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  • Jugend ohne Zukunft.

    In der FAZ ist jüngst ein Artikel erschienen, der sich mit der aktuellen Lage und Zukunft Italiens beschäftigt. Der Artikel zeigt schonungslos, in welch schlimmer Verfassung sich dieser Staat befindet.

    Zwanzig Jahre mussten vergehen, bis Silvio Berlusconi rechtskräftig verurteilt wurde. Es ist nicht das Ende der Misere eines Landes, das zu den schönsten der Welt zählt, sondern die Bestätigung eines politischen und wirtschaftlichen Bankrotts.

    Der Artikel schiebt meiner Meinung nach die Schuld zu sehr nur auf Berlusconi, trotzdem werden einige Aspekte der Wirtschaftskrise aus Sicht der nachfolgenden Generationen beleuchtet, für die dieses Land keine Zukunft mehr bietet:

    Dann aber erzählt der Akademiedirektor von seiner Tochter. Sie hat ein Jura- und ein Literaturstudium mit Bestnoten abgeschlossen, findet jedoch keine Arbeit. Derzeit jobbt sie in einem Callcenter. Wenn sie in einem schäbigen Vorort von Mailand einen Mietvertrag für eine Bruchbude abschließt, muss der Vater kommen und eine Bürgschaft für die Wuchermiete stellen. Heirat? Enkel? Die Tochter, erzählt der Mann traurig, schüttelt immer nur den Kopf; sie könne doch nicht einmal für sich selbst sorgen. Es ist klar, dass er sie immer noch finanziert. “Bald ist meine Tochter vierzig. Was haben wir unseren Kindern nur für ein Land hinterlassen?

    Das ist eigentlich der schlimmste Aspekt der Staatskrise, in welcher sich Italien befindet und hier hat nicht nur Berlusconi Schuld, vielmehr ist — ähnlich wie in Griechenland — ein Versagen auf allen Ebenen feststellbar. Durch dieses Schlamassel beraubt unsere Generation der Vierzigjährigen und unsere Elterngeneration den Kindern die Zukunft.

    Meine Nichte, Mitte Zwanzig, ist in Rom deutschsprachig aufgewachsen, hat die deutsche Schule besucht, studiert und muss nun nach Berlin auswandern, da es in Rom keine adäquate Arbeit gibt. Gleichzeitig hört man immer noch von Gewerkschaften, die Stammrollen verteidigen, von Unternehmen, die kaum wettbewerbsfähig sind und von einem Heer an (Früh-)Rentnern, die zunehmend auch die Politik dominieren. Der Staatspräsident ist über neunzig, Berlusconi fast achtzig, das Parlament ist voll von Politikern, die eigentlich längst schon in Rente sein müssten. Für die Jungen bleibt kaum eine Chance, allerdings sind die Alten diejenigen, die das Land zusammenhalten:

    Bei Kitas, Ganztagsschulen, Sommerbetreuung mag Deutschland hinter Frankreich und Schweden weit zurückbleiben – ausgerechnet im katholischen Italien sieht es für Familien, vor allem für die Frauen, noch viel schlimmer aus. Es wirkt, als hänge das ganze Land am Geld, an der Erfahrung, an den Immobilien, den Renten und am Arbeitseinsatz von Großeltern, Tanten, Schwägern. Die Familie ist der letzte Kitt.

    Was in der Diskussion häufig vergessen wird, die Jungen, welche keine Arbeit finden, werden auch keine Wohnung kaufen und keine Familien gründen, dadurch wird eine ganze Generation ihrer Zukunft beraubt und das Land wird sich in einen Teufelskreis begeben, aus dem es nur schwer ein Entrinnen gibt.

