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  • Vertrauen auf Vertragsbrüche.

    In der Nacht vom 29. auf den 30. Mai laufenden Jahres wurden Frau und Tochter des kasachischen Oppositionellen Mukhtar Ablyazov von einem Großaufgebot der Polizei, darunter rund 50 bewaffnete Digos-Beamte, gewaltsam von ihrem Haus in Rom abgeholt und unmittelbar nach Kasachstan abgeschoben, wo ihnen politische Verfolgung und Misshandlungen drohen. Wie ein römisches Gericht erst nachträglich feststellen konnte, bestand der vorgebliche Abschiebungsgrund nicht, da ein angeblich »gefälschter« Reisepass echt war.

    Angeblich verbirgt sich hinter der rekordverdächtigen Razzia eine undurchsichtige Intrige des kasachischen Botschafters, der sich die Zustimmung zum illegalen Vorgehen direkt im römischen Innenministerium holte. Zudem behauptet die sardische Tageszeitung Unione Sarda, auf der Insel habe vorab ein geheimes Treffen zwischen Silvio Berlusconi und dem kasachischen Präsidenten Nazarbayev stattgefunden, bei dem die Aktion geplant worden sei.

    Nach Überprüfung aller Fakten wurde die Abschiebung der Frau und des sechsjährigen Kindes aufgehoben, womit ihnen eine Rückkehr nach Italien offenstünde. Der völkerrechtlich hochsensible Vorfall veranlasste jedoch die Senatsfraktionen von SEL und Fünfsternebewegung (5SB), einen Misstrauensantrag gegen den zuständigen und politisch verantwortlichen Innenminister Angelino Alfano zu stellen, der ihn aber überstand.

    Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Verhalten der Südtiroler SVP-Senatoren. Denn obschon

    • die PD-geführte Koalitionsregierung, wie wir berichteten, die Vereinbarung zwischen PD und SVP binnen kürzester Zeit dreimal gebrochen hat 01 02 03;
    • Rom derzeit »alles andere als autonomiefreundlich« ist, wie SVP-Senator Karl Zeller im Zusammenhang mit der möglichen Umwandlung Südtirols in eine Region warnend feststellte;
    • der Vorfall eine Menschenrechtsverletzung¹ darstellt;
    • es sich bei Alfano um einen Berlusconi-Intimus und um seinen designierten Nachfolger an der Spitze des (nicht gerade autonomiefreundlichen) PDL handelt;

    stimmten sie gegen den Misstrauensantrag. Ihre Begründung: Der Staatspräsident² habe auf die Wichtigkeit des Fortbestands der Regierung Letta hingewiesen. Mit anderen Worten: Das gute alte nationale Interesse. Dahingehend ist auch Zellers Hinweis zu verstehen, Italien habe keine bella figura gemacht, was in Zukunft unbedingt vermieden werden müsse. Ihren Wandel zu einer italienischen Regionalpartei hat die SVP somit wohl vollzogen.

    Wir erinnern uns: Anfang 2011 war die Sammelpartei in Südtirol noch scharf kritisiert worden, weil sie sich beim Misstrauensvotum gegen Kulturminister Bondi enthalten hatte. Der aber hatte keine rechtlich relevanten Vorfälle verschuldet, die SVP blieb ihrer blockfreien Linie (Enthaltung!) treu und der Minister machte umfangreiche Versprechungen (wenngleich die Sammelpartei, wie wir inzwischen wissen, nicht schlau genug war, sie rechtlich einwandfrei absichern zu lassen).

    1) mit den Menschenrechten nimmt es die SVP aber ohnehin nicht so genau, da ist sie immerhin konsequent.
    2) Garant der nationalen Einheit.



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  • Permanentes Referendum.

    Warum sich heute eine europäische Demokratie einem demokratischen Wunsch nicht dauerhaft widersetzen kann: In einem Leitartikel für die wichtigste und auflagenstärkste spanische Tageszeitung El País argumentiert Kolumnist Javier Perez Royo*, dass die Zentralregierung unbedingt mit Katalonien über die Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums verhandeln müsse. Obschon die spanische — wie die italienische — Verfassung das Prinzip der »nationalen Einheit« enthält, verfüge Katalonien über völlig legale Mittel, die nächsten Jahre in ein permanentes De-facto-Referendum zu verwandeln. Mit möglicherweise fatalen Folgen für die Verfechter der Einheit.

