→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

  • An diesem Punkt gibt’s kein Zurück.

    Supermarktkassa M-Preis Brixen. Die Kassierin fertigt die Kunden vor mir ab. »Siebzehn Euro Dreißig, bitte! Schian Tog no!« »Dreifufzig, bitte. Danke!« Als eine Frau und deren Tochter — die offensichtlich indischer oder pakistanischer Herkunft waren — an die Reihe kamen hörte ich »Tre Euro e trenta Centesimi, prego« in typisch Südtiroler Akzent. Die Tochter kramt aus der Geldtasche die Münzen hervor und meint: »Mei, kennaten Sie mr net no de poor Cent in fufzig Cent wexln«. ROFL.

    In der Tageszeitung lese ich einen Leserbrief eines gewissen Herrn Regele aus Bozen, der sich darüber beschwert, dass die Tourismuswerbung fortan Gröden ausschließlich unter dem Namen Val Gardena vermarkten möchte. Ob sie sich der deutschen Bezeichnung schämen würden, fragt Regele. Dabei sind doch sowohl Gröden als auch Val Gardena Exonyme. Das wäre so, wie wenn sich ein Italiener darüber aufregt, dass sich München als Munich und nicht als Monaco weltweit vermarktet. Das Tal heißt Gherdëina. Wobei die Kritik an der Grödner Tourismuswerbung sehr wohl berechtigt ist. München wirbt in Österreich ja auch nicht mit Slogans wie »Kommen Sie nach Monaco«.

    In den Wirtschaftsnachrichten lese ich, dass VW-Chef Winterkorn seine 17 Millionen Euro Jahresgehalt für gerechtfertigt hält. Das ist das 780-fache eines Raumpflegers, das 550-fache eines Sozialarbeiters und das 230-fache eines Arztes. Winterkorn verdient also pro Tag so viel wie ein gut verdienender Arzt in einem Jahr. Perverse Gesellschaft.

    Blick in die Dolomiten. Unverheiratete mit Kindern hätten nicht das Recht, sich als Familie zu bezeichnen. Sie würden vielmehr die Familie zerstören, heißt es dort in einem Leserbrief, der vor christlicher Nächstenliebe nur so strotzt. Dass wir uns mit riesigen Schritten der 50%-Marke bei den Ehescheidungen nähern, weil wir vielfach — wie auch die Politik zeigt — immer mehr unsere Konsensfähigkeit verlieren, ist doch die viel größere Gefahr für die Keimzelle der Gesellschaft, oder nicht?

    »An diesem Punkt gibt’s kein Zurück« lässt Pat Cox, EU-Koordinator für den BBT, wissen. Das ist lustig. Man baut einfach mal drauflos. Setzt ein paar Alibiaktionen zur »Information« der Bevölkerung, denn der Tunnel wird ja im Einvernehmen vorangetrieben, und wenn man nur lang genug durchhält, sind irgendwann dann bereits so viele Euros verbaut, dass jeder sagt: »Na wenn wir jetzt schon ein paar hundert Millionen investiert haben, müssen wir schon das Projekt zu Ende führen«. Die Rechtfertigung für den Tunnelbau ist also nicht, dass er die Lösung des Transitproblems bringt, sondern dass schon hunderte Millionen verbaut wurden und diese vergeudet worden wären, würde man den Tunnel nun nicht fertigstellen. »Das sind die Weisen, die durch Irrtum zur Wahrheit reisen. Die bei dem Irrtum verharren, das sind die Narren«. Denn nach wie vor wird in Sachen BBT das Pferd von hinten aufgezäumt. Es werden zwar eifrig Erkundungsstollen vorangetrieben aber weder die gesetzlichen noch die infrastrukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen wurden bislang mit derselben Vehemenz angegangen.

