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  • Menasse im Morgentelefon.

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    3 Comentârs → on Menasse im Morgentelefon.

    Aus dem Morgentelefon von Rai Südtirol am 5. Juli 2014 mit Robert Menasse im Vorfeld seiner Teilnahme am Euregio-Gipfel in Prösels:

    Das Europa der Regionen, ist das tatsächlich das Modell der Zukunft?
    Die Regionen sind zweifellos das Zukunftsmodell der politischen Organisation des europäischen Kontinents, aus einem einfachen Grund: Wir haben die Erfahrung gemacht, die geschichtliche Erfahrung, dass Nationen nicht funktionieren. Sie funktionieren nicht in sich, denn würden sie funktionieren, würden die Nationalstaaten heute nicht alle am Rande des Zusammenbrechens sich befinden — und des Auseinanderbrechens. Denken Sie an England, an Spanien, Italien… hundert Jahre (sic) nachdem Garibaldi geritten ist, ist noch immer nicht möglich eine italienische Nation wirklich gerecht für alle italienischen Bürger zu gestalten, Norditalien ist ganz was anderes als Süditalien, das ist nicht vereinheitlichbar und nicht gemeinsam politisch organisierbar. Das Wichtigste ist, dass wir mit Nationalstaaten die Erfahrung gemacht haben, dass sie zu Kriegen führen, durch die nationalen Konflikte, durch die nationalen Interessensgegensätze, bis hin zu den größten Menschheitsverbrechen, die durch Nationalismus und Rassismus entstehen, also bis hin zu Auschwitz. Deswegen war es die Idee, einen friedlichen Kontinent dadurch zu schaffen, dass man den Nationalismus überwindet.

    Also Europa funktioniert durchaus, sagen Sie, wir müssen deshalb nicht verschmelzen zu einem großen Kuchen.
    Nein, im Gegenteil, ein Europa der Regionen wäre die Anerkennung der wirklichen Identitäten der Menschen, weil die Identität des Menschen liegt ja an seinem Lebensort, in der Region in der er aufgewachsen und sozialisiert wurde oder wo er lebt, wo er politische Partizipationsmöglichkeiten hat, wo er den Überblick hat. Regionen sind außerdem von ihrer Größe her eine ideale Verwaltungseinheit, Regionen untereinander in ihrem Austausch respektieren viel mehr und viel selbstverständlicher die Mentalitätseigenheiten der anderen, als es Nationalstaaten jeweils in der Geschichte getan haben. Deswegen ist es ganz klar: Wenn die Vergemeinschaftung Europas gemäß der Grundidee von Jean Monnet und der Gründergeneration des europäischen Einigungsprojekts… wenn es diesem Projekt gelingt, den Nationalismus an der Wurzel zu überwinden, das heißt im Nationalstaat, dann muss es irgendwie andere politische Verwaltungseinheiten geben und das können dann nur die Regionen sein, weil dort haben die Menschen ihre Identität, ihre Kultur, ihre Mentalität und vor allem auch das Interesse an einer Vernetzung, an einem Austausch mit anderen.

    Wir sehen das in aktuellen wirtschaftlichen Tendenzen, dass der Ruf nach Dezentralität immer lauter wird, es muss wieder menschlicher werden. Wie kann man aber jetzt dieses Konstrukt Europa dann doch als Dachvereinigung am besten führen?
    Man muss sich nur erinnern an die Grundidee des europäischen Projekts. Die Grundidee lautet: Wir schaffen mit der Europäischen Union einen gemeinsamen Rechtszustand auf der Basis der Menschenrechte, geben mit einer gesamteuropäischen Demokratie, also in Zukunft mit einem entfalteten Europäischen Parlament dem Kontinent gemeinsame, gleiche Rahmenbedingungen, die in Gesetzen festgeschrieben werden und innerhalb dieser Rahmenbedingungen kann dann in subsidiärer Demokratie jeder an seinem Lebensort, in seiner Region, sein Glück suchen. Aber er kann sich drauf verlassen, dass er die gleichen Chancen und die gleichen Rahmenbedingungen hat, wie alle anderen auf diesem Kontinent, was im Moment durch die Nationalstaaten nicht gegeben ist. Ganz, ganz wichtig für Demokratie ist ja der Gleichheitsgrundsatz — und der Gleichheitsgrundsatz ist zum Beispiel so lange nicht eingelöst, solange große und mächtige Nationen ihren Bürgern mehr Chancen geben können, als kleine oder einflusslose oder ökonomisch noch rückständige oder strukturschwache Nationen. Es ist ein Unterschied, ob ich in Deutschland oder in Malta zur Welt komme und das kann nicht der Sinn einer gesamteuropäischen Demokratie sein.

