Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Sportliches Urteil.

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    1 Comentâr → on Sportliches Urteil.

    Der Internationale Sportgerichtshof (TAS) in Lausanne hat eine u. U. auch für Südtirol relevante Entscheidung gefällt, indem er einen Einspruch des spanischen Kegelverbandes abgewiesen hat. Dieser wollte eine Vollmitgliedschaft der Federació Catalana de Bitlles i Bowling (FCBB) im entsprechenden internationalen Verband verhindern.

    Nachdem die International Bowling Federation im August 2007 die Katalanen aufgenommen hatte, reklamierte Madrid zuerst dort und dann vor dem Internationalen Sportsgerichtshof – beides Mal erfolglos. Obschon spanische Gesetze die Einschreibung »regionaler« Teams in internationale Verbände untersagen, entschied der TAS, dass ausschließlich die Statuten des jeweiligen internationalen Sportverbandes Geltung hätten.

    Dadurch kann Katalonien — mit dem Segen aus Lausanne — nun auch in dieser Sportart selbständig an internationalen Bewerben teilnehmen.


    Nachtrag vom 10.05.2008:

    Letzte Woche wies der Internationale Sportgerichthof (TAS) im schweizerischen Lausanne den Einspruch der »Federación Española de Bolos« (FEB) zurück, mit dem diese auf die Aufnahme der »Federació Catalana de Bitlles« (FCBB) als Vollmitglied des internationalen Verbandes dieser Sportart (FIQ) reagiert hatte.

    Das Hauptargument des TAS lautet, dass sich der Internationale Bowlingverband nicht an die spanische Gesetzgebung halten müsse, wie hingegen die spanischen Verbände in diesem und ähnlich gelegenen Fällen stets zu argumentieren suchten, um die Katalanen von internationalen Sportverbänden fernzuhalten.

    Der TAS stellte hingegen fest, dass das spanische Recht nicht als Teil der Normen gelten könne, welche die Existenz, die Struktur oder die Organisation eines internationalen Verbandes regeln. Außerdem könnten sich die Aufnahmekriterien nicht an den gesetzlichen Vorschriften anderer Mitgliedsländer des Vereins oder Verbandes orientieren. Laut TAS wäre es unvorstellbar, einem internationalen Verband (…) die Gesetzgebung all seiner Mitglieder anzulegen, weil dies eine Ungleichbehandlung unter den Mitgliedern selbst zur Folge haben könnte.

    Länder könnten sich sonst gegenseitig per Gesetz die Mitgliedschaft in internationalen Verbänden verbieten. Allein dies zeigt die Absurdität der Forderung, Gesetze eines Mitgliedsstaates auf internationale Verbände auszudehnen. Der TAS argumentiert, dass man unter Umständen das Recht des Staates anwenden könne, in dem der Verband seinen Sitz hat, gegen dessen Entscheidung die FEB rekurriert. Wenn der TAS sich auch davon entferne [und das dürfe er], tue er dies nie, um sich an den Gesetzen anderer Staaten zu orientieren, sondern lediglich an den Grundprinzipien einer höher anzusiedelnden Lex Sportiva.

    Der spanische Verband argumentierte zudem, die Aufnahme des katalanischen Verbandes widerspreche »internationalen Regeln«, die »universell durch die Staatengemeinschaft anerkannt« seien. Dagegen wandte der TAS ein, dass auch dies eher als spanische Sicht zu gelten habe, weil dort ein staatliches Gesetz vorschreibe, dass ausschließlich ein Verband das gesamte Territorium international repräsentieren darf. Es gebe jedoch dutzende Staaten, wo dies nicht der Fall ist. Der TAS nannte ausdrücklich das Vereinigte Königsreich, wo territoriale Verbände auch nur Teile des Landes international vertreten, welche dann auch gegeneinander antreten.

    Der TAS schlussfolgert daraus, dass man die nationale Gesetzgebung als für internationale Verbände nicht bindend anzusehen habe. Aus diesem Grund werde man auch auf einen eventuell vorhandenen Konflikt zwischen spanischer und katalanischer Gesetzgebung nicht eingehen.

