Luis Durnwalder war sicherlich ein Glücksfall für Südtirol, wie das Schweizer Fernsehen am Ende dieses Beitrags befindet. Doch im Film wird auch sehr deutlich, dass für den »Autokraten« schon lang die Zeit für den wohlverdienten Ruhestand gekommen ist. Die historische Phase nach dem Paketabschluss, in der er Südtirol noch etwas geben konnte, ist seit mindestens fünf Jahren verstrichen — Visionen für die Zukunft? Fehlanzeige.
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Zeit zu gehen.
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Was in Euskadi vorgeht.
Angesichts der jüngsten ETA-Attentate in Spanien und auf den Balearen möchte ich hier einige Hintergrundinformationen bereitstellen, die vielleicht zu einem besseren Verständnis der aktuellen Lage in Euskadi beitragen können. Ich will jedoch ausdrücklich unterstreichen, dass ich (a) keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, weil ich die Sachlage nicht bis ins kleinste Detail kenne und vor allem (b), dass ich jede Form von Gewalt zur Lösung politischer Konflikte aufs Entschiedenste und Schärfste verurteile. Alles, was die Strategie der ETA auf irgendeine Weise »erklären« kann, soll und darf nicht als Rechtfertigung verstanden werden.
Juan José Ibarretxe (lies: Ibarretsche), der ehemalige Lehendakari (Regierungschef des Baskenlandes) hatte vor einigen Monaten einen ehrgeizigen, aber strikt demokratischen Zeitplan für ein Unabhängigkeits-Referendum vorgelegt. Er gehört der christdemokratischen baskischen EAJ/PNV an, der übrigens kein Nahverhältnis zur ETA vorgeworfen werden kann. Die Aushandlung eines endgültigen Waffenstillstands der ETA war unverzichtbarer Teil des Plans.
Kurz vor den Wahlen zum baskischen Parlament, die am 1. März laufenden Jahres stattgefunden haben, verbot das spanische Verfassungsgericht zwei Parteien, die bereits die nötigen Unterschriften gesammelt hatten und von den zuständigen Wahlgremien zugelassen worden waren. Dabei handelt es sich um Askartasuna sowie um D3M (»Demokratie 3 Millionen«), welche beide der sogenannten ezkerra abertzale, der revolutionären, unabhängigkeitswilligen Linken zuzurechnen sind. Einer breiten Schicht der baskischen Bevölkerung kam so von einem Tag auf den nächsten ihr politischer Bezugspunkt abhanden – und zum ersten Mal seit Francisco Franco stand damit keine abertzale Partei zur Wahl.
Ideologisch und politisch ist die ezkerra abertzale der ETA sehr nahe. Auf das Verbot hin rief D3M ihre Sympathisanten zur ungültigen Wahl auf, indem sie die Partei einfach trotzdem wählen sollten — was aufgrund des spanischen Wahlsystems möglich ist. Bei den Parlamentswahlen gab es dann rund 100.000 ungültige Wahlzettel. Zum Vergleich: Bei vorhergehenden Wahlen waren es noch 4.000 gewesen. Dies lässt auf 6 oder 7 Sitze für D3M (von 75 im basikschen Parlament) schließen. Dabei ist jedoch noch nicht berücksichtigt, dass Wählerstromanalysen zufolge nicht wenige Abertzales für Ibarretxes EAJ/PNV gestimmt haben oder zu Hause geblieben sind.
Obwohl EAJ/PNV mit 38,5% der Wählerstimmen die größte Fraktion im baskischen Parlament stellt, wurde sie von allen Koalitionsverhandlungen von vornherein ausgeklammert. Das Spiel machten die rechtskonservative Volkspartei (Partido Popular) und Zapateros PSE-PSOE (Partido Socialista de Euskadi) unter sich aus. Mit Duldung der Konservativen stellt der PSE mit Patxi López nun zum ersten Mal den Lehendakari — und eine Minderheitsregierung. Die spanientreuen Parteien haben also dafür gesorgt, dass EAJ/PNV zum ersten Mal seit der spanischen Demokratisierung aus der baskischen Regierung ausgeschlossen wurde, was freilich ohne das Verbot der ezkerra abertzale nicht gelungen wäre.