    Ist Ihrer Ansicht nach die Europapolitik, die die deutsche Bundeskanzlerin Merkel betreibt, der richtige Weg oder genau das, was man nicht tun sollte?
    Ich glaub’, dass die Angela Merkel Europa nie verstanden hat. Und ein großteil der Krise, die wir heute in der Europäischen Union erleiden und beobachten, geht darauf zurück, dass Merkel massive nationale Interessenspolitik betreibt — und das führe ich darauf zurück, dass sie Europa aus einem einfachen Grund nicht verstanden hat. Nämlich: Für die Generation Merkel und für ihre Herkunft und ihre Sozialisation war die Befreiung aus dem Kerker der DDR und die deutsche Wiedervereinigung, also praktisch die Wiedergeburt der deutschen Nation, das große prägende Ereignis und sie kann sich danach eigentlich nichts mehr vorstellen. Sie hat als DDR-Bürgerin keine Reisefreiheit gehabt… jetzt hat sie einen Pass, mit dem sie reisen kann; und sie sieht nicht ein, wozu man mehr braucht als einen gemeinsamen Markt und die Reisefreiheit die sie als Deutsche [hat]. Aber die europäische Idee geht ja viel weiter und viel tiefer und das versteht sie nicht. Nur alle politischen Beobachter, denen an der Weiterentwicklung der europäischen Union als Gemeinschaftsprojekt liegt, sind sich alle darüber einig, dass Angela Merkel im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Kohl — der von derselben Partei war, aber noch wusste, was das europäische Projekt ist, weil er ja noch vor den Trümmern gestanden ist, aus denen heraus das neue Europa aufgebaut werden musste — das einfach nicht mehr versteht. Und das Interessante ist, dass man an diesem Beispiel sieht, dass Sozialisation und Mentalität eigentlich politisch wirksamer ist, als Ideologie in vielen Fällen. Weil man könnte ja sagen, das ist dieselbe Partei wie Kohl, hat dasselbe Parteiprogramm zu vertreten, hat also daher auch dieselben politischen Gestaltungsinteressen… aber es stimmt nicht. Die Sozialisation, die Herkunft, der Lebensort waren viel prägender, als das Parteiprogramm.

    Das heißt, Angela Merkel unterstützt eine Sache, die Sie kritisieren und zwar eine hierarchische Politik innerhalb Europas, die ja auch zu diesem permanenten Armdrücken, diesen Debatten auf der wirtschaftlichen Ebene führt. Matteo Renzi hat wiederum gesagt, wir lassen uns nicht alles diktieren, wir müssen nicht nur sparen, wir müssen auch investieren… hat er damit Recht?
    Ja, damit hat er natürlich recht, im Rahmen der Möglichkeiten, die ihm gegeben sind als einem nationalen Regierungspolitiker. Aber die Politik, die ausgeht von der Verteidigung nationaler Interessen, so wie es bei Angela Merkel offensichtlich der Fall ist, die produziert ja Konflikte — automatisch. Der Konflikt wird zum Beispiel [geführt] zwischen Nettozahlern und Nettoempfängern, zwischen reichem Norden und armem Süden, so als wären alle im Süden arm und alle im Norden reich… das ist ja alles ein Unsinn, es geht ja hier um Fiktionen, aber diese Fiktionen, diese nationalen Fiktionen produzieren reale Konflikte… was nicht der Fall wäre, wenn wir es nicht zu tun hätten mit einem Europa wo mächtige nationale Eliten in großen Nationalstaaten diktieren können, was in kleinen Nationalstaaten für Sparmaßnahmen ergriffen werden müssen.

