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  • Mit Polizeigewalt gegen Wahlurnen.

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    Die Staatsanwaltschaft hat am gestrigen Vormittag die Chefs von Staatspolizei und Guardia Civil in Katalonien sowie den Leiter der Landespolizei Mossos d’Esquadra, Major Trapero, einberufen und beauftragt, gegen das geplante Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober vorzugehen. Von Generalstaatsanwalt José María Romero wurde ihnen hierzu eine schriftliche Anweisung übergeben, deren Forderung unter anderem auf vorbeugende Beschlagnahme sämtlichen Materials lautet, das mit der Abstimmung in Verbindung stehen könnte.

    Medienberichten zufolge soll die Staatsanwaltschaft ausdrücklich auch die Absicht geäußert haben, Mossos, Guardia Civil und Policía Nacional am Abstimmungstag in die Wahllokale zu schicken, um Urnen zu beschlagnahmen. Gegen den Protest der anwesenden Abstimmungswilligen wird dies unter Umständen mit polizeilicher Gewalt geschehen müssen.

    Es könnte also durchaus sein, dass wir — im Europa des 21. Jahrhunderts — tatsächlich Zeugen eines wenig erbaulichen »Demokratiesturms« werden, in dessen Zuge nicht bloß die Umsetzung des etwaigen Mehrheitswillens verweigert, sondern allein schon seine friedliche Äußerung kriminalisiert wird. Es schien unvorstellbar.

    Siehe auch: 01 02 03 04 || 01



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  • Die Verfassungsbrecher.

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    4 Comentârs → on Die Verfassungsbrecher.

    In Artikel 2 der spanischen Verfassung heißt es nahezu analog zu Artikel 5 der italienischen Verfassung: „La Constitución se fundamenta en la indisoluble unidad de la Nación española, patria común e indivisible de todos los españoles, […].“ (Die Verfassung gründet sich auf die unauflösliche Einheit der spanischen Nation, gemeinsames und unteilbares Vaterland aller Spanier). In Italien hat das Verfassungsgericht eigenmächtig und ohne Einbindung des Parlamentes über diesen Unteilbarkeitspassus sogar noch eine Ewigkeitsklausel verhängt. Das heißt, Artikel 5 kann auf demokratische Weise nicht mehr abgeändert werden.

    Womit wir bei der Frage wären: Wie rechtstreu muss eine demokratische Gesellschaft angesichts undemokratischen Rechts sein? Wir kennen dieses Dilemma, mit dem sich die katalanische Unabhängigkeitsbewegung gegenwärtig konfrontiert sieht, nur zu gut bezüglich der Frage nach dem Maß an Toleranz gegenüber Intoleranz in einer offenen, demokratischen Gesellschaft. Und so wie ich der Überzeugung bin, dass Rassismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist und sich die Toleranz gegenüber Nazis und Faschisten demnach in Grenzen halten sollte, so denke ich, dass die demokratische Willensbekundung – solange sie keine Grundrechte antastet – über undemokratischem Recht steht. Gemäß einem Motto der katalanischen Grünen: „Legalität ist nicht unveränderlich und hat sich dem demokratischen Willen anzupassen und nicht umgekehrt“. Wesensmerkmal einer Demokratie ist die Veränderbarkeit von Regelungen. Lediglich Grundwerte wie das Recht auf Leben, die Gleichheit aller Menschen usw. stehen nicht zur Disposition. Die Zugehörigkeit zu einer Verwaltungseinheit (=Staat oder Staatengemeinschaft) tastet jedoch nicht im Geringsten Grundrechte an und kann somit selbstverständlich jederzeit einer demokratischen Entscheidung unterzogen werden.