    Karl Stecher oder Dr. Karl Stecher, ein weiterer Leserbriefschreiber, ist nicht stolz auf Markus Lanz. Muss er auch nicht sein. Dennoch ist seine Kritik am Gottschalk-Nachfolger bizarr. Südtirol könne deshalb nicht auf Lanz stolz sein, da dieser eine flache Talkshow und eine noch flachere Kochsendung moderiere. Aha? Kochsendungen sollten also neuerdings “Tiefe” haben und eine Talkshow darf sich niveautechnisch nur vom »Literarischen Quartett« aufwärts bewegen? Was ist falsch an einfachen Unterhaltungssendungen? Muss alles immer kopflastig sein um das Prädikat »sehenswert« oder »gut« zu erhalten? Verlangt nicht auch Unterhaltung, die nicht notwendigerweise seicht ist, ein hohes Maß an Können und Kompetenz? Man mag zu Markus Lanz stehen, wie man will. Man mag in langweilig, lustig oder auch egozentrisch finden. Seine Sendungen sind jedenfalls handwerklich gut gemachte Fernsehunterhaltung und heben sich wohltuend vom Unterhaltungsniveau auf den Privatsendern — Stichworte »Dschungelcamp« und »DSDS« — ab. Dr. Stecher jedenfalls disqualifiziert sich am Ende seines Leserbriefes selbst, denn er gibt unumwunden zu, sich ein Urteil anzumaßen, ohne das »Corpus delicti« zu kennen. »Ich habe mir ‘Wetten dass ..?’ nie angeschaut und werde dies auch weiterhin nicht tun«. Na bravo! Darauf können Sie stolz sein.

    Vor Jahren sprang bei einem Begräbnis eines Jägers in Kärnten ein Reh über die Friedhofsmauer, setzte über das Grab hinweg und verschwand wieder. Ein Leserbriefschreiber nimmt diese (Jägerlatein?)-Geschichte zum Anlass, eine abenteuerliche Behauptung aufzustellen. Er meint sinngemäß, der Vorfall wäre der Beweis, dass das Weidwerk gottgewollt sei.

    Apropos Weidwerk. Nun ist wieder der Bär los und er fletscht seine Zähne auf der Titelseite der Dolomiten. Rottet sie aus, die Ungetüme. Und alle Bienen gleich dazu, denn ich bin mir sicher, dass allein in Mitteleuropa mehr Menschen an Bienenstichen sterben als auf der ganzen Welt Todesopfer durch provozierte und unprovozierte Bärenattacken zu beklagen sind.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Pestaggio in nome di CasaPound?

    È da mesi che i «fascisti del terzo millennio» inondano illegalmente il Sudtirolo coi loro manifesti, senza dover contare con l’opposizione forte e chiara delle autorità competenti. Anzi, nell’indifferenza quasi totale delle istituzioni (e col plauso del PDL) sono perfino riusciti ad aprire un’ulteriore sede a Laives.

    Ora — come conferma Fabio Visentin (Rifondazione Comunista) — alcuni giovani sono stati pestati, probabilmente da membri o simpatizzanti di CasaPound, mentre stavano rimuovendo dei manifesti in via Roen a Bolzano. Al momento si troverebbero ancora sotto shock e sarebbero talmente intimoriti da non voler procedere a una denuncia.

    È giunta l’ora che la società civile reagisca compattamente alle provocazioni e alla violenza dell’estremismo di destra. Le istituzioni, da parte loro, non devono più chiudere gli occhi davanti a questo preoccupante fenomeno, ma contrastarlo con tutti i mezzi a loro disposizione.

    Il traguardo dev’essere quello di eliminare CasaPound dal Sudtirolo! Rimuoviamo, copriamo o imbrattiamo i loro manifesti, opponiamoci alla loro intolleranza e alla legge del più forte, contrapponendogli la forza della civiltà, della convivenza e della solidarietà.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Alles ändern, damit alles gleich bleibt.

    Die Freiheitlichen haben vor wenigen Tagen einen Verfassungsentwurf für einen unabhängigen Südtiroler Staat vorgestellt, den in ihrem Auftrag em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler ausgearbeitet hat. Vom Inhalt kann man halten was man will, man muss den Blauen jedoch anrechnen, dass sie als erste Partei einen konkreten Vorschlag unterbreitet haben, wie sie sich die Zukunft dieses Landes vorstellen. SVP (Vollautonomie) und Süd-Tiroler Freiheit (keine Aussage) lassen ein ähnliches Papier bislang vermissen.

