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  • Cusak-Podiumsdiskussion.

    Autor:a

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    7 Comentârs → on Cusak-Podiumsdiskussion.

    Am 16. Mai habe ich auf Einladung der Brixner Cusanus-Akademie an einer Podiumsdiskussion zum Thema »Zwischen Stillstand und Selbstbestimmung — Die Vervollständigung der Autonomie« teilgenommen. Außer mir saßen Philipp Achammer (SVP), Brigitte Foppa (Vërc), Eva Klotz (STF) und Roland Tinkhauser (F) am Podium. Thomas Benedikter war Hauptreferent und hat einen exzellenten Vortrag zum Thema Autonomie, Autonomieausbau, Unabhängigkeit und — in diesem Zusammenhang — über Instrumente der direkten Bürgerbeteiligung gehalten. Unter anderem hat er über die Situation in anderen autonomen Regionen der Welt, zum Beispiel über die Konstituierende Versammlung in Sardinien berichtet und dabei auch erläutert, warum die Umsetzbarkeit eines Projektes (der Realismus) in diesem Zusammenhang keine politische Kategorie sein kann.

    Meine Stellungnahmen während der Podiumsdiskussion möchte ich hier sinngemäß wiedergeben. Zuerst den allgemeinen, einleitenden Beitrag, der übrigens etwas kürzer ausgefallen ist, als ursprünglich geplant:

    Guten Abend. Wahrscheinlich bin ich nicht der Einzige, der sich fragt, warum ich heute hier am Podium sitze — neben vier Berufspolitikern. Die Antwort, die ich mir gebe, ist, dass im Laufe der letzten Jahre, in Zusammenarbeit mit einer Kerngruppe, die sich um mein Blog gebildet hat, eine Zukunftsvision entstanden ist, die so von keiner Partei abgedeckt wird. Auch wir befürworten die Unabhängigkeit unseres Landes — nicht aber wie es die Süd-Tiroler Freiheit tut, auch nicht wie die Freiheitlichen, sondern am ehesten wie die Grünen, wenn sie sich in Südtirol nicht grundsätzlich dem Thema verschließen würden. In anderen Ländern ist das ja ein ausgesprochen grünes Projekt: Die katalanischen Grünen schwanken zwischen einem extremen Autonomismus und der Unabhängigkeit, in Schottland rufen sie dazu auf, für die Loslösung von Großbritannien zu stimmen, wenn es 2014 zu einer Volksabstimmung kommt. Und schließlich sitzen die Grünen im Europäischen Parlament ja nicht zufällig mit der EFA — der European Free Alliance — in einer Fraktion, die unterschiedliche Parteien umfasst, welche sich für die Unabhängigkeit oder zumindest für einen starken Ausbau der Autonomie in ihren jeweiligen Herkunftsgebieten einsetzen.

    Wie sieht nun unser Modell aus und warum sind wir überhaupt für die Unabhängigkeit? Zunächst muss gesagt werden, dass — obwohl wir auch andere Themen bearbeiten — für uns fast ausschließlich gesellschaftliche Gründe ausschlaggebend sind, um die Loslösung vom Nationalstaat zu fordern. Wenn wir eine ungeteilte Gesellschaft und die Überwindung der Trennung nach Sprachgruppen, also richtiges Zusammenleben wünschen, dann müssen wir unserer Meinung nach auch die Autonomie überwinden. Sie ist es ja, die die ethnische Trennung aufgrund ihrer Ausrichtung perpetuiert und reproduziert, großteils durch Schutzmechanismen, die in einem Nationalstaat für eine Minderheit durchaus erforderlich sind. Zudem müssen wir jeden Tag von neuem antreten, unsere Andersartigkeit gegenüber dem übrigen Staatsgebiet unter Beweis zu stellen, denn das ist es ja, was unseren Sonderstatus rechtfertigt. Es dürfte jedem einleuchten, dass ein solches Modell nicht dazu angetan ist, die innere Befriedung im Sinne einer — wie wir sie nennen — »postethnischen Gesellschaft« zu gewährleisten.