    Eine Unteilbarkeitsklausel in einer Verfassung ist somit ein – wie auch Landeshauptmann Arno Kompatscher bekennt – undemokratisches Recht. Ganz egal, ob es auf demokratische Art zustande gekommen ist oder nicht. Die Vergangenheit hat oft genug bewiesen, dass demokratische Entscheidungen nicht notwendigerweise demokratische Regeln nach sich ziehen müssen. So mancher Diktator ist perfekt demokratisch an die Macht gekommen. Sollte ein Land demokratisch beschließen, den Frauen das Wahlrecht zu entziehen und dies in seine Verfassung aufnehmen, wäre es für mich somit auch legitim, wenn dann eine Region oder ein Bundesland dieses Staates demokratisch entscheidet, Frauen dennoch wählen zu lassen.

    Eine Unteilbarkeits- und noch mehr eine Ewigkeitsklausel sind gleich aus mehreren Gründen undemokratisch. Zum einen binden sie nachfolgende Generationen an die Entscheidung ihrer Vorfahren und zum anderen widersprechen Knebelverträge unserer gängigen Rechtsauffassung. Eine Abmachung, die auf ewig oder auch nur ungerechtfertigt lange keine Möglichkeit des Ausstieges eines Vertragspartners vorsieht, gilt im Zivilrecht als sittenwidrig. Zu guter Letzt ist die Einheit eines (meiner Meinung nach abstrusen) Konstrukts wie das einer Nation alles andere als ein Grundrecht, das vor einer demokratischen Entscheidung „geschützt“ werden muss. Im Gegenteil. Die meisten Staatsgrenzen in Europa sind Resultat von Kriegen oder absolutistisch-monarchistischen Exzessen. Es wäre höchst an der Zeit, sie demokratisch zu legitimieren, wie wir das mit allem anderen auch tun, was unser Zusammenleben betrifft.

    Verbindungen – sei es zwischen Personen oder Institutionen – werden in demokratischen Ländern einvernehmlich – sprich demokratisch – eingegangen. So müssen beide Ehepartner einer Heirat zustimmen. Und beim Beitritt zur Europäischen Union beispielsweise bedarf es des Einverständnisses sowohl des Beitrittskandidaten als auch der aufnehmenden Institution. Eine Trennung hingegen muss nicht einvernehmlich erfolgen. So wie es also völlig normal ist, dass ein Ehepartner allein die Scheidung einreichen kann, so sollte auch eine demokratische Verwaltungseinheit ihren Austritt aus einer Verbindung selbst entscheiden dürfen. Nicht zuletzt deshalb, weil Organisationen ja auch im Laufe der Zeit Richtungen einschlagen können, die man einfach nicht mehr mittragen möchte.

    Der Brexit (den ich im Übrigen für eine Fehlentscheidung halte, der jedoch als demokratische Willensbekundung zu akzeptieren ist) illustriert dieses Prinzip recht gut. Die Briten haben 1973 entschieden, der damaligen EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) beizutreten, was 1975 noch zusätzlich durch eine Volksabstimmung bestätigt wurde. Auf der anderen Seite musste die Aufnahme von allen damaligen Gemeinschaftsmitgliedern ratifiziert werden. Der nunmehrige Austritt wiederum erfolgt auf einseitigen Wunsch und gegen den Willen der meisten, wenn nicht aller anderen Vertragspartner.

    Wenn wir den Brexit jetzt auf die katalanische Situation umlegen, erkennen wir recht schnell, wie absurd und undemokratisch Unteilbarkeitsklauseln sind. Demnach hätten das Vereinigte Königreich und die EWR 1973 freiwillig und demokratisch entschieden, dass weder das Vereinigte Königreich, noch ein anderes Mitgliedsland je wieder die Union verlassen darf. Höchstens ein Mehrheitsbeschluss aller (die aber mittlerweile nicht mehr die gleichen Personen sind, die damals die Unteilbarkeit beschlossen haben) könnte daran etwas ändern – und analog zum Fall Italien nicht einmal ein solcher. Das heißt über den Brexit hätten nach der spanischen Verfassungslogik nicht nur die Briten, sondern ganz Europa abstimmen müssen. Das ist ungefähr so, wie wenn alle Bewohner eines Mehrfamilienhauses abstimmen, ob eine Familie aus ihrer Wohnung ausziehen darf, weil das die Urgroßeltern der Mieter irgendwann einmal unumstößlich so beschlossen haben. (Exkurs: Im Falle Südtirols ist die besagte Verfassungsklausel noch absurder und undemokratischer, da unsere Vorfahren am Inkrafttreten der italienischen Verfassung nicht beteiligt waren und in späterer Folge zwangsbeglückt wurden). De facto hätte das Vereinigte Königreich also keine Möglichkeit, selbstverantwortlich und demokratisch über seine Zukunft zu befinden.

