Das Problem stellt sich eher umgekehrt: Es gibt kein Verbot, sondern eine De-facto-Zulassung der zweisprachigen Schule. Italienische Eltern schicken ihre Kinder zunehmend auf die deutsche Schule, das kann man nicht verbieten, aber auf die Dauer könnte das ein Problem werden. Also wäre es eigentlich aus deutscher Sicht sinnvoll, dieses Tabu infrage zu stellen.

    6. Also schafft das Verbot eine Paradoxe Situation?
    Würde man eine zweisprachige Schule gründen, würde die deutschsprachige Schule wieder deutscher werden, als sie im Moment ist. In der Frage der Schule laufen die Grenzlinien nicht mehr entlang der Sprachgruppen, denn die kulturelle Elite auf beiden Seiten schafft es trotzdem, ihre Kinder zweisprachig zu erziehen.

    7. Verbietet das Autonomiestatut eine zweisprachige Schule?
    Es ist eine Frage der Auslegung. Ich bin nicht dafür, morgen eine zweisprachige Schule einzuführen, aber ich habe ein Problem damit, dass jede Diskussion darüber im Keim erstickt wird. […] Aber das Entscheidende im Moment sind nicht die Details, sondern welche Vorstellung wir davon haben, wie die Autonomie in 20 Jahren aussehen soll. Haben wir zum Beispiel eine Vorstellung davon, wie wir die Einwanderer in die Autonomie integrieren?

    […]

    8. Wie Verändert die Einwanderung die Autonomie? Eva Klotz hat ja Angst, dass sich dadurch das Verhältnis der Sprachgruppen verändert.
    Was wäre das Problem, wenn es in 20 Jahren viele farbige deutschsprachige Südtiroler geben würde? Muss ein Südtiroler weiß, katholisch und bäuerlicher Herkunft sein?

    […]

    9. Die Vision für die Autonomie?
    Eine moderne Version einer Europaregion etwa. Etwas, bei dem die Außenpolitik, die Südtirol betrifft, zunehmend mit Rom und Wien verhandelt wird, eine Entwicklung in Richtung Liechtenstein, ohne dabei in Richtung Eigenstaatlichkeit zu gehen.

    10. Sie wollen, dass Südtirol ein Paradies für Steuersünder wird?
    Nein, aber es ist eine Steuerpolitik vorstellbar, die sich von der staatlichen unterscheidet. Das Land könnte etwa Steuererleichterungen für Private einführen, die in Forschung oder Kultur investieren. Ich denke nicht, dass das die Einheit des Staates gefährden würde. Selbstbestimmung ist allerdings im Moment keine realistische Alternative.

    […]

    11. Ist die Südtirol-Autonomie ein Modell?
    Sie ist es, zum Beispiel in der Möglichkeit, mit Rom auf Augenhöhe zu verhandeln, sie ist es im Absehen vom Modell Mehrheit-Minderheit. Was mir nicht gefällt, ist die Vorstellung, es sei ein perfektes Modell, das man verkaufen kann.

    Nummerierung — zur Erleichterung des Kommentierens — von mir.



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