    Dem Nationalstaat setzen wir etwas völlig anderes entgegen: Ein inklusivistisches Modell, welches bereits in seinem Quellcode mehrsprachig ausgelegt ist — ein nicht national definierter Staat, wie es die Schweiz oder Luxemburg sind, wobei das Modell, das wir benötigen, selbstverständlich auf unsere spezielle Situation maßgeschneidert sein muss. Ziel ist es, dass sich in einer »postethnischen Gesellschaft« die Sprachen und Identitäten frei entfalten können, die Zugehörigkeit zu einer Ethnie jedoch genauso in den Hintergrund, in den Rahmen der Privatsphäre tritt, wie etwa die Religion. Natürlich wird es auch in einem solchen Staat — nennen wir es der Gewohnheit halber einen Staat, es könnte auch eine Region des föderalen Europas sein — zahlenmäßige Minderheiten geben, in diesem Fall die italienische und die ladinische, aber keine nationalen Minderheiten, weil alle die gleichen Rechte und Pflichten haben, und weil die öffentliche Hand zwar nicht auf die Sprachgruppen, aber sehr wohl auf die Entwicklung der Sprachen und auf die allgemeine Mehrsprachigkeit achtet.
    Das ist auch etwas ganz anderes, als das Modell der Freiheitlichen, in deren Verfassungsentwurf nach dem Motto »alles ändern, damit alles gleich bleibt« nach wie vor Schutzmechanismen wie der Proporz enthalten sind, die meiner Meinung nach in einem unabhängigen Südtirol nichts verloren haben.

    Roland Tinkhauser (F) hat darauf geantwortet, dass das Zugeständnisse an die Italiener seien, und zwar selbstverständlich nur provisorische. Davon mal abgesehen, dass es solcher Zugeständnisse ganz sicher nicht bedarf — sie führen, jedenfalls aus -Sicht, das gesamte Projekt ad absurdum — müsste der Proporz dann wenigstens als (befristete) Übergangsbestimmung in der Verfassung enthalten sein, da es sonst keine Gewissheit gibt, ob er jemals abgeschafft wird.

    Nach Abschluss der ersten Diskussionsrunde wurden einige Stellungnahmen aus dem Publikum eingeholt. Darauf habe ich in meiner zweiten Wortmeldung Bezug genommen:

    In ihren Stellungnahmen haben sich jetzt fast alle [am Podium und im Publikum] für das Menschenrecht auf Selbstbestimmung ausgesprochen. Ich möchte daher daran erinnern, dass vor einer Woche im Landtag ein Beschlussantrag Punkt für Punkt abgelehnt wurde, der sich auch damit befasst. Unter anderem wurde folgender Passus abgelehnt, ich zitiere: »Der Süd-Tiroler Landtag bekennt sich zu den UNO-Menschenrechtspakten und bekräftigt das in Artikel 1 der UNO-Menschenrechtspakte verankerte Selbstbestimmungsrecht der Völker auch für Süd-Tirol«, das heißt nicht, dass das Recht jetzt in Anspruch genommen werden soll, sondern, dass es grundsätzlich auch für Südtirol gilt. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Der Landtag lehnt ein Menschenrecht ab. Natürlich muss man auch den Einbringern einen Vorwurf machen, weil sie ein so wichtiges und sensibles Thema verheizt haben, nur um gegen die Alpini Stimmung zu machen. [Frau Klotz widerspricht] Doch, Herr Knoll hat ausdrücklich gesagt, dass das mit den Alpini in Zusammenhang stand.

    Roland Tinkhauser (F) wollte das Ganze etwas relativieren, indem er behauptete, dass man sich im Landtag eben manchmal etwas »zu fleiß« tut und deshalb auch das Verhalten von SVP und Grünen verständlich sei. Ich bin im Laufe der Diskussion nicht mehr dazu gekommen, ihn zu fragen, ob denn der Landtag ein Parlament oder eine Würstelbude sei. Schließlich könnte sich jetzt — zum Beispiel — China auf dieses Votum berufen und den dortigen Minderheiten sagen, dass dieses Menschenrecht selbst von einer Minderheit grundsätzlich abgelehnt wurde, die sich in einem demokratischen Rechtsstaat befindet.


    Hans Heiss hat mich (aus dem Publikum) gefragt, aus welchem Grund wir der Meinung sind, dass unser Modell nicht auch im Rahmen der Autonomie umgesetzt werden könnte. Meine Antwort darauf:

    Ich will vorausschicken, dass bei uns selbstverständlich immer auch eine Vision für Europa mitschwingt, ein Europa der Regionen, das dem Subsidiaritätsprinzip folgt. Natürlich entscheiden nicht wir hier in Südtirol, wie das Europa von morgen aussieht, aber wir entscheiden mit, wie alle anderen.