    Wie sieht Ihr Europa von morgen denn aus? Welche politischen Impulse braucht es denn, damit das Miteinander der Regionen, also auch das menschlichere Europa, umsetzbar ist?
    Das Ganze steht und fällt mit der Entwicklung der europäischen Demokratie. Wir müssen uns eines vor Augen halten: Auch der größte und mächtigste Nationalstaat kann heute alleine gegen alle diese globalen Phänomene, wie transnationale Finanzströme, die transnationalen ökologischen Probleme, Überwachung… das macht ja alles nicht mehr an nationalen Grenzen halt oder ist innerhalb von nationalen Grenzen regelbar. Aber auch der mächtigste, der größte Nationalstaat kann das alleine nicht mehr regeln. Jeder einzelne Nationalstaat ist zum Beispiel durch einen multinationalen Konzern erpressbar, das erleben wir ja heute. Die einzige Chance, auf der Basis von Menschenrechten und Demokratie zu gewährleisten, dass eine Politik nach den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gemacht wird, ist nur durch die Vereinigung denkbar. Aber innerhalb der Vereinigung darf es nicht auch wieder diese Hierarchien geben, weil sonst haben wir es wieder nicht mit demokratischen Verhältnissen zu tun. Das heißt wir müssen das Europäische Parlament stärken, es muss einen voll entfalteten europäischen Parlamentarismus geben und das Europäische Parlament muss gleiche gemeinsame Rahmenbedingungen für alle herstellen, wo es dann unerheblich ist, ob man aus einem großen oder kleinen Land kommt. Weil wenn man sich überlegt, dass man in Wirklichkeit aus einer Region kommt, dann sind die eh ungefähr alle gleich groß und gleich stark, haben den gemeinsamen Rechtszustand und Chancengleichheit.

    Müsste es also so einen Europatag wie jetzt hier am Wochenende in Völs, auf Schloss Prösels, permanent an verschiedenen Orten in ganz Europa geben, damit Kooperationen gefördert werden?
    Na, ich glaube, dass die Kraft der faktischen Entwicklung das in diese Richtung treiben wird. Es geht gar nicht anders. Es wird einfach der Druck der konkreten und realen Probleme, die auf der Basis der gegenwärtigen unbefriedigenden Situation entstehen, so stark werden, dass zwar immer nur in kleinen Schritten, aber doch immer wieder nachgegeben wird — vor drei oder vier Jahren hat Merkel eine gesamteuropäische Bankenaufsicht [ausgeschlossen], jetzt kriegen wir sie. Sie hat damals geglaubt, sie muss den Finanzmarkt Frankfurt schützen. Sie ist nach vier Jahren [draufgekommen], der Schutz des Finanzmarkts Frankfurt bedroht den Finanzmarkt Frankfurt… weil einfach sie alleine das nicht mehr für ihre Nation retten kann. Das heißt: Es wird schrittweise immer mehr Vergemeinschaftung geben, in dem Maß wie die Vergemeinschaftung fortschreitet und das Europäische Parlament mächtiger wird, werden die nationalen Parlamente schwächer — irgendwann sterben sie ab. Und irgendwann wird man zu dem Punkt kommen, dass man sagt, man kann den Europäischen Rat, also den Gipfel der Staats- und Regierungschefs, abschaffen und es genügt einfach eine europäische Regierung, deren Nukleus heute die Kommission ist… die verschiedenen Ressorts, kontrolliert durch ein Europäisches Parlament, das in europäischen Wahlen die demokratische Legitimation organisiert und die gemeinsamen Rahmenbedingungen beschließt. Und dann irgendwann wird man feststellen, die nationalen Grenzen sind weg, das was an nationalen Interessen existiert [hat], hat sich als Fiktion erwiesen, wir können eigentlich die nationalen Pässe wegwerfen und uns mit einem europäischen Pass begnügen und glücklich und froh sein, dass wir frei und erhobenen Hauptes an unserem Lebensort auf der Basis von Rechtszustand leben und unser Glück suchen können.

    Werden wir beide das noch erleben?
    Das kommt drauf an, ob ich zu rauchen aufhöre oder nicht (lacht).

    Transkription:



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  • Pröseler Worte (und die Realität).

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    12 Comentârs → on Pröseler Worte (und die Realität).

    Beim Regionalismusgipfel auf Schloss Prösels haben nach recht einhelliger Meinung nicht die Politiker, sondern die Intellektuellen Gehaltvolles von sich gegeben. Beeindruckend ist unter anderem, dass Robert Menasse in Anwesenheit des österreichischen Bundeskanzlers und der drei Landeshauptleute den Tod der Nationalstaaten nicht nur vorhergesagt, sondern de facto diagnostiziert hat, wiewohl dies wohl zu optimistisch ist. Landeshauptmann Arno Kompatscher hatte ja — wie berichtet — im Vorfeld der von ihm selbst initiierten Veranstaltung öffentlich befunden, die Überwindung der Staaten durch die Regionen sei eine Illusion. Nichts weniger.

