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  • Einmischung zurückweisen.

    Der neue Präsident des Südtiroler Landtags heißt Mauro Minniti (PDL) und wurde auf Vorschlag des PD in dieses Amt gewählt. Doch PDL ist nicht gleich PDL, da ja die drei Abgeordneten, die für diese Partei in den Landtag gewählt worden waren, heute drei getrennte Einmannfraktionen bilden: Urzì ist zur Finipartei FLI übergetreten, Minniti und Vezzali verkörpern die zwei Seelen der Berlusconi-Partei, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und so kommt es, dass nicht nur Minister Calderoli von der rechtsextremistischen Lega Nord die Wahl seiner Parteikollegin Elena Artioli zur Landtagspräsidentin lieber gewesen wäre, sondern auch Außenminister Frattini vom PDL.

    So weit, so schlecht. Die beiden Regierungsvertreter haben nun jedoch eine Pressemitteilung unterzeichnet, in der sie der Südtiroler Volkspartei Konsequenzen androhen, weil diese sich in ihrer Rolle als Königsmacherin für Minniti entschieden hat.

    Das ist eine unerhörte Einflussnahme, da eine Regierung überparteilich agieren und Gleichberechtigung garantieren muss, egal wer in den Lokalkörperschaften an der Macht ist; und außerdem, weil sie die Unabhängigkeit des Südtiroler Landesparlaments nicht respektiert und somit die Gewaltenteilung mit Füßen tritt. Die im Landtag vertretenen Parteien sollten diese Einmischung zurückweisen, egal, ob sie mit der Wahl Minnitis einverstanden sind oder nicht.



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  • Endo- und Exonyme ergänzt.

    Die von der Arbeitsgruppe der Vereine für die Ortsnamensregelung herausgegebene Südtirolkarte mit »historisch gewachsenen geografischen Namen« ist 2007 in neuer, überarbeiteter Auflage erschienen. Berechtigter Hauptkritikpunkt an der ersten Fassung war eine grobe Benachteiligung der ladinischen Ortsbezeichnungen gewesen, da diese ausschließlich im geschlossen ladinischen Siedlungsgebiet (Gherdëina und Badia) angeführt waren, während sie im übrigen Landesgebiet fehlten. Umgekehrt waren deutsche und italienische Bezeichnungen in den ladinischen Gemeinden sehr wohl vorhanden — eine durchaus kulturimperialistische Vorgehensweise, also das genaue Gegenteil des erklärten Ziels.

    In der neuen Ausgabe wurde dieser grobe Mangel behoben, indem — obgleich grafisch eher schlampig — flächendeckend die ladinischen Endo- und Exonyme ergänzt wurden. Im Einzelnen bin ich als Laie nicht imstande, die Güte und die Vollständigkeit der Arbeit zu beurteilen, die Ergänzung an sich ist jedoch zu begrüßen: So taugt das Werk als Beitrag (jedoch selbstverständlich nicht als Blaupause) für die Neuregelung der amtlichen Ortsnamen.

    Cëla enghe: 01



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  • 2xSchutzmacht, 3xMinderheit.

    Ich hatte mich jüngst schon einmal mit Michael Demanega (Freiheitliche) beschäftigt und tue dies heute aus völlig anderen Gründen wieder. Meine Absicht ist nicht, den Jungpolitiker wichtiger zu nehmen, als er ist, sondern anhand seines heutigen Beitrags die Schwächen des freiheitlichen »Freistaat«-Modells aufzuzeigen.

    Demanega holt einen Vorschlag aus der Schublade, welchen Sergio Romano 2006 gemacht hat: Südtirol als Kondominium, als Gemeinschaftsbesitz von Italien und Österreich — und führt dazu aus:

    Italien würde beispielsweise die Schutzmacht für die Italiener übernehmen und Österreich für die Deutschen und Ladiner. Das und nichts anderes wäre eine wirklich europäische Lösung, nicht italienischer Provinzialismus mit einer abstrakten Europaregion-Illusion.

    Doch welchen Sinn kann es haben, aus zwei Minderheiten drei, aus einer Schutzmacht zwei und die Lösung Südtiroler Probleme durch die Abstimmung auf zwei unterschiedliche Rechtssysteme noch komplexer zu machen? Wenn wir einen Staat aufbauen, dann nicht um die Anzahl der Minderheiten weiter zu erhöhen, auch nicht um das Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheit(en) einfach umzukehren, sondern um aus allen — einschließlich der Ladinerinnen — eine Mehrheit, ein selbstbewusstes und gleichberechtigtes Staatsvolk zu machen. Alles andere hätte keinen Sinn und ich bezweifle, dass eine Mehrheit der Südtirolerinnen dieses Spiel jemals mitspielen würde. Meines Erachtens ist der einzige (hinreichende) Grund, warum die Bürgerinnen dieses Landes ein solches Projekt mittragen könnten, dass endlich die Zentralität der Ethnie überwunden werden könnte.