    Wie schon gesagt, glauben wir nicht, dass wir als Minderheit in einem Nationalstaat jemals ohne Risiken auf die erforderlichen Schutzmechanismen verzichten können.

    Zudem gibt es diesen ständigen Rechtfertigungsdruck, der uns dazu »zwingt«, unsere Andersartigkeit zu unterstreichen.

    Um ein neues Gesellschaftsmodell umzusetzen, brauchen wir überdies den nötigen Handlungsspielraum direkt vor Ort — doch die Autonomie benötigt, wie auch Thomas Benedikter in seinem einleitenden Vortrag beschrieben hat, immer eine übergeordnete Absicherung.
    Absicherung bedeutet im Gegenzug ja auch Starrheit, und das kennen wir doch schon heute: Wenn wir auch alle im Lande einverstanden sind, wir können nichts selbst ändern, wir können auch nicht die nötige Feinjustierung [an unserer »Verfassung«] vornehmen, wenn nicht Rom und Wien zustimmen.

    Nicht zuletzt — doch das ist nur eine symbolische Überlegung — sind funktionierende Autonomien auch noch eine Rechtfertigung für den Fortbestand von Nationalstaaten. Daran möchten wir uns lieber nicht beteiligen.



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  • Astat-Studie zur Immigration.

    Autor:a

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    20 Comentârs → on Astat-Studie zur Immigration.

    Im Jahr 2002 hatte das Astat die erste Studie über die in Südtirol lebenden Zuwandererinnen durchgeführt. Bis zur zweiten mussten ganze neun Jahre vergehen. Das sind ziemlich viele für ein Land, in dem das Phänomen sprunghaft zugenommen hat — und wo es massive positive wie negative gesellschaftliche Auswirkungen entfalten könnte. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden soeben veröffentlicht, ich versuche hier die aus -Sicht wichtigsten Aspekte wiederzugeben bzw. neu aufzuschlüsseln.

    Die neuen Südtiroler ohne italienische Staatsbürgerschaft machen 8,2% der Gesamtbevölkerung aus. In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass Zuwandererinnen aus dem deutschen Sprachraum zu den Ausländerinnen gezählt werden, solche aus dem italienischen Staatsgebiet jedoch nicht.

    Nur 32,8% der Einheimischen konnten diesen Wert in einer Umfrage richtig einschätzen, 52% glaubten hingegen, es lebten weit mehr Zuwandererinnen in Südtirol.

    Aus den EU-Staaten stammen 32,4% der Zuwanderer, aus anderen europäischen Ländern 34,5%, mit 33,2% sind hingegen nur rund ein Drittel von ihnen aus anderen Kontinenten zu uns gekommen.

    Der Anteil der Nicht-EU-Bürgerinnen an der Gesamtbevölkerung lag 2009 bei 5,3%, sie nahmen aber nur 4,7% der Sozialleistungen in Anspruch.

    Ein sehr hoher Anteil von Zuwandererinnen (92,4%), plant, mindestens 1-2 Jahre in Südtirol zu bleiben, 66,4% möchten sich langfristig niederlassen. Man könnte also wohl keinen größeren Fehler machen, als Südtirol nicht als ein Einwanderungsland zu betrachten. Vielmehr müssen wir auf die Zuwandererinnen zugehen, um ihnen eine möglichst gute Integration in ihrer neuen Heimat zu ermöglichen.

    Das durchschnittliche Bildungsniveau der neuen Südtirolerinnen ist höher, als das der einheimischen Bevölkerung: 18,9% haben einen Hochschul- oder Universitätsabschluss (bei den Einheimischen sind es nur 9,2%), während 22,2% einen Oberschulabschluss haben (20,2% der Einheimischen).