Die ersten hundert Tage der aus dem Abkommen von Konservativen und Sozialisten hervorgegangenen Regierung waren vor allem von Symbolik geprägt. So hängt jetzt zum ersten Mal eine spanische Flagge am Regierungssitz des Lehendakari. Sogar die Landkarte Euskadis im landeseigenen Fernsehen ETB musste dran glauben: Sie wurde auf die Grenzen der offiziellen Region Baskenland zurechtgestutzt — ohne Nafarroa und ohne den französischen Teil des Baskenlandes*.
Die jüngsten Entwicklungen in Spanien und dem Baskenland sind also auch in diesem Lichte zu betrachten. Wäre all dies geschehen, wenn sich der Zentralstaat und die ihm treuen Parteien nicht vor der Meinung der baskischen Bevölkerung gefürchtet hätten? Und — falls dies der Grund für diese »Verschwörung« war: Hat man dann nicht mit allen Mitteln dafür gesorgt, dass dem (mutmaßlichen) Willen der Bevölkerung nicht entsprochen wird, ja, dass er nicht einmal demokratisch ausgedrückt werden kann?
*) Zum Vergleich: Das katalanische Fernsehen berücksichtigt bei Einblendungen das gesamte »katalanische« Gebiet, einschließlich València, den Balearen, Nordkatalonien (Frankreich) und L’Alguer/Alghero (Sardinien).
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Sprachliche Integration.
Am Sonntag ist die Tagesschau — mit mäßigem Erfolg — der Frage nachgegangen, warum in Bozen viele Bars von chinesischen Mitbürgern übernommen werden. Die Antwort darauf halte ich nicht wirklich für relevant; mich freut es, wenn Zuwanderer (auch, aber nicht nur) dort weitermachen, wo Einheimische nicht mehr mögen. In diesem speziellen Fall bewahren sie die Landeshauptstadt vor einem weitgehenden Lokalsterben.
Im erwähnten Bericht wurde ein Chinese auf Deutsch befragt — und eher beiläufig die (wohl übertriebene) Bemerkung gemacht, es handle sich um den wahrscheinlich einzigen Chinesen in Südtirol, der Deutsch spricht. Warum er die deutsche Sprache beherrscht: Seinen eigenen Angaben zufolge, weil er mehrere Jahre in Berlin gearbeitet hat! Der Chronist schien nicht verwundert, dass andere Chinesen — in Südtirol selbst — angeblich nicht Deutsch lernen.
Dabei sollten da bei wirklich jedem Südtiroler die Alarmglocken schrillen. Wir scheinen weder aus der Erfahrung anderer Länder, noch aus unserer eigenen Vergangenheit gelernt zu haben — als wir über Jahrzehnte verabsäumt haben, die Integration zwischen den Sprachgruppen zu fördern. Aufgrund der Rahmenbedingungen und der heiklen Vorgeschichte war dies vielleicht nicht immer leicht. Doch im Sinne eines funktionierenden gesellschaftlichen Zusammenhalts und einer altruistischen Aufnahmekultur wären wir jetzt umso mehr verpflichtet, den neuen Südtirolern die bestmögliche sprachliche Integration anzubieten.
Wir haben die einmalige Chance, die Zuwanderer zu einem Bindeglied zwischen den Sprachgruppen zu machen. Schaffen wir das nicht, tragen wir im Gegenteil dazu bei, die Gesellschaft weiter aufzusplittern, schlimmstenfalls weitere Parallelgesellschaften entstehen zu lassen und die Ausländer somit zu neuen, ahnungslosen Opfern eines geteilten Landes zu machen.
Es liegt an der Politik, aber auch an jedem von uns — indem wir den Zuwanderern die Gelegenheit geben, alle drei Landessprachen zu sprechen.
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Bürgerwehren? Nein, danke.
Kaum sind die Bürgerwehren Gesetz, ist in Bozen auch schon ein Streit darum entbrannt. Weil Bürgermeister Spagnolli nicht von vorneherein ausschließt, die Arbeit solcher Gruppen in Anspruch zu nehmen, drohen die Ökosozialen mit einer frühzeitigen Beendigung der Gemeinderatskoalition. Völlig zu Recht wie ich finde, denn Südtirol sollte nicht polizeiähnliche Einrichtungen fördern, die einer Bananenrepublik würdig sind.