    Permanentes Referendum

    Sich einer Verhandlung mit dem [katalanischen] Parlament und der Generalitat über eine Volksbefragung zu verweigern ist keine Option

    Ist in der Zentralregierung niemandem eingefallen, dass Katalonien das Funktionieren des politischen Systems in Spanien stören kann? Und dass dies auf eine verfassungsmäßig völlig legale Weise, ohne die Notwendigkeit »insurrektionalistischer Vorfälle« […], welche man vor dem Verfassungsgericht anfechten könnte, geschehen kann?

    Wenn ich »Katalonien« schreibe, beziehe ich mich auf die außerordentlich breite Mehrheit im [katalanischen] Parlament, welche sich rund um die Forderung nach einem Referendum zum sogenannten »Entscheidungsrecht« (dret a decidir) gebildet hat. Besagte Mehrheit wurde in allen seit Herbst 2010 abgehaltenen Wahlen sichtbar und wächst, wie unterschiedliche Studien aufzeigen, stetig weiter.

    Diese Parlamentsmehrheit verfügt, ohne den Rahmen des spanischen Rechts zu verlassen, über Werkzeuge, ihre eigene politische Agenda durchzusetzen und den Kampf um die öffentliche Meinung mit potenziell unumkehrbaren Folgen für die territoriale Integrität des Staates zu gewinnen. Die Weigerung der Zentralregierung, auch nur über die Abhaltung eines Referendums zu verhandeln, wird dazu führen, dass sich das politische Leben in Katalonien für die kommenden zwei Jahre in eine Art permanentes Referendum verwandelt.

    Das neulich im Camp Nou über die Bühne gegangene [Unabhängigkeits-]Konzert ist ein gutes Beispiel für das, was uns erwartet. In Kürze wird die Diada [katalanischer Feiertag, Anm.] stattfinden, die dem Modell der beiden vergangenen Jahre [Unabhängigkeitskundgebungen, Anm.] sowie der Proteste gegen das Urteil des Verfassungsgerichts, das Teile des reformierten Autonomiestatuts aufgehoben hatte, folgen wird. Letzteres war der Ausgangspunkt für die derzeitige Entwicklung.

    Die beiden kommenden werden entscheidende Jahre sein. In 2014 stoßen die Europawahlen im Mai auf das 300. Jubiläum der Diada [seit der Eroberung Kataloniens durch die Borbonen, Anm.] im September und auf das sieben Tage später stattfindende Unabhängigkeitsreferendum in Schottland. Die Europawahlen werden zu einem Referendum über das Selbstverständnis Kataloniens als Staat der EU werden. Ich glaube nicht, dass man eine gemeinsame Kandidatur aller unabhängigkeitsbefürwortenden Parteien, mit relevanten Persönlichkeiten der katalanischen Gesellschaft als Kandidaten und unter einem einzigen Programmpunkt (»wir sind ein Staat«) ausschließen kann. Obschon das Verfassungsgericht sagt, dass Katalonien keine Nation ist: Hier stehen wir nun. Vor einem derartigen Ansinnen würden die spanischen Parteien, PP und PSC-PSOE, in der Bedeutungslosigkeit versinken. Und unter dem Eindruck eines solchen Wahlergebnisses wäre die 300. Diada ebenfalls referendarischer Natur.

    Das Jahr 2015 könnte mit Neuwahlen zum katalanischen Parlament beginnen, bei denen sich die Parteien ein klares und unmissverständliches Mandat einholen, mit der Zentralregierung über die Abhaltung eines Referendums zu verhandeln. Es ist leicht vorhersehbar, dass sich auch in diesem Fall die Marginalisierung von PP und PSC-PSOE fortsetzen würde; die Wähler würden das Mandat mit einer überwältigenden Mehrheit ausstellen. Kann die Zentralregierung unter solchen Umständen den Wunsch [der Katalanen] ignorieren? Falls sie ihn ignorieren würde — hätte jemand einen Zweifel darüber, was bei den Kommunalwahlen im Mai passieren würde? Gibt es einen Zweifel, in welcher Stimmung die Diada 2015, zwei Monate vor den spanischen Parlamentswahlen, stattfinden würde? Könnte man ausschließen, dass jene [spanischen Parlaments-]Wahlen als ein Negativreferendum verstanden werden könnten, als ein Ablehnungsreferendum, bei dem die katalanischen Parteien, die die überwältigende Mehrheit der Katalanen repräsentieren, ihre Kandidatur verweigern würden? Wer hätte das politische System in Spanien unter diesen Vorzeichen noch in der Hand?

