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  • Mehrsprachige Normalität.

    Ich war kürzlich wieder in der Schweiz und habe bei dieser Gelegenheit in Zürich an einer beliebigen, kleinen Tankstelle einige Fotos für geschossen. Es handelt sich um ein äußerst banales Beispiel, doch die Auswirkungen dessen, was wir einen »mehrsprachigen Quellcode« nennen, zeigen sich gerade in ihrer Banalität und Alltäglichkeit am deutlichsten.

    Dass die Schweiz ein von Grund auf mehrsprachiger und vielfältiger Staat ist, wirkt sich — wie die Bilder zeigen — auch auf einsprachige Städte und Gebiete wie Zürich wohltuend pluralisierend aus. Alle Schweizerinnen, ob sie nun in mehrsprachigen Kantonen leben oder nicht, kommen jeden Tag mit den anderen Landessprachen in Kontakt, was

    • unmittelbar eine positive Kontamination darstellt und
    • mittelbar Verständnis, Bewusstsein und Freiraum für andere Sprachen und Kulturen schafft.

    Bilder zum Vergrößern anklicken.

    In den angrenzenden Ländern geschieht das genaue Gegenteil. Staaten wie Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich definieren sich »national«: Eine Sprache (und Kultur) wird zur Norm erhoben, etwaige andere Sprachen nur noch als Normabweichung wahrgenommen und (mal besser, mal schlechter) als solche behandelt. Während das Schweizer Selbstverständnis (wie soeben dargelegt) selbst auf monolinguale Regionen pluralisierend wirkt, ruft die »nationalstaatliche Logik« der umliegenden Staaten — auch in mehrsprachigen Landesteilen (wie Südtirol) — eine nach unten nivellierende Homogenisierung und Uniformierung hervor. Ebenfalls banale Beispiele wie Tankstellen, Produktetiketten, Packungsbeilagen, öffentliche Dienste und vieles mehr führen uns das hierzulande täglich vor.

    Auch und vor allem um einen institutionellen Rahmen zu schaffen, der unsere mehrsprachige Realität unterstützt und fördert — anstatt sie zu behindern — setzen wir von uns für die Unabhängigkeit vom Nationalstaat ein.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 || 01 02



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  • Artur Mas angeklagt.

    Tagelang hatte die Oberstaatsanwaltschaft in Barcelona beharrlich abgelehnt, auf Wink aus Madrid Anklage gegen den katalanischen Präsidenten Artur Mas zu erheben. Der Aussetzungsbeschluss des Verfassungsgerichts gegen die Abstimmung vom 9. November (9N) biete dafür keine ausreichende Grundlage.

    Nun erfüllte sich der Madrider Generalstaatsanwalt Eduardo Torres-Dulce seinen Wunsch selbst, indem er höchstpersönlich die Einleitung eines Verfahrens gegen Artur Mas, seine Stellvertreterin Joana Ortega und die katalanische Bildungsministerin Irene Rigau vor dem katalanischen Oberlandesgericht (Tribunal Superior de Justà­cia de Catalunya) beantragte. Er wirft den drei Regierungsvertretern im Zusammenhang mit dem 9N Amtsmissbrauch, Amtsanmaßung und Rechtsbeugung vor.

    Joana Ortega wurde angeklagt, weil sie im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs, der Justiz, dafür gesorgt hatte, dass Urnen und Stimmzettel von Häftlingen hergestellt wurden, wie dies auch bei amtlichen Abstimmungen üblich ist. Bildungsministerin Rigau wird von Torres-Dulces vorgeworfen, dass zahlreiche Schulbauten als Stimmlokale zur Verfügung gestanden hatten.

    Unmittelbar nachdem bekannt wurde, dass die Generalstaatsanwaltschaft trotz massiver Einwände der katalanischen Oberstaatsanwaltschaft Anklage erhoben hatte, wandte sich Francesc Homs, Sprecher der katalanischen Regierung an die Medien. Während der Pressekonferenz machte er deutlich, dass man nicht vom eingeschlagenen Weg weichen werde. »Wir wollen nicht mehr Teil eines Staates sein, in dem die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung zu einer Anklage führen kann«, so Homs. Gleichzeitig teilte er mit, die katalanische Regierung habe bereits ihre gerichtliche Verteidigungslinie vorbereitet.

