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  • Drittes Autonomiestatut.

    Die Südtiroler Volkspartei (SVP), die mit dem PD eine Koalition eingegangen ist, spricht von einem »bahnbrechenden Abkommen«, das zum dritten Autonomiestatut und zur vielbeschworenen →Vollautonomie führen soll. Bei letzterer handelt es sich, wie unserem politischen Glossar zu entnehmen ist, eigentlich um eine ausgeprägtere Form von Teilautonomie.

    Ob man sich eine derartige Entwicklung von einer Partei wie dem PD erwarten darf, die noch vor wenigen Wochen die bislang schwersten Angriffe auf das derzeit gültige Autonomiestatut, die Wiederauferstehung des nationalen Interesses und unter anderem die Einführung der Hymnenpflicht an öffentlichen Schulen mitgetragen hat, scheint fragwürdig. PD-Parlamentarier Gianclaudio Bressa hat in einem Interview mit der Tageszeitung A. Adige kein Hehl daraus gemacht, dass die dritte Phase der Autonomie vor allem eines besiegeln soll: die »nationale Verantwortung« Südtirols.

    Selbst wenn der PD ein neues Autonomiestatut verabschieden möchte, dürfte das übrigens ein fast unmögliches Unterfangen sein: Derzeit kündigt sich besonders im Senat eine Pattsituation an, die den möglichen Ministerpräsidenten Bersani von der Zusammenarbeit mit Parteien über seine — ohnehin heterogene und daher für Zwist anfällige — Koalition hinaus abhängig machen könnte.

    All dies vorausgeschickt, sind jene Punkte des Koalitionsprogramms, die die SVP bisher öffentlich gemacht hat, weit davon entfernt, eine neue Phase der Autonomie einzuleiten oder die Bezeichnung »bahnbrechend« zu verdienen. Genannt wurden etwa:

    • Die Stärkung und Weiterentwicklung der Finanzregelung des Landes. Nach Steuerhoheit klingt das leider nicht.
    • Die Anerkennung der internationalen Verankerung der Südtirolautonomie. Wie bereits geschrieben wurde, war uns über Jahrzehnte versichert worden, bereits die heutige Autonomie sei international verankert.
    • Die Verankerung des Mailänder Abkommens. Warum muss man ein Abkommen verankern und warum wurde es bisher nicht eingehalten (wozu auch der PD beigetragen hat)?
    • Die Delegierung administrativer Zuständigkeiten für das Verwaltungspersonal bei Gericht. Klingt nicht nach vollständiger, sondern nach sehr eingeschränkter Autonomie in diesem Bereich.
    • Erlass einer Durchführungsbestimmung, die das Ortsnamensgesetz des Landes übernimmt. Warum bedarf eine Angelegenheit, die zu den primären Zuständigkeiten des Südtiroler Landtags gehört, einer staatlichen Durchführungsbestimmung? Damit wird dem Landtag übrigens die ihm zustehende Möglichkeit genommen, Änderungen am Ortsnamensgesetz vorzunehmen.

    Nehmen wir aber an, dass es allen Schwierigkeiten zum Trotz tatsächlich zu einem dritten Autonomiestatut kommen wird. Woran wird es sich dann messen lassen müssen? Eine Aufstellung.

