Von Blaun übernehme ich die Einladung zu dieser Spannung versprechenden Podiumsdiskussion:
Ein Albtraum ist die »Selbsbestimmung« schon mal. Orthographisch.
Im Morgenmagazin des Rai Sender Bozen vom 16.04.2009 hat die grüne Kandidatin zum Europaparlament, Renate Holzeisen, zum Rundumschlag gegen eine wie sie sagt gezähmte Justiz in Südtirol ausgeholt.
Wie jeder Demokrat hoffe ich, dass die Darstellungen von Fr. Holzeisen zumindest übertrieben sind, obwohl auch bei mir seit langem der Eindruck besteht, dass gewisse Verquickungen existieren. Sollte die Situation jedoch so gravierend sein, wie die couragierte Rechtsanwältin sie beschreibt, dann muss dieser Sachverhalt so schnell wie möglich untersucht und restlos aufgeklärt werden.
Weil ich dies fordere, aber gleichzeitig davor warne, strafrechtlich relevante Angelegenheiten zu einem reinen Wahlkampfthema zu degradieren, werde ich von Markus Lobis zum »perfekten Chefideologen« des Systems gestempelt. Verkehrte Welt. Doch ich bleibe dabei: Frau Holzeisen muss Anzeige erstatten und Ross und Reiter nennen, damit das Vertrauen der Südtiroler ins Justizsystem nicht pauschal beschädigt wird und politische Verantwortlichkeiten ans Tageslicht kommen.
Die gesamte Angelegenheit hat jedoch auch einen fahlen Beigeschmack, weil Frau Holzeisen schlampig argumentiert und Fakten mit weit hergeholten Unterstellungen vermischt. Dass gewisse Herren vor Gericht zumeist von Gerhard Brandstätter vertreten werden, ist weder illegal, noch legt es per se die Vermutung nahe, dass der Anwalt den Richtern die Urteile diktiert.
Genausowenig ist erstaunlich, dass der unterlegenen Partei die Prozesskosten angelastet werden; dies als ein Mittel zu bezeichnen, um Zivilcourage zu bestrafen, ist schlicht unhaltbar.
Bin ich naiv, wenn ich mir von den Grünen ein höheres Niveau erwarte, als von den Freiheitlichen — und eben keine undifferenzierten Rundumschläge?
Als Lösung für die Verfilzungen schlagen uns die Grünen freilich wieder einmal Altbekanntes vor: Den Austausch mit anderen Regionen, »nationale« Wettbewerbe, kurzum die heilvolle Wirkung der italienischen auf die Südtiroler Justiz. Dabei ist Italien in dieser Hinsicht ein internationaler Sanierungsfall — und nebenbei die Zweisprachigkeit vor Südtiroler Gerichten schon heute ein Desaster.
Zum Vergleich: In der Schweiz ist die Justiz kantonal, ein Austausch schon deshalb schwer, weil sich die Gesetze von Kanton zu Kanton stark unterscheiden. Und dennoch liegt die Eidgenossenschaft mit ihrer Justiz weit vorne in der internationalen Rangliste. Dies zeigt, dass es andere Rezepte für dieses Land gäbe, als eine »heilversprechende« Majorisierung der einheimischen Justiz — und von den Grünen erwarte ich mir nichts weniger als die Formulierung solcher Rezepte.
Regierungskommissär und Polizeipräsident, zwei der höchstrangigen Vertreter des Staates in Südtirol, versuchen seit Wochen die von der römischen Regierung losgetretene, institutionelle Intoleranzwelle gegenüber Minderbemittelte auch in Bozen zu etablieren. Sie haben es vor allem auf die »vielen« Bettler abgesehen — laut Medienangaben sollen es 20 (!) sein — die in die Landeshauptstadt gekommen sind, weil sie von anderen Städten vertrieben wurden. Dabei wird über die Öffentlichkeit Druck auf die Gemeindepolitik ausgeübt, einige Medien sind willfährige Handlanger beim Versuch, die Lage zur Ausnahmesituation hochzustilisieren. Bis jetzt bieten Bürgermeister Spagnolli und Vize Ellecosta (!) zusammen mit der Mehrheit im Gemeinderat den Angriffen die Stirn.
Beim staatlich empfohlenen Bettelverbot handelt es sich um nichts anderes als die Unterdrückung von Symptomen. Die tieferliegenden Gründe (Armut, Verwahrlosung…) lassen sich nur mithilfe der Sozialeinrichtungen in den Griff bekommen. Aggressives Betteln, Machenschaften krimineller Vereinigungen oder die Ausbeutung von Minderjährigen sind bereits heute strafbar. Dafür ist keine Verordnung des Bürgermeisters nötig.
Der Versuch, über die Grenzen der Gewaltenteilung hinweg und in objektiver Ermangelung eines tatsächlichen Bedarfs Druck auf die Politik und auf die Unabhängigkeit der Gemeinden auszuüben, ist daher aufs Schärfste zurückzuweisen.
Cëla enghe: 01
Im Zeichen des Widerstands von Hans Egarter und dem Andreas-Hofer-Bund organisiert die Südtiroler HochschülerInnenschaft eine Veranstaltungsreihe mit folgendem Inhalt:
Programm/Programma
Samstag, 18. April/Sabato, 18 aprile – 9.00-17.00
Social Club, Freie Universität Bozen, Sernesiplatz / Libera Università di Bolzano, Pz. Sernesi
Symposium.Simposio: Widerstand im Zeichen von Anno Neun. Hans Egarter und der Andreas-Hofer-Bund. Forme di Resistenza nella Provincia di Bolzano. Hans Egarter e l’Andreas-Hofer-Bund.
Sonntag, 19. April/Domenica, 19 aprile – 9.00-18.00
Exkursion.Escursione. Lebensstationen von Hans Egarter. Niederdorf und Brixen. Tappe di vita di Hans Egarter. Niederdorf e Brixen.
Dienstag, 21. April/Martedì, 21 aprile – ore 19.30 Uhr
sh.asus, Kapuzinergasse 2, Bozen/via dei Cappuccini 2, Bolzano
Podiumdiskussion. Dibattito pubblico. Widerstand und Zivilcourage in Südtirol. Resistenza ed impegno civile in Sudtirolo.
Anmeldung (nur für die Exkursion erforderlich) bis zum 17. April verlängert / Iscrizione (necessaria solo per l’escursione) prorogata fino al 17 aprile: bz[at]asus.sh Tel. 0471/974614
Die STF treibt kommunal die Änderung amtlicher Gemeindebezeichnungen voran, um den Namen Alto Adige zu beseitigen. Dabei nehmen die Patrioten billigend in Kauf, dass aufgrund der vorschriftmäßigen Gleichstellung der Sprachen auch Südtirol entfällt. So bliebe auch im deutschen Sprachgebrauch nur noch die etwas unnatürlich klingende Bezeichnung »Autonome Provinz Bozen« erhalten.
Statt einer rein symbolischen Negativaktion, die im täglichen Sprachgebrauch wirkungslos verpuffen würde, wäre es wohl angebrachter, die Umsetzbarkeit eines konstruktiven Vorschlags zu überprüfen — nämlich ob es möglich wäre, an die offizielle Landesbezeichnung »Provincia Autonoma di Bolzano – Alto Adige« den Zusatz Sudtirolo zu hängen:
Provincia Autonoma di Bolzano – Alto Adige/Sudtirolo
Meiner bescheidenen Meinung nach dürfte es jedenfalls einfacher sein, einer zunächst vollständig erhalten bleibenden Bezeichnung etwas hinzuzufügen, als einseitig etwas zu entfernen und/oder zu ersetzen. Sofern zulässig, könnte diese Änderung sowohl im Landtag als auch in allen anderen öffentlichen Entscheidungsgremien beantragt und hoffentlich von einem Teil der »italienischen« Parteien mitgetragen werden.
Dies wäre eine wirksame Unterstützung zur Etablierung der italienischen Landesbezeichnung Sudtirolo; irgendwann könnte dies zur Substitution von Alto Adige durch Sudtirolo führen. Überhaupt wäre eine Politik der schrittweisen Annäherung im Sinne des gesellschaftlichen Zusammenhalts ungleich zielführender als irgendwelche Hauruck-Aktionen, durch die wir riskieren, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Eine Idee auch für andere Parteien?
Wie sich jetzt herausstellt, sind die Jungen Grünen doch für Selbstbestimmung. Nach einer diesbezüglichen Mitteilung, die nicht Pressemitteilung heißen durfte, und nach dem entsprechenden Medienrummel hatten die Young Greens zunächst einen Rückzieher gemacht und sinngemäß klargestellt: »Wir sind nicht für die Selbstbestimmung, wir wollen nur diskutieren.«
Auf Nachfrage heißt es nun, man sei zwar nicht für die Selbstbestimmung, aber sehr wohl für eine Abstimmung. Ein Widerspruch, denn selbst bestimmen heißt in einer Demokratie abzustimmen. Ergebnisoffen — denn Selbstbestimmung heißt per se noch lange nicht Unabhängigkeit.
Wenn die Jungen Grünen also für eine Abstimmung unter »mündigen BürgerInnen« sind, dann sind sie für die Selbstbestimmung — ohne die Unabhängigkeit fordern zu müssen.
Nachdem ich heute zum wiederholten Male aus dem Auto steigen musste, um einem hupenden Zeitgenossen das Reißverschlussverfahren zu erklären, sehe ich mich veranlasst einen Beitrag dazu zu verfassen. Es gibt (zum Beispiel) auf der Eisackuferstraße in Bozen nicht dafür zwei Spuren, damit jeweils nur diejenige befahren wird, die nicht in einer Engstelle endet. Der Verkehr soll hingegen erst dort — an der Engstelle — in eine einzige Spur zusammenfließen, und zwar wie bei einem Reißverschluss durch abwechselndes Einordnen eines Fahrzeugs vom linken und eines vom rechten Fahrstreifen.
Hierzulande versuchen die Fahrer zumeist, sich möglichst bald (und undiszipliniert) in die eine Fahrspur einzuordnen. Wenn dann jemand die freibleibende Spur nutzt, um dem Reißverschlussprinzip folgend bis zur Engstelle vorzufahren, wird diese »Dreistigkeit« nicht selten mit einem Hupkonzert quittiert, und das Einordnen wird quasi »zur Strafe« nicht gestattet.
Durch konsequente Einhaltung des Reißverschlussverfahrens ließe sich jedoch viel Zeit und Ärger — aber auch ein bisschen Umweltverschmutzung — sparen. Übrigens: Dasselbe Prinzip gilt auch auf der Autobahn, wenn ein Fahrstreifen baustellenbedingt entfällt.
Geht hin und verbreitet diese Kunde. Meine Nerven bedanken sich schon mal.
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