    Trotzdem konnten auch die Politiker in ihren samstäglichen Sonntagsreden nicht anders, als sich mit schönen Worten zu übertreffen. Berücksichtigen wir, was da gesagt wurde, dürften der Regionalisierung Europas goldene Zeiten bevorstehen. Doch einem Faktencheck hält all dies leider nicht stand: Matteo Renzi peitscht gerade eine Verfassungsreform durchs Parlament, die dem zarten Pflänzchen der italienischen Regionalisierung den Garaus machen wird.

    Madrider Rahmenabkommen.

    Das Madrider Rahmenabkommen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hatte Italien noch ratifiziert. Seit 1980 herrscht allerdings absolute Funkstille. Die Ratifizierung der drei wichtigen Zusatzprotokolle von 1995, 1998 und 2009 steht noch immer aus, letzteres — das den Grundstein für »Verbünde euroregionaler Zusammenarbeit« (VEZ) legt — ist übrigens auch in Österreich noch nicht in Kraft getreten. Damit hinken beide Länder selbst dem zentralistischen Frankreich hinterher.

    Lediglich der EVTZ steht unserer vorbildlichen Euregio zur Verfügung, weil dieser direkt von der EU eingeführt wurde und somit keiner Ratifizierung durch die Staaten bedarf.

    Gleichsam ausständig ist von italienischer Seite die Ratifizierung der ebenfalls für die Aufwertung der Regionen bedeutsamen Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen — angeblich, weil sich der Staat weigert, die Sprachen der Roma und Sinti anzuerkennen.

    Quelle der Grafik: mot – mission opérationelle transfrontalière, Paris.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



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  • Elena Artioli nel PD.

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    8 Comentârs → on Elena Artioli nel PD.

    Secondo informazioni concordanti il membro della dieta sudtirolese Elena Artioli (ex SVP, ex Lega Nord e ormai ex Team Autonomie), eletta con i voti di un’alleanza con Michaela Biancofiore (FI, ex PDL) sarebbe approdata nel PD, nominata addirittura coordinatrice LiberalPD del Sudtirolo.

    Più che per Elena Artioli si tratta di una pessima carta da visita per il PD, in quanto la consigliera, soprattutto all’epoca della sua militanza nella Lega, si era contraddistinta per le sue prese di posizione xenofobe e discriminatorie, tutt’altro che liberal (o di sinistra). Comportamenti improntati all’intolleranza che culminarono nientemeno che nella passeggiata col maiale su un terreno destinato all’apertura di una sala di preghiera islamica, sulla falsariga di iniziative simili portate avanti dai hardliner leghisti.

    Per un partito che vorrebbe essere socialdemocratico davvero non c’è male.



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  • Europa der Regionen in Prösels.

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    5 Comentârs → on Europa der Regionen in Prösels.

    Auf Einladung von Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) und Südtiroler Bildungszentrum (SBZ) wird dieses Wochenende auf Schloss Prösels über das Europa der Regionen diskutiert. Hochkarätigste Teilnehmer sind die Regierungschefs von Österreich und Italien, Werner Faymann (SPÖ) und Matteo Renzi (PD). Es handelt sich um eine löbliche Initiative, die zu einer Vertiefung und Konkretisierung auch unserer Euregio beitragen könnte, insbesondere, wenn Italien endlich beschließen würde, das sehr wichtige »Zusatzprotokoll zum Europäischen Rahmenabkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften« (auch als Madrider Abkommen bekannt) zu ratifizieren, wie dies Österreich vor rund 10 Jahren tat. Andererseits ist Premierminister Renzi gerade dabei, in Italien eine Verfassungsreform durchzuführen, die genau das Gegenteil einer Aufwertung der Regionen zum Ziel hat.

    Aber auch Landeshauptmann Kompatscher selbst scheint eine — vornehm ausgedrückt — sehr zurückhaltende Auffassung vom Europa der Regionen zu haben, wenn er heute in einem Interview mit Lucio Giudiceandrea fürs italienische Rai Südtirol festgestellt hat, es wäre »eine Illusion« (sic und sic) zu glauben, dass die Regionen in Europa einst die Staaten ersetzen werden. Dies sei natürlich auch jenen ins Stammbuch geschrieben, die darauf hinweisen, man verfolge zwar dasselbe Ziel (die Überwindung der nationalstaatlichen Ebene), nur eben auf einem anderen Weg. Offenbar ist Kompatscher nun mit Markus Warasin einer Meinung, der jedoch auch gesagt hatte, ein Europa der Regionen sei »völlig ausgeschlossen«.

