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  • VwG-Urteil ermöglicht Obstruktion.

    Das Bozner Verwaltungsgericht (VwG) hat angeblich die Interpretation der Landtagsgeschäftsordnung aufgehoben, mit der die Obstruktion eingedämmt und das Landesparlament in die Lage versetzt werden sollte, Gesetze zu beschließen, die als »heiße Eisen« gelten — zum Beispiel das Wahlgesetz oder die seit Jahrzehnten aufgeschobene Ortsnamenregelung.

    Der Entscheid des VwGs (der bis zu einem endgültigen Urteil aufrecht bleibt) kommt knapp bevor kommende Woche der Toponomastik-Gesetzesentwurf der SVP ins Landtagsplenum kommen sollte. Dies scheint nun aufgrund der zu erwartenden Obstruktion, vor allem durch Rechtsaußen Donato Seppi, äußerst fraglich. Zieht die Sammelpartei das Gesetz nicht zurück, ist jedenfalls mit einem Scheitern zu rechnen.

    Für die italienischen Rechtsparteien könnte der Schuss allerdings nach hinten losgehen: Staatsanwalt Guido Rispoli musste die Ermittlungen gegen den AVS — der bei der Beschilderung der Wanderwege weitgehend auf italienische Ortsbezeichnungen verzichtet hatte — aufgrund des bestehenden gesetzlichen Vakuums einstellen. Unter diesen Voraussetzungen würde das Landesgesetz nicht nachträglich den Wegfall einiger italienischer Bezeichnungen legitimieren, sondern im Gegenteil überhaupt erst für eine Grundlage sorgen, aufgrund derer der Alpenverein dazu verpflichtet werden könnte, die wichtigsten italienischen Toponyme zu berücksichtigen. Ist der Landtag weiterhin außerstande, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, hätten jetzt möglicherweise sogar die Gemeinden freie Hand, auf ihrem Gebiet über die Ortsbezeichnungen zu befinden.



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  • AVS-Wegweiser nicht illegal.

    Im Sommer 2009 hatten der CAI und die Tageszeitung A. Adige eine aggressive Kampagne gegen den Alpenverein Südtirol (AVS) gestartet, welcher bei der Anbringung neuer Wegweiser weitgehend auf italienische Ortsbezeichnungen, aber auch auf Zusatzinformationen in italienischer Sprache verzichtet hatte. Binnen kürzester Zeit hatten sich der Präfekt, die Staatsanwaltschaft und die italienische Zentralregierung eingeschaltet, welche zeitweise sogar mit dem Einsatz des Heeres (!) zur Entfernung der Schilder gedroht hatte.

    Heutigen Medienberichten zufolge wird Staatsanwalt Guido Rispoli demnächst seine Ermittlungen gegen den AVS einstellen, da die Schilder keinen Gesetzesverstoß darstellen; das Problem sei kein rechtliches, sondern vielmehr ein politisches. Wenn der Vergleich mit den Straßenbezeichnungen in Tramin stimmt, den der A. Adige heute anstellt, dürfte für die Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht einmal ausschlaggebend gewesen sein, dass die Schilder von einem privaten Verein aufgestellt wurden: Vor etlichen Jahren war gegen den Bürgermeister des Dorfes im Unterland ermittelt worden, weil er in seinem Dorf großteils einnamige Straßenbezeichnungen eingeführt hatte. Auch damals wurde das Verfahren eingestellt.

    Offensichtlich gibt es schlichtweg keine gesetzliche Vorschrift, welche die Zweinamigkeit vorschreibt. Dies eröffnet nicht nur für die Wanderbeschilderung, sondern auch für die umfassende Neuregelung der Ortsnamenfrage auf Landesebene völlig neue Perspektiven — in dem Sinne, dass man aufgrund eines rechtlichen Vakuums agieren kann. Der Landeshauptmann sollte daher umgehend seine Verhandlungen mit dem Regionenminister Fitto einstellen, zu denen er sich durch den massiven öffentlichen Druck der letzten Jahre hat verleiten lassen, und stattdessen die Materie dem Landtag überlassen, dessen Zuständigkeit sie ist.

    hatte von Anfang an die Auffassung vertreten, dass das Vorgehen des Alpenvereins nicht in Ordnung ist, was die einsprachigen Zusatzinformationen (Seilbahn, Hütte, Bushaltestelle, Parkplatz…) betrifft, und dass die Politik die Lösung der Ortsnamenfrage nicht aus Bequemlichkeit privaten Organisationen überlassen dürfe. Die damalige Stellungnahme scheint heute wieder aktueller denn je.