    Die Sprachkenntnisse sind von enormer Wichtigkeit, damit sich Menschen in Südtirol wohlfühlen: 30,4% jener, die keine Landessprache gut beherrschen, fühlen sich in ihrer neuen Heimat weniger wohl — unter jenen, die mindestens eine Sprache gut beherrschen, fühlen sich nur noch weniger als halb so viele (13,1%) unwohl. Unter Integration verstehen denn auch 86,5% der neuen Südtiroler, sich in mindestens einer Landessprache verständigen zu können, gefolgt vom Wunsch, einheimische Freunde zu erwerben (82,1% der Befragten). Entsprechend groß ist auch der Wunsch, die Landessprachen zu erlernen: 45,7% der Zuwandererinnen möchten an einem Sprachkurs, 22,2% an einem Vorbereitungskurs auf die Zweisprachigkeitsprüfung teilnehmen.

    Dabei möchten 55,1% von jenen, die einen Sprachkurs besuchen wollen, die deutsche Sprache erlernen, 47,1% die italienische und nur 0,3% die ladinische.

    Sprachkurse/Zuwanderer.

    Die Realität sieht jedoch anders aus: Von den 30,7% an Zuwandererinnen, die bereits einen Sprachkurs besucht haben, haben 65,8% einen Italienisch-, aber nur rund halb so viele (34,3%) einen Deutsch- und 1,3% einen Ladinischkurs besucht. Dazu schreibt das Astat:

    Italienisch scheint also für Ausländer — egal welcher Herkunft — die Sprache erster Wahl zu sein.

    Die EU-Bürgerinnen, welche rund ein Drittel der gesamten Zuwandererinnen stellen (zu denen aber auch Deutsche und Österreicherinnen zählen), sprechen im Durchschnitt besser Deutsch (3,4 Punkte auf einer Skala von 1 – überhaupt nicht bis 4 – sehr gut), als Italienisch (2,6). Bei den Nicht-EU-Bürgerinnen, welche an der Gesamtzahl der Zuwandererinnen rund zwei Drittel ausmachen, ist der Unterschied hingegen eklatant: Sie sprechen im Durchschnitt ebenfalls gut Italienisch (2,9 Punkte), aber nur schlecht Deutsch (1,8 Punkte).

    Besorgniserregend ist schließlich die finanzielle Situation der Zuwandererinnen: 61,2% von ihnen verdienen weniger als EUR 500,- netto im Monat (Pro-Kopf-Einkommen), auch wenn trotzdem rund 70% ihre finanzielle Lage als gut oder sehr gut beschreiben.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07

    Nachtrag: Die Studie beinhaltet derart viele Aspekte, dass ich ggf. auf einige davon noch einmal in einem gesonderten Artikel zurückkommen werde.



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  • Dal prefetto nemmeno una risposta.

    Autor:a

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    0 Comentârs → on Dal prefetto nemmeno una risposta.

    Qualche settimana fa si è verificato l’avvicendamento fra il prefetto Fulvio Testi e il suo successore, Valerio Valenti, in quella che è la carica più pesante, in quanto a competenze e a responsabilità, disponibile in Sudtirolo. Il prefetto — espressione di una concezione centralistica dello stato — si occupa, ad esempio, della pubblica sicurezza, della lotta alle dipendenze e dell’integrazione degli immigrati. La carica non solo non è sottoposta al vaglio democratico, ma viene sistematicamente assegnata a persone che non conoscono la realtà locale.

    Tra i moltissimi compiti del prefetto c’è anche quello, sensibilissimo in una terra come la nostra, di vegliare sul rispetto del bilinguismo. Questa competenza, in altre regioni simili, è attribuita ai governi regionali (in Catalogna, nei Paesi Baschi o nel Galles/Wales), che dispongono di conoscenze più approfondite della situazione e sono sottoposti al controllo dei cittadini direttamente interessati. In Sudtirolo, invece, se ne occupa una persona che non è nemmeno obbligata a padroneggare le lingue che dovrebbe tutelare, e infatti regolarmente le ignora. Non è un caso dunque che da arbitro imparziale si trasformi spesso in difensore unilaterale delle prerogative dello stato nazionale. Fulvio Testi, ad esempio, si è distinto nella questione della toponomastica di montagna, ma ha latitato in casi almeno altrettanto gravi (foss’anche solo perché commessi dalle pubbliche amministrazioni o perché riguardanti la salute dei cittadini) come il rispetto del bilinguismo da parte della società autostradale, i foglietti illustrativi dei medicinali e addirittura le campagne informative degli stessi uffici a lui sottoposti. Le missive di , inviategli con la preghiera di intervenire, sono rimaste senza una risposta, anche solo di cortesia.