    Dies ist das Szenario, zu dem uns die Position der Zentralregierung, die Abhaltung eines Referendums zu verweigern, führen wird — besser gesagt: führen könnte. Und keiner der Schritte, die die katalanische Parlamentsmehrheit machen könnte, wäre verfassungswidrig. Im Gegenteil: Alle sind das Ergebnis verfassungsmäßig garantierter Rechte. Somit wäre die Zentralregierung ihres einzigen Werkzeugs, des Verfassungsgerichts, beraubt. Die Ausübung verfassungsmäßiger Rechte würde faktisch die Anwendung der spanischen Verfassung in Katalonien vereiteln, und das alles auf verfassungsmäßig einwandfreie Weise, ohne Anfechtungsmöglichkeit.

    Ich will damit sagen, dass die Verweigerung von Verhandlungen mit Regierung und Parlament der Generalitat über die Abhaltung eines Referendums auch für die keine Option ist, die die Einheit des Staates erhalten wollen. Ich hoffe und wünsche, dass es noch nicht zu spät ist, eine Verhandlung anzubahnen. Doch ich habe den Eindruck, dass wir am Limit angelangt sind.

    Übersetzung:

    *) Javier Perez Royo (Sevilla, Andalusien, 1944) ist Professor für Verfassungsrecht an der Universität Sevilla, deren Rektor er von 1988 bis 1992 war (zeitgleich: Präsident der spanischen Rektorenkonferenz). Doktorat der Rechtswissenschaften der Universität Sevilla, studierte und arbeitete er außerdem an der Universität Tübingen und am Heidelberger Max-Planck-Institut.

    Einmal mehr beweist sich, dass das Vorpreschen der Katalanen — im Gegensatz zum von Südtiroler Parteien mehrheitlich propagierte Stillhalten — Fakten schafft, wodurch neue Energien freigesetzt und Akteure auf den Plan gerufen werden, die sich sonst niemals dazu veranlasst sähen. Wenn man ein Ziel nicht verfolgt und dafür nicht einsteht, wird man es auch nicht erreichen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Lokal sparen, zentral verprassen.

    Während der letzten Jahre wurde der Südtiroler Landeshaushalt vom Zentralstaat auf widerrechtliche Weise und in widerrechtlichem Maße gekürzt. Immer mehr Steuermittel wander(te)n direkt nach Rom, ohne dass die vereinbarten Anteile zurück in’s Land flössen.

    Gemeinhin wird behauptet, dass die Vertragsbrüche begangen wurden, um Südtirol an den unausweichlichen Sparanstrengungen des Staates zu beteiligen. Die dieswöchige Ausgabe der Südtiroler Wirtschaftszeitung (SWZ) jedoch widerlegt dies: Der Staat habe seine eigenen Sparziele keineswegs eingehalten. Zwar seien die Steuern erhöht worden, gleichzeitig jedoch auch der Schuldenberg und die staatlichen Haushalte gestiegen. Mit 526 Milliarden werde der Staat laut Haushaltsvoranschlag 2013 sogar soviel Geld ausgeben, wie nie zuvor — bei weiter steigendem Ausblick.

    Während die römische Politik also seit Jahren publikumswirksam Sparpakete präsentiert und von Stabilitätspakten schwafelt, steigen die Ausgaben, vor allem die laufenden. Für 2013 etwa sind 393 Milliarden für laufende Ausgaben und 44 Milliarden für Investitionsausgaben vorgesehen, dazu 89 Milliarden für Zinsen auf Staatspapiere.

    — Südtiroler Wirtschaftszeitung

    Nicht von Sparmaßnahmen sollten wir also sprechen, sondern »nur« von einer drastischen Zentralisierung.



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  • Neue Zuständigkeit!

    Dolomiten: Etappensieg.

