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  • Energie: Die Vollautonomie kommt.

    Laut Landespresseamt gefährdet das italienische Wachstumspaket, das dem italienischen Parlament zur Behandlung vorliegt, die bisherige Zuständigkeit Südtirols im Energiesektor und speziell bei der Vergabe von Stromkonzessionen. Wird das Paket verabschiedet, wäre die Landeszuständigkeit in diesem Bereich, für die Südtiroler Politikerinnen jahrzehntelang gekämpft hatten, wenige Jahre nach ihrer Übernahme schon wieder weg.

    Mit diesem Ansinnen setzt sich einmal mehr die Zentralisierungswut fort, die von Regierung und Parlament — also Technikern und Politikern — in Rom inzwischen gemeinsam vorangetrieben wird. Da die Zuständigkeit in diesem Bereich nicht im Autonomiestatut enthalten ist, sondern nachträglich übernommen wurde, ist der Erfolg bei einer allfälligen Anfechtung vor dem Verfassungsgericht äußerst fraglich.

    Genauso wie die Kompetenzen im Energiesektor, steht etwa jene der Straßenverwaltung auf tönernen Füßen. Es handelt sich um Aufgaben, die das Land im Rahmen der sogenannten (und hochgepriesenen) »dynamischen Autonomie« übernommen hatte und deren mangelnde rechtliche Absicherung auch hier bei bereits kritisiert wurde.

    Es stimmt jedenfalls nicht, dass die dynamische Autonomie tot ist. Die Dynamik hat sich lediglich umgekehrt: Wir sind auf dem besten Weg, Rom die »Vollautonomie« zu gewähren. In Südtirol bleiben, wenn sich der derzeitige Trend fortsetzt, nur noch einige Kernkompetenzen des Minderheitenschutzes, während alles andere in Rom entschieden wird.



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  • G8 von Genua: Reportage am Jahrestag.

    Anlässlich des elften Jahrestags der damaligen Übergriffe veröffentliche ich — auf Haralds Vorschlag — die WDR-Reportage über den G8-Gipfel in Genua.

    Erst kürzlich wurden, nach über einem Jahrzehnt, hohe Polizeivertreter rechtswirksam verurteilt.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Die neuen Schutzhütten.

    Rund um die drei geplanten neuen Schutzhütten in Südtirol hat sich — ob ihrer Architektur — eine breite Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern entwickelt. Zivilgesellschaftliches Engagement ist stets erfreulich und die öffentliche Auseinandersetzung kann, solange sie fair geführt wird (und nicht etwa in Beleidigungen oder Zensurwünsche ausartet), für beide Seiten nur gewinnbringend sein.

    Vom Reflex, auf die langjährige Ausbildung der Architekten zu verweisen — weshalb sie schon wüssten, was sie da machen — halte ich wenig. Einerseits ist das Vertrauen in die Ausbildung verständlicherweise angeschlagen, da bei weitem nicht jeder Architekt so baut, wie es sein Fachwissen und das Berufsethos von ihm erwarten ließen. Und andererseits ist ein derartiger Verweis undemokratisch: Schließlich wird die Ausbildung vorausgesetzt, entbindet aber nicht von der besonderen Verantwortung, welche durch die Bebauung öffentlichen Raums — noch dazu in einer so außerordentlichen Lage — gegenüber der Öffentlichkeit entsteht. Ich glaube an die Vermittlerrolle des Architekten, die jedoch durch den Rückzug auf das Argument der eigenen fachlichen Überlegenheit umgangen wird.

    In ihrer Stellungnahme zur gegenwärtigen Diskussion hat die Südtiroler Architektenkammer richtigerweise auf die Entwicklung hingewiesen, die zum Beispiel die Ausstattung von Bergsteigern während der letzten Jahrzehnte durchlaufen hat. Genauso wie niemandem einfallen würde, im Sinne der Tradition zu fordern, wir sollten die Dolomiten mit Schuhwerk aus dem 19. Jahrhundert erklimmen, wäre es unverständlich, so zu bauen, wie damals. Die Erfordernisse an eine Berghütte haben sich seit damals ebenfalls verändert.