    Speriamo che il suo successore sappia esercitare il suo ruolo con maggiore imparzialità — anche se doversi affidare alla speranza, in uno stato di diritto, è cosa triste.

    Vedi anche: 01 || 01 02



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  • Rita Franceschini über den Spracherwerb.
    Quotation

    1. Rita Franceschini: Das ist natürlich schon die Realität […], dass die Italienischsprachigen weniger Deutsch können, und umgekehrt, dass die Deutschsprachigen eigentlich […] sehr wohl Italienisch zumindest verstehen und teilweise auch sehr gut sprechen. Dieses Ungleichgewicht, das dann dazu geführt hat, dass man [an der Freien Universität Bozen] des Öfteren Sitzungen dann einfach gänzlich auf Italienisch gehalten hat.
    2. Rita Franceschini: Es wäre wichtig, dass es direkte Botschaften gäbe, die da heißen: »Es ist ok wie du Italienisch sprichst, es ist ok wie du Deutsch sprichst, nämlich zwischendurch halt auch mit Fehlern.« Das ist ein großer Unterschied auch zur Schweiz, dass man [in Südtirol] das Gefühl hat, es muss immer alles perfekt sein. Also, man kann nicht Italienisch, Deutsch schon gar nicht, nicht perfekt reden, das ist irgendwie schwierig zu verdauen. Das find’ ich komisch.
    3. Markus Lobis: Was müssen für Rahmenbedingungen zutreffen, dass es [beim frühkindlichen Spracherwerb] keine Unglücke gibt, die immer wieder heraufbeschworen werden, theoretisch zumindest?
      Rita Franceschini:
      Man kann nichts falsch machen. […]
    4. Rita Franceschini: […] »umso früher, umso besser« stimmt wissenschaftlich nicht. […] Personen, die auch später eine Sprache erwerben, können sie sehr gut erwerben, sie haben einfach eventuell in der Aussprache nicht denselben Zungenschlag. Aber, Herrgott, das ist ja auch nicht das Allerwichtigste. […] Und Erwachsene lernen teilweise Sprachen schneller, wie [sic] Kinder — ein Kind braucht fünf-sechs Jahre, ein Erwachsener kann in drei Jahren dieses Niveau erreichen. Also dieses ganz schnelle Denken, man braucht nur ganz früh die Kinder zu füttern, und dann sind sie zweisprachig fürs ganze Leben, stimmt auch nicht. Weil, wenn diese Sprachen nicht […] beständig gebraucht werden, dann vergessen Kinder auch ganz leicht.
    5. Markus Lobis: Warum wird in […] den schulischen Alltag nicht der Lebensalltag eingebaut?
      Rita Franceschini:
      Ich weiß es nicht. Ich weiß es definitiv nicht.
      Markus Lobis:
      Das ist eine politische Entscheidung, das kann nicht anders sein!
      Rita Franceschini:
      Nein, das hat sicher nicht der Landeshauptmann irgendwann entschieden: Es wird in den Oberschulen nur Literatur gemacht. Also das geht nicht.
      Markus Lobis:
      Aber wer hat das dann beschlossen?
      Rita Franceschini:
      Das sind didaktische Traditionen, […] die Sprachvermittlung ist auch ein kulturelles Produkt.
    6. Rita Franceschini: Wobei [Wittgenstein] natürlich auch in einer Donaumonarchie aufgewachsen ist, in der mehrere Sprachen schon immer a) respektiert wurden b) gepflegt wurden und [die] eine übrigens explizite Sprachpolitik gehabt hat, die auf Vielfalt aus war. Und es war einfach zu früh, wahrscheinlich. Heute in Europa sind wir viel donaumonarchischer.
    7. Rita Franceschini: Ich empfinde Südtirol sowieso als ein Gebiet, das nahtlos mit dem deutschen Sprachgebiet in Kontinuität lebt, also die rein sprachlichen, grammatikalischen, lautlichen Phänomene, die da sind, die sind genau gleich, wie im süddeutschen Raum […] — aber von den Einstellungen der Personen her, ist die Situation die, dass ein Minderheitenschutz hier als wichtig empfunden wird. Die Personen empfinden sich als Minderheit, die etwas zu schützen hat. Und das ist in allen Sprachminderheitensituationen so, ich glaube, es gibt keine Sprachminderheit, die nicht Angst hätte, die Sprache zu verlieren — und ich finde, das ist eine Größe, die man sehr ernstzunehmen hat…
      Markus Lobis:
      Es ist der konstituierende Faktor unseres Sonderstatus’…
      Rita Franceschini:
      Nein! Und es braucht auch ein Schulsystem, das eine Sprache schützt […].
    8. Markus Lobis: Aber ist das dann mit der Person verbunden, die dann in Kontakt ist mit dem Kind? Weil das ist ja auch immer diskutiert worden, dass wenn man mit Kindern spricht, sollte auch vor allem im mehrsprachigen Kontext, dass dann ein Elternteil wirklich sich bemühen sollte, wirklich nur in einer Sprache zu sprechen. Weil das ist ja auch manchmal schwierig für eine mehrsprachige Familie.
      Rita Franceschini:
      Das ist ein Mythos, dass das funktioniert. Also Kinder sind ja nicht dumm, sondern eigentlich manchmal g’scheiter als Erwachsene. Die merken doch auch, dass Papa und Mama sehr wohl die beiden Sprachen können und dass die miteinander in verschiedenen Sprachen reden, und vielleicht mal so, mal so… und weshalb mit mir nur so und die untereinander nicht? Also… alles was künstlich ist, funktioniert nicht. Das ist sicher eine der wenigen Regeln die ich sagen würde, wo man 100% sagen kann: Stimmt nicht! Also, künstlich eine Kommunikationssituation mit den Kindern aufrecht zu erhalten, das geht in die Binsen.