    Cëla enghe: 01 02 || 01 02 03



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  • Brugger für Abschluss mit Fitto.

    SVP-Parlamentarier Siegfried Brugger drängt LH Luis Durnwalder, gegenüber Fitto in Sachen Wegweiser nicht mehr zu viele Forderungen zu stellen, um die Verhandlungen endlich zu einem »historischen« Abschluss zu führen. Trete Berlusconi zurück, müsse man sonst mit einer neuen Regierung von vorn beginnen. Glaubt Brugger, man solle in einer derart grundlegenden Frage zurückstecken, nur um möglichst schnell zu einem (zweifelhaften) Ergebnis zu kommen? (Nachdem man Jahrzehnte zugewartet hat?) Glaubt er ferner, eine Folgeregierung wäre einer Lösung weniger zugetan als diese? Und schließlich: Ist er wirklich der Meinung, dass Abschlüsse mit diesen Herren irgendeinen Wert haben, nachdem die Einigung mit Kulturminister Bondi (faschistische Relikte) schlussendlich wirkungslos war?



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  • Auf der Straße der Peinlichkeiten.

    Roland Lang von der Bewegung Süd-Tiroler Freiheit nimmt sich in seiner jüngsten Aussendung eines Themas an, das wahrlich Aufmerksamkeit verdient. Es geht um den kreativen Umgang mit der deutschen Sprache auf den offiziellen Straßenschildern Bozens. (Mein persönlicher Favorit ist die Trienter Straße, die eigenen Recherchen zufolge in nicht weniger als fünf verschiedenen Schreibweisen ausgewiesen ist.)
    Herr Lang erweist den Bemühungen um korrekte Orthographie allerdings einen Bärendienst, denn dank seiner könnte der Wald an Schildbürger’schen Stilblüten bald noch viel dichter sein. Lang beharrt nämlich darauf und drängt die Stadtverwaltung dazu, die Venediger Straße in “Venedig-Straße” (sic! *fremdschäm*) umzubenennen. Wenngleich die Aufschrift »Venedigerstraße« — da zusammengeschrieben — nicht der deutschen Rechtschreibung entspricht, so ist Venediger Straße doch die korrekte Bezeichnung für eine Straße, die nach der Lagunenstadt benannt ist. Nahezu im gesamten deutschen Sprachraum wird die flektierte Variante verwendet. Bezeichnungen wie Romstraße und Mailandstraße bilden die Ausnahme und werden laut Duden — ohne Bindestrich — zusammengeschrieben. Langs »Korrektur« ist somit in zweifacher Hinsicht falsch. Lediglich in Liechtenstein und der Schweiz sind von obiger Regel abweichende Bezeichnungen gängig (Bernstrasse, Grenzacherstrasse…). Ein Blick in den Duden oder nach Innsbruck, wo in Sachen Straßenbezeichnungen und Rechtschreibung neuerdings vorbildliche Arbeit geleistet wird, hätte genügt. Der Süd-Tirol-Freiheit, pardon Süd-Tiroler Freiheit, sind doch hoffentlich der Bozner Platz, die Salurner Straße oder auch die Brunecker Straße (allesamt flektiert und ohne Bindestrich!) bekannt.

    Zugegeben, die deutsche Rechtschreibung ist einigermaßen komplex. Wer sich jedoch als Sprachhüter aufspielt, sollte seine Vorschläge zumindest mit dem Standardwerk der deutschen Rechtschreibung abstimmen. Um weiteren Peinlichkeiten vorzubeugen, hier noch ein paar andere Regeln zur Schreibung von Straßennamen. Die Vintlerstraße ist nach der Familie der Vintler benannt, während eine etwaige Vintler Straße den Ort im Pustertal als Paten hat. Eine Vintlstrasse gäbe es vielleicht in Zürich. Der Verdiplatz wird zusammengeschrieben, der Giuseppe-Verdi-Platz gekoppelt, wobei der Trend in Richtung letzterer Bezeichnung geht.

    Cëla enghe: 01



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  • Minniti will Schule nach RSI-Kämpfer benennen.

    Aufgrund der einschlägigen Reformen sollen in Meran mehrere italienische Schulen zusammengelegt werden. Um einen Namen für das neue Schulzentrum ausfindig zu machen, haben sich die Verantwortlichen vor Ort ein partizipatives Modell ausgedacht: Schülerinnen und Eltern sollen Voschläge einbringen und darüber abstimmen, ein eigenes Komitee würde die Wahl dann begutachten und gegebenenfalls absegnen. Überraschenderweise zeichnet sich der Sieg eines »deutschen Namens« ab, jener des interethnischen Vordenkers Alexander Langer.