    Vor genau zehn Tagen hatten wir darüber geklagt, dass uns Rom an der Nase herumführt. Doch auch diese Zuständigkeit haben wir inzwischen (neben der Gefängnisbaufinanzierung) selbst übernommen — und wie das Tagblatt der Südtiroler zeigt, können wir uns selbstverständlich auch wesentlich besser selbst an der Nase herumführen als der Zentralstaat: Die Regierung zieht, anders als zwischen PD und SVP schriftlich vereinbart, die Anfechtung gegen ein Landesgesetz nicht zurück, zwingt also das Land, im eigenen Zuständigkeitsbereich mit dem Staat zu verhandeln. Und obwohl wir somit deutlich weniger bekommen, als uns zugesagt wurde, verkaufen das die Dolomiten als großen Erfolg.

    Um Themen zu diskutieren, die in die Zuständigkeit des Hohen Hauses fallen, werden sich unsere Landtagsabgeordneten dann künftig besser bei einer Würstlbude treffen. Das wird nicht nur der Restwürde des Landesparlaments gerechter, sondern gestattet zudem, im Sinne des Abkommens von PD und SVP, weiteres Geld einzusparen und nach Rom zu schicken. Landesgesetze werden dann in der Capitale geschrieben und hierzulande bei einer knackigen Bratwurst abgenickt. Vive la démocratie!



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  • Spanisch-italienische Extrawurst.

    Um die Gültigkeit einer Mehrwertsteuer-Nummer zu überprüfen steht Unternehmen weltweit das MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) — bzw. VAT Information Exchange System (VIES) — der Europäischen Kommission zur Verfügung. In der Datenbank sind sämtliche MwSt.-Nummern europäischer Unternehmen abrufbar.

    Unlängst habe ich von shutterstock.com, einer amerikanischen Bildagentur, folgende Meldung erhalten, als ich einen Abo-Vertrag verlängern wollte.

    We’ve noticed that the VAT number you have entered with Shutterstock could not be verified in the European Commission’s VAT Information Exchange System (VIES) database http://ec.europa.eu/taxation_customs/vies.

    Meist ist der Grund für eine derartige Notiz ein Tippfehler. Man logt sich bei shutterstock.com ein, korrigiert die falsch eingegebene Umstatzsteuernummer und alles läuft weiter nach Plan. Am Ende des E-Mails durfte ich aber dann erfahren, dass das Problem auch eine andere Ursache haben kann.

    Note to Italian and Spanish customers: You must be authorized by your own country’s tax administration to perform cross border transactions in order to have your VAT number pushed to the European Community’s VIES database. Please contact your own country’s tax authority to verify the status of your VAT number.

    Italy: Find more information here:
    http://www.agenziaentrate.gov.it/wps/content/Nsilib/Nsi/Home/CosaDeviFare/Richiedere/Partita+IVA/Controllo+partite+IVA+intracomunitarie/Guida+VIES/

    Spain: Find more information here:
    http://www.agenciatributaria.es/AEAT.internet/Inicio_es_ES/_Segmentos_/Empresas_y_profesionales/Empresarios_individuales_y_profesionales/IVA/El_NIF_en_el_IVA.shtml

    Einmal mehr gibt es trotz der Harmonisierung innerhalb der EU in einigen Ländern Extrawürste, die isolationistischer Natur sind, mehr bürokratischen Aufwand bedeuten und somit die Wettbewerbsfähigkeit behindern. Auch im »grenzenlosen Europa« kommt es nach wie vor darauf an, wie durchlässig bzw. in diesem Falle undurchlässig die einzelnen Mitgliedsstaaten ihre Grenzen gestalten. Das in Sonntagsreden strapazierte »grenzenlose Europa« ist ebenso eine Mär wie die Behauptung, dass neue Grenzen automatisch Abschottung bedeuten müssen. Ein unabhängiges Südtirol müsste beispielsweise bei obigem Spiel nicht mitmachen und würde somit zum Abbau von Grenzen beitragen — und das, obwohl eine »neue Grenze« gezogen worden wäre.

    Cëla enghe: 01



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  • Gefängnisbaufinanzierungskompetenz.