    • Einbindung der Zivilgesellschaft und des breitestmöglichen politischen Spektrums, partizipativer Prozess: Es wird entscheidend sein, ob das neue Autonomiestatut nur zwischen zwei Parteien ausgekungelt wird — und damit weiterhin im (nunmehr um den PD erweiterten) Besitz der SVP bleibt — oder ob diese Aufgabe einem konstituierenden Konvent anvertraut wird.
      Die Unabhängigkeitsbefürworter werden stets ermahnt, möglichst die gesamte Gesellschaft anzusprechen und mitzunehmen. Dasselbe muss für den Umbau der Autonomie gelten.
    • Einbindung aller Sprachgruppen: Laut Karl Zeller hat die italienische Sprachgruppe das zweite Autonomiestatut »erduldet« und müsse jetzt eingebunden werden. Ein richtiger Ansatz für jede Fortentwicklung unseres Landes. Doch: Wird dies einen Interessensausgleich im Rahmen eines Ausbaus, der allen zugute kommt, zur Folge haben — oder wird es zu Anbiederung und Abflachung kommen?
    • Wird das neue Statut ein Landesstatut oder bleibt es ein Regionalstatut? Und damit zusammenhängend: Bleibt die Region erhalten oder wird sie zugunsten neuer Formen der Zusammenarbeit in der Euregio aufgelöst?
    • Wird der Geltungsbereich des neuen Autonomiestatuts auf die Gemeinden von Souramont ausgedehnt? Die drei ladinischen Gemeinden, die gleichzeitig mit Südtirol an Italien gefallen waren, haben 2007 in einer amtlichen Volksabstimmung den demokratischen Wunsch geäußert, an Südtirol angegliedert zu werden. Das Siedlungsgebiet der ladinischen Minderheit war zum Zwecke der Assimilierung vom faschistischen Regime auf zwei Regionen und drei Provinzen aufgeteilt worden.
      Francesco Palermo, gemeinsamer Kandidat von SVP und PD im Unterland, hat sich leider schon mehrmals gegen die Angliederung ausgesprochen.
    • Wird der Regierungskommissär wie in Aosta abgeschafft und gehen seine Kompetenzen ans Land über?
    • Wie wird mit derzeitigen Pfeilern der Autonomie — etwa Proporz, Schulsystem und Ansässigkeitsklausel — umgegangen und welche kompensatorischen und flankierenden Maßnahmen wird es geben, um den Fortbestand der Minderheiten zu gewährleisten?
    • Wird das dritte Autonomiestatut imstande sein, endlich die Gleichberechtigung der deutschen und der italienischen Spache durchzusetzen? Das allgemein formulierte Gleichstellungsprinzip hat heute auf viele Bereiche keine Auswirkungen:
      • Im Konsumentenschutz, wo ausschließlich die italienische Sprache vorgeschrieben und gewährleistet ist.
      • Bei der Integration von Zuwanderern, eines der großen Zukunftsthemen für die Überlebensfähigkeit unserer mehrsprachigen Gesellschaft und für deren aktive Gestaltung.
      • Bei der Interpretation von Gesetzen: Selbst bei Landesgesetzen, die auf Deutsch ersonnen und erlassen wurden, ist ausschließlich der italienische Wortlaut bindend. Dies ist für die deutsche Rechtssprache in Südtirol, aber auch für die Rechtssicherheit, von großem Nachteil.
      • Zum Teil als Verfahrenssprache bei Gericht, wo Deutsch erst jüngst zur reinen Lokalsprache im Umgang mit Indigenen degradiert wurde.
    • Wird die ladinische Sprache, zumal im Bildungssystem, gestärkt?
    • Wird Südtirol eine Steuerhoheit zuerkannt, die diesen Namen verdient? Oder »darf« Südtirol lediglich nach römischen Vorgaben die Geldeintreibung übernehmen und muss im Gegenzug noch stärker zum Staatshaushalt beitragen?
    • Kommt die Landespolizei? Geht die Post ans Land über? Wird Südtirol für sensible Bereiche wie Umwelt und Zuwanderung zuständig? Oder beschränkt sich die ominöse Vollautonomie auf die Wiederherstellung der Zuständigkeiten, die Rom im Laufe der letzten Jahre mehr oder minder legal kassiert hatte?
    • Wird die Sportautonomie umgesetzt, die angeblich ein großer Teil der Südtiroler Landtagsabgeordneten wünscht?
    • Wird schließlich die italienische Landesbezeichnung Sudtirolo legalisiert?

    Darüberhinaus:

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • SVP — quo vadis?

    Die anstehenden Wahlen zum italienischen Parlament haben die Südtiroler Polit-Landschaft schon jetzt nachhaltig verändert. Erstmals hat sich die SVP für ein Koalitionsabkommen mit einer nationalen Partei, dem PD, entschlossen. hat darüber schon berichtet.

    Dadurch werden die Parlamentswahlen in Südtirol von einer nationalstaatlichen Dialektik dominiert. Das minderheitenfeindliche Wahlgesetz, dessen Reform auch der SVP, aus kurzsichtigem Eigennutz, nie ein ernsthaftes Anliegen war, degradiert alle Südtiroler Parteien, ohne nationales Bündnis, zu reinen Statisten. Entweder diese verzichten von vornherein auf eine Kandidatur oder stehen vor der Herkulesaufgabe, bei der Wahl für die Abgeordnetenkammer, auf regionaler Ebene mindestens 20%, bzw. auf Südtiroler Ebene gute 40% der Wählerstimmen zu erzielen.