    Stellenweise Auszüge aus dem Interview von Markus Lobis mit Prof. Rita Franceschini zum Thema »Spracherwerb im mehrsprachigen Kontext« (Ostwest/Zigori Clubabend vom 9. Mai 2012), Transkription von mir

    Siehe auch: 01 02 03 || 01



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  • Dorfmann verabschiedet sich von Positionen der eigenen Partei.

    Südtirols Europarlamentarier Herbert Dorfmann (SVP), der unter anderem als möglicher Nachfolger von Landeshauptmann Luis Durnwalder im Gespräch ist, hat in einem öffentlichen Facebook-Kommentar zum -Bericht über die interne EU-Erweiterung Stellung genommen. Der Minderheitenvertreter, den man bei europäsichen Veranstaltungen zu einschlägigen Themen meist vergeblich sucht — und der auch sonst recht sonderbare Auffassungen vertritt — spielte zwar die Wichtigkeit einer Studie von Prof. Dr. Jordi Matas i Dalmases herunter. Dann fügte er jedoch hinzu, er sei der Meinung

    dass wir eine solche Frage relativ schnell lösen würden. Wenn der neue Staat das Gemeinschaftsrecht einhält kann er ja Mitglied werden, wie jeder andere auch. Und nachdem er eh von einem Staat kommt, der das Gemeinschaftsrecht implementiert hat… also, so schwierig dürfte das net [sic] sein.

    Damit distanziert er sich deutlich von der (vorgeblichen) Auffassung seiner Partei, Südtirol wäre im Falle einer Loslösung von Italien dazu verdammt, aus der EU zu fliegen und — wie es Philipp Achammer während der neulichen Podiumsdiskussion in der Brixner Cusanus-Akademie formulierte — eine EU-Außengrenze darzustellen.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



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  • Cricket und Sprache für Pakistaner.

    Autor:a

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    0 Comentârs → on Cricket und Sprache für Pakistaner.

    Den inklusivistischen Ansatz der katalanischen Integrationsbemühungen hatte ich bereits durch die Übersetzung eines Handbuchs, das von der Plataforma per la llengua (Plattform für die katalanische Sprache) gemeinsam mit der Generalitat de Catalunya (katalanischer Staat) herausgegeben wurde, zu vermitteln versucht. Darin ist unter anderem der Vorschlag gegenseitiger Integration enthalten, bei der etwa Einheimische gemeinsam mit Migranten kochen und die jeweilige Esskultur kennenlernen.