    Die Wichtigkeit und Relevanz dieses Beschlusses sind herausragend, da es sich um einen Präzedenzfall handelt, mit dem der TAS Rechtsgeschichte schreibt. Weitere katalanische Verbände wollen sich darauf berufen. Der TAS hat als höchste Sportautorität die Türen für die Einschreibung katalanischer in all jene internationalen Verbände geöffnet, welche in ihren eigenen Statuten nicht vorschreiben, dass sämtliche Mitglieder durch die UNO anerkannte Staaten sein müssen. Laut Rafael Niubó, ehemaliger Sportminister der Generalitat, kann die Wichtigkeit dieses Urteils mit jener des Bosmann-Urteils im Fußball verglichen werden.

    Im Augenblick gibt es 47 katalanische Verbände, die sofort für eine internationale Vollmitgliedschaft in Frage kommen, da die jeweiligen internationalen Verbände keine restriktiven Vorschriften haben – sowohl intern als auch in Bezug auf die Gesetzgebung der Staaten, in denen sie ihren Sitz haben. Dazu gehören zum Beispiel der Leichtathletik-, Handball- und Schwimmverband.

    Carmelo Paniagua.

    Noch erinnern wir uns an Carmelo Paniagua vom spanischen Hockeyverband, der während des Gipfels der FIRS in Rom seinen spanischen Reisepass gezeigt hat – als gewichtigsten Grund gegen eine Vollmitgliedschaft der Katalanen in diesem Verband. Erinnern wir uns daran, denn schon bald könnte diese Auffassung der Vergangenheit angehören.

    Quelle: Racó Català  (24.04.2008)
    Übersetzung:



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  • Kleine Sammlung…

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    9 Comentârs → on Kleine Sammlung…
    …alter und neuer Plakate einer Regierungspartei

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Dreh- und Angelpunkt.

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    95 Comentârs → on Dreh- und Angelpunkt.

    Angesichts des Wahlausgangs in Südtirol — aus aktuellem Anlass also — möchte ich hier einige Überlegungen veröffentlichen, die ich schon vor längerer Zeit niedergeschrieben hatte.

    Die Südtiroler Rechtsparteien propagieren ein Selbstbestimmungsmodell, das auf die Rückkehr in die Vergangenheit, ins angeblich Rechtmäßige setzt. Sie träumen de facto davon, den Zustand wiederherzustellen, wie er war, bevor die ungerechte Teilung dieses Landes vollzogen wurde. Das ist ein Traum, der niemals realisiert werden kann, weil man das Rad der Zeit nicht wieder zurückdrehen kann.

    Es wurde in diesem Blog schon mehrmals geschrieben — es ist sogar die Grundlage seiner Existenz — doch ich finde es wichtig, dieses Problem ganz ausdrücklich anzusprechen: Die Rechtsparteien, die sich für die Unabhängigkeit dieses Landes stark machen, scheinen nicht verstanden zu haben, dass die Forderung nach Unabhängigkeit nicht ein politisches Thema per se sein kann, sondern nach einem gesamtgesellschaftlichen Projekt verlangt. Nicht nur kann es sich nicht gegen einen Teil der hier ansässigen Bevölkerung richten, es darf auch niemanden am Rande liegen lassen. Gerade die Italiener hier im Lande — bzw. die Gesamtgesellschaft — müssen im Mittelpunkt dieser Entwicklung stehen. Das ist der Dreh- und Angelpunkt der Angelegenheit, kein Detail, das man beiläufig lösen kann.

