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  • Von Leitartikeln.

    Leitartikel haben die Funktion eine Meinung oder einen Standpunkt zu erläutern. Gerade in Krisenzeiten zeichnet sich ein Leitartikel häufig durch seine kämpferischen und spannungsgeladenen Worte und Formulierungen aus — so zumindest laut Wikipedia.

    Der Leitartikel der ff vom 26. Juli 2012 zeichnet sich neben schwergewichtigen Formulierungen vor allem durch eine wenig mit Fakten unterfütterte These aus. Der Leitartikel beginnt mit einem starken Zitat, das angeblich von Michail Gorbatschow stammen soll: “Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte”. Dass dieser häufig zitierte Satz in dieser Art und Weise öffentlich von Gorbatschow nie gesagt wurde, macht Leitartikler Dall’Ò nichts aus. Eine gediegene Recherche kostet Zeit, anscheinend zu viel Zeit für (diesen) ff-Leitartikel.

    Der Aufhänger des Artikels ist das System der Konzessionsvergabe im Bereich der Wasserkraft. Das Land Südtirol spielt hier über die landeseigene SEL AG und die direkte Vergabe der Konzessionen bekanntlich Schiedsrichter und Spieler gleichzeitig, eine häufig kritisierte und rechtlich problematische Vorgangsweise. Dall’Ò nimmt den Fall SEL zum Anlass, das Land Südtirol als Krake zu bezeichnen:

    Das Land Südtirol nahm sich alles, was es kriegen konnte – und wurde im Verlauf weniger Jahre zu einer Art Krake, die ihre Tentakel auf alle Bereiche der Gesellschaft ausbreitete. […] Es gibt in Südtirol wenig, das (noch) nicht von der Krake Land gefressen worden ist. Unglaublich, was es anscheinend so alles braucht, um den Schutz einer Minderheit zu gewährleisten: Fahrsicherheitszentrum, Flugplatz, Südtirol Marketinggesellschaft, Therme Meran, Sel AG und und und.

    Kernpunkt seiner These ist, dass es versäumt wurde, das “glorreiche Autonomiestatut” den Erfordernissen einer Gesellschaft anzupassen, die heute eine ganz andere ist als damals, Anno 1972. Was diese neuen Erfordernisse sein könnten, darüber schweigt sich der Autor des Leitartikels aus, um den Leitartikel mit der Aussage zu krönen

    Regierungschef Mario Monti mag im Umgang mit der Südtirolautonomie ungehobelt vorgehen. Aber er zeigt mit seinen Maßnahmen plötzlich auf, dass die Landes AG historisch überholt ist.

    Dass die “ungehobelte Vorgangsweise” in Wirklichheit einen klaren Rechtsbruch darstellt, scheint Dall’Ò ebenso wenig zu interessieren, wie eine argumentative Unterfütterung seiner pauschalen Behauptungen. Dazu einige Feststellungen:

    1. Die gesamte Konstellation der Konzessionsvergabe im Bereich der Wasserkraft ist mehr als unglücklich. Schiedsrichter und Spieler gleichzeitig zu spielen geht in der Tat nicht und das Konstrukt Sel AG ist wohl eine der größten Niederlagen für den LH Durnwalder, auch wenn zuletzt Laimer seinen Stuhl räumen musste. Nichtsdestotrotz ist das Ziel, soviel wie möglich der Wertschöpfung aus der Wasserkraft dem Lande Südtirol zugute kommen zu lassen, nachdem römische Konzerne jahrzehntelang mehr oder weniger zum Nulltarif das Land plünderten, nicht nur als Wiedergutmachung zu verstehen, sondern auch volkswirtschaftlich von imminenter Bedeutung. Monti dürfte beides wenig interessieren. Aber über neoliberale Weltanschauungen, wem das Wasser gehört und dass der Energiebereich ein besonders sensibler Bereich ist, könnte man nächtelang diskutieren.
    2. Flughafen Bozen, Fahrsicherheitszentrum, Therme Meran und Sel AG — klassische Fehlentscheidungen und Beispiele einer unfähigen Verwaltung. Bei der von Dall’Ò angeführten SMG sieht die Sache schon anders aus. Volkswirtschaftlich ist der Tourismus ein Rückgrat der Südtiroler Wirtschaft. Eine professionelle Vermarktung gehört dazu. Über neue Finanzierungsmöglichkeiten wird gerade diskutiert.
      Doch kommen wir zu den im Leitartikel angeführten, kostenintensiven Fehlentscheidungen des Landes Südtirols. Diese müssen thematisiert werden und in Zukunft vermieden werden. Aber diese Fehlentscheidungen gibt es auch in anderen Regionen und Ländern und im Gegensatz zu Sizilien, zu Griechenland und zu dem Staat, der uns nun anscheinend mit seinen Hau-Ruck-Methoden vor der “Krake Land” rettet, sind diese Fehlentscheidungen nicht systemrelevant (vgl. Spiegel Online vom 30.07.2012).
    3. Die sogenannten Reformen von Mario Monti sind vielfach wenig durchdacht und vor allem in der Umsetzung entpuppen sie sich häufig als Stückwerk, das weder Rechtssicherheit noch ein klares Ziel erreicht. Der Gemeindenverband weiß heute noch nicht, wie die zweite IMU-Rate aussehen wird. Gut möglich, dass diese weit höher ausfällt, als ursprünglich angekündigt. Wenn es aus allen Löchern pfeift sind alle Mittel recht, mittelalterliche Raubrittermethoden eingeschlossen.
      Die teils neoliberalen Maßnahmen entwickeln dann eine Melange mit gefährlicher Sprengkraft, wenn die hohe Steuerbelastung auf der Gegenseite keine funktionierenden, staatlichen Dienstleistungen aufzuweisen hat. Südtirol, das über einen ausgeglichenen Landeshaushalt verfügt und derzeit zu denselben Maßnahmen gezwungen wird, wie das überschuldete Italien, dürfte in den nächsten Jahren aufgrund Stabilitätspakt und sonstiger Vorgaben einige funktionierende und sinnvolle Dienste nicht mehr anbieten können. Ein ökonomischer Umgang mit öffentlichen Ressourcen ist immer angesagt, aber mittlerweile wird dem Land Südtirol eine neue, neoliberal beeinflusste Ideologie aufgezwungen. Es gibt durchaus Kreise, die damit sympathisieren und deshalb auf das Land Südtirol eindreschen und an den Hau-Ruck-Maßnahmen von Mario Monti Gefallen finden.
      Über viele öffentliche Leistungen kann diskutiert werden. Wenn die Eckpfeiler der Südtiroler Gesellschaft, ohne eigenes Verschulden, angegriffen werden, wird es aber kritisch. Ein gut funktionierendes und durchlässiges Schulsystem, ein für alle BürgerInnen finanzierbares Gesundheitswesen und ein öffentliches Verkehrsnetz sind Beispiele für vorzeigbare und notwendige öffentliche Dienstleistungen.
    4. Dall’Ò dürfte in seiner Abhandlung entgangen sein, dass das Land Südtirol, trotz einiger haarsträubender Fehlentscheidungen über einen ausgeglichenen Landeshaushalt verfügt und die meisten Bereiche weit besser verwaltet als der Staat.
      Zudem dürfte Dall’Ò entgangen sein, dass das Land Südtirol in sehr vielen Bereichen über keinerlei Einfluss verfügt. Es wird zwar letzthin häufig so getan, als ob Südtirol über eine weitgehende Selbstverwaltung verfügt. Dies ist falsch. Südtirol verfügt unter anderem nicht über die Steuerhoheit, hat keine Landespolizei, kein eigenes Gerichtswesen oder keine Möglichkeit, die wesentlichen Eckpunkte der Wirtschaftsordnung oder Arbeitsgesetzgebung selbst festzulegen. Die von Mario Monti beschlossenen Reformen zeigen, dass die Dialektik “Staat-Land” nicht funktioniert. Nicht mehr zentralstaatlicher Einfluss ist die Lösung des Problems, sondern eine wirkliche, weitgehende Selbstverwaltung. Ein System der weitgehenden Selbstverwaltung reagiert auch weit weniger tolerant gegenüber Fehlentscheidungen und Geldverschwendung der Verwaltung.
      In diesem Sinne kann ja jeder selbst den im Leitartikel falsch zitierten Satz “Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte” interpretieren und daraus für Südtirol wirklich zukunftsweisende Schlüsse ziehen.


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  • Zweifaches Kontrastprogramm.

    Der olympische Geist:

    Citius, altius, fortius! oder doch eher pecunia non olet? Jedenfalls sind die 30. Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet und somit steht einmal mehr der Wettstreit der Nationen für gut einen Monat im Mittelpunkt des Weltinteresses. Und immer wenn ich dann im Fernsehen oder im Internet den Medaillenspiegel präsentiert bekomme – und das ist ziemlich oft – fällt mir Terje Håkonsen ein:

    I just think our generation is more about individual performance than about your country getting a medal. When you look at the newspapers during the Olympics, it’s hardly ever about the individuals. It’s about how many medals every country has. And then we can go out to the bar and talk about how great our countries are. I think nationalism, with people traveling and having friends all over the world, in different generations, I think it’s a really old school format by now.1Vollständiges Interview im Snowboarder Magazine

    Terje wer? … Terje Håkonsen ist eine Ikone des Snowboardsports. In den 1990er-Jahren galt er in der Königsdisziplin Halfpipe als unbesiegbar, da er tatsächlich nahezu jeden Bewerb gewann, an dem er teilnahm (Weltmeister 1993, 1995 und 1997, Europameister 1991, 1992, 1993, 1994, 19972Snowboard-Europameisterschaften wurden jährlich, Weltmeisterschaften alle zwei Jahre ausgetragen.). 1998 in Nagano wurde Snowboarden erstmals olympisch. Terje hätte sich das Gold – und damit Ruhm und in der Folge auch einiges an Geld – wohl nur abzuholen brauchen. Doch der Norweger verzichtete – aus rein idealistischen Gründen. Erstens gefalle ihm der nationalistische Charakter der Spiele nicht und zum Snowboardsport passe dieser schon gar nicht. Zweitens weigere er sich, an den Qualifikationsbewerben teilzunehmen, da diese von der FIS (Anm.: Internationaler Skiverband) und nicht von einer Snowboarderorganisation ausgetragen würden. “Snowboarding is about fresh tracks and carving powder and being yourself, and not being judged by others. It’s not about nationalism and politics and big money. Snowboarding is everything the Olympics isn’t.” Einige andere – vor allem amerikanische – Snowboardgrößen folgten Terjes Beispiel und so kam es, dass der damals völlig unbekannte Schweizer Gian Simmen erster Halfpipe-Olympiasieger wurde. Ob Håkonsen seinen damaligen Entschluss jemals bereut hätte? “No. Hell no!”

    Szenenwechsel. In den heutigen Medien wird Markus Rogan, österreichischer Weltklasseschwimmer und Fahnenträger der rot-weiß-roten Mannschaft wie folgt zitiert: “Ich war noch nie so stolz, Österreicher zu sein!” Wenngleich man sich beim bekannten Spaßvogel Rogan nie hundertprozentig sicher sein kann, ob seine Aussagen nicht ironisch verstanden sein wollen, dürfte er diesen Sager wohl ernst gemeint haben, denn er schoss nach: “Es war noch viel schöner als erwartet!” Keine Frage, es ist bestimmt beeindruckend und bewegend, unter dem Jubel Zehntausender, eine Mannschaft ins Stadion zu führen. Jedoch bestätigt Rogans Aussage genau jene Kritikpunkte, die Håkonsen als Argumente für seinen Boykott ins Treffen führte. Wieso sollte man auf ein Merkmal, zu dem man meist nichts beigetragen hat, da hineingeboren, stolz sein? Man mag froh, glücklich oder zufrieden sein, dass man in einem wohlhabenden, schönen oder friedlichen Flecken Erde wohnt bzw. geboren ist. Aber stolz? Stolz impliziert Wertigkeit und Hierarchie. Wenn dann jedoch alle – zurecht? – stolz auf ihre Nation, auf ein recht schwammiges Kollektiv, sind, was dann? Dieser Stolz hat nämlich zur Folge, dass Sportarten – und damit Sportlerinnen und Sportler – die sonst kaum beachtet werden (ich denke da an Sportschützen oder Synchronschwimmer), plötzlich zu Nationalhelden werden; jedoch nicht wegen ihrer Leistungen, sondern weil sie einer bestimmten Nation angehören. Ich gönne jedem von Herzen seine “15 Minutes of Fame”, aber würde es tatsächlich um die individuelle Leistung gehen, die diese Sportler ja auch abseits der Olympischen Spiele erbringen, dürften sie vor und nach den Spielen sowohl in medialer als auch in finanzieller Hinsicht nicht so ein Schattendasein fristen.

    Der demokratische Geist:

    Dass die (Neu!)-Benennung einer Straße nach einer militärischen Einheit, die sich nie für Kriegsverbrechen entschuldigt oder von faschistischen Angriffskriegen distanziert hat, für ein demokratisches Gremium wie den Brixner Gemeinderat absolut anachronistisch und unverständlich ist, will ich gar nicht länger ausführen. Auch dass “martialische” Benennungen für überzeugte Pazifisten und Grüne generell tabu sein sollten, ist mir an dieser Stelle keine weiteren Worte mehr wert. Vielmehr möchte ich die Brixner Entscheidung für eine “Alois-Pupp-Anlage” mit einer Episode vergleichen, die sich unlängst in Wien zugetragen hat.

    Dr. Karl Lueger war Wiener Bürgermeister um die Jahrhundertwende. Während seiner Zeit erlebte die österreichische Hauptstadt einen ungemeinen Modernisierungsschub. Straßenbahnen wurden gebaut, die Wasserversorgung wurde erneuert, die Stadt großflächig elektrifiziert. Dementsprechend allgegenwärtig ist Karl Lueger noch heute. Es gibt einen Dr.-Karl-Lueger-Platz, eine Dr.-Karl-Lueger-Statue, eine Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche und es gab den Dr.-Karl-Lueger-Ring. Dieser war Teil der Wiener Ringstraße, an der so prominente Gebäude wie das Burgtheater und die Universität gelegen sind. Neben seinem verwalterischen Geschick zeichnete Lueger aber auch noch eine andere Eigenschaft aus: er war überzeugter und aggressiver Antisemit. Daher kämpften Intellektuelle, Künstler, Universitätsbedienstete sowie grüne und sozialdemokratische Politiker schon seit Jahren für eine Umbennenung dieses Teils der Wiener Prachtstraße. Universität und Burgtheater wollten nicht länger mit einem Antisemiten in Verbindung gebracht werden, indem sie unter “Dr.-Karl-Lueger-Ring” firmierten. Umbenennungen sind im Gegensatz zu Neubenennungen meist schwieriger zu bewerkstelligen, da ersteren oft der Nimbus des “Auslöschens” und “Färbens” anhaftet. Der zuständige Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny betonte sogar, dass die Umbenennung eine Ausnahme bleiben würde: “Ich habe grundsätzlich nicht vor, Umbenennungen in der Stadt vorzunehmen”, betonte er. Denn schließlich solle Wiens Straßenkarte nicht “ausgeweißelt” werden. Namensgebungen spiegelten immer auch die Geschichte einer Stadt wider – und “man soll nicht so tun, als ob es keine dunklen Seiten gegeben hätte”.3Quelle: Der Standard Dennoch gab der Gemeinderatsausschuss dem Druck der Gegner des Dr.-Karl-Lueger-Rings nach und beschloss die Umbenennung in “Universitätsring”, um Wiens Vorzeigeadressen eine “würdigere” Anschrift zu geben.

    Das Argument Mailath-Pokornys, wonach Namensgebungen immer auch die Geschichte einer Stadt widerspiegelten, würde vielleicht (!) für die Beibehaltung einer “Alois-Pupp-Anlage” sprechen, wenn es diese schon seit Jahrzehnten gäbe. In solch einem Fall wäre eine entsprechende Erklärung zur Person (wie sie zum Beispiel auf Innsbrucks Straßenschildern üblich ist) zielführender als eine Umbenennung. Denn würde man alle “dunklen Seiten” beseitigen wollen, müsste wohl ein Gutteil der Straßen, die Monarchen, Schlachten oder Heeresführern gewidmet sind, umbenannt werden. Die Botschaft einer Neubenennung, wie sie kürzlich in Brixen passiert ist, hat jedoch eine ganz andere Dimension. Hier wird Pupp trotz des Wissens um seine (freiwillige) NSDAP-Mitgliedschaft nun nach Jahrzehnten mit einer Straßenbenennung geehrt (wiederum mit den Stimmen der grünen Bürgerliste wohlgemerkt). Eine derartige Würdigung kann nicht mehr aus dem “geschichtlichen Kontext” heraus erklärt oder gerechtfertigt werden. Der Unterschied zwischen der Wiener und der Brixner Entscheidung könnte größer nicht sein.

    • 1
      Vollständiges Interview im Snowboarder Magazine
    • 2
      Snowboard-Europameisterschaften wurden jährlich, Weltmeisterschaften alle zwei Jahre ausgetragen.
    • 3
      Quelle: Der Standard


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  • »Post festum«, die neue Zauberformel.

    SVP-Senator Oskar Peterlini ist es gemeinsam mit zwei weiteren Kollegen gelungen, in die römische Verordnung über die Ausgabenkontrolle einen Fallschirm für die Autonomien einzubauen — post festum wie er sagt. Anders ausgedrückt handelt es sich um einen Fallschirm, der sich öffnet, nachdem man bereits ungebremst in den Boden geschnellt ist.

    Die ersten Artikel desselben Maßnahmenpakets beinhalten nämlich Einsparungen, die eindeutig gegen die Autonomiestatute verstoßen und den betroffenen Gebieten enorme Einschnitte bescheren werden: Obwohl sie insgesamt nur rund 10 Millionen Einwohner zählen, müssen die autonomen Regionen ab 2013 mehr einsparen, als alle Regionen mit Normalstatut (rund 50 Millionen Einwohner) zusammen.

    Im letzten Artikel der Verordnung steht nun drinnen, was man in einem Rechtsstaat eigentlich gar nicht gesondert anführen müsste: die Autonomiestatute werden respektiert und eingehalten. Dass das keinerlei Auswirkungen haben wird, gibt Senator Peterlini selbst zu: Wir müssen trotzdem zahlen.

    Na also — leere Worte: Post festum kann man festschreiben, was man will. Und die Vertragssicherheit lässt freundlichst grüßen.



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  • La pulizia etnica secondo Rispoli.

    Secondo quanto riferisce il quotidiano A. Adige, il procuratore Guido Rispoli starebbe per archiviare le indagini avviate nei confronti di otto funzionari provinciali in relazione alla questione dei cartelli di montagna.

    Pur sottolineando che non c’è stato dolo intenzionale di danno, il procuratore ha confermato che è stata in atto «una sorta di “pulizia etnica” della micro toponomastica italiana».

    Fonte: A. Adige.

    Se evidentemente non sussiste il reato, le parole del procuratore suonano come una condanna extragiudiziaria. Ma, a prescindere da ciò, fa letteralmente paura la terminologia usata. Rispoli, da giurista, dovrebbe sapere che cos’è la pulizia etnica:

    [Ethnic cleansing …] is a purposeful policy designed by one ethnic or religious group to remove by violent and terror-inspiring means the civilian population of another ethnic or religious group from certain geographic areas.

    Fonte: Report of the Commission of Experts Established Pursuant to United Nations Security Council Resolution 780 (1992), May 27, 1994

    E allora, ammesso che la citazione dell’A. Adige sia corretta, delle due l’una: o Rispoli non sa che cosa sia la pulizia etnica — o ne conosce il significato ma fa un uso coscientemente errato del concetto. Non so quale delle due opzioni sia più preoccupante.



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  • Brixen hat eine Alpinistraße.

    Auch der Zeitpunkt passt… wie die Faust aufs Auge: Während Rom unsere Autonomie Stück für Stück zerlegt und einmottet, beschließt eine SVP-regierte Stadt in Südtirol, dem Heer dieses Staates eine Straße zu widmen. Demnächst soll dann auch noch Staatspräsident Napolitano den höchsten Verdienstorden des Landes bekommen, als Dankeschön für die Autonomie (und vielleicht für seine Aussage, auch wir Südtiroler seien Italiener).

    Brixen hat weder eine Schützen-, noch eine Kaiserjägerstraße, obwohl beide wohl im positiveren Sinne prägend für die Stadt und — meines Wissens — auch nicht in Kriegsverbrechen verstrickt waren. Und ich bleibe der Meinung, dass wir im 21. Jahrhundert auch keine Neubenennungen nach Militäreinheiten benötigen, zu Ehren von Schützen und Kaiserjägern genausowenig, wie zu Ehren der Alpini und der Tridentina.

    Offensichtlich ist die Alpinistraße ein Zugeständnis an den Koalitionspartner PD, der sich ja eigentlich als linke und zudem sprachgruppenübergreifende Kraft verkauft. Wenn es wirklich darum ging, den italienischen Bürgern auch mittels Straßennamen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen — wäre nicht die Möglichkeit viel naheliegender gewesen, Straßen nach Persönlichkeiten der italienischen Kultur zu benennen, zumal einer Frau? Wäre es ferner nicht angebracht, verstärkt italienischsprachige Südtiroler und Trentiner zu berücksichtigen? Und schließlich: Wäre das nicht eine wirklich sprachgruppenübergreifende, versöhnliche Geste gewesen? Nach meiner Auffassung hätte eine Autonomiepartei darauf bestehen müssen, anstatt die Alpinistraße mit fadenscheinigen Argumenten als Kompromiss zu verkaufen — gefordert sei ja schließlich eine Tridentinastraße gewesen, wobei sich mir der Unterschied nicht erschließt.

    Wer aber glaubt, die Forderungen seien jetzt wenigstens erfüllt, hat sich geirrt. Schon vor Tagen hat der Militärverein ANA mitgeteilt, er sei mit der Benennung nicht zufrieden. Er fordert jetzt eben noch zusätzlich eine Brigata-Tridentina-Straße. Und: Dass gerade ein Teil der Vittorio-Veneto-Straße in Alpinistraße umbenannt wird, sei ein Affront. Schließlich ist Vittorio Veneto der symbolische Ort des »Siegs« über die Österreicher; soviel zur Versöhnung und zum friedlichen Miteinander.

    Dass auch noch »Linke«, Grüne und Arbeitnehmer für diese Benennung gestimmt haben, bleibt völlig unverständlich.

    Cëla enghe: 01



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  • Katalonien: Erklärung für Unionisten.

    Den Unionisten, die jetzt voller Schadenfreude auf Katalonien verweisen, das bald pleite ist und möglicherweise beim Zentralstaat um Finanzhilfe ansuchen muss, sei erklärt: Katalonien ist während der letzten Jahre genau das widerfahren, was unter Monti — im Zeitraffer — jetzt auch Südtirol droht. Das reiche Land, das nie gegen einen gerechten Finanzausgleich war, wurde ausgenommen wie eine Weihnachtsgans und kann sich jetzt, da es ja kein souveräner Staat ist, selbstverständlich »nur« an Madrid wenden.

    Hierzu ein erhellender Artikel, der vor wenigen Wochen im Wall Street Journal erschienen war:

    Catalans have additional reasons to question the Spanish government’s capacity for change. Of late Mr. Rajoy has been blaming Spain’s regional governments for the country’s deficit overruns, saying that wayward local spending had jeopardized the entire nation’s creditworthiness. Madrid has threatened to intervene in the regional governments’ budgets if they don’t tidy their books on their own.

    But according to Andreu Mas-Colell, Catalonia’s economy minister, the real story is a little different. He explains that with the exception of the Basque Country, Spain’s 17 regions enjoy spending autonomy but almost no revenue autonomy. It’s up to the central government to decide how nationwide revenue gets distributed between regions, and there’s no guarantee that what a region’s citizens pay to Madrid is returned euro-for-euro in funding to that region.
    That means the central government can make its own budget shortfalls look smaller—and the regional governments’ look bigger—simply by keeping more of the revenue pot to itself.

    The result? Catalonia is the seat of Spanish industry and one of the most important industrial districts in Europe, lagging only the likes of Italy’s Lombardy and the German Ruhr in productivity. Yet each year since 1986, an average of 9% of Catalonia’s GDP in net terms has left the region to be redistributed or spent by Madrid. In Spain, only the Balearic Islands surrender a larger share of their annual output. Nowhere else in Europe or North America do intra-national transfers of such size occur as a matter of course.

    Quelle.



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  • Das Schweinebucht-Syndrom.

    Die Zeit Nr. 28, vom 5. Juli 2012, analysiert im Artikel “Gefährliches Schweigen – Eine sozialpolitische Erklärung für das Debakel bei der Euro-Rettung” (S. 29) ein hochinteressantes Phänomen. Ausgangspunkt der Analyse ist das Schweigen des Harvard-Professors und Historikers Arthur Schlesinger jr. bei der entscheidenden Sitzung als die Kuba-Invasion geplant wurde. Schlesinger hat nicht widersprochen, deshalb plagten ihn schwere Selbstzweifel.

    Wie konnte das nur passieren? Schlesinger rechtfertigte sein Schweigen im Kabinettssaal: “Widerspruch hätte wenig mehr bewirkt, als mir den Ruf einer Nervensäge einzubringen”. Der amerikanische Sozialpsychologe Irving Janis hat analysiert, wie außenpolitische Katastrophen der USA zustande kamen. Er fand immer wiederkehrende Verhaltensmuster der Entscheider, die ihnen den Blick auf die Realität verbogen. Eines davon lautet: Wer fürchtet, vom Kollektiv in die Ecke gestellt zu werden schweigt lieber. Wer schweigt, hat in der Wahrnehmung des Kollektivs aber zugestimmt. Gruppendenken (groupthink) nannte er seine Theorie des selbstgewissen Scheiterns, von vielen auch salopp “Schweinebucht-Syndrom” getauft.

    Es ist nicht Inhalt dieses Beitrages, der Frage nachzugehen, ob in der Eurorettung Ähnliches abläuft. Vielmehr gilt es der Frage nachzugehen, ob wir in Südtirol im Zusammenhang mit der Diskussion um die Unabhängigkeit von einem ähnlichen Syndrom geleitet werden. Die Mehrheitspartei, aber in letzter Zeit auch sehr häufig sogenannte “Autonomie-Patrioten” und die Mainstream-Medien ersticken ja alle Diskussionen über Alternativen zum derzeitigen Autonomiekurs im Keim. Unschwer lassen sich ähnliche Vorgangsweisen, wie im Artikel von Hennerkes erkennen.

    1. Potentielle Abweichler werden wieder auf Kurs gebracht. Unbedingte Loyalität wird eingefordert. Parteien verfügen hier über ein großes Repertoire, Druck auszuüben. Die eigene Karriere setzen dann Mitglieder der Gruppe nicht in Frage, besonders wenn es sich um finanziell nicht völlig unabhängige Mitglieder handelt. Wer verliert schon gerne einen gut bezahlten Job?
      Auch im vorpolitischen Bereich lässt sich dieses Phänomen beobachten: Ein allzu unabhängigkeitsfreundlicher Artikel wurde in der Wirtschaftszeitung vor einem Jahr schnell wieder vom Netz genommen. Und im Falle von linksliberalen Kreisen kommt in Südtirol häufig ein psychologisches Moment dazu, da das Thema traditionell von Rechtsparteien besetzt wird. Ökosoziale UnabhängigkeitsbefürworterInnen dürften aus Angst vor moralischer Ächtung ein Outing vermeiden bzw. lange vermieden haben.
    2. Und damit wären wir schon bei einem der effektivsten Mittel, das Hennerkes beschreibt, um Abweichler auf Kurs zu bringen: Der Gruppenglaube an die eigene moralische Überlegenheit. Wenn die Argumente brüchig werden und von der Realität überholt werden, dann schlägt die Stunde der Moral. Wer für die Unabhängigkeit ist, ist für einen Krieg, zumindest aber ein Zündler. Unabhängigkeit bedeutet raus aus der EU. Unabhängigkeit wird mit Einsprachigkeit gleichgesetzt oder mit Einigelung. Eine Loslösung von Italien ist utopisch, niemand würde Südtirol unterstützen. Die Unabhängigkeit führt in die Kleinstaaterei. Innerhalb der EU gibt es eh keine Grenzen mehr, warum neue aufbauen? Die Liste ließe sich fortsetzen, die wenigen Beispiele zeigen die Fallhöhe.

    Jedenfalls ist es aus rationellen Gründen nicht mehr erklärbar, dass nicht längst auch innerhalb der Mehrheitspartei, einflussreichen Verbänden und Organisationen, also den eigentlichen Machtzentren Südtirols, eine ergebnisoffene Diskussion über die Zukunft des Landes, einschließlich der Option auf Unabhängigkeit, geführt wird.



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  • Vertragsbrüche.
    Quotation

    In Sachen Selbstbestimmung betonte Durnwalder, dass das Recht darauf jedem Volk zustehe. “Sie jetzt aber zu verlangen, wäre nicht im Sinne der Autonomie”, so der Landeshauptmann. Vielmehr werde man sie dann einfordern, wenn der Staat die Vertragsbedingungen breche, auf denen der Schutz der Minderheiten in Südtirol fußt. “Und es besteht derzeit nicht der geringste Zweifel daran, dass Italien diese Bedingungen einhält”, so Durnwalder […]

    Quelle: Mitteilung des Landespresseamtes vom 20. Mai 2009

    Die SVP wirft der derzeit amtierenden technischen Regierung unter der Führung von Ministerpräsident Mario Monti Vertragsbruch vor. “Wir hatten Monti unser Vertrauen ausgesprochen, weil er den Respekt der Sonderautonomien und insbesondere des Mailänder Abkommens zugesichert hatte”, erklärt Landeshauptmann Luis Durnwalder. “Fakt aber ist, dass bei der notwendigen und unausweichlichen Umsetzung der Sparprogramme der Volksgruppen-/Minderheitenschutz und in besonderer Weise auch die in der Verfassung des Staates verankerte Südtirol-Autonomie verletzt werden.”

    Quelle: Pressemitteilung der SVP vom 23. Juli 2012

    Cëla enghe: 01



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