    Ein sehr schönes konkretes Beispiel für die Umsetzung bidirektionaler Integration — die nicht auf Assimilierung, sondern auf gegenseitige Bereicherung setzt — kommt vom Consorci per la Normalització Linguistica (Konsortium für die Sprachnormalisierung) in Hospitalet de Llobregat: Den Mitgliedern der zahlreichen pakistanischen Gemeinde im Ort wurden unter Einbeziehung ihrer Interessensvertretung Associació de Famà­lies Pakistaneses kostenlos 20 Stunden Katalanisch-Sprachkurs angeboten. Während der letzten 1,5 Stunden wurde in Zusammenarbeit mit der Unió Esportiva Catalana de Clubs de Criquet speziell auf das Cricket-Vokabular in katalanischer Sprache eingegangen. Cricket ist pakistanischer Nationalsport. Anschließend wurde ein Cricket-Turnier organisiert, bei dem Katalanen — in gemischten Mannschaften — von ihren Mitbürgern pakistanischen Ursprungs die Sportart erlernten, während die Pakistaner die katalanische Sprache praktizieren und Freundschaften mit einheimischen Bürgern knüpfen konnten.



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  • Basken, Katalanen, Galicier gemeinsam für eigene Mannschaften.
    Auch die Grünen unterstützen das Anliegen

    Die Plataforma ProSeleccions Esportives Catalanes (Plattform für katalanische Nationalmannschaften) und ihre baskischen und galicischen Pendants (ESAIT und Siareir@s Galeg@s) haben am 20. Mai im spanischen Kongress eine Pressekonferenz abgehalten, um ihrem gemeinsamen Anliegen Nachdruck zu verleihen. Mit der Anwesenheit und Unterstützung galicischer, baskischer und katalanischer Abgeordneter haben die drei Plattformen ein gemeinsames Manifest vorgelesen, in dem das Recht auf unabhängige Beteiligung an internationalen Sportveranstaltungen eingefordert wird. In Hinblick auf das bevorstehende Endspiel der Copa del Rey (königlicher Spaniencup) zwischen dem katalanischen Fußballclub Barcelona und dem baskischen Kontrahenten Athletic Club de Bilbao wurden außerdem die Fans dazu aufgefordert, die Veranstaltung zu nutzen, um die Forderung nach unabhängigen Nationalteams zu unterstützen. Hierfür sollen die Anhänger der beiden Mannschaften die baskische und die katalanische Flagge zeigen. Es wurde unterstrichen, dass es sich hierbei um eine »positive« Haltung handelt, die nicht gegen jemanden oder etwas gerichtet ist, sondern eine Unterstützung für die sportliche Unabhängigkeit darstellen soll. Im Namen der Vereinigung Catalunya Acció hat Santiago Espot jedoch auch Unterstützung für das mittlerweile zur Tradition gewordene Pfeifkonzert angekündigt, welches die Fans von Mannschaften aus Galicien, Katalonien und Baskenland der (zu Beginn des Endspiels abgespielten) spanischen Nationalhymne zukommen lassen. Er unterstrich, dass es sich dabei nicht um eine Provokation, sondern um den symbolischen Ausdruck des Unabhängigkeitswillens handelt.

    Was das Manifest für unabhängige Nationalmannschaften anlangt, haben sich aktiv und unterstützend an der Pressekonferenz beteiligt: Sergi Blázquez und Francesc Serra, Vizepräsident und Koordinator der Plataforma ProSeleccions Esportives Catalanes; Iñigo Santxo und Martxel Toledo für ESAIT; David Rodeiro und Alexandre Sanmartín (Siareir@s Galeg@s); die politischen Parteien Amaiur (Rafael Lareina und Xavier Mikel Errekondo, Baskenland), Unió Democratica de Catalunya (Marta Surroca und Eva Parera, katalanische Regierungspartei), Convergència Democratica de Catalunya (Josep Maldonado und Jordi Jané, katalanische Regierungspartei), Republikanische Linke Kataloniens ERC (Joan Tardà, Alfred Bosch und Teresa Jordà, katalanische Oppositionspartei), Iniciativa per Catalunya-Verds (katalanische Grüne, Joan Coscubiela und Laia Ortiz, Opposition) sowie Bloque Nacionalista Galego (Olaia Fernández Davila, galicische Opposition). Zum Abschluss der Pressekonfernz posierten die Mitglieder der Plattformen zusammen mit den Politikern mit einem Spruchband vor dem Kongress, auf dem die Forderung nach eigenen Mannschaften in katalanischer, baskischer und galicischer Sprache zu lesen war.