    Die SVP scheint dies nicht zu kümmern, solange sichergestellt ist, dass sie die entsprechenden Hürden überwindet. Der historisch durchaus berechtigte Alleinvertretungsanspruch ist durch die Ereignisse der letzten 10 bis 20 Jahre und aufgrund der jüngsten Umfrageergebnisse nicht mehr akzeptabel. Die diesjährigen Parlamentswahlen werden einen nicht unwesentlichen Teil der deutschen und ladinischen Wählerschaft nicht in Form von Mandaten abbilden, da ihre politische Meinung wahlarithmetisch kaum Erfolgsaussichten hat. Unabhängig davon, wie man zu bestimmten Parteien steht, ist dies demokratiepolitisch mehr als bedenklich. Es gibt keinen Schlagabtausch der politischen Kräfte innerhalb Südtirols, sondern lediglich eine nationalstaatliche Dialektik.

    Nicht die eh schon an ihren zentralstaatlichen Parteizentralen hängenden Südtiroler Ableger der italienischen Parteien werden durch ein entsprechendes Wahlgesetz »regionalisiert«, sondern ganz im Gegenteil, die SVP wird durch das Wahlbündnis mit dem PD »nationalisiert« und entwickelt sich in ihrem Selbstverständnis zunehmend zu einer italienischen Regionalpartei.

    Just unter diesen Rahmenbedingungen wird vom 3. Autonomiestatut gesprochen. Dies in einer Phase der konzeptionellen Orientierungslosigkeit der SVP. Die Mehrheitspartei nimmt dabei bewusst in Kauf, dass von den anstehenden Verhandlungen in römischen Parteizentralen die Meinung eines wesentlichen Teiles der Südtiroler Wählerschaft ausgeschlossen wird.

    Wenn namhafte PolitikerInnen der nationalen Partei, mit der sich die SVP verbündet hat, von einer Anpassung des Autonomiestatutes an die neuen Gegebenheiten sprechen, kann man sich leicht vorstellen, was darunter zu verstehen ist: Proporz und muttersprachlicher Unterricht, die letzten starken Säulen des 2. Autonomiestatutes, werden aufgeweicht werden. Dies ohne Überwindung der nationalstaatlichen Rahmenbedingungen, von denen Südtirol systembedingt gesteuert wird. Im Gegenzug werden wohl lediglich einige Kompetenzen, die uns Rom in den letzten Jahren genommen hat, wieder zugesichert und die Autonomie international verankert, obwohl man Südtirols BürgerInnen 20 Jahre lang erzählte, dass die Autonomie eh international abgesichert ist. Südtirol wird die Kompetenz zur Steuereinhebung erhalten. Dies ist sicher ein Fortschritt, aber von einer wirklichen Finanzhoheit sind wir dann immer noch Lichtjahre entfernt. Die Steuergesetzgebung und alle wesentlichen Bestimmungen der Sozialgesetzgebung und wirtschaftlichen Ausrichtung werden nach wie vor in Rom definiert. Das Zugeständnis, sich anteilsmäßig an der Tilgung der italienischen Zinslast zu beteiligen, verblüfft selbst italienische PolitikerInnen wie Andrea Casolari und fesselt Südtirols Schicksal langfristig an die Entwicklung der italienischen Staatsfinanzen. Ein eigenständiger Südtiroler Weg mit den entsprechenden positiven Auswirkungen auf unsere an und für sich gesunde Wirtschaftsstruktur wird damit ausgeschlossen.

    Die von der SVP gebetsmühlenhaft vorgebrachte Floskel, dass sich die Forderung nach Unabhängigkeit nicht mit einem Ausbau der Autonomie vereinbaren lässt, entbehrt jeglicher verhandlungstechnischer Logik. Gerade Schottland und Katalonien werden, sollte der Wunsch nach Unabhängigkeit nicht erfüllt werden, wesentlich rascher ein Konzept der Vollautonomie umgesetzt haben, als dies Südtirol unter der Ägide der SVP-Appeasementpolitik jemals schaffen wird.



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  • Entscheidungshilfe Parlamentswahl.