    Uneingeschränkte Solidarität und ein offensives Unterstützungsangebot erhielt Präsident Artur Mas von seinem Amtsvorgänger, dem Sozialisten José Montilla. Gegenüber Catalunya Radio sagte er, er könne sich nicht vorstellen, dass eine derart abstruse Anklage tatsächlich zur Einleitung eines Verfahrens führen werde. Falls doch, bot er Mas an, als Zeuge der Verteidigung aufzutreten.

    Das katalanische Parlament verabschiedete eine Resolution, mittels derer es die politische und juristische Verantwortung für den 9N übernimmt, während eine Plattform Vordrucke verteilt, mit denen sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger für die Teilnahme an der Abstimmung selbst anzeigen und somit das Gerichtsverfahren ad absurdum führen sollen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Der autonome Feiertag.

    Dieser Tage wird über einen neuen Südtiroler Landesfeiertag diskutiert — der sogenannte Josefitag soll möglicherweise wieder eingeführt werden. Es sei vorausgeschickt, dass mich die Debatte wenig interessiert, ich die Teilnahme des Bischofs an einer Sitzung der Landesregierung für ein unangenehmes Signal halte und der Meinung bin, dass neue gesetzliche Feiertage eher weltlichen als religiösen Anlässen gewidmet sein sollten. Doch das ist meine persönliche Meinung und um die soll es an dieser Stelle nicht gehen.

    Nehmen wir an, eine Mehrheit der Südtirolerinnen bzw. des Südtiroler Landtages wünscht es, einen neuen Feiertag einzuführen. Geht nicht. Denn hierfür ist die Große Autonomie (GrAu) nicht zuständig, sondern der Staat. Auch der Pfingstmontag, der nun zugunsten des Josefitags als »Feiertag« fallen soll, ist im Grunde kein solcher. Den Pfingstmontag hat das Land nur durch einen Trick bzw. Umweg zu einem feiertagsähnlichen Anlass gemacht, indem es den Landesbediensteten frei gibt. Punkt. Kein Privater ist in irgendeiner Form an diesen Feiertag gebunden — im Unterschied zu den staatlichen Feiertagen.

    Nun, Südtirol soll ja besonders autonom sein. Ein Vergleich zeigt jedoch, dass die GrAu auch in diesem Fall nicht mit anderen Ländern mithalten kann:

    • In Deutschland werden sämtliche Feiertage grundsätzlich von den Ländern festgelegt. Einzige Ausnahme ist der Tag der Deutschen Einheit, der durch einen Staatsvertrag eingeführt wurde.
    • In Österreich können gesetzliche Feiertage sowohl durch Bundes-, als auch durch Landesrecht festgelegt werden.
    • In der Schweiz ist nur der Staatsfeiertag am 1. August durch Bundesrecht einheitlich festgelegt. Alle anderen Feiertage sind ausschließliche Sache der Kantone und der Gemeinden.
    • In Spanien können Staat und Regionen gesetzliche Feiertage festlegen. Auch Gemeinden dürfen (beschränkt auf zwei Tage pro Jahr) Feiertage festlegen, die volle amtliche Gültigkeit haben.

    Wir müssen also zwar auch weiterhin fleißig den Tag der italienischen Streitkräfte begehen, einen Tag der Autonomie wird es aber wohl — als echten Feiertag — nicht so bald geben. Aus zwei Gründen: Es gibt nix zu feiern.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • Geldautonomie vs. Gurgisers Subsidiarität.
    Quotation

    [Bezüglich Lkw-Mauterhöhung] gibt es hierzulande aber immer den Verweis auf Rom….

    …ach, die sollen endlich selber was machen. Glauben Sie, wir fragen dauernd in Wien nach? Für das eigene Land sind zuallererst eine Landesregierung, ein Landeshauptmann und der Landtag verantwortlich. Doch offenbar fährt man bei Ihnen nur nach Rom, um Geld und Posten zu beschaffen. Ihr ehemaliger Landeshauptmann Durnwalder hat mir das sogar einmal ins Gesicht gesagt: für die Maut fahre ich keinen Meter. Für’s Geld war er sich aber nie zu schade. Nur: mit Geld kann man die Gesundheit nicht kaufen.

    Der Vorsitzende des Transitforums Austria-Tirol, Fritz Gurgiser, mahnt im Salto-Interview Eigenverantwortlichkeit ein und kritisiert die Geldzentriertheit des Südtiroler Autonomieverständnisses.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Eine Frage für Europa.