    Südtirol braucht dringend eine neue Haftanstalt, denn seit Jahren ist klar, dass die Haftbedingungen im derzeitigen Gefängnis aus der k. u. k. Zeit (!) längst untragbar geworden sind. Nun sollen endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden, und zwar — wie das Landespresseamt (LPA) verkündet — auf Grundlage des Mailänder Abkommens.

    Letzteres sollte ursprünglich die Finanzen der Südtirolautonomie auf neue, solide Beine stellen, doch wie wir inzwischen wissen, wurde es von zentralstaatlicher Seite systematisch gebrochen und missachtet.

    Unser Land musste nicht nur deutlich mehr Steuermittel an den Staat abgeben, als ursprünglich vereinbart — wozu sich unsere Regierung auch vorauseilend bereit erklärt hatte; unter Ministerpräsident Mario Monti wurde auch noch der Verhandlungsweg verlassen und auf eine politisch entwürdigende Weise völlig willkürlich und ohne Vorankündigung in den Landeshaushalt eingegriffen.

    Nun jedoch, wo dem Staat aus dem Abkommen Vorteile erwachsen, wird es plötzlich wieder aktuell: Das neue Bozner Gefängnis soll, wie das LPA schreibt, mit den Geldern finanziert werden, »die das Land für die Übernahme staatlicher Zuständigkeiten bereitstellt«.

    Neue Kompetenzen? Das klingt gut, doch um welche Kompetenzen handelt es sich? Es reicht, einige Sätze weiterzulesen, um auf diese Aussage des Landeshauptmanns zu stoßen:

    Der Staat führe die Aufsicht über die Planung und müsse das Gefängnis – einmal fertiggestellt – führen, wärhend [sic] private Unternehmen die Anstalt bauen und für die Dauer von 20 Jahren auch Dienste in derselben übernehmen sollen, etwa die Mensa, die Wäscherei, aber auch die Reinigung, die Verwaltung der Sportplätze oder Projekte für die Wiedereingliederung.

    Die Verantwortung für die Planung und die anschließende Führung der neuen Haftanstalt liegt beim Staat, der einige Dienste unter seiner eigenen Oberaufsicht an Private weitergibt. Das Land durfte hingegen den Grund enteignen und bezahlen — und wird nach Vorgaben des Staates den Bau leiten und finanzieren. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf rund 78 Mio. Euro, vorausgesetzt, es kommt zu keiner unerwarteten Steigerung. Dies als Übernahme einer neuen Zuständigkeit zu bezeichnen, grenzt an bewusste Irreführung, denn schließlich wird dem Land nach Bauende keine wie auch immer geartete Befugnis zukommen.


    Währenddessen beschloss das italienische Parlament am 16. Juli, ein Vielfaches der von Südtirol zur Senkung der Staatsschulden bereitgestellten Finanzmittel, nämlich rund 15 Mrd. Euro, in einen umstrittenen Ankauf von Kampfflugzeugen zu stecken. Und dies, obschon die italienischen Staatsschulden — trotz Sparmaßnahmen — auch im Laufe der letzten Jahre deutlich angestiegen sind.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01



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  • Gerichtssprache: Antwort der EU-K.

    Vor wenigen Monaten erklärte das italienische Kassationsgericht ein Gerichtsverfahren für ungültig, weil es in deutscher Sprache geführt worden war. Dieses Recht stehe nur Einheimischen zu, argumentierten die Richter in Widerspruch zu einem vorherigen Entscheid des EuGH.

    Daraufhin wandte ich mich an die EU-Kommission, um in Erfahrung zu bringen, ob diese Entscheidung nicht ein Vertragsverletzungsverfahren rechtfertige. Die Antwort ist heute eingegangen: Insgesamt wurde mir Recht gegeben (s. insbesondere Pkt. 3 der Antwort), ein Vertragsverletzungsverfahren könne aber trotzdem nicht angestrengt werden, da es sich bei einem einmaligen Urteil nicht um eine »in gewissem Grad verfestigte und allgemeine Praxis« handle, was als Bedingung für ein Vertragsverletzungsverfahren gelte. Immerhin seien aber »Mitgliedstaaten haftbar […] für Schäden, die Einzelnen durch ihnen (dem jeweiligen Mitgliedstaat) zuzurechnende Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht verursacht wurden.«

    Hier der gesamte Schriftverkehr im Wortlaut:

