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  • Finnland: Schwedisch, Sami und Romani.

    Nachdem ich einen Kurzbericht über Finnland verfasst habe, in dem ich die Situation des Schwedischen mit der des Deutschen in Südtirol verglichen habe, möchte ich noch einige Überlegungen zur dortigen Sprachsituation im Vergleich zum Ladinischen anstellen.

    Die schwedische Minderheit stellt rund 5,5% der finnischen Gesamtbevölkerung. Sie genießt einen umfassenden Schutz, muttersprachliche Schulen, Gleichstellung in allen Belangen und darf im Verkehr mit der Zentralregierung, mit zwei- und schwedischsprachigen Gemeinden und vor Gericht die eigene Sprache benutzen.

    Die ladinische Minderheit stellt rund 4,5% der Südtiroler Gesamtbevölkerung. Ladinisch ist nur in den ladinischen Tälern Amtssprache und auf Landesebene nicht mit Deutsch und Italienisch gleichgestellt, sondern kaum präsent. Die sogenannte paritätische Schule bietet Ladinisch nur als Unterrichtsfach (zwei Wochenstunden), nicht aber als Vehikularsprache an.

    In Finnland hat das indigene Volk der Samen (mit rd. 1.800 Sprechern/0,03% der Bevölkerung) eigene Schulen, in denen die Kinder in ihrer Muttersprache unterrichtet werden. Daneben lernen sie Finnisch und/oder Schwedisch. Zum Vergleich: Die ladinischen Gemeinden in Südtirol zählen ca. 19.000 Einwohnerinnen.

    Die Roma sind in Finnland eine anerkannte nicht-territoriale Minderheit, welche ebenfalls Recht auf muttersprachlichen Unterricht genießt. Finnland hat — anders als Italien — die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen ratifiziert und die darin enthaltenen Rechte ausdrücklich auf die Roma ausgeweitet.

    Zur Vertiefung: Auszug aus dem Gesetz 628/1998 (Basic Education Act):

    Section 6 The determination of a pupil’s school

    2. The local authority shall assign to a child of compulsory school age and others receiving education under this Act a neighbourhood school or some other appropriate place where education is given under Section 4(1) and (2) in his or her native language in which the local authority is obliged to provide education. A pupil participating in pre-primary education may also be assigned a day-care facility which fulfils comparable criteria or some other appropriate facility as a place of education. For a well-founded reason relating to educational arrangements, the local authority may change the place of education without changing the language of instruction. (Amendment 1288/1999)

    Section 10 Language of instruction

    1. The language of instruction and the language used in extracurricular teaching shall be either Finnish or Swedish. The language of instruction may also be Saame, Roma or sign language. In addition, part of teaching may be given in a language other than the pupils’ native language referred to above, provided that this does not risk the pupils’ ability to follow teaching. (Amendment 1288/1999)
    2. Pupils living in the Saame home area who are proficient in the Saame language shall be primarily taught in Saame. Pupils with auditory impairments must be given teaching in sign language, when needed.
    3. If the education provider provides education in more than one of the languages of instruction referred to in subsections 1 and 2 in which the pupil can study, the parent/carer shall choose the language of instruction.
    4. Additionally, in a separate teaching group or in a separate school, teaching may be given primarily or totally in a language other than those referred to in subsection 1.

    Section 12 Mother tongue

    1. As mother tongue, the pupil shall be taught Finnish, Swedish or Saame in keeping with the language of instruction.
    2. As mother tongue, the pupil may also be taught the Roma language, sign language or some other language which is the pupil’s native language.

    Section 15 Curriculum

    1. The education provider shall adopt a curriculum for education referred to in this Act. The curriculum shall be adopted separately for education given in the Finnish, Swedish and Saame languages and in other languages, where needed.

    Cëla enghe: 01



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  • Es ist möglich!

    Das ist, worauf wir von der besten Autonomie der Welt — je nach Zeitrechnung — seit 39 bzw. 63 Jahren warten. Vergeblich. Dass es geht, zeigt etwa Finnland, wo (für eine schwedische Minderheit mit 291.500 Sprecherinnen) Medikamente landesweit zweisprachig beschriftet sein müssen. Als Südtiroler muss man es sehen, damit man es glaubt.