    Genau das ist das katalanische Dilemma. Die gegenwärtig von Spanien betriebene Verjudizierung der Angelegenheit halte ich angesichts obiger Analyse für fatal. Rechtssicherheit und Rechtstreue sind zweifellos hohe demokratische Güter. Jedoch dürfen wir in Anbetracht zweifelsfrei undemokratischer Regelungen die politische Dimension von Demokratie nicht außer Acht lassen. Ich verstehe, dass das vielen – Politikern zumal – schwer fällt, weil auch Legislative und Exekutive in den meisten westlichen Demokratien mit überproportional vielen Juristen besetzt sind. Am Ende sind es jedoch immer der politische Prozess respektive die demokratische Willensbekundung, die Recht erst entstehen lassen, die aber auch vor undemokratischem Recht nicht zurückstecken dürfen.

    Siehe auch: 01



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  • Heimat, Wurzeln, Demokratie.
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    Heimat ist mehr als eine Postleitzahl, mehr als eine Adresse irgendwo. Heimat ist das, was Halt gibt. Die Menschen brauchen Wurzeln. Wurzeln geben Halt. Eine Politik, die Halt gibt, ist eine Politik gegen den populistischen Extremismus. Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat 2016 in seinem Wahlkampf viel von Heimat geredet. Das hat er richtig gemacht.

    Gute Lokalpolitik […] stärkt auch die Grundversorgung, den sozialen Zusammenhalt und die gewachsenen Traditionen ihrer Bürger – und damit ihre Offenheit für die Menschen, die neu kommen.

    Heimat Demokratie? Wenn Demokratie gelingt, wird sie zu Heimat für die Menschen, die in dieser Demokratie ihre Zukunft miteinander gestalten.

    Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik der SZ, Warum die Heimat wichtig für den Wahlkampf ist



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  • Un 11 settembre… a oltranza.

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    «Prendersi la strada», è questa l’ultima frontiera dell’indipendentismo per opporsi pacificamente all’autoritarismo dello stato centrale. È stata la Candidatura d’unità popolare (CUP) a lanciare la sfida: occupiamo le strade e le piazze del paese durante la Diada — festa della Catalogna — di domani 11 settembre e non andiamocene sino al primo ottobre, data del referendum sull’indipendenza. Secondo Ana Gabriel, portavoce del partito di sinistra, non si tratterebbe solo di rendere visibile il supporto all’autodeterminazione, ma anche di impedire alle forze dello stato centrale di interferire con la consultazione indetta da parlamento e governo catalano.

    Tutto questo mentre Madrid continua a puntare sulla repressione — dopo aver perquisito una tipografia, la Guardia Civil ha fatto irruzione negli spazi redazionali di un settimanale (El Vallenc), sequestrando un computer e provocando le proteste dell’Ordine dei Giornalisti della Catalogna.



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  • BZ48H oder der Graben zwischen Nord und Süd.

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    Vom 22. bis zum 24. September findet in Bozen der Kurzfilmwettbewerb BZ48H statt, der von der Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit der PD-nahen Cooperativa19, dem Verkehrsamt, der Zelig School und dem Filmclub organisiert wird. In der Grande Capitale del Plurilinguismo und in unserem schönen Südtirol, das sich gern als Brücke zwischen Nord und Süd versteht, hat man es aber nicht geschafft, eine zweisprachige Jury zusammenzustellen. Weshalb die Wettbewerbsausschreibung folgende Klausel enthält:

    Alle Dialoge, die nicht auf Italienisch erfolgen, müssen mit italienischen Untertiteln versehen sein. Die Untertitel […] dürfen nicht ausblendbar sein. Die Kurzfilme in deutscher Sprache werden von den Organisatoren für die Jury übersetzt.