    Siehe auch: 01 02 03 04


    Politik/ · · · · · EU/ Euregio/ PD&Co/ SVP/ ·

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  • Consell: Sechs Gutachten.

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    9 Comentârs → on Consell: Sechs Gutachten.

    Vor rund einem Jahr hatten wir über das erste Gutachten des Consell Assessor per a la Transició Nacional berichtet, den die katalanische Regierung als beratendes Organ für den Unabhängigkeitsprozess gegründet hatte. Darin legte der Beirat auf 221 Seiten seine Erwägungen zum Thema einer Volksbefragung dar.

    Inzwischen wurden insgesamt sechs thematische Gutachten veröffentlicht, deren Titel sich wie folgt lesen:

    1. La consulta sobre el futur polí­tic de Catalunya. (Die Volksbefragung über die politische Zukunft Kataloniens.)
    2. L’Administració tributà ria de Catalunya. (Die Steuerverwaltung Kataloniens.)
    3. Les relacions de cooperació entre Catalunya i l’Estat espanyol. (Die Kooperationsbeziehungen zwischen Katalonien und dem spanischen Staat.)
    4. Internacionalització de la consulta i del procés d’autodeterminació de Catalunya. (Internationalisierung der Volksbefragung und des katalanischen Selbstbestimmungsprozesses.)
    5. Les tecnologies de la informació i de la comunicació a Catalunya. (Die Informations- und Kommunikationstechnologien in Katalonien.)
    6. Les vies d’integració de Catalunya a la Unió Europea. (Die Wege der Integration Kataloniens in die Europäische Union.)

    Während alle Gutachten auf Katalanisch und auf Spanisch vorliegen, wurden drei davon, — nämlich das erste, vierte und sechste — auch ins Englische übersetzt. Das letzte ist sogar auch in einer deutschen Fassung verfügbar. Es ist durchaus empfehlenswert, zumindest in eines der Gutachten »hineinzuschnuppern«, weil dies einen konkreten Eindruck von der Professionalität vermittelt, mit der in Katalonien an diese Angelegenheit herangegangen wird. Der Unterschied zur hierzulande oft zu konstatierenden Hemdsärmligkeit (egal ob es um Vollautonomie, Europaregion, Kulturhauptstadt oder CLIL — geschweige denn um die Selbstbestimmung — geht) ist eklatant. Es wäre wirklich schön, wenn sich die Regierenden in Südtirol an der Generalitat ein Beispiel nähmen.

    Zumindest die auf Englisch und Deutsch verfügbaren Gutachten sind zudem nicht nur strikt für Katalonien interessant, sondern bieten zahlreiche Erkenntnisse, die auch für einen etwaigen Unabhängigkeitsprozess in Südtirol bedeutend sein könnten. Sie sind hier als PDF einsehbar:

    Siehe auch: 01



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  • Der Hymnen-Gau.

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    6 Comentârs → on Der Hymnen-Gau.

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    Im Dezember 2011 hat das Parlament die Abänderung des Textes der österreichischen Bundeshymne beschlossen. Statt “Heimat bist du großer Söhne” heißt es nun “Heimat großer Töchter und Söhne”. Der Änderung waren lange und hitzige Diskussionen vorausgegangen, die auch nach der Beschlussfassung nie gänzlich abgeebbt sind. Neuerlich befeuert wurde die Debatte, nachdem der selbsternannte “Volks-Rock’n’Roller” Andreas Gabalier bei einem offiziellen Anlass – nämlich der Eröffnung des Formel 1 Grand Prix von Österreich in Spielberg – die Bundeshymne mit altem Text sang. Dies wiederum veranlasste Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek dazu, Gabalier via Facebook “Nachhilfeunterricht” in Sachen Hymnentext zu erteilen. Es folgte ein gewaltiger Shitstorm gegen die Ministerin, der sogar in Morddrohungen (!) gipfelte.