Neben einer vielfach anmaßenden, überheblichen und bürgerfernen Polizei brauchen wir nicht auch noch private Rambos, die sich als Laien in den Alltag der Bevölkerung einmischen und als Richterinnen über Gut und Böse aufspielen. Erste Erfahrungen in Italien haben bereits gezeigt, dass Bürgerwehren durch Rechtsextreme unterwandert wurden und außer Kontrolle gerieten. Besonders Migrantinnen oder »nicht Angepasste« haben mit Schikanen zu rechnen. Es ist dann zu befürchten, dass sie als verlängerter Arm der Polizei auch noch gedeckt werden.
Wennschon sollte endlich über die Einrichtung einer professionellen Landespolizei nachgedacht werden, die die staatlichen Ordnungshüter nach und nach ablöst. Damit könnten auf Landesebene bessere Effizienz und — zum Beispiel durch funktionierende Zwei- und Dreisprachigkeit — mehr Bürgernähe gewährleistet werden.
Cëla enghe:
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Sprachverbot in der Slowakei.
Die Slowakei hat Anfang Juli ein neues Sprachgesetz verabschiedet, mit dem die mündliche und schriftliche Benützung von Minderheitensprachen in der öffentlichen Verwaltung verboten und der prioritäre Gebrauch des Slowakischen im öffentlichen Raum auch Privaten vorgeschrieben wird.
Ebenfalls verboten sind englische Wörter, für die es ein slowakisches Äquivalent gibt. Wer sich nicht an das neue Gesetz hält, kann mit Strafen in Höhe von 100,- bis 5.000,- Euro belegt werden.
Diese Änderung der Gesetzeslage hat in der starken ungarischen Minderheit des Landes (etwa 10% der Gesamtbevölkerung) eine Welle der Empörung ausgelöst. Auch in Ungarn hat der Vorstoß zu deutlichen politischen Reaktionen geführt. Seit 2006 regiert in der Slowakei eine Koalition aus Populisten und Nationalisten.
Alle im ungarischen Parlament vertretenen Parteien fordern das slowakische Parlament auf, das diskriminierende Gesetz zurückzunehmen. Doch aus Pressburg antwortete der slowakische Premierminister, die »Zeiten des ungarischen Königsreiches«, dessen Teil die heutige Slowakei war, seien »vorüber, und die Slowakei wird sich von Budapest nichts diktieren lassen«.
Obwohl beide Staaten Mitglieder der Europäischen Union sind, schweigt die Europäische Kommission bislang in dieser Angelegenheit. Mehrere Abgeordnete forderten, sie möge den diskriminierenden Charakter des Gesetzes deutlich verurteilen.
Quelle: Tribuna.cat
Vermutlich sind das die Minderheitenschutz-Standards der Europäischen Union, auf die Mitglieder der römischen Zentralregierung in Bezug auf Südtirol in regelmäßigen Abständen hinweisen.
Für die Kommission handelt es sich um eine äußerst heikle Angelegenheit, denn die slowakische Norm unterscheidet sich nur in ihrer Härte — nicht aber durch ihren Geist — von der bedauerlichen Sprachpolitik des Gründungsmitglieds Frankreich.
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»Revolutionäres« Nazi-Blog.
Neulich ging es mit Forum Alto Adige um ein neofaschistisches Blog. Seit Ende Juli haben wir es auch noch mit einem unverhohlen nationalsozialistisch orientierten Blog zu tun. Es heißt »Freie Revolution« und lässt an seiner Ausrichtung (Eigendefinition: »völkisch, sozialistisch, revolutionär«) kaum Zweifel aufkommen. Wenn doch, dann reichen Beiträge wie folgender völlig aus, um auch die allerletzten Unsicherheiten zu beseitigen:
Der Nationalismus trägt als Kern den Gedanken von der Gleichwertigkeit sämtlicher Volksgenossen und ist somit zutiefst sozialistisch. Zudem liegt jeglichem Nationalisten der Wille zum sozialen Erhalt seiner Gemeinschaft und seines Volkes zugrunde. Er stellt das Kollektiv weit über das Kapital und ist somit antikapitalistisch. Der Sozialismus hingegen funktioniert aus rein praktischen gründen [sic] nur auf nationaler Basis, da jede Gemeinschaft zweierlei Grundsätze inne hat. Eine ein- und eine ausschließende Position.