    Wer auch nur ansatzweise Ahnung vom Film hat, weiß natürlich, dass gerade letzteres ein absolutes No Go ist.

    Siehe auch: 01 02 03 04

    P.S.: Die rührige Genossenschaft ist übrigens auch am Cohousing-Projekt von Land und Wobi beteiligt… weshalb ich mir auch schon vorstellen kann, wie gut hier »für die Jury übersetzt« werden soll. Vermutlich wird da jeder deutschsprachige Beitrag unfreiwillig zur Komödie.



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  • Katalonien: Wo bleibt Südtirol?

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    3 Comentârs → on Katalonien: Wo bleibt Südtirol?

    Angesichts der immer unverhohleneren Drohgebärden der rechten Madrider Zentralregierung gegen das Selbstbestimmungsreferendum in Katalonien und insbesondere des peinlich-besorgniserregenden Schweigens aus Brüssel frage ich mich, wo die Stellungnahmen und Solidaritätsbekundungen des offiziellen und politischen Südtirol bleiben. Es wäre höchst an der Zeit — wenn schon nicht anderweitig unterstützend tätig zu werden — klar aufzuzeigen, dass es in Europa keinen einheitlichen Block der Apathie oder gar der Unterstützung für un- und antidemokratische Repressionsmaßnahmen gibt. Das wäre jetzt von äußerster Wichtigkeit, um möglichst zu verhindern, dass in Katalonien das staatliche Gewaltmonopol gegen einen friedlich-demokratischen Wunsch der eigenen Bevölkerung missbraucht wird. Europa steht hier möglicherweise am Scheideweg zwischen unrühmlicher Rückkehr ins 20. Jahrhundert und Umbau im Sinne der Regionalisierung, Demokratisierung und Bürgerinnennähe.

    Erwartungen hätte ich insbeondere an diejenigen, die Unteilbarkeitsklauseln für undemokratisch halten, wie zum Beispiel unser Landeshauptmann. Oder ist Demokratie nur noch optional?

    Siehe auch: 01 02



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  • Katalonien: Spanien kennt nur eine Sprache.

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    1 Comentâr → on Katalonien: Spanien kennt nur eine Sprache.

    Repression scheint die einzige Antwort zu sein, die der spanischen Regierung (schon seit Jahren) einfällt, um auf einen breiten Wunsch der katalanischen Bevölkerung nach Selbstbestimmung zu reagieren. Viel hat sich seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ja nicht geändert, wenn — wie jetzt in der Umgebung von Tarragona geschehen — die Guardia Civil gezielt Mitarbeiterinnen einer größeren Druckerei abpasst, um nach einem Schichtwechsel deren Privatfahrzeuge nach Druckerzeugnissen zu durchsuchen, die mit dem Referendum in Verbindung stehen könnten.

    Inzwischen drang die paramilitärisch ausgerichtete Guardia Civil auch in das Innere der Druckerei vor, wo sie nach stundenlanger Suche Unterlagen und Computer beschlagnahmte. Wer dachte, dass solch repressive Vorgehensweisen heute — anders als vor 80 Jahren — durch UNO, Menschenrechtspakte oder die EU verhindert würden, wird gerade unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Gerade die EU glänzt durch Schweigen und die absolute Unfähigkeit, Spanien auf politische Antworten einzuschwören — wenn sich schon niemand an die Schaffung klarer Scheidungsregeln heranwagt. Für die kommenden Tage und Wochen lässt dies leider nichts Gutes erahnen.

    Siehe auch: 01 02 || 01 02



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