    Die Abspaltung vom Nationalstaat Italien kann nur dann glücken — und hat auch nur dann Sinn! — wenn wir dadurch eine innere Befriedung erreichen können. Aus diesem Grund ist das Engagement der Rechten für dieses Ziel (so wie sie agieren) nicht nur aussichtslos, sondern auch noch kontraproduktiv. Jeder Ansatz, der ohne ein gesamtgesellschaftliches Konzept auszukommen glaubt, jedes Projekt, das nicht zuallererst auf die Korrektur der bestehenden Schieflage (ein großer Teil der Gesellschaft fühlt sich ausgeschlossen, ja sogar angegriffen) setzt, entfernt uns weiter von dem Ziel, einst in einem befriedeten Land gemeinsam frei über unsere Zukunft befinden zu dürfen. Nicht die Auslöschung eines Unrechts kann man durch die Unabhängigkeit erreichen, sondern etwas völlig Neues…



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  • Der Nächste…?

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    4 Comentârs → on Der Nächste…?

    Cercle.Der Vorsitzende des Cercle d’Estudis Sobiranistes, Alfons López Tena*, wird morgen in Brüssel die Notwendigkeit vertreten, dass die EU eine juristische Grundlage für die »innere Erweiterung« schaffe — für den Fall, dass sich eine Region mittels basisdemokratischer Abstimmung friedlich von einem Mitgliedsstaat löst.

    Den Rahmen für seine Forderung wird die Konferenz Katalonien, nächster Staat Europas? bieten, die der Journalist Vicent Partal organisiert und moderiert. Unter den zahlreichen Gästen werden sich Mitglieder des Europäischen Parlaments, Funktionäre der Kommission, Journalisten aus zahlreichen Mitgliedsländern, Lobbyisten und Politikwissenschaftler befinden, die bereits ihre Anwesenheit bestätigt haben. Als Jurist wird López Tena die juristische Plausibilität der Annahme vertreten, dass aus Mitgliedsstaaten hervorgehende Regionen, die die Unabhängigkeit erlangen, ohne Unterbrechung Teil der Union und von Verträgen wie dem Schengen-Abkommen und selbst des Euroraums bleiben können.

    *) Alfons López Tena ist Sohn spanischer Einwanderer und Ausschussmitglied des spanischen Justiz-Generalrats (vergleichbar mit dem italienischen Consiglio Superiore della Magistratura).


    Nachtrag vom 17.04.2008:

    Die Wiener Konvention würde es Katalonien gestatten, im Falle der Unabhängigkeit EU-Mitglied zu bleiben

    Alfons López Tena, Präsident des Cercle d’Estudis Sobiranistes und Ausschussmitglied des [spanischen] Justiz-Generalrats hat am [heutigen] Donnerstag in Brüssel die Ansicht vertreten, Katalonien könne gemäß internationalem Recht EU-Mitglied bleiben, falls es die Unabhängigkeit von Spanien erlangt.

    López Tena hat argumentiert, Artikel 17 der Wiener Konvention von 1978 lege fest, dass ein Land, das sich von einem anderen abspaltet, das Recht hat, die durch diesen Staat eingegangenen Verpflichtungen fortzuführen. Dies hieße konkret, Katalonien müsste in diesem Fall nichts anderes tun, als seine Absicht, weiterhin in der EU zu bleiben, den anderen 26 Mitgliedsstaaten mitzuteilen.

    Während seines Vortrags mit dem Titel Katalonien, nächster Staat Europas? Die Frage der inneren Erweiterung, ein neuer Prozess in der EU hat López Tena darauf hingewiesen, dass Spanien einem unabhängigen Katalonien auch nicht die Grenzen absperren könnte [wie dies Serbien mit Kosovo gemacht hat], denn diese Befugnis stehe nicht der spanischen, sondern der europäischen Verwaltung zu.

    […]

    Der Vertrag von Lissabon, der 2009 in Kraft treten soll, beinhaltet keine spezifische Regelung für den Fall einer Abspaltung von Regionen, die derzeit zu EU-Mitgliedsstaaten gehören – wie etwa Katalonien, Euskadi, Schottland, Flandern oder Wales. Die spanische Regierung von José Maria Aznar hatte ursprünglich einen Vorstoß gemacht, eine »Klausel über die Unantastbarkeit von Grenzen in der EU« einzuführen, den Vorschlag jedoch wieder zurückgezogen, »als klar wurde, dass dies auch die Hoffnung begraben würde, sich früher oder später Gibraltar einzuverleiben«. López Tena hat erklärt, dass in Abwesenheit einer gemeinschaftlichen Norm das Völkerrecht zur Anwendung kommt, das die EU-Mitglieder ja unterzeichnet haben«.