    Wie die Tageszeitung A. Adige in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, war dies für den — angeblich geläuterten — Postfaschisten Mauro Minniti Anlass genug, offiziell (und gegen die Prinzipien der Schulautonomie) bei der italienischen Schulamtsleiterin Minnei zu intervenieren, um diesen Namen abzuwenden. Vorwand: Es sei an der Zeit, Namen aus der lokalen (Meraner) Geschichte den Vorzug zu geben, anstatt sich auf Landesebene umzusehen. Merkwürdig, dass Minniti weder der alte Schulname (Giosuè Carducci, nachweislich kein Meraner), noch Straßenbezeichnungen nach irgendwelchen Militäreinheiten zu stören scheinen (die einige Splitter seiner Partei propagieren).

    Hochgradig skandalös und zeitgleich entlarvend ist jedoch einer der beiden Vorschläge, die der Landtagspräsident aus SVPs Gnaden selbst ins Spiel bringt: Die Schule solle entweder der jungen Meraner Jüdin Elena Stern gewidmet werden, die im Alter von sechs Jahren von den Nazis deportiert und ermordet wurde oder — man lasse sich die »angemessene« Kombination auf der Zunge zergehen — Erminio Barbieri, einem freiwilligen Kämpfer der faschistischen Sozialrepublik RSI, der von den Partisaninnen getötet wurde.

    Für Minniti wird es wohl wieder Zeit für eine Distanzierung. In einer funktionierenden Demokratie würde ihn die Landtagsmehrheit aus dem Präsidentenamt entlassen.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Tschöggl.
    Quotation

    Ich fühle mich auch als Italienerin. Ich weiß, dass Südtirol zu Italien gehört und ich halte auch zu Italien, beim Fußball und beim Skifahren. Manchmal treffen wir uns im Jugendzentrum oder in einer Bar, und wenn zufällig ein Abfahrtsrennen übertragen wird, dann verfolgen wir es im Fernsehen. Wenn ein Österreicher im Rennen ist und am Ende nicht die Eins aufscheint, klatschen wir. Ob ein Franzose oder ein Norweger oder ein Italiener — das sind ja meistens auch Südtiroler — die Abfahrt gewinnt, ist egal, Hauptsache kein Österreicher.
    Wir machen das teilweise auch, um die anderen zu provozieren. Bei uns im Dorf gibt es unglaublich viele Tschöggl, die behaupten, dass wir nicht Italiener sind, dass die Tiroler immer schon deutsch waren und dass wir zu Österreich gehören. Die nennen sich dann Patrioten. Sie wollen mit Italien nichts zu tun haben, wollen natürlich auch nicht Italienisch lernen, geschweige denn reden. Sie behaupten, dass sie das nicht brauchen.

    ff Nr. 43 veröffentlichte Auszüge aus »reden — Siebzehn Sprechgeschichten aus Südtirol« von Toni Colleselli (Verlag Alpha Beta).

    Während abfällige Äußerungen über unsere italienischen Mitbürgerinnen längst nicht mehr gesellschaftsfähig sind, ist Tschöggl-Bashing in weiten Kreisen Konsens — und scheint in manchen Fällen sogar das Ansehen der Urheberin zu steigern. Es wäre interessant zu erforschen, inwiefern offen zur Schau getragene Ablehnung gegen »Tschöggl« (der zum Teil auch eine große Portion Selbstverleugnung beinhaltet, wie ich unterstelle) zum Emanzipationsritual Neu- oder Pseudo-Weltoffener gehört — wobei diesem Verhalten wohl die zweifelhafte Gleichung Weltoffenheit = Stadt = Italiener (die sich in Südtirol in den Städten konzentrieren) zugrundeliegt.

    Cëla enghe: 01 || 01 02 03



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  • Startschuss für Südtiroler Piraten.

    Auf der langen Welle des Berliner Erfolgs über Facebook lanciert — wo sie mittlerweile mehr als 900 Sympathisanten* zählen — haben sich einige Südtiroler »Piraten« gestern in Bozen zu einer ersten öffentlichen Versammlung getroffen. Mit knapp 30 Anwesenden blieb die Teilnehmerzahl zwar unter den hochgesteckten Erwartungen, zusammen mit den weiteren rund 30 Interessierten, die das Treffen per Livestream verfolgten und mitkommentierten, war das für den Anfang eine stattliche Anzahl.