    Hier: Einfache rezeptfreie Paracetamol-Tabletten aus einer Apotheke in der finnischen Hauptstadt Helsinki.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01 02 03



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  • Freitag: Wieder Faschokonzert.

    Ungeachtet ihrer Geschichte scheint sich die Stadt Bozen als idealer Veranstaltungsort für faschistische Veranstaltungen etabliert zu haben, wo die italienischen Rechtsextremistinnen einigermaßen ungehindert agieren können.

    Nach dem Konzert von Zetazeroalfa und einer aufsehenerregenden Kundgebung zur Verteidigung faschistischer Symbolik, soll am kommenden Freitag erneut ein größeres Konzert stattfinden — im Transilvania bei der Virgltankstelle.

    Dabei lassen sich die Faschos offensichtlich auch nicht von ersten »negativen« Signalen abschrecken: Kürzlich mussten Jugendliche hohe Geldstrafen zahlen, weil sie öffentlich den römischen Gruß gezeigt hatten; dem rechtsextremistischen Kulturverein CasaItalia wurde die Eintragung ins Vereinsverzeichnis verwehrt.

    Jetzt ist es höchste Zeit, dass Zivilgesellschaft und Politik gemeinsam überlegen, wie man verhindern kann, dass Südtirol auch weiterhin als Bühne für solche Veranstaltungen herhalten muss. Das wird natürlich schwierig sein, solange die Faschistinnen — direkt oder indirekt — die Rückendeckung der italienischen Rechten und staatlicher Institutionen genießen.



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  • CasaItalia ausgeschlossen.

    Wie die Antifa Meran berichtet, hat Bozens Kulturreferentin Patrizia Trincanato (Grüne) einen überfälligen Akt gesetzt, den ausdrücklich begrüßt: Dem Verein CasaItalia wurde von der Landeshauptstadt der Status einer kulturellen Organisation aberkannt und somit — einmalig in Italien — die Eintragung in das entsprechende Register verweigert.
    CasaItalia ist Teil der als Kulturarbeit getarnten politischen Tätigkeit der rechtsextremistischen CasaPound. Erstmals werden den Neofaschisten somit spezielle Rechte und öffentliche Mittel vorenthalten, die sie sich durch ihre vorgeblichen kulturellen Ziele zu erschleichen versuchen.
    Gegen die Entscheidung des Kulturreferats seien nicht nur die italienischen Rechtsparteien auf die Barrikaden gegangen — auch die Grillo-Liste CinqueStelle (5SB) habe bei der letzten Gemeinderatssitzung den Saal verlassen. Damit wird sichtbar, wieviel Unterstützung gewisse demokratiefeindliche Organisationen in den demokratischen Institutionen der Landeshauptstadt genießen.



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  • Twenty.

    Das Twenty in Bozen wurde kürzlich — auf nicht gerade nachvollziehbare, transparente Weise — zum einzigen sogenannten Landeseinkaufszentrum erhoben. Gestern wurden dort einige neue Geschäfte und Restaurants eröffnet, die unter anderem dazu beitragen sollen, dass die Südtirolerinnen zum Shoppen nicht weiterhin nach Innsbruck fahren müssen.

    hat — auch in Briefen an die Landesregierung — schon mehrmals auf die Notwendigkeit eines besseren Konsumentenschutzgesetzes aufmerksam gemacht, welches insbesondere große Ketten und Handelsbetriebe auch zur Einhaltung der Zweisprachigkeit anhalten sollte.

    In Ermangelung einer solchen Regelung hätte man zumindest die Ausweisung eines Einkaufszentrums, wenn es schon von Landesinteresse sein soll, an klare diesbezügliche Auflagen knüpfen können. Dass dies offensichtlich nicht geschehen ist, zeigen die angehängten fotografischen Eindrücke. Somit ist klar, dass das Twenty sich nur an einen Teil der Bevölkerung richtet.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 || 01



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  • Suomi.

    Autor:a

    ai

    |

    3 Comentârs → on Suomi.

    Soeben von einer Reise zurückgekehrt, die mich unter anderem nach Finnland geführt hat, möchte ich kurz über die Situation der dort lebenden schwedischen Minderheit berichten, wie ich sie kennengelernt und beobachtet habe.