Der globale One-World-Sozialismus im Sinne eines Theoretischen Marxismus muss deshalb um einschließende Positionen zu entwickeln sein kompletes [sic] System auf Gleichschaltung und Zerstörung des Pluralismus errichten. Systemgegner werden ausgeschalten [sic], damit die Gemeinschaft sich politisch einen kann bzw. muss. Aber somit fällt der ausschließende Grundsatz vollkommen weg. Der Mensch geht zugrunde innerhalb einer riesigen Gemeinschaft, in der er allem Anschein nach keinerlei Individualrechte besitzt. Das System brökelt [sic]. Innerhalb einer völkischen Form von Sozialismus besteht jedoch bereits ein Bindeglied sämtlicher Personen. Die völkische Gemeinsamkeit bestehend aus Kultur, Abstammung und einem Wertesystem. Um diese Vorausetzung zu erfüllen muss das nationale System logischerweise auf einer homogenen Basis errichtet sein.Wohin eine Ideologie führt, deren Grundlage die »Homogenität« (als Synonym für Reinheit) der Gesellschaft ist, wissen wir aus dem Geschichtsunterricht. Es ist zutiefst beunruhigend, mit welcher Selbstverständlichkeit hierzulande in letzter Zeit revisionistische und totalitäre Positionen gedeihen.
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Virtueller Anbieter, konkreter Vorteil.
Mit CoopVoce, BT Italia, PosteMobile, Fastweb und einigen mehr gibt es seit 2007 auch in Italien sogenannte virtuelle Betreiber im Handybereich. Sie besitzen keine eigenen Mobilfunknetze und lehnen sich stattdessen an die etablierten Anbieter Tim, Vodafone, Wind und Drei an, deren Infrastruktur sie mieten.
Meist bieten sie auf bestimmte Zielgruppen oder Kundenprofile zugeschnittene Angebote, vom sogenannten »no frills« (was soviel wie »ohne Schnickschnack« bedeutet) bis hin zu eigenen Musikangeboten fürs Handy (bei MTV Mobile). In der Regel sind Anrufe mit anderen Kundinnen des selben Virtuellanbieters besonders günstig.
Dieses Konzept wäre geradezu dafür prädestiniert, ohne allzu großen Aufwand ein auf Südtirol maßgeschneidertes Angebot zu erstellen — mit dreisprachigem Service, funktionierendem Kundendienst vor Ort und besonders günstigen Tarifen ins benachbarte Ausland sowie ins Südtiroler Festnetz. Das Zuckerl, mit Teilnehmerinnen desselben Netzes noch billiger zu telefonieren, könnte sich in einem überschaubaren, geschlossenen Gebiet wie Südtirol zum besonderen Renner entwickeln.
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Die Eccli-Posse.
Da hat die »weltbeste« Autonomie (mit Zuständigkeit im Schulbereich) Herrn Ivan Eccli als italienischen Schulamtsleiter vorgeschlagen. Der wird jedoch im fernen Rom nicht goutiert, wo die Zentralregierung sogar ablehnt, dies zu begründen.
Ein Trauerspiel in viel zu vielen Akten. Der bisher letzte: Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) fordert seinen Landesrat Christian Tommasini (PD) auf, den Schwanz einzuziehen und einen neuen Namen zu nennen — obgleich die italienische Schule in Südtirol geschlossen hinter Eccli steht. Der Landesrat tut gut daran, nicht zu kuschen, sondern auf den Mann zu bestehen, der für unsere Schule am besten ist.
Bildung/ Politik/ Scola/ Staat vs Land/ Vorzeigeautonomie/ Zentralismus/ Zuständigkeiten/ · · Christian Tommasini/ Luis Durnwalder/ · · Südtirol-o/ · PD&Co/ SVP/ · Deutsch/Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.