    Die Wiener Konvention von 1978 legt in ihrem Artikel 16 fest, dass ein neuer Staat keiner Verpflichtung unterliegt, Verträge zu erfüllen, die der Ursprungsstaat unterzeichnet hat. Der bereits genannte Artikel 17 sieht jedoch vor, dass der neue Staat das Recht hat, Teil dieser Verträge zu bleiben. Falls Katalonien also je die Unabhängigkeit erlangt, kann es kraft dieser Konvention eigenständig darüber entscheiden, ob es Teil der EU bleiben möchte oder nicht – und diese Entscheidung den anderen Mitgliedsstaaten mitteilen.

    Aus der Tageszeitung Avui, Übersetzung:



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  • Böses Erwachen.

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    22 Comentârs → on Böses Erwachen.

    Berlusconi kehrt zurück. Das hätte man vermuten können, wenn auch nicht mit dem sich abzeichnenden, enormen Vorsprung. So weit, so schlecht. Die neue Regierung wird jedoch maßgeblich unter dem Einfluss einer rassistischen, totgeglaubten Partei wie die Lega Nord stehen, die im Norden des Landes erschreckend hohe Ergebnisse einfahren konnte.

    Zweiparteiensystem. Unter der radikalen, aber unausgegorenen Polarisierung der politischen Landschaft leidet vor allem die Regenbogenlinke (Grüne, Kommunisten), die im neuen Parlament nicht mehr vertreten sein wird.

    In Südtirol folgt Klaudia Resch (Egaburvanda) dem staatsweiten Trend ihres Bündnisses und verfehlt den Einzug ins Parlament. Die Volkspartei verliert vor allem in ländlichen Gegenden stark zugunsten der populistischen, fremdenfeindlichen Freiheitlichen. Die profitieren auch davon, dass die ökosozialen Kräfte keine Antwort auf den Wunsch nach mehr Eigenständigkeit haben. In den Städten muss die Volkspartei aufgrund der nivellierenden Polarisierung ebenfalls Federn lassen – meist zugunsten der Demokraten, die ein erfrischendes Ergebnis einfahren, und damit Oskar Peterlinis Wiederwahl ermöglichen.

    Die Zugehörigkeit zu dieser Bananenrepublik scheint jedenfalls immer mehr ein (zu) hoher Preis für die »Wechselperspektive« zu sein. Inwiefern kann Italien noch ein ausgleichender (und nicht destabilisierender) Faktor sein? Und inwieweit kann es sich die Linke in Südtirol leisten, den Wunsch nach Eigenstaatlichkeit den ethnischen Spaltern zu überlassen?

    Siehe auch: 01 02



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  • Standortbestimmung.

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    8 Comentârs → on Standortbestimmung.

    Verschiedene Webseiten bieten seit Jahren die recht »sportliche« und nicht ganz ernstzunehmende Möglichkeit, die Übereinstimmung der eigenen Ideen mit den Programmen kandidierender Parteien unter die Lupe zu nehmen. Selbstverständlich wird dabei die besondere Situation Südtirols vernachlässigt.

    Und das sind meine Ergebnisse:

    la Repubblica (der einäugige Avatar zeigt meine Position):

    Politometro.

    Voisietequi.it:

    Political Compass (die rote Kugel zeigt meine Position):



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  • Das Land, wo die Zitronen blüh’n.
    Italienische Krisen, Skandale & Besonderheiten

    Gammelkäse-Skandal (Juli 2006): Die Gesundheitspolizei deckt in Sizilien die systematische Wiederverwertung verfallenen Käses auf, der neu verarbeitet und erneut auf den Markt gebracht worden sein soll.