    Ein weiterer Aspekt ist die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit: Während früher beständig die Lira abgewertet wurde, um wettbewerbsfähig zu bleiben, zeigt nun der Euro schonungslos die Defizite auf. In der jüngst veröffentlichen PIAAC-Studie ist Italien vor Spanien an vorletzter Stelle in Bezug auf die grundlegenden Bildungskenntnisse. Telepolis fragt richtigerweise, ob dieser Bildungsnotstand auch ein Indiz für die Wirtschaftskrise ist. Länder, bei denen es an grundlegenden Bildungskenntnissen mangelt, werden von Wirtschaftskrisen stärker getroffen, den Rückstand aufzuholen wird fast unmöglich. Italien befindet sich nun seit einigen Jahren in einer Rezession, der Rückgang der Wirtschaftsleistung erfolgt nicht gleichverteilt, sondern Familien, die Jugend und alle jene, die es nicht in den geschützten Arbeitsmarkt geschafft haben, sind stärker betroffen. Für mich ist es geradezu zynisch, dass die Politik und Gewerkschaften immer noch von Solidarität sprechen, während sie in den letzten Jahrzehnten durch einen rigiden Arbeitsmarkt, mangelnden Reformen und vor allem ineffeziente Strukturen geradezu den Grundstein für die derzeitige Misere gelegt haben. Bei praktisch jedem wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Indikator ist Italien im Schlussfeld oder im unteren Drittel zu finden, ein Ausweg ist nicht in Sicht.

    Die Rezession weist einen weiteren Aspekt auf, der wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zeit zum Zusammenbruch Italiens führen wird: Die Staatsverschuldung steigt rapide, ist trotz harter Sparmaßnahmen außer Kontrolle und wird nicht mehr eingedämmt werden können. Mit über 130% des BIP betragen allein die Zinslasten ca. 90-100 Milliarden Euro und mit mathematischer Gewissheit steigen sie weiter bis das Vertrauen der Finanzmärkte endgültig zusammenbricht. Auch hier sind wir alle Schuld, über Jahrzehnte wurde eine steigende Staatsverschuldung als selbstverständlich hingenommen, ausbaden müssen es aber die nachfolgenden Generationen. Viel wird von Nachhaltigkeit gesprochen, bei praktisch allen Teilen der Bevölkerung und Parteien ist aber der Begriff der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit nicht angekommen.

    Nun ist das Fest vorbei, das Buffet leer geräumt. Das Land, das seine Mode, sein Essen, seine Möbel, seinen Wein, aber auch seine Rennautos, Motorräder und Küchenmaschinen mit Riesenprofit in alle Welt exportieren könnte, steht vor dem Bankrott.

    Während das Land vor dem Kollaps steht, wird in Rom munter weiter gestritten, anstatt sich der Probleme des Landes anzunehmen. In Südtirol hingegen klammern sich die SVP und viele andere Parteien an diesen Nationalstaat, der über Jahrzehnte bewiesen hat, dass es so nicht funktionieren kann. Wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig, dass wir endlich vorurteilsfrei über politische Alternativen nachdenken dürfen, ein Modell, das effizienter auf die Herausforderungen der Zukunft reagiert, bei dem unsere Jugend auch einer besseren Perspektive entgegensehen kann. Das bisherige Nationalstaat-Modell ist endgültig gescheitert.

    Jetzt schon gehört Italien zu den teuersten Ländern Europas, und trotz der Dauerkrise steigen die Preise und die Steuern zugleich. Es bräuchte nicht nur das Abtreten des ewig wiederkehrenden Springteufels Berlusconi, es bräuchte den radikalen Austausch einer ganzen Politikerkaste, die sich die anarchisch-entspannten Italiener viel zu lange achtlos herangezüchtet haben. Ist das mit der sich neu formierenden Mitte aus alten Christdemokraten, ergebenen Berlusconianern und zynischen Banktechnokraten wirklich zu erwarten?



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  • ERC will »Unionisten eine Stimme geben.«

    Wie schon im letzten Jahr sind in Barcelona zum sogenannten »Tag der Hispanität« (día de la hispanidad, 12. Oktober), mehrere tausend Menschen auf die Straße gegangen, um für die Einheit mit Spanien zu demonstrieren. Wie üblich fielen die Schätzungen der Veranstalter um Partit Popular de Catalunya (PPC) und Ciutadans (C’s) höher aus, als die der Polizei*.