    Gleichzeitig erfordert das Bauen am Berg jedoch auch eine hohe Sensibilität und viel Zurückhaltung. Vor Moden sollten wir uns in Acht nehmen. Eine Hütte soll nicht einen Wanderer in greller Bergbekleidung mimen, der am Ende seiner Anstrengungen wieder nach Hause zurückkehrt: Die Hütte bleibt.
    Es besteht aber kein Zweifel, dass wir zeitgemäß bauen müssen. Zeitgemäß ist nicht gleichbedeutend mit gut, denn auch zeitgemäße Architektur kann, wie alles andere, gut oder schlecht, schön oder unschön sein. Sicher falsch wäre aber unzeitgemäßes Bauen: Wir könnten dem historischen Bestand keine größere Respektlosigkeit erweisen, als ihn nachzuäffen, mit anderen Worten ausgedrückt, mit den uns zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten so zu tun, als habe es keinen Fortschritt gegeben. Die »Wahrheit« des Bauens liegt darin, dass zu jeder Zeit so gebaut wurde, wie es am Effektivsten und Effizientesten war, was freilich nicht bedeutet, Bewährtes zu verwerfen, sondern behutsam abzuwägen, was auch heute noch gut ist und was hingegen sinnvollerweise verändert, ergänzt und verbessert werden kann. Mit Ästhetik hat das nur am Rande was zu tun.

    Deshalb ist es völlig irreführend, in der derzeitigen Debatte zwischen Bewahrern (den Gegnern der neuen Hütten) und Erneuerern (ihren Befürwortern) zu unterscheiden. Wer zeitgemäß baut und auf die Überheblichkeit verzichtet, auch Gutes aus missverstandener Fortschrittlichkeit zu verwerfen, ist nämlich der eigentliche Bewahrer einer bewährten Bautradition.

    Die konkreten Projekte kenne ich — wie vermutlich fast alle, die sich an der Diskussion beteiligen — nur aus der Presse und kann deshalb kein endgültiges Urteil fällen. Doch den veröffentlichten Bildern lässt sich meiner Einschätzung nach nichts entnehmen, das den Schluss zuließe, Planer und Juroren hätten ihre Aufgabe nicht ernstgenommen, eine möglichst gute Antwort auf die Problematik öffentlichen Bauens in einer so besonderen Lage zu suchen.



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  • Unabhängigkeit — überflüssig?

    In Südtirol wird über einen Freistaat oder den Anschluss an Österreich diskutiert. Was halten Sie von so einer Diskussion?
    Ich habe es in meinem ganzen Leben für eine unglaubliche Bereicherung gehalten, in zwei Kulturen aufzuwachsen und zwei Sprachen zu können. Dies vorausgeschickt halte ich die Debatte für überflüssig. Ich bin mir nicht sicher, ob es um einen Anschluss an Österreich geht. Ich frage meine Südtiroler Bekannten auch immer, ob sie sich bewusst seien, dass, wenn sie Österreich beiträten, sie Nettozahler im österreichischen Finanzausgleich wären. Auch in Österreich gibt es einen Finanzausgleich und Südtirol wäre eines der reichsten Bundesländer. In Wahrheit würden wir das Problem umdrehen: Die italienische Gruppe würde zur Minderheit, ich weiß nicht, was das bringen soll. Man will eine Herauslösung aus Italien, aus welchen Gründen? Was will man noch mehr, als man ohnehin durch das Autonomiestatut bekommen hat? Will man aus Italien heraus, um wie die Lega vom Süden wegzukommen? Dann ist es keine Minderheitenthematik mehr, sondern eine von Reich gegen Arm. Die Frage ist: Wollen wir in diesem Europa zusammenwachsen, und was heißt das?

    Was heißt das?
    Wir haben in Europa eine Form des Sozialstaates ausgebildet, die es nirgendwo sonst gibt. Wenn wir dieses Gemeinwohl bewahren wollen, geht es darum, die Integration der vielen unterschiedlichen Gemeinschaften in Europa zu betreiben, und da ist die Frage, ob Südtirol zu Italien oder Österreich gehört, irrelevant. Als ich klein war, hatte ich immer den Eindruck, Südtirol orientiert sich nach Deutschland, nicht nach Österreich. Österreich war als Nicht-EU-Mitglied überhaupt nicht interessant, außer für Frau Klotz und ihre Anhänger. Das Gros der Südtiroler blickte, ökonomisch gesehen, nach Italien oder Deutschland.
    Wenn wir die Europäische Perspektive einnehmen, sind wir in einer anderen Welt, dann ist das nicht mehr relevant.
    Also nochmal: Kulturen, die nicht mit andern in einem Austausch stehen, vertrocknen. Es sei denn, jemandem wird unrecht getan, dann würde auch ich auf die Barrikaden gehen. Aber das geschieht den Südtirolern nicht.

    Sonja Puntscher Riekmann aus Margreid, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Salzburg, im dieswöchigen ff-Interview.

    Ernüchternd, dass auch einer Frau Professor zum Thema Unabhängigkeit nichts anderes einfällt, als

    • es pauschal mit Lega, Egoismus oder Umkehrung der Mehrheit-Minderheitensituation gleichzusetzen;
    • es zu Mehrsprachigkeit und Kulturaustausch in Widerspruch zu setzen — geradezu, als ob der Nationalstaat die Vielfalt förderte;
    • so zu tun, als hätten wir durch die Autonomie alles bekommen und müssten uns in alle Ewigkeit in Dankbarkeit ergießen (»was wollt ihr mehr?«).

