Alfred de Zayas, UN-Sonderberichterstatter »zur Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung« klärt heute mit zwei Kurzmitteilungen auf Twitter, was wir hier auch schon in Berufung auf andere Quellen geschrieben hatten: Den Grundsatz der territorialen Integrität können Staaten nur gegenüber anderen Staaten (und nicht gegenüber der eigenen Bevölkerung) geltend machen; während er also gegenseitige Aggressionen zum Zweck der territorialen Erweiterung untersagt, schränkt er das demokratische Selbstbestimmungsrecht nicht ein, weil er damit gar nichts zu tun hat.
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Eine Farce: EU-Pressekonferenz zu Katalonien.
Über 40 Minuten lang wurde Margaritis Schinas, Sprecher der EU-Kommission, heute von Journalistinnen zum Thema Katalonien »gegrillt«. Bis auf den allgemeinen und auch laut Auffassung mehrerer Anwesender missverständlichen Wortlaut einer Pressemeldung war aus Schinas nichts herauszuholen. Auch die Frage, wieviele Verletzte die exzessive Polizeigewalt denn noch hätte fordern müssen, um die Kommission zu einer Verurteilung der zentralstaatlichen Vorgehensweise zu bewegen, blieb unbeantwortet.
Mehrere Journalistinnen wiesen auf den drohenden Imageverlust der Europäischen Union und auf die unzureichende Verteidigung »europäischer Werte« hin. Außerdem wurde angezweifelt, dass man die eklatante Verletzung von Grundrechten noch als interne Angelegenheit bezeichnen kann. Die Frage schließlich, ob die EU zwischen Spanien und Katalonien vermitteln würde, quittierte Schinas mit der Aussage, die Kommission fordere die Parteien dazu auf, direkt miteinander zu verhandeln.Wenn die Kommission das Vorurteil bestätigen wollte, ein gesichtsloser Bürokratenverein zu sein — mit dieser Vortäuschung einer Pressekonferenz ist es gelungen. Gratuliere.
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Katalonien: Südtiroler Grüne ohne klare Kante.
Anders als grüne und linke Bewegungen in ganz Europa, die sich zu den schändlichen Bildern der Polizeigewalt aus Katalonien zu Wort gemeldet haben, können sich die Südtiroler Grünen leider nicht zu einem klaren Statement durchringen. Von einer Partei, die sich links der Mitte verortet (wiewohl sie auf schwarz-grüne Koalitionen schielt) und eigentlich für Grundrechte und -freiheiten einstehen sollte, muss man mehr erwarten dürfen.
Die rechtliche Legitimation ist brüchig, die demokratische Willensäußerung ist ernst zu nehmen. Mit ihrem Mangel an Verhandlungsbereitschaft und Entgegenkommen und mit dem harten Polizeieinsatz hat die spanische Zentralregierung wohl wesentlich zu diesem Ergebnis beigetragen.
Den »harten Polizeieinsatz« in einem Nebensatz zu erwähnen, um in der Folge — ohne Gewichtung — die spanische und katalanische Regierung sowie die EU gleichermaßen als Verliererinnen des gestrigen Tages zu nennen, ist meiner Ansicht nach zu wenig.
Die Sezessionsbestrebungen muss man natürlich nicht befürworten, doch was gestern an roher Gewalt zu sehen war, verdient eine gesonderte, harte, unmissverständliche Verurteilung. Herbert Dorfmann (SVP) hat das, wie ich finde, mit seinem kurzen Statement deutlich besser geschafft.
Typisch grüne Kompromiss- und Vermittlungshaltung in Ehren, aber wenn es um eklatante Grundrechtsverletzungen geht, darf es keine Mittelwege geben.
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GfbV erhebt schwere Vorwürfe gegen Spanien.
Katalonien-Referendum: Regierung setzt Gewalt ein
Polizeistaat Spanien? Mit der Guardia Civil gegen das ReferendumBozen, Göttingen, 2. Oktober 2017
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Spaniens Regierung
vorgeworfen, mit polizeistaatlichen Methoden gegen abstimmungswillige Katalanen vorgegangen zu sein, in dem sie gestern die Militärpolizei “Guardia Civil” in Katalonien ausrücken ließ. “Der übertrieben harte Einsatz der Sicherheitskräfte ist einer Demokratie unwürdig und auch keine gute Werbung für ein Verbleiben Kataloniens in Spanien”, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag. “Die Gewalt ging von den Uniformierten aus.”Ältere Katalanen erinnern sich noch an die “Guardia Civil” der Franco-Ära als das Repressionsinstrument des faschistischen Staates. Die “Guardia Civil” war auch wegen ihrer Folterungen gefürchtet. Für die Gewalt gestern war ausschließlich die dialogverweigernde konservative Regierung verantwortlich. Deren Geschichte hängt eng mit der “Guardia Civil” zusammen. Es waren Anhänger des Franco-Regimes, die die spanische Volkspartei PP gegründet haben.
Die Regierung bezeichnete das Referendum als Farce, weil es nicht
ordnungsgemäß abgewickelt wurde. Um die Wahl zu blockieren, setzte die Regierung Militärpolizisten ein, beschlagnahmte Wahlzettel sowie Urnen und ließ Wahllokale schließen. Vorausgegangen war ein jahrlanger autonomiepolitischer Stillstand, den hauptsächlich die konservative PP und ihre Vertreter im Verfassungsgericht herbeiführten. Nicht von ungefähr fordern die autonomen Gemeinschaften der Katalanen und der Basken eine Vertretung im Verfassungsgericht.1979 beteiligten sich 59 Prozent der Katalanen am Referendum zum
Autonomiestatut für Katalonien. Das Votum war mehrheitlich dafür. 2006 gingen nur 49 Prozent (die Mehrheit stimmte dafür) der Bürger Kataloniens zum Referendum für ein neues Autonomiestatut. Auf Druck der PP kassierten die Verfassungsrichter das neue Statut. 2014 wiesen dieselben Richter in einem Urteilsspruch aber auch darauf hin, dass das von Basken und Katalanen geforderte “Recht zu entscheiden” zulässig sei, wenn es verfassungsmäßig begleitet werde. Notwendig sei dafür der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen der Zentralregierung und der autonomen Gemeinschaft. Beides fand nicht statt.Faschismen/ Grundrechte/ Politik/ Polizei/ Repression/ Selbstbestimmung/ · Referendum 1-O 2017/ Zitać/ · · · Catalunya/ Spania/ · GfbV/ PP/ Verfassungsgericht/ · Deutsch/Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo. -
Katalonien: UNO fordert sofortige Ermittlungen.
Nach den Überfällen spanischer Polizeikräfte auf friedliche Referendumsteilnehmerinnen in Katalonien meldete sich heute der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra’ad Al Hussein, persönlich zu Wort und forderte die Aufnahme unabhängiger Ermittlungen unter Einbeziehung der Vereinten Nationen.
In einer Aussendung zeigt sich der Jordanier über die gestrigen Vorfälle bestürzt und drängt die spanischen Institutionen, eine umfassende, unabhängige und unparteiische Investigation der Gewalt zu gewährleisten. Polizeigewalt dürfe nur wenn unbedingt nötig und in verhältnismäßigem Ausmaß angewandt werden.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die derzeitige Situation durch politischen Dialog und in Gewährleistung demokratischer Grundfreiheiten gelöst werden muss.
— Zeid Ra’ad Al Hussein
Übersetzung:
Abschließend ruft der Hochkommissar Spanien auf, »ohne Verzögerungen« die Einreise von UN-Menschenrechtsexpertinnen zuzulassen.
Cëla enghe:
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