    Was ist in letzter Zeit vorgefallen, woran sollten wir uns mit Blick auf die Wahlen erinnern? Eine Zusammenschau, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

    Die Südtiroler Volkspartei lehnte im Landtag — gemeinsam mit Grünen und Demokratendas Menschenrecht auf Selbstbestimmung ab, und zwar grundsätzlich. Sie stimmte im Regionalrat mit dem Argument für die Beibehaltung der sinnentleerten Region Südtirol-Trentino, dass man doch blöd wäre, Rom zu einer Abänderung des Autonomiestatuts aufzufordern. Genau dies tut die SVP jedoch in ihrem Koalitionsabkommen mit den Demokraten, mittels dessen sie uns Südtiroler sogar zur anteilsmäßigen Übernahme der Zinsen auf die Staatsschulden verpflichtet. Die Causa SEL, die auch einen großen Teil der unbeteiligten Politiker im Lande »bindet«, braucht gar nicht gesondert erwähnt zu werden. In zahlreichen Gemeinden regierte die Sammelpartei nach wie vor mit Selbstherrlichkeit, während sie nach außen hin kaum imstande war, die Interessen des Landes zu wahren. So gelang es nicht, die Gleichstellung der deutschen Sprache, etwa bei der Integration von Zuwanderern, zu erreichen; letzteres ist ein Thema, das für die Überlebensfähigkeit einer Minderheit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die großmundig angekündigte Entfernung oder Historisierung der Monumente aus faschistischer Epoche scheiterte und wurde vom staatlichen Verhandlungspartner boykottiert. Selbst die Einrichtung einer Dokumentationsstätte unter dem Bozner Siegesdenkmal wurde kürzlich sang- und klanglos auf bessere Zeiten verschoben (einen SVP-Bürgermeister wird es womöglich freuen).
    Der Plünderung des Landeshaushalts durch Mario Monti musste man weitgehend tatenlos zusehen, obwohl das Mailänder Abkommen zuvor in höchsten Tönen (Durnwalder: »sichere Finanzierung«, »Einnahmenplus«) gelobt wurde. Auch sonst mochte sich die Volkspartei nicht an alte Versprechungen erinnern, etwa hinsichtlich der Selbstbestimmung im Falle eines Vertragsbruches. Vielmehr wurden Unabhängigkeitsbefürworter — während in Europa mehrere Sezessionsprozesse fortschritten — von LH Durnwalder noch Anfang 2011 pauschal als Kriegstreiber diffamiert.

    Bezeichnend auch, dass die SVP mit Mauro Minniti einen verkappten Neofaschisten mit gefährlichen Ansichten in das demokratisch wichtige Amt des Landtagspräsidenten hievte — und jetzt mit Vezzali einen Nachfolger wählte, der nicht davor zurückschreckte, die Entscheidungen des Hauses zu hintertreiben.

    Die Demokraten unterstützten das Ansinnen der Regierung Mario Monti, das Prinzip des nationalen Interesses wiedereinzuführen und sogar noch zu verstärken. Überhaupt trug der PD im Laufe der letzten Monate die Politik von Mario Monti, einschließlich sämtlicher Autonomieverletzungen, bewusst mit: In dubio pro natione. Die Verabschiedung eines Gesetzes, das auch an Südtirols Schulen die anachronistische italienische Nationalhymne einführt, während der Minderheitenschutz unterminiert wird, macht die Demokraten nicht gerade zu glaubhaften Autonomisten. In der Gemeinde Brixen taten sie sich außerdem durch die anachronistische Forderung hervor, einer Militäreinheit eine Straße zu widmen — der Buchstabe »k« in der Bezeichnung einer Kletterhalle wurde hingegen als Affront dargestellt.

    Der gemeinsame Kandidat von Volkspartei und Demokraten im Senatswahlkreis Bozen-Unterland, Francesco Palermo, der auch von den Grünen unterstützt wird, sprach sich mehrfach gegen die Wiedervereinigung der ladinischen Minderheit aus. In den Gemeinden Anpezo, Col und Fodom, die nach der Annexion Südtirols zum Zwecke der Assimilierung an die Region Venetien geschlagen wurden, hatte sich bei einem Referendum eine breite Bevölkerungsmehrheit für die Wiedervereinigung ausgesprochen. Palermo bezeichnete diesen Wunsch als wirtschaftlichen Opportunismus einer bereits assimilierten Minderheit — obschon etwa in Fodom Erhebungen zufolge nach wie vor mehr Ladinisch gesprochen wird, als in Ghërdeina und Badia.