    Dies nahm der Vize-Sprecher der linken Unabhängigkeitspartei ERC im katalanischen Parlament zum Anlass, PPC und C’s dazu aufzurufen, »allen Menschen eine Stimme an der Wahlurne zu geben«.

    »Wir finden es gut, dass Menschen für die Einheit auf die Straße gehen, wir respektieren sie so sehr, dass wir ihnen die Möglichkeit geben wollen, ihre Meinung in einer Abstimmung zum Ausdruck zu bringen«, sagte Oriol Amorós. »Der Kampf um die richtigen [Teilnehmer-]Zahlen scheint uns absurd. Wenn wir wirklich ein Interesse daran haben, in Erfahrung zu bringen, was die Katalanen wollen, stellen wir doch Urnen auf, um sie [die Zahlen] auf demokratische Weise zu erheben.« Laut Amorós wolle ERC den Kolleginnen von PPC und C’s die Hand reichen.

    *) Die Schätzungen der Veranstalter schwanken zwischen 105.000 und 160.000 Teilnehmerinnen, die Behörden nannten 30.000. Zum Vergleich: Am 11. September gingen mindestens 1,5 Mio. Menschen für die Unabhängigkeit auf die Straße.



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  • Spagnolli, i tempi sono stramaturi!

    A Sterzing la recente presa di coscienza sul passato nazionalsocialista del compositore musicale Josef Eduard Ploner ha innescato un dibattito destinato a portare, si spera, al ritiro dell’intitolazione di una strada in suo onore (fatto).

    Incalzato dalla Tageszeitung (intervista pubblicata ieri) a questo proposito, il sindaco di Bolzano Luigi Spagnolli (PD) comunica che nel capoluogo proprio non se ne parla: pur ammettendo che sarebbe giusto abolire l’Amba Alagi o la via Luigi Cadorna (e ce n’è anche di peggio) il sindaco ci fa sapere che i tempi non sono ancora maturi.

    Caro signor Spagnolli, nel ventunesimo secolo, a 70 anni dalla fine della seconda guerra mondiale, in Europa occidentale non può proprio più esistere un luogo in cui i tempi «non sono maturi». Bolzano, che non esita a sbanderiare la propria supposta superiorità rispetto alla tanto vituperata «periferia», si fa tranquillamente superare da Sterzing — ma, ad esempio, anche dalla Spagna, dove la dittatura è terminata 35 anni più tardi.

    No, signor sindaco, non sono i tempi a non essere maturi, Bolzano e la sua «classe dirigente» sono definitivamente fuori tempo massimo. E noi ci siamo veramente stufati della vostra presuntuosissima, spudorata arretratezza.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Riccardos Freud’scher.

    Als Moderator Eberhard Daum bei der Podiumsdiskussion vom letzten Donnerstag in Marling sagte, er wolle »hierzu mal den Vertreter der Regierungspartei« befragen, griff Riccardo Dello Sbarba zum Mikrofon. Gemeint war freilich Arnold Schuler (SVP), doch Dello Sbarba sagte, er dachte, gemeint wäre die Zentralregierung — und da sitze Florian Kronbichler in der Mehrheit.

    Kleine Info: Auch in Rom sitzen die Grünen, bzw. Kronbichler mit SEL, in der Opposition, während die SVP zur Mehrheit gehört. ;)



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  • Autonomiefreundlicher Surrealismus.

    Senator Karl Zeller (SVP) mutiert immer mehr zum Wahrheitsminister und macht damit sogar dem dreisten Zahlenverdreher Florian Mussner Konkurrenz. Der Spitzenvertreter einer Partei, die den Südtirolerinnen weismachen will, was realistisch ist und was nicht, hat offenbar größte Schwierigkeiten, die Realität einzuschätzen.

    Klar ist: Was realistisch und was unrealistisch ist, lässt sich kaum endgültig beweisen. Vielmehr handelt es sich dabei meist um subjektive Annahmen — schließlich wird ja nicht alles umgesetzt, was realistisch ist, während mitunter sehr wohl verwirklicht werden kann, was zunächst unrealistisch scheint.