    Sehr geehrte Frau Viviane Reding,

    in Südtirol (Autonome Provinz Bozen, Italien) sind die Sprachen Deutsch und Italienisch gemäß Autonomiestatut von 1972 (Art. 99) gleichgestellt. Dies gilt auch vor Gericht, wo sich die ortsansässigen Bürger ihrer jeweiligen Muttersprache bedienen dürfen. Dieses Recht wurde vom Europäischen Gerichtshof im Sinne des Diskriminierungsverbots mit Urteil vom 24.11.1998 – C-274/96 auf sämtliche EU-Bürger ausgedehnt, wie Sie unter anderem hier nachlesen können: http://lexetius.com/1998,830

    Im Widerspruch dazu hat das italienische Kassationsgericht am 06.11.2012 letztinstanzlich entschieden, dass einer deutschen Staatsbürgerin in Südtirol kein Prozess in deutscher Sprache zusteht, zumal dieses Recht ausschließlich den Ortsansässigen zustehe. Genau dies hatte jedoch der EuGH im oben erwähnten Urteil ausdrücklich abgelehnt. Das Urteil des italienischen Kassationsgerichts kann hier nachgelesen werden: http://www.cortedicassazione.it/Documenti/20715_11_12.pdf

    Was halten Sie von diesem Urteil und von diesem Widerspruch? Wären nicht die Voraussetzungen für die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegeben?

    Ich danke Ihnen im Voraus für eine Stellungnahme und verbleibe
    mit freundlichen Grüßen

    Simon Constantini, Brixen (Südtirol)

    19.02.2013

    Sehr geehrter Herr Constantini,

    Vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir möchten uns für die Verspätung entschuldigen.

    Der Schutz der Angehörigen von Minderheiten ist der Europäischen Kommission ein zentrales Anliegen. Ausdrücklich als Grundsatz verankert ist er in Artikel 2 des Vertrages über die Europäische Union. Untersagt ist zudem nach Artikel 21 der Charta der Grundrechte eine Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit. Gleichwohl besitzt die Kommission hinsichtlich Minderheiten keine grundlegenden Befugnisse. Außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs liegen insbesondere die Bestimmung dessen, was eine nationale Minderheit ausmacht, die Zuerkennung des Minderheitenstatus, Fragen der Selbstbestimmung und Autonomie von Minderheiten sowie die Regelung des Gebrauchs von Regional- und Minderheitensprachen. Verantwortlich hierfür sind die Mitgliedstaaten.

    Wie in der Anfrage an die Kommission erwähnt, befand der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Vorabentscheidung (Rechtssache C-274/96, Bickel/Franz, Urteil vom 24.11.1998), dass eine Bestimmung des Autonomiestatuts für die Provinz Bozen (Italien) aus dem Jahr 1972 zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung im Sinne von Artikel 6 des EG-Vertrages (gegenwärtig Artikel 12 AEUV) in Widerspruch steht. Im Wortlaut des Urteils: “Artikel 6 des Vertrages [steht einer nationalen Regelung entgegen] räumt Bürgern, die eine bestimmte Sprache sprechen, bei der es sich nicht um die Hauptsprache des betreffenden Mitgliedstaats handelt, und die im Gebiet einer bestimmten Körperschaft leben, den Anspruch darauf ein, dass Strafverfahren in ihrer Sprache durchgeführt werden, ohne dieses Recht auch den Angehörigen anderer Mitgliedstaaten einzuräumen, die dieselbe Sprache sprechen und sich in diesem Gebiet bewegen und aufhalten.”

    Dieselbe Bestimmung wurde nun – nach den der Kommission gemachten Angaben – erneut vor italienischen Gerichten anhängig, wobei es sich jedoch um eine Zivilsache handelte. Letztlich, so der Anfrager, befand der italienische Kassationsgerichtshof, dass das Recht, die Gerichtsbarkeit in der deutschen Sprache anzurufen, auf Einwohner der Region Bozen beschränkt ist.