    Palermo sprach sich für einen dezidierten Autonomieausbau aus, stellte in einem Leitartikel für die Tageszeitung A. Adige aber auch die These auf, Südtirol müsse sich seine Autonomie verdienen. Diese abwegige Ansicht vertrat — indirekt — auch der grüne Kandidat Florian Kronbichler, der auch sonst allerlei vielsagende Abstrusitäten von sich gab. So stellte er zum Beispiel Parallelen zwischen Selbstbestimmung und Judenfeindlichkeit (wer lacht, macht sich mitschuldig) her und warnte die Grünen, man würde sie mit den Rechten identifizieren, wenn sie über die Selbstbestimmung auch nur diskutierten. Dies käme einem Bündnis mit dem »Falken« Karl Zeller gleich. Ironie des Schicksals: Nicht nur, dass Kronbichler selbst für die Grünen in die Wahl geht, nachdem diese einen Unabhängigkeitsbefürworter zu ihrer Ideenwerkstatt geladen hatten — sondern: er tritt in der Koalition aus PD, SVP und SEL auch noch als Verbündeter von Karl Zeller an.
    Darüberhinaus verglich Kronbichler die Verlängerung der Landebahn am Bozner Flughafen mit der Enteignung von Obstwiesen durch den faschistischen Unrechtsstaat, bezeichnete die Deutschen pauschal als »spacconi, smaniosi di viaggiare, arricchiti e di discutibili gusti« und tat seine Sympathie für die Alpini kund. Im Falle seiner Wahl möchte er — als Vertreter Südtirols — wichtige Schutzmechanismen ersatzlos zur Disposition stellen.

    Die Grünen nahmen weder in der Ortsnamenfrage, noch im Zusammenhang mit den faschistischen Relikten eine überzeugende Rolle ein. Während die Ungereimtheiten bei der Toponomastik inhaltlicher Natur waren — die Partei machte sich im öffentlichen Bereich für die Beibehaltung sämtlicher im Faschismus eingeführter Erfindungen stark und erfand dafür einen neuen, faschistisch anmutenden Slogan (ubi nomen, ibi patria) — schienen die Grünen bei den Denkmälern aus faschistischer Zeit auf Reaktion beschränkt: Konstruktive, durchaus gute Vorschläge waren nur zu hören, als eine Entfernung der Bauwerke im Raum stand.

    Grüne und parteinahe Vertreter ließen durch sonderbare Auffassungen aufhorchen: Renate Holzeisen bezeichnete die Südtirolfrage als inexistent. So weit waren selbst italienische Rechtspolitiker nur selten gegangen. Die Aussage erinnert an eine ähnlich gelagerte Diagnose von Sepp Kusstatscher: Eine deutsche Minderheit könne es in Europa per Definition nicht geben, da Deutsch die meistgesprochene Muttersprache der EU sei. Damit wischte er nicht nur die Südtiroler, sondern auch die Ansprüche von Siebenbürgern, Elsässern, Schlesiern und Nordschleswigern vom Tisch. Unabhängigkeitswünsche bezeichnete er als »ewiggestrig« und »rassistisch«.

    Im Zusammenhang mit dem Aufmarsch der Alpini 2012 in Bozen ist sowohl der Volkspartei, als auch PD und Grünen Verharmlosung vorzuwerfen. Sie verordneten sich — und gleich der gesamten Bevölkerung mit — Nachsicht gegenüber alten Kriegsverbrechen und nationalistischem Gehabe, wenn sie es nicht sogar befeuerten. Hauptsache Feierlaune, Ordnung, Sauberkeit und: Zusammenleben um wirklich jeden Preis.

    Die Freiheitlichen legten einen Verfassungsentwurf für ein unabhängiges Südtirol vor, mittels dessen sie vorschlagen, alles zu ändern, damit alles beim Alten bleibt. Im Zusammenhang mit dem feigen Anschlag auf ein Asylantenheim in Vintl machten freiheitliche Gemeindepolitiker Aussagen, die als völlig deplaziert und menschenverachtend zu beurteilen sind. Wes Geistes Kinder sie sind, bewiesen die Blauen — falls dies denn nötig gewesen wäre — auch durch die Erhebung von Michael Demanega zum Generalsekretär: Dieser hatte erst 2011 in einem Anflug von Deutschnationalismus erklärt, er fühle sich zuerst als Deutscher und dann erst als (Süd-)Tiroler. Anstatt dringend nötige Arbeit zur vorurteilsfreien, positiven Integration von Zuwanderern zu leisten, setzten die Blauen wie gehabt auf Angst und Panikmache, womit sie dem Ziel sogar noch schadeten. Ihre nunmehr fünf Landtagsabgeordneten konnten sie indes nicht für spürbar konstruktivere Oppositionsarbeit nutzen.