    Rund 5,5% der Landesbevölkerung ist schwedischer Sprache, was bei einer Gesamtbevölkerung von 5,3 Millionen (Stand: 2008) etwa 291.500 Individuen entspricht (zum Vergleich: ca. 348.000 Südtirolerinnen haben sich 2001 der deutschen Sprachgruppe zugehörig erklärt). Von dieser Anzahl müsste man eigentlich die rund 28.000 Bewohnerinnen von Åland wegzählen, weil die Inseln einen eigenen, halbsouveränen Status (mit regionaler Staatsbürgerinnenschaft, spezifischen Schutzmechanismen, teilweise eigener Außenpolitik etc.) besitzen.

    Finnland bezeichnet sich als zweisprachiges Land, der samischen Bevölkerung im Norden (mit nur ~1.800 Sprecherinnen) kommen noch einmal gesonderte Rechte zu. Anders als Italien hat Finnland die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen unterzeichnet und ratifiziert.

    Grundsätzlich gelten Gemeinden in Finnland als zweisprachig, wenn die kleinere Sprachgruppe mindestens 8% der Gesamtbevölkerung stellt; fällt dieser Anteil unter 6%, wird die Gemeinde einsprachig. In Abweichung von dieser Regelung darf eine Gemeinde auch dann den zweisprachigen Status aufrecht erhalten, wenn die jeweils anderssprachige Bevölkerungsgruppe unter 6% liegt. Dies bedarf der Zustimmung aus Helsinki und wurde bereits in mehreren Gemeinden erprobt.
    Als vor wenigen Jahren mit Turku/Åbo die Schweden erstmals in einer größeren zweisprachigen Stadt unter die 6%-Marke zu fallen drohten, wurde der Mechanismus dahingehend erweitert, dass eine Gemeinde auch dann zweisprachig bleibt, wenn die kleinere Sprachgruppe mindestens 3.000 Mitglieder zählt, was in der 177.000-Einwohnerinnen-Stadt der Fall ist.

    Selbstverständlich bedarf die Prozentlösung wie in Südtirol einer amtlichen Erhebung der Sprachzugehörigkeit, was — laut von mir befragten Finninnen — noch nie politisch beanstandet wurde. Ebensowenig war angeblich jemals ein Thema, dass diese Erhebungen im Widerspruch zu EU-Recht stehen könnten, wie dies in Südtirol immer wieder zu hören ist.

    Die Zweisprachigkeit einer Gemeinde wirkt sich auf zahlreiche Bereiche aus, so auf die Schulsprache, die örtliche Amtssprache¹, den Konsumentinnenschutz oder die Ortsnamen. Letztere sind aber nur dann zweinamig, wenn in beiden Sprachen historische Bezeichnungen zur Verfügung stehen — sonst bleiben sie einnamig. Produkte, insbesondere Medikamente, sind meinen Beobachtungen zufolge im gesamten Land (also selbst in einsprachig finnischen Gemeinden) de facto immer zweisprachig beschriftet. Auch die Durchsagen an den Bahnhöfen waren selbst in einsprachig finnischen Ortschaften immer dreisprachig (auf Finnisch, Schwedisch und Englisch).

    Das Schulmodell sieht — ähnlich wie in Südtirol — finnische und schwedische Schulen vor, wobei die Schülerinnen auf dem gesamten Staatsgebiet verpflichtet sind, die jeweils andere Sprache zu erlernen. Laut Informationen, die ich noch nicht hinreichend verifizieren konnte, wird der Zweitsprachunterricht in der Regel erst ab dem dritten Schuljahr eingeführt. Immersionsunterricht gibt es ausschließlich für finnischsprachige Schülerinnen in solchen Gegenden, wo sie nicht die Möglichkeit haben, breiten direkten Kontakt zur schwedischen Bevölkerung zu haben. Die Kenntnisse der »anderen einheimischen Sprache«, wie Finnisch und Schwedisch als Zweitsprache genannt werden, seien jedoch in wirklich zweisprachigen Gemeinden² im Schnitt so gut, dass man — laut einhelliger Meinung von mir befragter Finninnen — nicht heraushören könne, welches die Muttersprache ist. Dies, obschon die Unterschiede zwischen den Sprachen wesentlich größer sind, als zwischen Deutsch und Italienisch, welche beide der indogermanischen Sprachfamilie angehören.
    Aufgrund des staatsweit erdrückenden Anteils an Finnischsprachigen habe die perfekte Zweisprachigkeit jedoch auch den Nachteil, dass die schwedische Sprache im Laufe der letzten Jahrzehnte zurückgegangen ist, obwohl jetzt allgemein von einer Stabilisierung gesprochen wird.