    Prozess-Stopp (Sommer 2008): Gegen klare Vorbehalte des Staatspräsidenten, des Rats der Staatsanwälte und trotz eines Aufrufs von 100 Verfassungsexperten hält Berlusconi an seinen Plänen fest, per Dekret hunderte von Strafprozessen anzuhalten. Dies kommt vor allem einem zugute: Ihm selbst. Außerdem sollen die höchsten Amtsträger des Landes Immunität genießen.

    Wahlkrise (April 2008): Die Kleinstpartei Nuova Democrazia Cristiana des Giuseppe Pizza hält das gesamte Land einige Tage in Bann. Sie hat es in der Hand, die Neuwahlen aufschieben zu lassen, weil sie davon laut einem Gericht ungerechtfertigt ausgeschlossen wurde. – Umberto Bossi, ehemaliger Minister und Chef der Lega Nord droht mit Waffengewalt, sollten die missverständlichen Wahlzettel nicht abgeändert werden. Sie entsprechen jedoch den Vorgaben des Porcellum (s. weiter unten).

    Velenitaly (April 2008): Das Wochenmagazin l’espresso deckt Weinpanscherei in großem Stil auf, die den Ruf des italienischen (und Südtiroler) Weines zu zerstören droht. 1

    Regierungskrise(n): Anfang 2008 zerbricht die 59. italienische Regierung der Nachkriegszeit: Standesgemäß an einem Justizskandal, in den der Justizminister verwickelt ist. Anstatt zurückzutreten, zieht er das gesamte Kabinett mit ins Verderben.

    Alitalia-Konkurs: Die nationale italienische Fluggesellschaft ist insolvent und soll veräußert werden. Nach inakzeptablen Forderungen der Gewerkschaften bricht der einzige Interessent Air France die Verhandlungen ab.

    Müllnotstand: Seit rund 15 Jahren ungelöstes Problem der Müllbeseitigung in der Region Kampanien. Hunderte Mio. Euro in den Sand gesetzt. Zivilschutz und Heer vergeblich in großem Stil eingesetzt. Größtes zusammenhängendes bodenverseuchtes Areal der Welt, keine einzige Bonifizierung eingeleitet. Vergiftete pflanzliche und tierische Lebensmittel, erhöhte Krebsraten, der Ruf eines ganzen Landes wiederholt international strapaziert.

    Italia.it: Rund 45 Mio. Euro für ein Tourismusportal in den Sand gesetzt, das nie richtig gestartet und heute schon nicht mehr online ist. Wieviel von dem Geld tatsächlich ausgegeben wurde, ist noch heute unklar. [b] 01

    Telecom-Sismi-Skandal: Im September 2006 werden die breit angelegten illegalen Abhörpraktiken der italienischen Telecom aufgedeckt, die vor allem im Auftrag der eigenen Firmengruppe und der Firma Pirelli agiert hat. Verwickelt sind auch Mitglieder von Polizei, Carabinieri und Finanzwache. Es wurden enorme Mengen sensibler Daten gesammelt, gespeichert und archiviert.

    Fußballskandal 2005/06: Die Manipulation der italienischen Meisterschaft in großem Stil (Calciopoli) wird aufgedeckt. [W]

    Porcellum: Die Mitterechts-Regierung verabschiedet ein neues Wahlgesetz mit der klaren Absicht, der Opposition zu schaden. Vorzugsstimmen werden abgeschafft, die Wahllisten stellen die Zentralparteien zusammen. Dem Wähler bleibt »keine Wahl«. Roberto Calderoli von der Lega Nord, Erstunterzeichner des Gesetzes, nennt es nachträglich »eine Schweinerei«. Breiter Protest oder die Abstrafung durch die Wähler bleiben aus. [Y]

    Maßgeschneiderte Gesetze: Regierungschef Silvio Berlusconi verabschiedet während seiner Regierungszeit zahlreiche ad-personam-Gesetze, die seine Situation in zahlreichen Prozessen wesentlich verbessert. Zu nennen sind besonders: Ex-Cirielli-Gesetz (Verminderung der Verjährungsfristen), Cirami-Gesetz (sog. legitimer Verdacht), Schifani-Gesetz (Prozessfreiheit für die fünf höchsten Staatsämter), Herabsetzung der Strafen im Falle von Bilanzfälschung. [Y]

    Verjährungen: Italien ist eines der wenigen westlichen Länder, wo Verjährungsfristen nicht enden, wenn ein Verfahren aufgenommen wird. Dies hat u. a. zur Folge, dass der Angeklagte kein Interesse an einem raschen Prozess hat und dessen Abwicklung zu behindern sucht.