    Nach dem Rücktritt Thomas Sigmunds von allen provisorischen Ämtern — und einem Blitzbesuch von Medienvertretern, die heute lang und breit über den Abend berichten — entfaltete sich eine erstaunlich engagierte Diskussion. Neben technischen und ersten organisatorischen Fragen wurden auch einige Schwerpunkte angesprochen, die weitgehend die Kernthemen der internationalen Piratenbewegung widerspiegeln: Internet und neue Medien, Datenschutz, Transparenz und Urheberrechte. Dafür, dass es sich bei den Teilnehmern — mit wenigen Ausnahmen, Thomas Sigmund und Markus Lobis etwa — offensichtlich um Politikneulinge handelt, war es eine sehr gediegene und niveauvolle Debatte mit vielen Meldungen.

    Die Piraten kanalisieren mit ihrem Auftreten und ihrem Selbstverständnis ein neues Politikverständnis sowie den Wunsch nach mehr basisdemokratischer Mitentscheidung, wodurch sich zwar beileibe keine Deckungsgleichheit, aber durchaus Schnittmengen mit den Indignados ergeben.

    Interessant wird bei einem derartigen Projekt freilich die Definition eines gemeinsamen Parteiprogramms, will man sich nicht mittelfristig der Programmlosigkeit bezichtigen lassen. Über die Kernthemen hinaus scheint bei den Piraten bislang wenig Einigkeit darüber zu herrschen, wie sich die Partei zu grundsätzlichen — und durchaus auch südtirolspezifischen — Themen positionieren soll. Stichwortartig sind bei der gestrigen Versammlung Themen wie das bedingungslose Grundeinkommen, die Mehrsprachigkeit, aber auch Flugplatz und dritte Autobahnspur gefallen, wobei die Auffassungen dazu durchaus unterschiedlich ausfallen könnten. Kritisch könnte es aufgrund der Heterogenität der »Mitglieder« werden, wenn basisdemokratisch ermittelt wird, dass etwa die Mehrheit der Mitglieder für eine Erweiterung des Flugplatzes eintritt, dann aber alle (auch diejenigen, die parteiintern dagegen gestimmt haben) die gemeinsame Position in der Öffentlichkeit vertreten müssen.

    Für ein diesbezügliches Urteil ist es freilich viel zu früh: Die Zukunft der bislang informellen Bewegung wird zeigen, ob dieser Spagat zu schaffen ist. Das frische und idealistische politische Engagement mehrheitlich junger Menschen ist in jedem Fall zu begrüßen und kann grundsätzlich mit der Unterstützung dieser Plattform rechnen.

    *) das sind auf die Bevölkerungszahl hochgerechnet mehr, als das bundesdeutsche Pendant vorweisen kann.



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  • Geschichtsaufarbeitung beim AVS.

    Die drei Nachfolgevereine des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DÖAV) — der Deutsche Alpenverein (DAV), der Österreichische Alpenverein (OeAV) und der Alpenverein Südtirol (AVS) — haben zusammen das Buch mit dem Titel »Berg heil!« herausgegeben. Es ist Ergebnis einer dreijährigen Studie über die dunkelsten Kapitel der gemeinsamen Vereinsgeschichte, welche in Zusammenarbeit mit unabhängigen Historikern durchgeführt wurde. Beleuchtet wurden unter anderem die deutschnationale Ideologie und der frühe Antisemitismus, welcher in einigen Sektionen des zunächst liberalen Vereins auf den Beginn des 20. Jahrhunderts zurückgeht. Das Alpine Museum in München zeigt vom 24. November bis zum 30. Juni eine entsprechende Ausstellung.

    Die professionelle Geschichtsaufarbeitung ist besonders bei diesem einzigen »großdeutschen« Verein vor 1938, der sich den übersteigerten Nationalismus und Antisemitismus des vorigen Jahrhunderts spätestens ab 1920 zueigen machte, von großer Aktualität. Sehr positiv ist, dass sich auch der AVS am Projekt beteiligt hat, obwohl er im Zeitraum von 1918 bis 1945 — dem eigentlichen Fokus der Studie — nicht Teil des DÖAV war und seine Gründung als eigenständiger Verein auf die zweite Nachkriegszeit zurückgeht. Anstatt sich aus der Affäre zu ziehen, hat man die gemeinsame Verantwortung und die nationalistische Kontinuität bis 1945 in den Vordergrund gestellt. Zur Nachahmung empfohlen.



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