    Zwei Beobachtungen zum Fall “Österreichische Bundeshymne”:

    Das wahre Problem bezüglich der Änderung
    Der Shitstorm gegen Gabriele Heinisch-Hosek ist unterste Schublade. Daran gibt’s nichts zu rütteln. Wenngleich sie hätte ahnen können, dass sowas ähnliches passiert. Und Gabalier seinerseits hat sich über geltendes Recht hinweggesetzt. Eine (sachliche) Diskussion über den Hymnentext sollte trotzdem auch nach dem Parlamentsbeschluss noch erlaubt sein. Denn das Parlament hat damals einen großen (nicht aber weltbewegenden) Fehler gemacht. Der Fehler war aber nicht der Wunsch, die weibliche Seite Österreichs zu betonen, sondern dass in einen literarischen Text – über dessen Qualität man freilich streiten kann – eingegriffen wurde. Der Hymnentext ist keine Gebrauchsanleitung, die man beliebig sich ändernden Umständen anpassen kann, da sie über keine so genannte “Schöpfungshöhe” verfügt. Der Text der österreichischen Hymne darf wenn dann nur von der Autorin (!) Paula Preradović geändert werden – und die ist schon lange verschieden. Was das Parlament beschlossen hat ist eine sprachliche (wie rhythmisch-musikalische) Vergewaltigung. Eine wirklich revolutionäre Botschaft und ein starkes Signal wäre es gewesen – wenn man schon so etwas Unnötiges und Archaisches wie eine Nationalhymne braucht – einen komplett neuen Text zu verfassen. Der dann in einigen Jahrzehnten wahrscheinlich wieder für Wirbel sorgen wird, da wir heute bestimmt Dinge schreiben würden, die dann im Jahr 2050 als untragbar, undenkbar und politisch unkorrekt empfunden werden würden. Vielleicht sollte man einfach lernen, dass jeder literarische Text im Kontext zu sehen bzw. zu verstehen ist, in dem er geschrieben wurde.

    Das österreichische Luxusproblem
    Die österreichische Bundeshymne ist eine der friedliebendsten ihrer Sorte. Nicht einmal das Wort “Blut” kommt darin vor. Während in der französischen Marseillaise Kehlen durchschnitten werden und unreines Blut die Furchen tränkt und man in der italienischen Fratelli d’Italia zum Tod bereit ist und über Nachbarländer sich auslässt, singt man in tu felix Austria über die Schönheit der Landschaft, die (tragische) historische Figur und die (hoffentlich) bessere Zukunft. Weder in Frankreich noch in Italien hat man offenbar ein Problem damit, zutiefst anachronistische Texte zu singen, die selbst im historischen Kontext betrachtet nur martialisch bis beleidigend sind – von einer Gendergerechtigkeit ganz zu schweigen. In Österreich hingegen sieht man sich veranlasst, die Hymne zeitgemäß zu adaptieren. Ein an und für sich löbliches Unterfangen, wäre es nur nicht derart “potschat” angegangen worden.



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  • Frank-Walter Steinmeiers Lektion.

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    29 Comentârs → on Frank-Walter Steinmeiers Lektion.

    Oft wurde von bereits die Erinnerungs(un)kultur hierzulande angeprangert. Da wird eifrig relativiert, bagatellisiert und negiert. Das Aufrechnen und Sich-im-Opferstatus-suhlen ist geradezu Volkssport. Eine Lektion, was es heißt, “historische Verantwortung” (nicht individuelle wohlgemerkt) zu übernehmen und kompromisslose Erinnerungskultur zu betreiben, hat unlängst der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier im toskanischen Civitella erteilt. Zwar gab es vor einigen Jahren zwischen Deutschland und Italien diplomatische und juridische Differenzen über Entschädigungszahlungen für die dort von der Wehrmacht verübten Verbrechen, aber mittlerweile ist man auf einem guten Weg.

    In Civitella hatten Partisanen im Juni 1944 drei deutsche Soldaten erschossen. Daraufhin richtete die Wehrmacht unter der Bevölkerung ein Massaker an. Sogar Kirchenbesucher wurden erschossen und die Kirche wurde niedergebrannt. 244 Zivilisten kamen ums Leben.