    Junge Akademien aus Deutschland, Flandern, Dänemark, Niederlande, Polen, Schottland und Schweden, die sich dem wissenschaftlichen Nachwuchs und Initiativen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft widmen, haben den Wettbewerb »Eine Frage für Europa« ausgelobt. Das gewählte Thema lädt zu einer differenzierten und kritischen Betrachtung von Vereinigung und Trennung, Inklusion und Ausgrenzung durch den europäischen Integrationsprozess ein:

    Who Gets Carried Away by Europe?

    Europa vereint und trennt. Es lässt uns träumen, aber es zieht auch Grenzen. Zu welchen Dynamiken führt europäische Integration?

    Wen zieht Europa an; wen nimmt es mit sich und wohin führt es uns? Baut europäische Integration Gemeinschaft auf oder führt sie zu Ausgrenzung?

    Bis zum 1. Dezember sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgerufen, ihre Antworten in Form von literarischen, wissenschaftlichen, audiovisuellen oder künstlerischen Beiträgen einzureichen. Die Preisfrage ist offen für alle.



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  • Tiroler Reisepass.

    Jüngst bin ich auf einen österreich-ungarischen Reisepass gestoßen, der 1915 von der Bezirkshauptmannschaft in Brixen ausgestellt wurde. Nostalgie liegt mir zwar fern, trotzdem habe ich beschlossen, hier einige (zur Anonymisierung retuschierte) Seiten zu veröffentlichen. Der Grund: Der Reisepass, offenbar eine eigene Vorlage für Tirol, trug damals schon der Mehrsprachigkeit dieses Landes Rechnung. Wenn wir berücksichtigen, dass in einem heute in Südtirol ausgestellten Reisepass Deutsch und Italienisch nicht gleichwertig vertreten sind, kann das Fazit nur sein, dass wir in dieser Hinsicht trotz Größter Autonomie aller Zeiten (GröAZ) und Euregio noch nicht wieder so weit gekommen sind, wie wir vor rund 100 Jahren (!) schon einmal waren.

    Bilder zum Vergrößern anklicken

    Ausgefüllt war der hier abgebildete Pass nur in deutscher Sprache, was allerdings wohl auf das damals gültige Territorialprinzip und die Sprachverhältnisse in Brixen zurückzuführen ist. Genauso hätte man einen in Welschtirol ausgestellten Pass wohl auf Italienisch ausgefüllt.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02 03 04



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  • GröAZ: Justiz-Zuständigkeit.

    Wie die Tageszeitung A. Adige in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, gibt es in Rom wieder einmal einige Schwierigkeiten und Rückschläge bezüglich neuer Durchführungsbestimmungen zum Autonomiestatut. Beim Übergang der Zuständigkeiten zum Nationalpark Stilfser Joch an die Länder hatte sich das Umweltministerium quergelegt, daher wird offenbar an einer neuen Lösung gebastelt. Dass wir auch für den lombardischen Teil des Parks bezahlen dürfen/müssen, darüber hatten wir bereits berichtet. Bei Gebäudeabständen, Justiz und Ortsnamen gibt es laut A. Adige ebenfalls kaum Fortschritte.

    Erst neulich hatte LH Kompatscher die Südtiroler Selbstregierung wie in alten Zeiten zur GröAZ (Größten Autonomie aller Zeiten) erklärt und behauptet, auch die Katalanen würden uns darum beneiden. Deshalb hatte ich schon — ohne Anspruch auf Vollständigkeit — eine vergleichende Aufstellung veröffentlicht. Dass Katalonien die ausschließliche Zuständigkeit für die Toponomastik besitzt und diese auch im Sinne der historischen Ortsnamen genutzt hat, wissen wir schon.

    Nun also zur Justiz. Der A. Adige schreibt heute:

    Si è discusso anche del trasferimento alla Regione delle competenze sul personale amministrativo [!] della Giustizia. A riguardo appare difficile la concessione di una sub-delega alla Provincia.

    Ich zitiere im folgenden aus dem geltenden katalanischen Autonomiestatut, offizielle deutsche Übersetzung der Generalitat — und man wird sehen: Ja, die Katalanen beneiden uns auch in diesem Bereich »ganz bestimmt« um unsere (nicht existierende) Autonomie. Dass das Zitat etwas länger ausfällt, wofür ich mich entschuldige, liegt an den mannigfaltigen Kompetenzen der Katalanen im Unterschied zu uns Südtirolern. Liej inant / Weiterlesen / Continua →



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