    Anders als mit dem Realismus verhält es sich mit der Realität: Was real ist und was nicht, lässt sich sehr wohl beweisen. In diesem Fall geht es nicht um Annahmen, sondern um Fakten.

    Nun gut, während Herr Zeller also genau wissen will, was realistisch ist (die sogenannte Vollautonomie) und was nicht (die Unabhängigkeit), wiederholt er der Presse gegenüber unentwegt (und ungeniert), dass die bestehende Autonomie unter Premier Letta nicht beschnitten, sondern ausgebaut worden sei. Hierzu der Faktencheck:

    • Wie die Südtiroler Wirtschaftszeitung berichtete, hat die Regierung Letta einen zentralen Bestandteil der Südtiroler Handelsordnung angefochten, obschon das Wahlabkommen zwischen SVP und PD das glatte Gegenteil vorgesehen hätte.
    • Ebenso bestätigte die Zentralregierung gegen den Willen der Landespolitik die Schließung der Südtiroler Bezirksgerichte.
    • Sie weigerte sich außerdem, den von der Vorgängerregierung eingebrachten Rekurs gegen das Toponomastikgesetz zurückzuziehen.
    • Regionenminister Delrio und Staatssekretär Girlanda — letzterer sogar mit Verweis auf den ‘Sieg’ im ersten Weltkrieg! — verlangten stattdessen auch noch die Beibehaltung der Trikolorepflicht vor Südtiroler Schutzhütten.
    • Vor zwei Wochen wurden außerdem zwei weitere Landesgesetze vor dem Verfassungsgericht angefochten.

    Umgesetzt wurde, außer einer hochgespielten Korrektur im Raumordnungsstreit, bis heute kaum etwas von dem, was den Südtirolern versprochen worden war. Die gute Zusammenarbeit mit der Regierung beschränkt sich also einerseits auf Versprechungen (und nicht auf Fakten) und andererseits auf die Express-Verleihung der italienischen Staatsbürgerschaft an SVP-Kandidatin Marie Måwe — wovon die Südtirolerinnen aber nicht viel haben.

    Noch im Juli hatte übrigens Senator Zeller davor gewarnt, die Abschaffung der Region zu fordern — da die derzeitige Regierung alles andere als autonomiefreundlich sei.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Serverumzug vollzogen.
    Leserinneninfo

    Zwischen gestern und heute ist auf einen neuen Server umgezogen. Aufgrund (Arbeits-)Speichermangels waren während der letzten Wochen immer wieder Funktionen ausgefallen, vor allem im Administrationsbereich. Da der alte Hoster (auch gegen Bezahlung) nicht bereit war, den Arbeitsspeicher zu erhöhen, musste schnell reagiert werden.

    Der Umzug selbst gestaltete sich etwas holpriger, als aufgrund der vorliegenden Anleitungen zunächst vermutet. Dies hat wiederum damit zu tun, dass einige bequemere Umzugsfunktionen aufgrund des Speichermangels ständig mit »fatal errors« quittiert wurden.

    Einiges, insbesondere Verlinkungen (die zum Beispiel fälschlicherweise nach wie vor auf den alten Server verweisen), könnte nach wie vor zu Fehlern führen. Die Blogleser sind in diesem Fall gebeten, uns umgehend darauf aufmerksam zu machen, damit der Funktionsumfang ausnahmslos wiederhergestellt werden kann.

    Insgesamt sollte der Umzug auch die Bloggeschwindigkeit erhöhen, wobei freilich zu berücksichtigen ist, dass dies bei einer langsamen nutzerseitigen Verbindung nicht unbedingt für jeden bemerkbar wird. In jedem Fall wären Rückmeldungen zu höherer (oder auch unerwartet langsamerer) Geschwindigkeit ggf. hilfreich und interessant.

    Wir wünschen (uns) weiterhin spannende Diskussionen und danken für die Geduld!


    Interna/ Tech&Com/ · · · · · · Deutsch/

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