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  • Ombudsfrau watscht EU-Kommission ab.

    Die Europäische Bürgerbeauftragte, Emily O’Reilly, hat in einer offiziellen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass Äußerungen von Kommissionsmitgliedern über den etwaigen EU-Ausschluss Kataloniens im Fall der Loslösung von Spanien lediglich deren persönliche Meinung widerspiegeln und »nicht die offizielle Position der Institution« darstellen.

    Mehrere katalanische Abgeordnete zum europäischen Parlament hatten der Ombudsfrau die Vorfälle um die möglicherweise manipulierte Stellungnahme der EU-Kommission zur Kenntnis gebracht, die kurz vor den entscheidenden Wahlen vom 27. September veröffentlicht worden war.

    O’Reillys schriftliche Antwort ist eine regelrechte Watsche für die EU-Kommission, die seit Jahren behauptet, sezedierende Regionen müssten aus der EU ausscheiden und möglicherweise gar lange Wiederaufnahmeverfahren in Kauf nehmen. Der ehemalige italienische Ministerpräsident Romano Prodi hatte diese Auffassung in seiner Funktion als Kommissionspräsident 2004 als erster in den Raum gestellt. Sein Nachfolger Durà£o Barroso bestätigte die Position zehn Jahre später angesichts der schottischen Abstimmung, und kurz vor dem heurigen 27. September sagte der Pressesprecher von Jean-Claude Juncker, Margaritis Schinas, dass sich die Position der Kommission »seit 2004« nicht geändert habe.

    Die Stellungnahme der Ombudsfrau ist das erste offizielle Dokument einer EU-Institution, das sich auf ein Gutachten der Rechtsabteilung stützt. Und dessen Ergebnis lautet, dass die Verträge für den Fall der Sezession eines Teilgebiets von einem Mitgliedsstaat keinerlei Vorgaben machen.

    Man muss also schlussfolgern, dass die EU-Kommission während mehr als zehn Jahren ohne irgendeine rechtliche Grundlage persönliche Meinungen von Kommissionsmitgliedern als offizielle Position der Europäischen Union verkauft hat. Das wäre im schlimmsten Fall nicht nur ein — wenngleich nicht notwendigerweise juristisch relevanter — Missbrauch, sondern auch eine Einmischung und Beeinflussung des schottischen Unabhängigkeitsreferendums, der katalanischen Wahlen und möglicher weiterer Unabhängigkeitsprozesse in Europa.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Absicherungen.
    Quotation

    In der Politik gibt es keine Garantie. […] Und von wegen endgültiger Absicherung, da braucht man sich nur das Finanzabkommen anzuschauen. […] Da von einer Absicherung zu reden, habe ich lächerlich gefunden, denn es handelt sich um kein Abkommen mit Österreich, sondern um einen Briefwechsel zwischen einem Ministerpräsidenten und einem Bundeskanzler. […] Aber fürs Zahlen brauchen wir eh keine Absicherung. Wir haben vielmehr statuarisch freiwillig verankert, fast eine Milliarde jährlich nach Rom abführen zu müssen. Der Staat kann die Summe erhöhen, wenn der Schuldenberg und Zinsen Italiens steigen. Und wenn wir vors Verfassungsgericht ziehen, dann geht es uns wie mit dem Mailänder Abkommen. Da haben wir fast alle Verfahren gewonnen und trotzdem keinen Cent gekriegt. […]

    Aus dem Interview mit dem ehemaligen SVP-Senator Oskar Peterlini, Dolomiten, 14. Oktober 2015.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 || 01



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  • Sprachliches Risiko.
    Quotation

    Die massive Verwendung einer Sprache in der internationalen Kommunikation weist zahlreiche positive Aspekte auf wie die Vereinfachung des Austausches und der Kommunikation zwischen Personen aus verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichem Hintergrund. Sie wird aber auch als mögliche “Gefahr” für die Nationalsprachen [sic] im Sinne einer Schwächung derselben gesehen. […] Die Ladiner und die Gemischtsprachigen sind verhältnismäßig am meisten besorgt, dass die Nationalsprachen geschwächt werden könnten. Diese Wahrnehmung der Südtiroler Bevölkerung hängt auch mit dem Studientitel [sic] zusammen. Je höher dieser ist, desto höher ist der Anteil der Personen, die nicht befürchten, dass Englisch die Nationalsprachen schwächen könnte.

    Hervorhebung von mir. Quelle: ASTAT-Sprachbarometer 2014, S. 78ff.