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  • Die Interpretation.
    Geschäftsordnung

    Kurz vor ihrem Abtritt hat Kurzzeit-Landtagspräsidentin Julia Unterberger ihre Drohung wahrgemacht: Mittels Interpretation von Artikel 92 der Geschäftsordnung versucht sie dem Landesparlament in Hinkunft weitgehend die Obstruktion zu ersparen. Diese Praxis — auch als Filibustering bekannt — zielt darauf ab, Parlamente etwa durch Einbringung von Tausenden Abänderungsanträgen oder durch Redeflut handlungsunfähig zu machen. Ein Meister darin ist der rechtsextremistische Landtagsabgeordnete Donato Seppi, der pünktlich mit Obstruktion droht, wenn es um heiße Eisen geht.

    Ihr Vorgänger Dieter Steger hatte Unterberger einen mit der Opposition abgesprochenen Reformvorschlag für die Geschäftsordnung des Landtags hinterlassen, der das Parlament deutlich aufwerten soll. Artikel 92 war von dieser Vereinbarung jedoch ausgeklammert worden, weil er von einigen Oppositionellen als heilige Kuh betrachtet wird. Ohne die Zustimmung aller ist die Eindämmung der Obstruktion per Abänderung des entsprechenden Artikels nicht zu schaffen, da auch dies durch Obstruktion verhindert werden kann.

    Das ist der Grund, warum die rote Julia auf den Trick mit der Auslegung ausgewichen ist. Zugegeben, womöglich ist es verfahrenstechnisch nicht ganz einwandfrei, dem Filibustering einfach per Interpretation der bestehenden Geschäftsordnung Einhalt zu gebieten (welche das Landtagspräsidium allein durchführen kann). Doch einerseits wusste Unterberger die große Mehrheit der Abgeordneten hinter sich, und andererseits ist auch die Obstruktion keine wirklich demokratische Praxis, wenn ein einzelner Abgeordneter, der wie im Fall von Donato Seppi nicht einmal über ein Vollmandat verfügt, die Arbeit aller anderen ad absurdum führen kann. Unter diesen Umständen ist kaum verwunderlich, dass die Mehrheit den Landtag nicht mehr ernstnimmt und versucht, so viele Maßnahmen wie möglich per Regierungsverordnung durchzukriegen.

    Wenn gleichzeitig die Rechte der Opposition — durch Stegers Reform — tatsächlich gestärkt wurden, ist Unterbergers Maßnahme, die auf eine bessere Handlungsfähigkeit des Landtags abzielt m. E. durchaus legitim.

    Wenn wir uns immer darüber beklagen, dass die Volkspartei in 40 Jahren keine Ortsnamenregelung verabschiedet hat, dann müssen wir uns auch darüber bewusst sein, dass dies aufgrund der Obstruktion nie wirklich möglich gewesen wäre. Eine Verfahrensänderung ist also die Voraussetzung, um heiße Eisen endlich anzugehen. Um Benachteiligungen zu verhindern, sind ohnehin eigene Schutzmechanismen vorgesehen, etwa die nach Sprachgruppen getrennte Abstimmung im Landtag.

    Jetzt wird sich zeigen, ob die Volkspartei einen demokratisch vertretbaren Gebrauch ihres neuen Handlungsspielraums machen wird — indem sie sich konstruktiver im Landtag einbringt und auch längst überfällige Gesetze verabschiedet — oder ob sie Missbrauch und Schindluder treibt, indem sie im Alleingang ein neues Landtagswahlrecht beschließt, das ihr trotz sinkender Zustimmung auch 2013 die absolute Sitzmehrheit garantieren soll.



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  • Schottische Tories wollen Referendum »jetzt«.

    Der Vorsitzende der schottischen Konservativen, Murdo Fraser, forderte London auf, sofort ein Unabhängigkeitsreferendum in Schottland einzuberufen. Indem sie der SNP vor rund einer Woche einen eklatanten Wahlsieg bescherten, hätten die Wähler klargemacht, dass sie eine Abstimmung wünschen.  Fraser begründete seinen Vorstoß, den er an seine Parteifreunde in der Londoner Regierung richtete, damit, dass die Ungewissheit für Investoren verkürzt werden solle, ob Schottland Teil des Vereinigten Königreichs bleibe und ob das Land den Euro übernehme.