    Mehrere Aspekte scheinen hierbei von Belang zu sein:

    1- Zunächst einmal (und wie bereits erwähnt) handelt es sich bei dem neueren Verfahren, das Gegenstand der Anfrage ist, um eine Zivilsache. Der Ausgangsrechtsstreit aber, der zur Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-274/96 führte, war ein Strafverfahren – und es ist nicht auszuschließen, dass dieser Umstand bei der Urteilsfindung des EuGH eine maßgebliche Rolle spielte. In der Tat heißt es in Randnummer 26 des Urteils in der Rechtssache C 274/96: “Folglich begünstigt eine Regelung wie diejenige des Ausgangsrechtsstreits, nach der der Anspruch darauf, dass ein Strafverfahren im Gebiet einer bestimmten Körperschaft in der Sprache des Betroffenen durchgeführt wird, davon abhängig ist, dass dieser dort wohnt, die einheimischen Staatsangehörigen gegenüber den Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten, die ihr Recht auf freien Verkehr ausüben, und verstößt somit gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 6 des Vertrages.”

    2- Ferner wird in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob das betreffende italienische Gesetz in Widerspruch zu Bestimmungen der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren steht. Nach dieser Richtlinie haben verdächtige oder beschuldigte Personen, die die Sprache eines Strafverfahrens nichts sprechen oder verstehen, Anspruch auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in einer von ihnen gesprochenen oder verstandenen Sprache (siehe Artikel 2 und 3 in Verbindung mit Erwägung 22). Es entsteht jedoch der Eindruck, dass das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren im vorliegenden Fall nicht zur Debatte steht. Zum einen scheint sich das italienische Gesetz nicht ausschließlich auf Strafverfahren zu beziehen, zum anderen scheint es per se keineswegs zu verhindern, dass in Strafverfahren Dolmetschleistungen und Übersetzungen in einer von der jeweiligen verdächtigen oder beschuldigten Person verstandenen Sprache (einschließlich Deutsch) bereitgestellt werden. Absicht des Gesetzgebers, so scheint es, ist vielmehr die Beschränkung des Rechts, die Gerichtsbarkeit in deutscher Sprache anzurufen, auf Einwohner der Region Bozen. Die Bereitstellung von Dolmetschleistungen und Übersetzungen für Bürger gleich welchen Wohnsitzes scheint hiervon unberührt.

    In jedem Fall gilt es zu bedenken, dass Richtlinie 2010/64/EU zwar am 15. November 2010 in Kraft trat, die Frist zu ihrer Umsetzung in nationales Recht jedoch erst am 27. Oktober 2013 endet. Vor Ablauf dieser Frist dürfte ein Vertragsverletzungsverfahren unter Berufung auf diese Richtlinie nicht in Betracht kommen (es sei denn, Italien hätte beispielsweise – was jedoch nicht der Fall zu sein scheint – eine ihr zuwiderlaufende Maßnahme getroffen).

    3- Doch kehren wir zur eigentlichen Frage zurück. Unserem ersten Impuls nach wäre bei der Würdigung des Urteils in der Rechtssache C-274/96 der Grundsatz in Betracht zu ziehen, dass eine Vorabentscheidung des EuGH für alle nationalen Gerichte hinsichtlich der jeweiligen Bestimmung des EU-Rechts maßgeblich ist, sofern nicht ein neuer Gesichtspunkt aufgeworfen wurde, der eine Differenzierung oder gar Umkehrung der bisherigen Rechtsprechung erfordert (siehe beispielsweise Urteil des EuGH vom 28.4.1988 in den verbundenen Rechtssachen 76, 86 bis 89 und 149/87, Seguela u. a., Randnummern 11–14). Ein derartiger neuer Gesichtspunkt aber scheint im fraglichen Fall nicht vorzuliegen. Vielmehr scheint der einzige Unterschied darin zu bestehen, dass der nationale Rechtsstreit, der zu Rechtssache C-274/96 führte, ein Strafverfahren war, während es nun um eine Zivilsache geht. Eine Differenzierung oder Umkehrung der bisherigen Rechtsprechung scheint dies nicht zu rechtfertigen, heißt es doch in der Urteilsbegründung zu Rechtssache C-274/96: “Die Ausübung des Rechts der Unionsbürger, sich in einem anderen Mitgliedstaat frei zu bewegen und aufzuhalten, wird durch die Möglichkeit, mit den Verwaltungs- und Justizbehörden eines Staates mit gleichem Recht wie die Bürger dieses Staates in einer bestimmten Sprache kommunizieren zu können, erleichtert […]” (Randnummer 16). Eine Unterscheidung zwischen Strafverfahren und Zivilsachen scheint also bezüglich der Vereinbarkeit des fraglichen italienischen Gesetzes mit dem EU-Recht nicht getroffen worden zu sein.