    Den Finnlandschwedinnen kommen Quotenregelungen zugute, die (im Sinne der affirmative action) anders als im Falle des Südtiroler Proporzes nicht auch der finnischen Mehrheitsbevölkerung zustehen. So stehen schwedischsprachigen Studenten zum Beispiel eine Mindestanzahl an Studienplätzen zu, die Quote darf aber zu Lasten der Mehrheitsbevölkerung auch übererfüllt werden.

    Cëla enghe: 01 || 01 02

    1) an staatliche Behörden dürfen sich Bürger immer in der eigenen Sprache wenden, das gilt auch für die Gerichte;
    2) es hat sich in den Gesprächen herauskristallisiert, dass amtlich zweisprachige Gemeinden nicht automatisch als voll zweisprachig empfunden werden, weil bei zu geringer Repräsentation der kleineren Sprachgemeinschaft keine breite Möglichkeit zum direkten Sprachkontakt besteht.



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  • Deutschnationalismus in Reinkultur.

    Zuerst Deutscher, dann Tiroler und dann Südtiroler will der freiheitliche Jungspund Michael Demanega sein. Das versichert er zumindest in seiner heutigen Pressemitteilung zur Europaregion Tirol, und rechtfertigt damit, dass Nord-, Süd- und Osttirol (also in seinen Augen wohl »Deutschtirol«) gegebenenfalls andere Wege gehen sollen als das Trentino.

    Aus dem Stoff dieses verbissenen Deutschnationalismus’ sind die Tragödien des letzten Jahrhunderts gemacht, und diese Einstellung hat nicht zuletzt das mehrsprachige Tirol der Donaumonarchie gesprengt. Wer gehofft oder gar geglaubt hatte, die Freiheitlichen hätten sich mit ihrem Vorpreschen in Richtung eines unabhängigen, aber entschieden dreisprachigen Südtirols für die Kohäsion (und nicht nur für kurzsichtigen Opportunismus) entschieden, sieht sich nach diesen Aussagen von Demanega auf den Boden der Realität zurückgeholt.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Weg frei für Demokratiefeinde.

    Nachdem die Regierungen um den aktuellen italienischen Ministerpräsidenten im Laufe der letzten Jahre den Neofaschismus salonfähig gemacht haben, soll jetzt auch eine letzte formale Hürde fallen, die den Extremismus noch gebremst hat — jedenfalls wenn es nach den Absichten des Trentiner PDL-Senators Cristiano De Eccher geht. Der hat eine parlamentarische Initiative angestrengt, um die zwölfte Verfügung der Übergangs- und Schlussbestimmungen der italienischen Verfassung abzuschaffen:

    Die Neugründung der aufgelösten faschistischen Partei ist in jedweder Form verboten.

    In Abweichung vom Artikel 48 werden für die Dauer von nicht mehr als fünf Jahren nach Inkrafttreten der Verfassung zeitweilige Beschränkungen des Wahlrechtes und der Wählbarkeit für die Verantwortlichen des faschistischen Regimes gesetzlich festgelegt.

    (Unterstreichung von mir)

    Mitunterzeichner dieser skandalösen Initiative sind Fabrizio Di Stefano, Francesco Bevilacqua, Giorgio Bornacin und Achille Totaro (alle PDL) sowie Egidio Digilio (FLI). Cristiano De Eccher selbst ist kein unbeschriebenes Blatt: Vor seiner Mitgliedschaft im PDL war er bereits Vorsitzender der neonazistischen Avanguardia Nazionale für das sogenannte Triveneto. Die Organisation war unter anderem an der Strategie der Spannung beteiligt.

    Hat der Vorstoß Erfolg, steht einer offenen Wiederbetätigung nichts mehr im Wege.



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