    Cëla enghe: 01 02



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  • Züge: Frisch gestrichen.

    Wie das Landespresseamt berichtet, hat das halbstaatliche italienische Bahnunternehmen Trenitalia (dasselbe, das sich vor wenigen Jahren ein teures neues, grün-weiß-rotes Logo geleistet hat, weil grün-weiß-blau nicht nationalistisch genug war, s. Abb.) damit begonnen, Zugverbindungen aus Geldmangel einfach zu streichen. Ab kommendem Wochenende verkehre auch in Südtirol ein Zugpaar weniger, ab September werde noch eine weitere Verbindung wegfallen.

    Das Land habe nicht einmal seine Meinung dazu abgeben, geschweige denn mitentscheiden dürfen. Mehr noch: Aufgrund des von Rom aufoktroyierten Stabilitätspakts (Spardiktat) dürfe das Land — obwohl das nötige Geld vorhanden wäre — nicht einmal einen Ersatzdienst finanzieren.

    Wirklich schade: Endlich besteht die Chance, die TI-Chaostruppe aus dem Land zu komplimentieren, da steht leider der Landeshaushalt gerade unter römischer Kuratel. Die SVP hat eben mal verschwitzt, zwischen einem Lobgesang auf die Vorzeigeautonomie und dem nächsten, unsere Finanzen gegenüber dem schwarzen Loch in Rom abzusichern.



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  • Südtirol erneut herabgestuft.

    Nachdem vor wenigen Tagen die Kreditwürdigkeit des italienischen Staates herabgestuft wurde, hat die Ratingagentur Moody’s nun auch Südtirol erneut eine schlechtere Note verpasst. Dass das Land weiterhin eine bessere Einstufung (A3) hat, als der Staat (Baa2), ist in der jetzigen Wirtschaftssituation jedoch völlig irrelevant, wie wir vor wenigen Wochen gelernt haben: Als man sich Geld zu besseren Konditionen, d.h. geringeren Zinsen, leihen wollte, als der Staat, spielten die Banken plötzlich nicht mehr mit.

    Volksbankdirektor Johannes Schneebacher erklärte damals, welche einfache Rechnung die Kreditinstitute angestellt hatten: Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der Staat bankrott geht, X betrage, dann betrage die Wahrscheinlichkeit, dass Südtirol bankrott geht, genauso X. Schließlich werde Südtirol mit dem Staat untergehen, wenn dieser zahlungsunfähig wird. Warum also sollten die Banken dem Land Geld für 3% und weniger leihen, wenn sie vom Staat bei gleichem Risiko 6% und mehr bekommen?

    So gesehen hat Südtirol de facto schon heute die Folgen der staatlichen Einstufung (Baa2) zu tragen, und dies gerade zu einem Zeitpunkt, wo Land und Gemeinden womöglich verstärkt Schulden aufnehmen müssen. Schließlich wurde — bei gleichbleibenden Zuständigkeiten — der Landeshaushalt vom Zentralstaat bereits handstreichartig um 25% gekürzt.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Sternstunde Philosophie: Sedláček.

    Der Ökonom Tomáš Sedláček bei Sternstunde Philosophie (Schweizer Fernsehen) über Wirtschaft und die Krise.



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  • Schwächer als behauptet.
    Quotation

    Mit der Verfassungsreform von 2001 ist zwar das Nationale Interesse formell abgeschafft worden – doch seither ist es de facto wieder eingeführt worden. Der Verfassungsgerichtshof beruft sich in seiner Rechtsprechung ständig darauf. […] Rechtlich würde sich durch eine Wiedereinführung des Nationalen Interesses in die Verfassung wenig ändern. Zumal es im Artikel 4 des Autonomiestatutes immer drinnen gewesen ist.

    Südtirol [hat] in der Vergangenheit einen großen Fehler gemacht: Man ist immer davon ausgegangen, dass durch politische Verhandlungen alles erreicht werden kann. […] [Wenn] sich die politischen Bedingungen ändern wie jetzt, entdeckt man plötzlich, dass man schwächer ist, als man behauptet hat. Und das ist nicht gut. Denn hätte man mehr Energie in die rechtlichen Garantien investiert, wären wir jetzt nicht in dieser schwierigen Situation. Wir müssen erkennen, dass Südtirol politisch in Rom derzeit überhaupt nichts zu sagen hat.

    Prof. Francesco Palermo, ff 25/2012.

    Cëla enghe: 01



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