    Laziogate (2005): Der damalige Präsident der Region Latium soll seine beiden Konkurrenten Piero Marrazzo und Alessandra Mussolini illegal bespitzeln lassen haben; bei letzterer ließ er auch die Echtheit der für die Aufstellung nötigen Unterschriften illegal überprüfen. Im Anschluss an seine Wahlniederlage wurde er zum Gesundheitsminister befördert.

    Steuern (November 2004): Bei einem offiziellen Treffen mit der Finanzpolizei rechtfertigt Regierungschef Berlusconi die Steuerhinterziehung. Eine Steuerlast von über 30% sei eine Form von »Überwältigung« – das sei ein Naturgesetz. Wenn die Besteuerung diese Grenze übersteigt, sei es normal, dass die Bürger Auswege suchen.

    Der Minister und die Schwulen (Oktober 2004): Mirko Tremaglia, Minister für Auslandsitaliener und ehemaliger Freiwilliger der Sozialrepublik Italien [!], reagiert empört auf die Zurückweisung Rocco Buttigliones als EU-Kommissar. Auf Briefpapier seines Ministeriums schreibt er: Armes Europa, die Schwuchteln (culattoni) sind schon in der Mehrheit.

    Zurückweisung Buttigliones (2004): Rocco Buttiglione, designiertes italienisches Mitglied der EU-Kommission (mit Zuständigkeit für die Bereiche Justiz, Freiheit und Sicherheit) unter José Durão Barroso gerät nach einer Anhörung durch das Europäische Parlament scharf in die Kritik, weil er u. a. die Homosexualität als Anzeichen »mentaler Unordnung« und als Sünde bezeichnet hatte. Einige Tage darauf bestätigt er seine Aussagen und fügt hinzu: »I bambini che hanno solo una madre e non hanno padre sono figli di una madre non molto buona. E i bambini che hanno solo un padre non sono bambini perché un uomo da solo può fare un robot. Ma non può fare bambini.« Vor Buttiglione war noch nie ein angehender Kommissar zum Verzicht gezwungen worden.

    Parmalat-Betrug (2003): Einer der größten Unternehmensskandale der Geschichte wird Ende 2003 aufgedeckt. Firmengründer Callisto Tanzi soll dabei – vor seiner Verhaftung wegen Bilanzfälschung und Geldwäsche – enorme Geldsummen in Steuerparadiesen in Sicherheit gebracht haben.

    Stefano Stefani und die Deutschen (2003): Kurz nach dem Eklat im Europaparlament erneut ein Zwischenfall, der die deutsch-italienischen Beziehungen belastet. Ausgerechnet der Staatssekretär für Tourismus bezeichnet in einem Interview an die eigene Parteizeitung (la Padania) die deutschen Urlauber pauschal als blonde Supernationalisten, die Jahr für Jahr »lärmend unsere Strände überfallen«. Daraufhin sagt der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder seinen geplanten Italienurlaub ab.

    Eklat im Europaparlament (Juli 2003): Berlusconi beleidigt als angehender Ratspräsident den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Fraktion mit einem haarsträubenden Nazivergleich. [Y]

    Bulgarisches Edikt (18.04.2002): Während eines Staatsbesuchs in Bulgarien nennt Regierungschef Berlusconi die Namen zweier unangenehmer Journalisten und eines Komikers. Enzo Biagi, Michele Santoro und Daniele Luttazzi werden von einer politisch eingefärbten Intendanz aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen RAI geworfen. [Y]

    Schwarzarbeit (Dezember 2002): Anlässlich der Krisensituation bei Fiat äußert sich Regierungschef Berlusconi gegenüber Rete4 zuversichtlich, die Mitarbeiter des Konzerns könnten Zweitjobs finden, notfalls auch »inoffiziell«.