    Darüberhinaus muss man anerkennen, dass der Verfassungsvorschlag der Freiheitlichen nicht auf Revanchismus, sondern auf Partnerschaft zwischen den Sprachgruppen basiert, auf den ersten Blick keine ausländerfeindlichen oder egoistischen Züge aufweist und auch ausdrücklich die Unabhängigkeit von Staat und Religionen garantiert. Lediglich in der Präambel ist von Gott (nicht aber von christlichen Wurzeln o.ä.) die Rede. Das sind für die Blauen durchaus Fortschritte, im Vergleich zur gegenwärtigen Situation ergeben sich dadurch jedoch keine wesentlichen Verbesserungen. Im großen und ganzen beschränken sich die Vorteile gegenüber dem status quo auf die — nicht unerhebliche — Übernahme sämtlicher Zuständigkeiten von Italien, die mit einer Staatsgründung selbstverständlich einhergeht.

    Der neue Spielraum wird jedoch nicht genutzt, um ein neues Miteinander zu versuchen, vielmehr werden alte Rezepte bestätigt, die sich bereits heute überlebt haben — allerdings im Rahmen eines Nationalstaats nur unter großem Risiko beseitigt oder reformiert werden können. Einen postethnischen Ansatz vermisst man: Nach wie vor ist von Sprachgruppen (oder Sprachgemeinschaften) die Rede, die das Staatsvolk bilden, deren Mitglieder gezählt werden müssen und die über gewisse Rechte verfügen. Noch schlimmer, der ethnische Proporz soll erhalten bleiben und über die Vergabe öffentlicher Stellen und die Zusammensetzung der Staatsregierung entscheiden. Die Ladiner bleiben benachteiligt: Prozesse in ihrer Muttersprache finden nicht statt, den Parlamentspräsidenten können sie nur stellen, wenn ein Deutscher oder ein Italiener ausdrücklich zu ihren Gunsten verzichtet. Bloß um eine Volksabstimmung zu beantragen, sind weniger Unterschriften von Ladinern erforderlich, als von Deutschen oder Italienern. Wobei unklar bleibt, wie es mit dem Datenschutz vereinbar sein soll, dass offensichtlich jeder Unterzeichner seine Sprachgruppenzugehörigkeit offenlegen muss.

    Selbst an nach Sprachgruppen getrennten Schulen (in denen Kinder unter anderem zur »Heimatliebe« erzogen werden sollen) wollen die Freiheitlichen festhalten; der Zweitsprachunterricht soll erst ab der zweiten oder dritten Grundschulklasse beginnen. In den ladinischen Ortschaften wird die rätoromanische Muttersprache zwar (nur in der Grundschule!) in gleichem Ausmaß und mit gleichem Enderfolg wie die anderen Sprachen unterrichtet, zu einer richtigen scola ladina wie in Graubünden konnte man sich aber nicht durchringen. Von Ladinisch in nichtladinischen Ortschaften ist nicht die Rede.

    Es ist völlig unverständlich, warum ein unabhängiges Südtirol an Maßnahmen festhalten sollte, die für eine Minderheit in einem Nationalstaat ersonnen wurden. Dem freiheitlichen Projekt fehlt jede Vision, wie mit den neu erlangten Spielräumen von einer dreigeteilten zu einer gemeinsamen, mehrsprachigen und gleichberechtigten Südtiroler Gesellschaft übergegangen werden soll, welche der Ethnie die untergeordnete Rolle zurückgibt, die ihr gebührt.

    Dass grenzüberschreitende Beziehungen der Sprachgruppen zu ihrem »Muttervolk« [sic] gefördert werden sollen und Italien als Schutzmacht für die italienischen Mitbürger dienen soll, verdeutlicht, dass auch den Nationalstaaten nicht grundsätzlich eine Absage erteilt wird.

    Darüberhinaus enthält der Verfassungsentwurf noch weitere Punkte, die kritisch zu hinterfragen sind: So ist etwa eine weitreichende parlamentarische Immunität geplant, die heute nicht mehr zeitgemäß erscheint. Der Landtag nimmt die Wahlprüfung vor und entscheidet, ob ein Abgeordneter sein Mandat verliert — eine schon heute bestehende, nicht nachvollziehbare politische Einmischung in eine juristische Frage. Und nicht zuletzt sind Steuern und Gehälter — anders als etwa in der Schweiz — grundsätzlich von Volksabstimmungen ausgeschlossen.