    Das Manifest:

    Wir sind uns der schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der wir uns befinden, bewusst. Trotz der Schwierigkeiten, die sich daraus für viele Menschen ergeben, dürfen wir darüber nicht vergessen, dass es Werte wie die Würde, die Ethik, das Recht und die Freiheit gibt, die es stets zu verteidigen gilt, genauso wie das von uns eingeforderte Recht auf unabhängiges sportliches Auftreten. Die Rechte der Territorien gehören den Personen, die sie bewohnen, mit oder ohne Wirtschaftskrise.

    Der spanische Fußballverband und die spanische Regierung erwägen schließlich auch nicht, aufgrund der ökonomischen Schwierigkeiten des Landes auf die Teilnahme an der Fußball-Europameisterschaft oder an den Olympischen Spielen zu verzichten.

    Aus diesem Grund manifestieren wir, Galicier, Basken und Katalanen, durch die Plattformen, welche unsere sportlichen Anliegen vertreten, gemeinsam Folgendes:

    1. Katalonien, Galicien und Euskal Herria sind historische Länder, die sich untereinander und von Spanien differenzieren, deren Bevölkerung das Recht besitzt, unabhängig mit Mannschaften, die sie repräsentieren, an internationalen Bewerben teilzunehmen. Wir erinnern daran, dass in unseren Ländern eine anerkannte sportliche Tradition existiert.

    2. Sportler und Verbände unserer Länder müssen sich die Teilnahme an internationalen Bewerben direkt vor den internationalen Verbände erkämpfen dürfen. Das sind die einzigen Institutionen, die über die Zulässigkeit der Anerkennung entscheiden sollen. Vetos und Hindernisse durch spanische Regierung und spanische Vertreter sind inakzeptabel.

    3. Für die UNO besteht kein Zweifel, dass auch Sportmannschaften zulässig sind, die keinem anerkannten Staat zuzuordnen sind. Die katalanischen Bowling- und Darts-Nationalmannschaften, der Fußballverband Gibraltars sowie das Urteil des Obersten Gerichtshofs zum baskischen Sportgesetz sind eindeutige Beispiele aus der jüngsten Geschichte. Das höchste internationale Sportgericht (CAS) hat diesbezüglich ebenfalls positiv entschieden.

    4. Wir fordern die spanische Regierung zu Respekt und Freiheit sowie zur Zurückhaltung (legislativ und de facto) auf, um den Willen von Sportlern und Anhängern aus Katalonien, Baskenland und Galicien nicht zu behindern, ihre eigenen Mannschaften zu internationalen Bewerben zu entsenden, und zwar in jeder beliebigen Sportart, zu europäischen und weltweiten Bewerben und in völliger Normalität.

    5. Wir rufen die spanischen Regierung auf, eine Anstrengung zu unternehmen, um diese unterschiedlichen Realitäten zu verstehen, und wir fragen uns gleichzeitig, wie es einen Konsens über die historischen Länder innerhalb des Staates geben kann, ohne, dass die spanische Regierung gegenüber den Bürgern dieser Länder Loyalität und Respekt aufbringt. Wir verlangen demokratische Qualität und Reife, Respekt und Handlungsfreiheit für die baskischen, katalanischen und galicischen Sportverbände. Wir verurteilen die bisherige restriktive, zwanghafte und sanktionierende Vorgehensweise, welche in der Drohung gipfelte, Sportlern die Befähigung zu entziehen, wenn sie sich weigern sollten, im spanischen Nationalteam anzutreten.

    6. Wir danken den politischen Parteien, die uns unterstützen und für die internationale Anerkennung unserer katalanischen, baskischen und galicischen Mannschaften eintreten und wir rufen die spanische Regierung dazu auf, sich dieser Unterstützung anzuschließen.

    7. Abschließend nutzen wir die Gelegenheit, dass diese Woche zahlreiche baskische und katalanische Fans in Madrid sein werden, um dem Finalspiel der Copa del Rey beizuwohnen, um sie dazu aufzurufen, das Spiel in ein sportliches Fest zu verwandeln, welches die Unterstützung unserer Anliegen in den Vordergrund stellt. Wir fordern sie auf, das Stadion ohne weitergehende Provokationen mit katalanischen und baskischen Flaggen zu füllen.

    Übersetzung:
    Quelle: Racó Català.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 || 01



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