    Die Fünfsternbewegung (5SB) von Beppe Grillo machte in Südtirol auch damit auf sich aufmerksam, dass sie im Bozner Gemeinderat die Neofaschisten von CasaPound und CasaItalia unterstützte. Ihre Vertreter waren dagegen, die rechtsextremistischen Vereine von der Liste förderungswürdiger Organisationen zu streichen. Dass dies kein Versehen war, zeigt die Tatsache, dass 5SB CasaPound auch in der Gemeinde Bologna unterstützt hat und dass Beppe Grillo selbst keine Berührungsängste zu den Faschisten hat. Der Respekt von 5SB für öffentliches und fremdes privates Gut äußert sich unter anderem dadurch, dass sie ihre Bürgerinformationen in Bozen einfach an fremde Hauswände pappen. Im Gegensatz zu den Piraten, mit denen sie oft verglichen wird, ist die Partei von Beppe Grillo keine Bottom-Up-, sondern eine Top-Down-Bewegung mit einem starken Mann an ihrer Spitze, der ohne Angabe von Gründen und ohne Einspruchsmöglichkeit Mitglieder hinauswirft, wenn sie ihm persönlich nicht in den Kram passen. Weniger bekannt ist auch, dass 5SB für den Euroaustritt und gegen die Vergabe der Staatsbürgerschaft an Kinder von Zuwanderern eintritt.



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  • Grillo con CasaPound.

    

    Questo video pubblicato da Repubblica mostra Beppe Grillo mentre dialoga con Simone Di Stefano, candidato di CasaPound (CPI) alle elezioni del Lazio. Ad alcuni esponenti di CPI, che gli chiedono se si sente antifascista, Grillo risponde che «questo è un problema che non mi compete». Se un ragazzo di CPI volesse entrare nel MoVimento 5 Stelle e ne avesse i requisiti, afferma Grillo, potrebbe tranquillamente farlo.

    Non possiamo non essere d’accordo sui concetti, […] sto parlando con te che sei un esponente di estrema destra, ma sembri un delegato del MoVimento 5 Stelle.

    La cordiale conversazione fra i due candidati ha avuto luogo davanti al Viminale, sede del ministero degli interni, dove entrambi si erano recati in occasione della presentazione dei simboli.

    Cëla enghe:
    01 02 03



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  • Dello Sbarba for president!

    Zum Jahreswechsel war Mauro Minniti als Landtagspräsident zurückgetreten. Nach seiner Retourverwandlung vom verkappten zum deklarierten Faschisten wäre er auf diesem Posten ohnehin untragbar geworden.
    Da das Amt während der zweiten Hälfte der Legislaturperiode einem Abgeordneten italienischer Zunge vorbehalten ist, bleiben der Mehrheit nur zwei akzeptable Nachfolger: Riccardo Dello Sbarba (Vërc) und Maurizio Vezzali, Mitglied einer der unzähligen PDL-Splittergruppen.

    Allein schon die politische Zugehörigkeit und die Autonomiefreundlichkeit sollten Dello Sbarba — aus Sicht der politischen Mehrheit — als weit besseren Kandidaten für den Vorsitz des autonomen Südtiroler Gesetzgebungsorgans qualifizieren.

    Da aber zu den wichtigsten Aufgaben des Präsidenten die möglichst unparteiische Leitung der Landtagssitzungen und die Vertretung der Institution nach außen gehören, gibt es Auswahlkriterien, die weit schwerer wiegen sollten, als die inhaltliche Übereinstimmung mit den Positionen der Mehrheitsparteien.

    Während der laufenden Legislaturperiode etwa hat sich Dello Sbarba als politischer Ermittler und Aufdecker in der Causa SEL einen Namen gemacht und somit ganz entscheidend zur Aufwertung der demokratischen Kontrollfunktion des Landtags beigetragen. Dello Sbarbas Engagement hat dem Ansehen des Hauses gedient.