    Cëla enghe: 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Das gute alte Autonomiestatut.

    Unter dem Titel »das gute alte Autonomiestatut« hat Georg Mair für die dieswöchige ff einen Leitartikel verfasst, dem zu widersprechen kein Leichtes ist. Dies ist nicht etwa auf die Güte der darin enthaltenen Argumente zurückzuführen, sondern vielmehr auf deren fast vollständige Abwesenheit. Mit einem unheimlichen Drunter und Drüber an Pauschalisierungen, Verallgemeinerungen und Unwahrheiten wird eine sachliche Auseinandersetzung ad absurdum geführt. Trotzdem: Ein Versuch.

    Proporz, Bequemlichkeit, beschränkte Mehrsprachigkeit, Trennung, gehemmte Entwicklung — zunächst zählt Mair gleich selbst ein halbes Dutzend Gründe auf, die gegen die Gesellschaftsordnung sprechen, welche aus der Autonomie hervorgegangen ist. Eigentlich das halbe Argumentarium jener, die sich die Überwindung dieser Autonomie wünschen. Ein hilfloser Versuch, ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen? Die angebliche »Tatsache«, die Loslösung vom Nationalstaat sei eine Illusion, untermauert Mair jedenfalls (wie gewohnt) mit keinem einzigen Argument. Es geht nicht, weil’s nicht geht. Und außerdem: Wir leben nicht in einer Diktatur.

    Die Schotten, die demnächst über ihren Verbleib im Vereinigten Königsreich abstimmen dürfen, werden meines Wissens auch nicht von einem Despoten aus London unterdrückt — und andersrum leben die Tibeter zwar in einer Diktatur, verlangen aber nichts mehr als eine Südtirolautonomie.

    Für Mair zählt: Südtirol ist wohlhabend. Das ist selbstlos. Wer dem vielen Geld die Eigenverantwortung vorzieht, wird von ihm dafür pauschal als Egoist und Fremdenfeind bezeichnet:

    Wollen wir etwa in einem Freistaat ärmer werden – eifersüchtig unser kleines Nest gegen Einwanderer und Bettler verteidigend?

    – Georg Mair

    Und schließlich: Die Autonomie wird zwar beschnitten. Aber zum Glück nicht aus Minderheitenfeindlichkeit, sondern weil die Regierung Monti neoliberal und zentralistisch eingestellt ist. Na dann! Lehnen wir uns doch einfach zurück und genießen es… es kann nur besser werden.

    Cëla enghe: 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Zur Messe nach Bolzano.

    Mit diesem toponomastischen Gustostück lädt die öffentliche Messe Bozen — auch über deutschsprachige Medien — zur Kunstschau nach Bozen Bolzano.

    Cëla enghe: 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Freud’scher.
    Quotation

    Die übergroße Mehrheit der Minderheit wähnt sich heute rechtlich und politisch sicher.

    Günther Pallaver zum Thema »Sichere Autonomie«, ff 11 vom 15.03.2012

    Wähnen bedeutet laut Duden »irrigerweise annehmen, dass es sich mit jemandem, einer Sache in bestimmter Weise verhält«.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Sprachencharta: Doch nicht.

    Die italienische Regierung um Mario Monti rudert in Sachen Sprachencharta vorerst doch wieder zurück. Dafür wurde sogar eine Pressemitteilung nachträglich geändert, wie sardische und katalanische Medien mittels Bildschirmausschnitten bewiesen haben.

    Der ursprüngliche Text

    Il Consiglio dei Ministri […] ha ratificato la Carta europea delle lingue regionali o minoritarie

    wurde durch folgenden ersetzt:

    Il Consiglio dei Ministri […] ha approvato il disegno di legge di ratifica della Carta europea delle lingue regionali o minoritarie.

    Diese Änderung verdeutlicht, dass die Ratifizierung erst durch die beiden Parlamentskammern abgesegnet werden muss, wo die Rechtsparteien nach wie vor eine beherrschende Rolle einnehmen.

    Cëla enghe: 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL