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  • Gerichtspersonal und Autonomie-Angst.

    Vollautonomüll.

    Die Vollautonomie (aka Mars-Autonomie) lässt nicht nur auf sich warten, selbst zaghaften Schritten zu mehr Selbstverwaltung werden in Form von Vorurteilen absurde Hindernisse in den Weg gelegt. Das Motto lautet dabei stets: Der Zentralstaat ist glaubwürdig und unparteiisch, den autonomen Ländern ist (auch und vor allem aufgrund ihrer Größe) zu misstrauen. Eine Haltung, die umso unverständlicher ist, als Rom — auch internationalen Studien zufolge — kein Weltmeister in Transparenz, Bürgernähe, Effizienz oder Korruptionsbekämpfung ist und kleine Verwaltungseinheiten (Schweizer Kantone, souveräne Staaten…) in Europa nicht selten beispielhaft für gute Verwaltung sind.

    Die Gewerkschaft Flp, zuständig für den öffentlichen Dienst, hatte sich bereits vehement gegen den Übergang der Einnahmenagenturen vom Staat an die autonomen Länder Südtirol und Trentino ausgesprochen. In Comic Sans schrieb die Flp damals unter anderem:

    Moltissimi sono i dipendenti che si chiedono quale sarà il loro futuro e soprattutto se è giusto che lo Stato non sia più presente in questi territori, con dei propri rappresentanti, che fino a prova contraria hanno sempre garantito terzietà ed equità a tutti i contribuenti e cittadini.

    La FLP è nettamente contraria alla provincializzazione degli Uffici e del personale dipendente, senza se e senza ma!

    […]

    A nostro avviso, la lotta all’evasione fiscale, va fatta con sistemi “centralizzati” e con l’utilizzo di banche dati omogenee che solo gli apparati dello Stato possono garantire.

    Die originalen Unterstreichungen und fetten Hervorhebungen des Originals wurden beibehalten — allerdings in eine zumutbare Schriftart übertragen.

    »Ohne wenn und aber« verteidigt also eine Gewerkschaft staatliche Zuständigkeiten, anstatt das Wohl der MitarbeiterInnen oder gar der BürgerInnen in den Mittelpunkt zu stellen.

    […] la FLP è schierata a fianco di ogni singolo funzionario che vuole lottare per difendere la rispettabilità e la neutralità dello Stato, in tutto il territorio Nazionale.

    Dopodichè, ci permettiamo di considerare una boutade, neanche troppo simpatica, l’idea del Presidente della PAT Ugo Rossi, che due giorni fa ha “sognato di provincializzare” anche la Polizia…

    Von einer Landespolizei, wie sie in anderen Regionalautonomien (Katalonien, Baskenland, deutsche Bundesländer, Schweizer Kantone…) normal ist, soll hierzulande nicht einmal geträumt werden dürfen.

    Dass dieselbe Flp, mit dem A. Adige und dem Corriere als Sprachrohre, nun auch gegen den Übergang des Verwaltungspersonals zu Gericht in die Verantwortung der Region protestiert, verwundert nicht.

    Etwas unerwarteter ist da schon die Position von Senator Francesco Palermo (PD/SVP), der im Salto-Interview die beiden Länder Südtirol und Trentino für zu klein hält, um diese neu übertragene Funktion auszuüben. Ihm wäre es lieber gewesen, die Delegierung von der Region auf die Länder ganz oder wenigstens für eine Zeitraum von zwei Jahren zu untersagen. Immerhin lehnt er die Meinung ab, dass der Staat eine bessere Garantie gegen die Einflussnahme auf die Justiz biete.

    Eine neue Zuständigkeit von Region und Ländern sei die Übertragung jedoch ohnehin nicht, so der Senator. Erstens handle es sich nur um das Verwaltungspersonal, wobei selbst die Führungskräfte ausgeschlossen seien. Und zweitens könne sich der Staat die Ausübung der Funktionen im Falle einer solchen Übertragung jederzeit wieder zurückholen.

    Im Grunde kann man wohl mit fug und recht behaupten, dass sich auch diese neue Aufgabe, wie eine allfällige »Übernahme« der Post, wohl fast zur gänze auf das Privileg beschränken würde, staatliche Dienste mit Finanzmitteln der Länder zu bezahlen. Ein Südtiroler Justizministerium mit entsprechenden Zuständigkeiten (wie es sie in Deutschland auf Länder- und in der Schweiz auf kantonaler Ebene gibt) wird es auch in Zukunft nicht geben. Dafür ist die Autonomie-Angst im Zentralstaat einfach zu groß.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Aus fürs Pässeblasen?

    Temposünder sind in Südtirol bislang eine besonders geschützte Spezies:

    • Die italienische Straßenverkehrsordnung verbietet es seit Jahren auch in Südtirol, Geschwindigkeitskontrollen ohne Vorwarnung (Kennzeichnung mit einem Schild) durchzuführen.
    • Staatliche Verordnungen erschweren zudem die Installation fester Radarmesstationen, die nur mit Zustimmung des Präfekten und nur auf besonders gefährdeten Strecken aufgestellt werden dürfen.
    • Auch Ex-Landeshauptmann Luis Durnwalder hatte sich noch durch seine Aversion gegen Geschwindigkeitskontrollen hervorgetan.
    • Zu allem Überfluss wurden Unfallzahlen vom zuständigen Landesrat systematisch schöngeredet.

    Diese Voraussetzungen machen unser Land — im Zusammenspiel mit der Attraktivität bestimmter Bergstrecken — zu einem internationalen Raserparadies. In einschlägigen Internetforen wird das sogenannte Pässeblasen besungen und auf die äußerst »kundenfreundlichen« Geschwindigkeitskontrollen hingewiesen.

    Die neue Landesregierung und der alte Landesrat Florian Mussner scheinen der Raserei nun auch aufgrund schlechter Unfallstatistiken endlich doch einen Riegel vorschieben zu wollen. Dazu soll vorerst ein »Pilotprojekt« an der Mendelstraße gestartet und dann möglicherweise auch auf andere besonders gefährdete Strecken ausgeweitet werden. Dass es dafür auch Ausnahmen von der absurden Vorwarnungspflicht für Radarmessungen geben wird, scheint allerdings unwahrscheinlich. In jedem Fall ist — die Landesautonomie lässt wieder einmal grüßen — die Zustimmung des Präfekten erforderlich.

    Schritte, endlich die hohen Opferzahlen auf Südtirols Straßen zu senken, sind aber mit Sicherheit zu begrüßen.



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  • Der Rassismuslackmustest.
    Quotation

    Die Roma und Sinti* erschaffen in der Abgrenzung ihre Identität. Erst der Feind gibt ihnen die Möglichkeit, zu wissen, wer sie sind. Er ist der Spiegel, in dem sie sich erkennen. Ohne ihn wären sie orientierungslos und verloren. […] Denn die Roma und Sinti erleben jetzt, was geschieht, wenn sie wirklich unter sich sind: Sie versinken im Sumpf der Korruption. […] Die Roma und Sinti sind die größten Feinde der Roma und Sinti, weil sie es verlernt haben, sich auf angemessene Weise mit der Welt zu verbinden. Sie verstehen sich nicht als Bürger dieser Welt, sondern als räuberische Piraten.

    — aus: “Land der Zukunft” von Ulrich Ladurner, ff November 2012

    Die Albaner sind stolz auf ihre Provinzialität.

    Warum sollte der Moslem sich der Welt öffnen, wenn er bisher doch sehr gut damit gefahren ist, sich ihr nicht zu öffnen.

    Selbstbezogenheit ist für Psychologen wie für Politikwissenschaftler eine negative Kategorie, die schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben kann. Afrikaner aber glauben, dass negativ nicht gleich schädlich bedeutet.

    — aus: “Die Berge haben keine Schuld” von Ulrich Ladurner, ff August 2015

    * Das Wort “Südtiroler” im Originaltext wurde jeweils durch eine Bezeichnung anderer Personengruppen ersetzt.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Vereinigte Regionen von Europa.
    Quotation

    Die EU kommt nicht aus der Krise. Hat das Projekt Europa noch eine große Zukunft?

    Ja, es ist vital, lebensfähig und zukunftsfähig. Ein Friedensmodell. Europa muss nur endlich zu einem Bund verschmelzen. Ich meine keinen zentralistischen Riesenstaat, sondern die Summe von Regionen, Kantonen und Bundesländern: Die Vereinigten Regionen von Europa. Wir Südtiroler säßen dann nicht mehr zwischen den Stühlen, wir würden vielleicht sogar zu einer Region namens Tirol zählen, wir wären Europäer und Tiroler, wie vor 100 Jahren.

    Dieses Modell würde die Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg rückgängig machen.

    Innerhalb eines Europas der Regionen gibt es keine nationalen Grenzen, nur regionale Verantwortung, gemeinsame Werte, gleiche Wettbewerbsbedingungen und Solidarität.

    Vorausgesetzt die EU entwickelt sich in diese Richtung: Wie viel Zeit, glauben Sie, wird noch vergehen?

    Die Nationalstaaten müssen sich innerhalb der nächsten 50 Jahre verflüchtigen. Wenn es erreicht ist, bedeutet es für alle Europäer ein Mehr an Lebensqualität, bessere Chancen, wenn auch kein freieres Dasein als Bürger. Voraussetzung bleibt, die Nationalstaaten treten langsam zurück und geben noch mehr Macht ab: Kompetenzen an das gemeinsame Ganze in Brüssel und an die kleineren, “autonomen” Strukturen. Gleichzeitig würde das die kleineren Strukturen stärker machen, die Regionen, in denen die Bürger oft auch direkt abstimmen sollten. Europa ist zu groß, um alles basisdemokratisch zu regeln.

    aus dem Interview mit Reinhold Messner in der SZ vom 17. August 2015

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • Berufsnationalismus.

    image

    Foto: LVH

    Staatlichkeit sei auch heute noch sehr attraktiv, gab Politis-Gründer Thomas Benedikter vor nicht allzu langer Zeit hier auf zu bedenken. Man brauche sich nicht über separatistische Tendenzen zu wundern, wenn viele Rechte auch weiterhin nur Staaten vorbehalten sind. Diese Aussage lässt sich herunterbrechen auf vergleichsweise unbedeutende Veranstaltungen wie die Berufsweltmeisterschaft (World Skills), deren aktuellste Ausgabe gerade im brasilianischen São Paulo zu Ende gegangen ist. Bislang hatten Südtirolerinnen und Südtiroler als »Team South Tyrol« an der Veranstaltung teilgenommen, diesmal jedoch war man gezwungen, als Team Italy an den Start zu gehen. Ob der italienische Staat dafür gesorgt hat oder der Veranstalter, kann ich nicht sagen und ist zum Zwecke dieses Beitrags ziemlich unerheblich. Was zählt, ist dass es als kleiner Mosaikstein zur Attraktivität von Eigenstaatlichkeit beiträgt, wenn die vorherrschende nationale (und nationalistische) Logik regelmäßig regionale Vielfalt und Sensibilitäten ver- und überdeckt, indem sie in ein gleichmacherisches »nationales« Korsett gezwängt werden.

    An das offenbar sehr erfolgreiche Südtiroler Team geht meine Gratulation.

    Cëla enghe: 01 02 || 01



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  • Der SGB und die »Landespost«.

    Die Gewerkschaft SGB (CISL), die seit Jahren die Daseinsberechtigung des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbundes (ASGB) in Frage stellt und bekämpft, fordert nun das Land auf, die Gespräche zur Übernahme des Postdienstes fortzuführen. Während der letzten Jahre seien in Südtirol bereits mehr als ein Drittel der Beschäftigten entlassen wurden, nun drohten weitere Einschnitte — wohl zu Lasten der ohnehin schon mäßigen Qualität der Dienstleistung. Der SGB schlägt vor, im Rahmen des Mailänder Abkommens und der darin vorgesehenen Möglichkeit zur Übernahme staatlicher Zuständigkeiten die Post in Südtirol finanziell zu unterstützen. Dabei blieben sowohl die Infrastruktur, als auch die Organisation und das Personal in der Verantwortung der italienischen Post. Es ist freilich eine äußerst beschränkte Auffassung von Autonomie, wenn sich diese darauf beschränken soll, staatliche Dienstleistungen zu finanzieren. Das Mitspracherecht bliebe vermutlich sehr begrenzt. Allerdings dürfte dies genau die Art von »Zuständigkeit« sein, die auch das Land anstrebt. Umso unverständlicher ist die Forderung des SGB, wenn man bedenkt, dass die Post in Kürze an die Börse geführt werden soll: Wie kommt das Land Südtirol dazu, ein börsennotiertes — zumindest halbprivatisiertes — Unternehmen mit Gewinnabsichten finanziell zu unterstützen? Südtirol braucht wennschon endlich eine Post, die diesen Namen verdient, sich als echtes Dienstleistungsunternehmen für die Bevölkerung versteht und auch in Sachen Zweisprachigkeit endlich mit den jahrzehntelangen Missständen aufräumt. Über die eng gesteckten gesetzlichen Verpflichtungen hinaus. Poste Italiane mit Südtiroler Steuergeldern zu füttern wäre eine Verhöhnung der Bürgerinnen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • »Grenzenloses« Europa, gelebter Tellerrand.

    Am heutigen »hohen Frauentag« wurden in Innsbruck Verdienstmedaillen und Verdienstkreuze des Landes Tirol vergeben, eine grenzüberschreitende Initiative unter Mitwirkung der Landeshauptleute Platter und Kompatscher. Und so berichte(te)n Südtiroler Medien darüber:

    Salto.

    Salto

    Südtirol Online.

    Südtirol Online (Stol)

    Tageszeitung (TAZ).

    Tageszeitung (TAZ)

    Im Titel wird jeweils ausschließlich auf die Anzahl der Südtirolerinnen unter den Geehrten hingewiesen, in keinem einzigen Beitrag wird erwähnt, wieviele Personen insgesamt ausgezeichnet wurden. Ebensowenig wird auch nur eine der Nord-/Ostirolerinnen namentlich genannt, die eine Verdienstmedaille oder ein Verdienstkreuz erhalten haben. Der Blick über den Tellerrand fällt heimischen Medien offenbar sehr schwer.

    Dass sich Südtirol Online, Tageszeitung und Salto in der Anzahl der geehrten Südtirolerinnen gar nicht einig sind, sei hier nur am Rande erwähnt.



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