    Ich maße mir keine unmittelbare Interpretation an, möchte aber diesen Zusammenhang unterstreichen: Die »Gemischtsprachigen« (per Definition) und die Ladinerinnen (aufgrund ihres Schulsystems) gelten als diejenigen in Südtirol, die am meisten direkte Erfahrung mit Mehrsprachigkeit und deren Auswirkungen haben. Ist es da nicht erstaunlich — und sollte es nicht zu denken geben — dass gerade sie die größten Befürchtungen nähren, dass eine Sprache eine »Gefahr«, ein Schwächungsrisiko für andere Sprachen sein könnte?


    Hinweis: Unbeschadet des obigen Zitats aus dem Sprachbarometer beantworteten die Frage »Inwieweit sind Sie mit der Aussage “Englisch als internationale Kommunikationssprache bedingt eine Schwächung der Nationalsprachen” einverstanden?« alle berücksichtigten »Sprachgruppen« (Deutsch, Italienisch, Ladinisch, Andere, »Gemischtsprachig«) mehrheitlich mit »wenig einverstanden« oder »überhaupt nicht einverstanden«.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Der gute und der schlechte Ton.

    »Wie der Kurier in seiner morgigen Ausgabe berichtet …«, sagt Armin Wolf gelegentlich in der ZIB2. »Unter Berufung auf die EU-Kommission berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung«, schreibt stol.it in einem Bericht über Dieselpreise. »Die renommierte Süddeutsche Zeitung kritisiert den Ausschluss der Brixner Band Frei.Wild von der ECHO-Verleihung«, liest man auf tageszeitung.it.

    Unlängst machte die Geschichte über eine ziemlich unkritische Darstellung des Siegesdenkmals zu Tourismuswerbezwecken durch die SMG publik. Gar einige Medien im Lande griffen in der Folge die Story auf.

    A puntare il dito contro la scelta di marketing di SMG il sito brennerbasisdemokratie.ue (sic)

    schreibt Salto. Unsertirol24.com leitet seinen Artikel über den SMG-Fauxpas ebenfalls mit einem Hinweis auf unseren Blog ein:

    Wie die Plattform »Brennerbasisdemokratie« () gestern bekanntmachte, wirbt die SMG im Internet mit dem Siegesdenkmal in Bozen.

    Dass Journalisten, wenn sie Geschichten aus einem anderen Medium “abstauben”, auf die Quelle verweisen, gehört zum guten Ton und ist Usance. Auch auf — wenngleich wir kein professionelles Medium sind — wird dieser Aspekt journalistischer Ethik rigoros befolgt.

    Umgekehrt findet man in Athesia-Medien (und mitunter auch bei der Tageszeitung) so gut wie nie einen Verweis auf , auch wenn die Geschichten ganz offensichtlich von unserem Blog stammen. Rein zufällig einen Tag nachdem wir über das mehrere Wochen alte Siegesdenkmal-Bild berichteten, fiel auch stol.it auf einmal ein, dass sie zu dieser Werbeaktion ein Interview mit SMG-Mitarbeiter Florian Castlunger machen könnten.

    Es war dies beileibe nicht das erste Mal, dass man sich am Weinbergweg von inspirieren ließ — ohne die Quelle der Inspiration preiszugeben. Als wir vor einiger Zeit über die eigentümlichen Willkommensgrüße in Innichen berichteten, übernahmen die Dolomiten die Geschichte und dazu sogar noch ungefragt das eigenhändig geschossene Foto, das zum Artikel im Blog unter »Creative Commons«-Lizenz für nicht-kommerzielle Zwecke veröffentlicht wurde. Im Artikel selbst wurde nicht erwähnt.

    Allen Abstaubern sei diese lehrreiche Lektüre ans Herz gelegt:
    Basiswissen Journalismus: Presserecht für Journalisten und Blogger.



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  • Blut und Boden.

    Italien ist dabei, sich zumindest ein Stück weit vom nationalstaatlichen Prinzip zu verabschieden. Gestern wurde in der Abgeordnetenkammer ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz verabschiedet (310 Ja, 83 Enthaltungen, 66 Nein), dem allerdings der Senat noch zustimmen muss.

    Das neue Gesetz folgt weitgehend dem ius soli (Geburtsortsprinzip). Die italienische Staatsbürgerschaft ist also fortan nicht mehr nur abhängig von der Staatsbürgerschaft der Eltern (Abstammungsprinzip ius sanguinis), sondern auch vom Geburtsort. Menschen, die in Italien geboren wurden bzw. vor dem 12. Lebensjahr nach Italien gekommen und hier ansässig sind, haben automatisch das Recht, die italienische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Während Vertreter von PD und SEL applaudieren und von einem Schritt nach vorne sprechen, schäumen die Rechten und (Post)Faschisten und kündigen an, ein abschaffendes Referendum in die Wege leiten zu wollen.