    Nigergate (2002): Der italienische Geheimdienst SISMI liefert den USA zeitgerecht einen gefälschten Bericht, wonach der Irak in Niger Uranium für Massenvernichtungswaffen gekauft hätte. Es wird einer der wichtigsten Beweise, mit denen US-Außenminister Colin Powell den Angriff auf den Golfstaat vor dem UNO-Sicherheitsrat zu legitimieren versucht. [W]

    G8-Gipfel in Genua (Juli 2001): Während des Gipfels kommt es in der Hafenstadt zu bürgerkriegsähnlichen Vorfällen. Die italienische Polizei trägt maßgeblich zur Eskalation bei, bedient sich martialischer Methoden und wendet auch gegen friedliche Demostranten massiv Gewalt an. Amnesty International spricht in diesem Zusammenhang von der weitestgehenden Außerkraftsetzung demokratischer Grundrechte durch Staatsorgane seit dem zweiten Weltkrieg. In der Kaserne von Bolzaneto sollen Festgenommene in großem Stil gefoltert und misshandelt worden sein. Bei einer Razzia in der Diaz-Schule wurden schlafende Globalisierungskritiker und akkreditierte Journalisten offenbar grundlos von der Polizei angegriffen. Es wird nachgewiesen, dass die Polizei Beweismaterial gefälscht hat. Im Anschluss an den Gipfel wurde gegen zahlreiche Polizeibeamte Anklage erhoben, es ist jedoch bis heute zu keinem Urteil gekommen. Eine angekündigte parlamentarische Untersuchungskommission ist ebenfalls ausgeblieben. 01 02 03 [W]

    Regenbogen-Mission (1999): Die Mission sollte den arg gebeutelten Kosovo retten helfen, doch eine Solidaritätswelle ohnegleichen endetet im Desaster. Mehr als die Hälfte von Geld und Gütern sind nie am Balkan angelangt, wurden veruntreut, abgelagert, verfallen lassen. Das Wochenmagazin Panorama deckt den Skandal auf, es kommt zu einem Prozess mit 24 Angeklagten und 19 Schuldsprüchen.

    Interessenskonflikt (1994 bis heute): Nach Tangentopolis tritt Medienzar Silvio Berlusconi in die italienische Politik ein und wird unmittelbar zum Regierungschef gewählt. Durch Gefälligkeiten des ehemaligen Sozialistenchefs Bettino Craxi hatte er in den 80er-Jahren sein Medienimperium am Gesetz vorbei aufgebaut – dies galt es nun zu verteidigen. Selbst die Mittelinksregierungen schafften es in der Folge nicht, ein Gesetz zu verabschieden, das den Interessenskonflikt regelt.

    Tangentopolis: Durch mutige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die jahrzehntelang an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert wurde, wird fast eine gesamte Politikergeneration weggefegt. Die daraus resultierende neue Politik enttäuscht die Erwartungen der Bürger abermals.

    Politikergehälter: Italienische Politiker beziehen im internationalen Vergleich geradezu astronomische Gehälter. Dies steht im Widerspruch zur erbrachten Leistung, zur Glaubwürdigkeit, die italienische Abgeordnete im Schnitt bei ihren Wählern genießen und zur durchschnittlichen Kaufkraft der Bürger. Südtirols Politik spielt übrigens gerne mit, wenn es um Selbstbedienung im großen Stil geht, auch weil sie auf vergleichsweise gute Ergebnisse verweisen kann.

    Ich bitte die Leser, mir beim Erinnern behilflich zu sein.

    Allgemeine Links: Spreconi, Report, Beppegrillo, [Y] Marco Travaglio
    Allgemeine Artikel: 01 02 03 04



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