    Zu einem diametral entgegengesetzten Urteil muss man bei Maurizio Vezzali gelangen: Der war nach Verbschiedung des Toponomastikgesetzes gemeinsam mit Urzì (FLI) und dem erklärten Faschisten Seppi nach Rom gepilgert, um die Zentralregierung zu einer Anfechtung vor dem Verfassungsgericht zu bewegen. Ganz egal, wie man zum Gesetz — das ich persönlich für keinen großen Wurf halte — stehen mag, wäre völlig inakzeptabel, dass jemand zum Landtagspräsidenten gewählt wird, der dessen demokratische Entscheidungen nicht akzeptiert. Mit seinem Verhalten hat Vezzali der Würde und dem Ansehen des Hauses ernsthaften Schaden zugefügt.

    Dennoch wäre ich nicht verwundert, würde sich die Mehrheit gegen Dello Sbarba entscheiden.



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  • Politische Sternstunde.

    Eine solche bescherte David Fernández von der linken Candidatura d’Unitat Popular (CUP) am 21. Dezember dem katalanischen Parlament. Anlass war die Eröffnungsdebatte der neuen Legislatur, in deren Lauf die CiU-Regierung gemeinsam mit ERC ein Unabhängigkeitsreferendum anstrebt.

    Fernández kündigte eine »ausgestreckte Hand für die Selbstbestimmung« und eine »geschlossene Faust« gegen weitere Kürzungen an.

    Das Video verfügt über deutsche Untertitel:
    Deutsche Untertitel: .

    Ich hoffe, dass diese Rede nicht nur von -Leserinnen zahlreich angesehen wird, sondern auch sonst von möglichst vielen Südtiroler Linken. Der Vergleich lohnt.



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  • Rai: Zahlen ohne Zuständigkeit.

    Wie das Landespresseamt berichtet, darf das Land jetzt auf Grundlage des Mailänder Abkommens für den Rai Sender Bozen bezahlen, wodurch auch die Sendezeiten ausgedehnt werden können. Letzteres ist freilich eine gute und begrüßenswerte Nachricht.

    Nach Abschluss des Mailänder Abkommens war der Bevölkerung jedoch mitgeteilt worden, dank dieser Übereinkunft könne Südtirol neue Zuständigkeiten übernehmen, anstatt sich mit Geld direkt an der Abtragung der Staatsschulden zu beteiligen. Beides ist hier nicht der Fall:

    • Obwohl Südtirol fortan bezahlt, bleibt die Zuständigkeit für den Sender Bozen unangetastet — also beim Staat. Lediglich die Umsetzung der Konvention wird paritätisch überwacht.
    • Dass wir für den Sender Bozen zahlen, anstatt uns an den Staatsschulden zu beteiligen, stimmt ebenfalls nicht. Wie wir alle wissen, wurde der Landeshaushalt während der letzten Monate bereits massiv gekürzt.

    Im Grunde handelt es sich bei der Übernahme der Kosten für den Rai Sender Bozen um nichts anderes, als um eine erneute, versteckte Kürzung des Landeshaushalts, ohne im Gegenzug eine Zuständigkeit zu erhalten.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Doppelt zahlen für den Abfall.

    Wieder einmal zeigt sich, welchen Stellenwert in Rom die autonome Gesetzgebung des Landes Südtirol hat: Keinen — sie wird nicht einmal zur Kenntnis genommen. Wie der Nachrichtendienst Südtirol Online berichtet, hat der Staat eine neue Abfallsteuer (TARES) beschlossen, die auf dem gesamten Staatsgebiet — also auch hierzulande — gelten soll. Sie schlägt mit 0,30 Euro pro Quadratmeter Katasterfläche zu Buche und lässt, wie Gemeindenverbandspräsident Kompatscher mitteilt, eine Menge Arbeit (und Kosten) auf die Kommunen zukommen.

    Dabei blieb in Rom völlig unberücksichtigt, dass in Südtirol bereits Abfallgebühren nach dem Verursacherprinzip bezahlt werden. Die Autonomie unseres Landes besteht also in diesem Fall darin, die Abgaben gleich doppelt zu bezahlen.

    Es ist nicht auszuschließen, dass diese absurde Situation, die an einen Schildbürgerstreich erinnert, noch abgewendet werden kann. Doch der Vorfall allein zeigt, wofür wir Südtiroler nach wie vor unsere politischen Energien aufwenden müssen. Dass wir autonom sind, ist in Rom auch 40 Jahre nach Verabschiedung des zweiten Autonomiestatuts, 20 Jahre nach Streitbeilegung mit Österreich und wenige Monate nach Ordensverleihung nicht angekommen.

    Cëla enghe: 01



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