    Unmittelbar nach der Wahl hatte die SNP bestätigt, das Referendum erst in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode einberufen zu wollen. Zuerst wolle man den Übergang einiger weiterer Zuständigkeiten aus London abwarten und die wirtschaftliche Situation des Landes weiter stabilisieren. Außerdem plant der schottische Premier Alex Salmond eine Vertiefung der Unabhängigkeitsdebatte. Er hat schon mehrmals klargestellt, ihm sei bewusst, dass nicht jeder SNP-Wähler für die Eigenstaatlichkeit stimmen werde — genauso wie Wähler anderer Parteien ihre Zustimmung geben könnten. In jedem Fall sei der Unabhängigkeitswille so stark, wie nie zuvor.

    Frasers Vorpreschen scheint indes nur vordergründig wirtschaftliche Gründe zu haben. Vielmehr dürften sich die Tories heute bessere Chancen für ein »Nein« ausrechnen, als in einigen Jahren — wenn der Meinungsbildungsprozess weiter fortgeschritten ist. Die Zentralregierung ließ sich von der Forderung bislang dennoch nicht beeindrucken: Die Angelegenheit betreffe Schottland und man werde sich demnach nicht in den Zeitplan einmischen.



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  • Schlagbaum zu.

    So schnell sind die Grenzen in Europa wieder da: Die dänische Minderheitsregierung hat auf Druck der rechtsextremistischen Dänischen Volkspartei beschlossen, binnen rekordverdächtiger zwei Wochen wieder Grenzkontrollen an den Übergängen zu Deutschland und Schweden einzuführen — trotz Schengen. Die Entfernung der Schlagbäume an den europäischen Binnengrenzen ist das Symbol für den Einigungsprozess.

    Schon in Kürze soll der nächte Schritt folgen: Die Union wird auf Vorschlag von Frankreich und Italien über Maßnahmen beraten, welche die Aussetzung des Schengener Abkommens erleichtern sollen.

    Das sind besorgniserregende Zeichen, die von der Wiedererstarkung der Nationalstaaten zeugen.



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  • That’s democracy (darling)!

    Ich nehme an, wir könnten die verfassungsrechtliche Frage aufwerfen, wer die Zuständigkeit hat [eine Volksabstimmung einzuberufen] und wer nicht, doch ich glaube, das wäre kein sinnvoller Zeitvertreib. Wenn das aktuelle Thema die Zukunft Schottlands innerhalb des Vereinigten Königsreichs ist, dann ist es wichtiger, diese Debatte zu führen, als darüber zu diskutieren, ob wir die Debatte führen dürfen.

    Michael Moore, Staatssekretär für Schottland der britischen Regierung


    Wie berichtet konnte die separatistische, sozialdemokratische SNP bei den jüngsten schottischen Parlamentswahlen die absolute Mehrheit der Sitze erringen. Damit ist das schottische Unabhängigkeitsreferendum, eines der zentralen Wahlversprechen der Partei, aktueller denn je: Bereits im Laufe der kommenden Legislaturperiode soll die Volksabstimmung gemeinsam mit den Grünen auf den Weg gebracht und durchgeführt werden. Während der soeben abgelaufenen ersten Amtszeit des alten und neuen schottischen Premierministers Alex Salmond konnte die SNP im Parlament von Holyrood nicht die nötige Mehrheit für eine Befragung gewinnen. Allerdings sprachen sich die Unabhängigkeitsgegner von Labour, Konservativen und Liberaldemokraten schon damals dafür aus, das Referendum abzuhalten und auch zu respektieren, falls SNP und Grüne den entsprechenden Wählerauftrag erhielten — was jetzt eingetreten ist.

    Dass das nicht nur leere Worte waren, beweist sich nach geschlagener Wahl: Nicht nur die schottischen Parteien werden das Unabhängigkeitsreferendum akzeptieren, auch die Londoner Regierung ließ bereits wissen, sie werde die Abstimmung nicht behindern. Schottland soll in dieser Angelegenheit die volle Handlungsfreiheit gewährt werden — wenngleich der konservative Regierungschef Cameron auch ankündigte, sich für den Verbleib Schottlands im Vereinigten Königsreich einsetzen zu wollen. Das ist absolutes demokratisches Fairplay.

    Die Volksabstimmung stellt unabhängig ihres Ausgangs das krasse Demokratiedefizit jener Länder bloß, welche den Bürgern eine Abstimmung über ihre Zukunft mit absurden Argumenten und aufgrund starrer Prinzipien verwehren.

    Das wird ein spannender, für so manchen europäischen Staat unangenehmer Präzedenzfall werden.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Water makes money.
    Wie aus Wasser Geld gemacht wird

    In Zusammenhang mit dem Video über Public Private Partnerships (PPP) hat mich succus auf diesen exzellenten Film hingewiesen:

    Am 12. und 13. Juni finden in Italien vier Referenda statt, wovon zwei das wichtige Thema der Wasserprivatisierung betreffen.



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