    Mit Ausnahme von ein paar Staaten (Frankreich, Deutschland, Irland, Portugal und UK), wo zusätzlich zum ius sanguinis das ius soli mit Einschränkungen zur Anwendung kommt, herrscht in Europa “Blutrecht” und nicht “Territorialrecht”. Mit der Staatsbürgerschaft sind wesentliche Rechte und Pflichten verbunden. Es ist nicht einzusehen, warum diese Rechte und Pflichten Menschen, die hier geboren wurden und hier ihren Lebensmittelpunkt haben, vorenthalten bleiben – nur weil ihre Eltern anderer Herkunft sind. Ius soli ist eine längst überfällige Maßnahme, um Gleichberechtigung zwischen den Bewohnern eines Territoriums herzustellen und der nationalen Idee endgültig den Garaus zu machen.

    Bleibt zu hoffen, dass weitere europäische Länder dem italienischen Beispiel folgen und sich von antiquierten und nationalistischen Regelungen (wie beispielsweise den österreichischen) verabschieden.

    Cëla enghe: 01



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  • Alex Salmond about… elephants.

    The interview of Catalan public television TV3 with Scotland’s former First Minister Alex Salmond, in English with Catalan subtitles:

    And some excerpts (transcription by ):

    President Juncker who has been more wise for the most part than his predecessor, president Barroso, should be encouraged to believe and to promulgate the view that the European Commission is there for all of the people of Europe. […] The European Commission’s job is to treat all European citizens equally, not to be favourable to state power or to individual governments, but to treat the citizens of Europe according to the European ideal. And if it doesn’t do that, then Europe is lost.

    The views of David Cameron, who is half way out of the exit door of Europe, talking about people in cues, is just absurd. […] David Cameron has no influence on people in Scotland, nevermind on people in Catalonia.

    What you should expect from international observers, whether sympathetic like me or hostile like David Cameron, is not a support for a “yes” or a “no”, but support for a process by which firstly people in Catalonia are able to decide and secondly, whatever they decide, they are part and accepted as a European democratic family.

    I entered politics in 1987 and for many years i was frustrated. I had consternation, I had no apparent way to achieve the ambition I had. But through all these years despite my frustration I went on to the next challenge. […] Now we lost the referendum, but we won the general election and the process goes on. […] I’ve lived through this, I’ve spent 30 years living through frustration, but you have to take it, accept it, consolidate the gains and move on and look for the next opportunity.

    We live in liberal democracies where people express themselves non-violently, through a ballot box, and if we ever disregard that means of settling our aspirations then we risk enormous things — so: everyone, Madrid, London, the European Commission, the President of the United States of America, should accept the right of people to decide. […] If 230-240 years ago the founding fathers of America said “oh my godness me, we mustn’t ask for American independence because other people don’t like it”, then they wouldn’t be the United States of America.

    Life is full of ironies, in Scotland we had the process without the result, [while] in Catalonia you got the result without the process… (laughs)… so, you must retain your sense of humor about these things.

    It’s about like having an elephant in your living room: it’s very difficult to describe the process by which it arrives, but when it does arrive, there is no doubting that it’s there.

    See also: 01 02 03 04 05



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  • Sprachen: Gleichstellung verbessert.

    Artikel 99 des Autonomiestatuts schreibt fest, dass die deutsche und die italienische Sprache in Südtirol gleichgestellt sind. Umgesetzt ist diese Vorschrift bislang nur lückenhaft, etwa im Konsumentenschutz.

    Aber auch als Amtssprache war Italienisch bislang dem Deutschen übergeordnet: Laut Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut wäre die deutsche Sprache ausschließlich der ansässigen Minderheit, also italienischen StaatsbürgerInnen deutscher Muttersprache, vorbehalten. In Zeiten massiver Migrationsbewegugen hieße dies, die Südtiroler Mehrheitssprache quasi als »rezessiv« abzustempeln — während für »neue Südtirolerinnen«, selbst aus dem deutschsprachigen Ausland, kein Anspruch auf Gebrauch der deutschen Sprache bestanden hätte.

    Gleich zweimal musste der EuGH Italien verurteilen, weil er diese Diskriminierung von EU-Bürgerinnen beim Gebrauch von Deutsch als Gerichtssprache nicht akzeptiert. Darüberhinaus intervenierte auch die EU-Kommission in Rom.

    Auf Druck der EU hat nun der italienische Ministerrat eine neue Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut genehmigt, die die Amtssprachen Deutsch und Italienisch auch für EU- und selbst für Nicht-EU-BürgerInnen gleichstellt.

    Ein Teil des Autonomiestatuts von 1972 wird somit dank Europa endlich umgesetzt; dies ist eine in ihrer Wichtigkeit kaum zu überschätzende Voraussetzung zur Integration und Inklusion von neuen Südtirolerinnen in die mehrsprachige Realität unseres Landes. Auch sie haben fortan das Recht, im Amtsgebrauch zwischen Deutsch und Italienisch zu wählen.

    Cëla enghe: 01



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