    Auf Einladung der italienischen Außenministerin Federica Mogherini kam Steinmeier zu einer Gedenkveranstaltung nach Civitella. Dort entschuldigte er sich für das “Unentschuldbare”, das die Nazis hier verbrochen haben. Medienberichten zufolge hielt er seine Rede auf Italienisch. Steinmeier verzichtete dabei offenbar gänzlich auf Relativierungen (“Ihr habt aber angefangen” – Das Massaker war ein Vergeltungsakt, nachdem drei deutsche Soldaten erschossen wurden) oder Fingerzeigen (“Ihr habt aber auch” – Italien hat ebenfalls eine wenig rühmliche Vergangenheit was Kriegsverbrechen anbelangt) wie sie in Südtirol und in Italien recht gängig sind. Stattdessen zeigte er sich “fassungslos, erschüttert und zutiefst beschämt von dem, was Deutsche hier getan haben.” Zudem werden die Geschehnisse gegen Ende des Krieges beim Abzug der Wehrmacht nun wissenschaftlich aufgearbeitet, nachdem ein Großteil der Verbrechen nach Ende des Krieges ungesühnt blieb.

    Nachtrag:

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



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  • Carta oberta a la Generalitat de Catalunya.

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    1 Comentâr → on Carta oberta a la Generalitat de Catalunya.

    Offener Brief an die Generalitat de Catalunya.
    Lettera aperta alla Generalitat de Catalunya.

    Benvolguts senyores i senyors,

    Em congratulo molt sincerament que, des de ja fa uns anys, hi hagi una col·laboració en polà­tiques lingüístiques entre la meva regió, el Tirol del Sud, i la Generalitat de Catalunya, ja que la polà­tica llingüí­stica catalana és de les més avançades, inclusivistes i cohesionadores que existeix en regions i països amb més d’una llengua on n’hi ha una que requereix especial protecció.

    Tot i l’existència d’aquesta col·laboració, voldria fer-los saber uns quants aspectes que resulten en realitat gens favorables i manifestament contraris als objectius que es buscaven i pels quals la Generalitat de Catalunya va accedir a contribuir-hi. És per aquest motiu que els escric.

    1. No sé del cert si vostès són conscients que estan col·laborant (exclusivament) amb la conselleria de cultura italiana del Tirol del Sud. Això sería com si extistís una conselleria de cultura castellana a Catalunya. D’aquest fet cal ser-ne conscient.
    2. Aquesta conselleria és l’única del govern sud-tirolés que es dirigida per un representant d’un partit estatal italià, el Partit Democratic.
    3. El senyor Tommasini, Landesrat (conseller) de cultura italiana del Tirol del Sud està transformant l’escola pública italiana del Tirol del Sud en una escola bilingüe molt similar a la de les Balears. Sempre hi haurà  l’escola publica alemana, molt majoritaria, pero una escola bilingüe “balear” mai no s’acceptaria a Catalunya.
    4. Amb la “marca” de ‘Voluntariat per les Llengües’ (en català) la conselleria de cultura italiana està duent a terme un projecte de voluntariat d’alemany per a les ciutadanes i els ciutadans que no ho parlen prou bé. Peró al mateix temps (i amb la mateixa “marca”) s’està oferint als “nouvinguts” un Voluntariat especí­fic en la llengua de l’estat, quan aquí­ al Tirol del Sud tenim el mateix problema de desconeixement de les llengües “regionals” (alemany i lladí­) com a Catalunya. és a dir que amb la etiqueta de la Generalitat s’està duent a terme un projecte que no concorda amb la finalitat pel qual (crec) va ser pensat.
    5. El senyor Tommasini s’ha expressat sempre en sentit contrari a l’equiparació de l’alemany i del lladí­ a l’etiquetatge dels productes o a la “desoficialització” dels toponims italians, els quals van ser inventats pels feixistes en aquesta terra.
    6. Finalment, remarcar també que aquest conseller s’oposa al dret a decidir dels tirolesos del sud.
    7. La “manipulació” que es fa del projecte esmentat afecta fins i tot el comunicat de premsa de la Generalitat (http://premsa.gencat.cat/pres_fsvp/AppJava/notapremsavw/detall.do?id=272064) al voltant d’aquesta col·laboració, perquè s’hi troben només els termes “província autònoma de Bolzano”, quan a la Viquipèdia catalana la nostra terra es diu (correctament) Tirol del Sud i la capital es diu Bozen.

    M’agradaria que, en el marc de la col·laboració esmentada, s’expliquéssin als representants de la “cultura italiana” del Tirol del Sud els valors i el funcionament de tot el sistema de politica llingüística a Catalunya.

    Moltes gràcies. Atentament,

    Simon Constantini, Blogger
    www.brennerbasisdemokratie.eu



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