    Ein Vertragsverletzungsverfahren wiederum – um nun noch auf diese Frage einzugehen – kann die Kommission gegen einen Mitgliedstaat einleiten, der ihrer Auffassung nach gegen EU-Recht verstoßen hat. Handelt es sich um einen Verstoß in Form einer bestimmten Praxis des Mitgliedstaats, so hat die Kommission nach der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH durch eine hinreichend dokumentierte und detaillierte Begründung nachzuweisen, dass es sich um eine in gewissem Grad verfestigte und allgemeine Praxis handelt. Ein einmaliges Urteil eines nationalen Gerichts aber kann wohl kaum als “in gewissem Grad verfestigte und allgemeine” rechtswidrige Praxis ausgelegt werden.

    Interessieren dürfte Sie schließlich der Grundsatz aus dem EU-Recht – verankert durch die Rechtsprechung des EuGH –, dass Mitgliedstaaten haftbar sind für Schäden, die Einzelnen durch ihnen (dem jeweiligen Mitgliedstaat) zuzurechnende Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht verursacht wurden. Erstmals formuliert wurde dieser Grundsatz im richtungsweisenden Urteil des EuGH in den verbundenen Rechtssachen C-6/90 und C-9/90 (Francovich und Bonifaci gegen Italien, 1991, Slg. I-05357).

    Ergänzend hierzu befand der EuGH, dass dieser Grundsatz – Haftung der Mitgliedstaaten gegenüber Einzelnen für ihnen zuzurechnende Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht – auch dann anwendbar ist, wenn der fragliche Verstoß in einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts besteht. Formuliert wurde dies im Urteil in der Rechtssache C-224/01 (Köbler gegen Österreich, 2001, Slg. I-10239).

    Wir hoffen, dass diese Informationen für Sie von Nutzen sind und stehen Ihnen für weitere Fragen über die EU zur Verfügung.

    Mit freundlichen Grüßen,
    EUROPE DIRECT Kontaktzentrum
    http://europa.eu – Ihr direkter Weg zur EU!

    Europäisches Jahr der Bürgerinnen und Bürger 2013
    Es geht um Europa, es geht um SIE. Reden Sie mit!
    http://europa.eu/citizens-2013/de/home

    Haftungsausschluss

    Bitte beachten Sie, dass die von EUROPE DIRECT zur Verfügung gestellten Informationen nicht rechtsverbindlich sind.

    16.07.2013



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  • Castelló cancella le strade franchiste.

    Il comune di Castelló de la Plana, nella regione di València (País Valencià) ha deciso di eliminare completamente dall’odonomastica urbana tutte le denominazioni riferibili, direttamente o indirettamente, al periodo del franchismo. Una prima «democratizzazione» era già stata portata a termine nel 1979, immediatamente dopo la morte di Francisco Franco, quando ad esempio ‘Plaza del Caudillo’ ritornò ‘Porta/Puerta del Sol’.

    Castelló de la Plana, capoluogo dell’omonima provincia, è una città bilingue catalano-spagnola al di fuori del Principat de Catalunya propriamente detto, governata dallo spagnolo Partido Popular (PP) di centro-destra sin dall’ormai lontano 1991. La proposta di cancellazione di qualsiasi denominazione inneggiante a personaggi o fatti attribuibili alla dittatura ha avuto il sostegno unanime di tutti i partiti presenti nel consiglio comunale, dallo stesso PP alla sinistra di Esquerra Unida, passando per il Partito Socialista (PSPV-PSOE) e Compromís.

    Cadranno, per fare alcuni esempi, i nomi di Santos Vivanco, volontario della ‘Divisione Azzurra’ (División Azul) perito in Russia nel ’42, Carlos Fabra Andrés, sindaco della città in epoca franchista (e padre dell’attuale presidente PP del País Valencià!) o Ramón Serrano Súñer, politico e ammiratore di Benito Mussolini. Si approfitterà di questa seconda riforma odonomastica antifascista per operare, invece, una decisa «femminizzazione» dello stradario.

    Cëla enghe: 01 02 03



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