Obschon Brasilien 2014 noch gar nicht begonnen hat, gibt es in Südtirol schon den ersten (doppelten) Eklat: Der österreichische Verteidigungs- und Sportminister, eine fürwahr vielsagende Kombination, verkündet öffentlich, dass er bei der Fußball-WM Italien die Daumen drückt, weil er Südtiroler Wurzeln hat. Postwendend belehrt ihn die Junge Süd-Tiroler Freiheit, als Südtiroler müsse man wennschon zu Deutschland halten, da Österreich nicht dabei ist. Ohnehin bringt der nationale Charakter von Europa- und Weltmeisterschaften regelmäßig Spannungen mit sich — zumal in Südtirol und den zahlreichen anderen Gebieten mit nationalen Minderheiten. Da wäre es zumindest angebracht, wenn jeder hält, zu wem er halten möchte und nicht auch noch anderen nahelegt, wem sie die Daumen zu drücken hätten.
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Zweimal unklug.
Autor:a
ai
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…und jährlich grüßt das Murmeltier.
Nachdem ich es im vergangenen Jahr haarscharf vor Jahresfrist zuwege brachte, meine erste italienische Steuererklärung zu machen, war ich heuer trotz der letztjährigen Odyssee guter Dinge. Ich hatte nämlich 2013 alles so gemacht, wie mir geraten wurde. Würde ich meine Honorarnoten auf meine italienische Adresse ausstellen, dürfte es keine Probleme geben, hieß es. Ich könne zwar keine Betriebsausgaben absetzen und die Steuer würde auf den Umsatz und nicht auf den Gewinn berechnet (was ich nach wie vor für widerrechtlichen Schwachsinn halte. Ich habe aber weder die Zeit, noch das Geld und die Geduld, dies bis zum europäischen Gerichtshof durchzuprozessieren), aber es gäbe zumindest keine Schwierigkeiten mit der Erklärung. Ich also auf zum KVW. »Ohne Termin geht leider nichts«, erfuhr ich beim Informationsschalter. »Dann hätte ich bitte gern einen Termin«. »Ich kann Ihnen keinen geben. Da müssen Sie diese Nummer anrufen«. Ok. Warum einfach, wenn’s kompliziert auch geht? Zum ausgemachten Termin geh ich schließlich ein paar Tage später mit meinen Unterlagen zum KVW um … nicht meine Steuererklärung zu machen, sondern … verschickt zu werden. »Das geht so nicht. Das können wir nicht machen.« »Aber ich hab doch alles so gemacht, wie ihr mir letztes Jahr gesagt habt.« »Ich hab jetzt nochmals beim Chef nachgefragt. Geht leider nicht. Tut mir leid.« Ich packe meine sieben Sachen wieder einmal zusammen und überlege, ob ich tatsächlich neuerlich zum Steuerberater muss, der mich mehr kostet, als ich Gewinn gemacht habe. Die jetzt aufkommende Sentimentalität, dass ich früher meine Steuererklärung eigenständig, online, gratis und in 15 Minuten erledigt habe, verdränge ich geschwind. Versuch ich’s halt noch bei der Gewerkschaft. Vielleicht habe ich dort mehr Glück. Ich also auf zum ASGB. »Einen Termin für eine Steuererklärung, bitte.« »Sie brauchen keinen Termin.« Na also. Geht ja. »Die Zuständigen sind nur im Moment nicht da. Kommen Sie morgen wieder.« Da ich am darauffolgenden Tag Termine hatte, verschob ich den Besuch um ein paar Tage. Schließlich dann der Tag der Wahrheit. Nach relativ kurzer Wartezeit werde ich zur Sachbearbeiterin geleitet. Diese nimmt meine Unterlagen und macht — nach Rücksprache und unter Mithilfe des Chefs — meine Steuererklärung. Es kommt zum Glück ein Guthaben raus. »Möchten Sie das Guthaben zu einer etwaigen zukünftigen Gegenverrechnung auf dem Steuerkonto belassen oder soll es ausgezahlt werden.« Da es sich um rund 500 Euro handelt, wünsche ich eine Auszahlung. »Das Geld bekommen Sie dann im Laufe der kommenden zwei Jahre zurück.« »Zwei Jahre??? Ich beantrage eine Rückzahlung und bekomme das Geld in zwei Jahren?« »Genau.« Bei meiner letzten österreichischen Steuererklärung ergab sich ebenfalls ein Guthaben. Ich beantragte die Rückzahlung online und hatte das Geld eine Woche später auf meinem Konto. Egal. Keine Sentimentalitäten hab ich gesagt. Für das Gewerkschaftsservice berappe ich zuguterletzt 120 Euro. Danach werde ich noch mit einem (einsprachigen) Bezahlformular, das einen Betrag von 0 Euro aufweist, auf die Bank geschickt, um mir diese 0 Euro bestätigen zu lassen. »Das müssen Sie unbedingt machen, sonst ist die Erklärung nicht komplett.« WTF?
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Betteln um 1,5 kW.
QuotationNun sollen sich die Südtiroler Parlamentarier in Rom bei der Regierung für die Umsetzung der Erhöhung der Grundleistung auf 4,5 kW einsetzen.
– Tamara Oberhofer, Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen auf Salto
Heute wurde im Landtag ein Antrag der Freiheitlichen mit 28 zu 4 Stimmen genehmigt, wonach die Grundleistung für Stromanschlüsse in Südtirol standardmäßig von 3 auf 4,5 kW erhöht werden soll. Und das, bei gleichbleibendem Preis. In diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben sollte, dass die Freiheitlichen versucht haben, selbst aus dieser rein technischen Angelegenheit ein “Politikum” zu machen, indem sie die Erhöhung an eine Ansässigkeitsklausel koppeln wollten. Diese Klausel wurde jedoch nicht angenommen. Die Erhöhung schon. Die Grünen stimmten aus mir unerfindlichen Gründen dagegen. Wie ich bereits vor einiger Zeit beanstandet habe, ist die 3-kW-Regelung ein Witz für einen Industriestaat. Die Mindestleistung in Nord- und Osttirol beträgt beispielsweise 6 kW. Die nun beschlossene und längst überfällige Erhöhung hat nur einen Haken. Die Vorzeigeautonomie verfügt nicht über die notwendige Zuständigkeit in diesem Bereich. Südtirol kann also nicht einmal selbst festlegen, welche Grundleistung es seinen Bewohnern bei Stromanschlüssen bietet. Anstatt derartiges also einfach umzusetzten, müssen Zeller und Co. wieder einmal in Rom betteln gehen. Ob es ein Almosen gibt und wie lange dieses auf sich warten lässt, steht in den Sternen.
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Uni, Anspruch und Wirklichkeit.
»Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert« — diesem Motto scheint sich nun die Uni Bozen (FUB) hinzugeben, wenn es um die proklamierte Dreisprachigkeit geht. Bereits 2012 hatten wir darauf hingewiesen, was für ein eklatantes sprachliches Ungleichgewicht bei den Publikationen der FUB herrscht. Im März dieses Jahres war dann aufgeflogen, dass es auch sonst mit der Mehrsprachigkeit nicht wirklich weit her ist, als Studenten eine weitreichende »Italianisierung« beklagten.
Heute nun hat die Universität des Landes Südtirol einen neuen Master zum Thema KlimaHaus vorgestellt, der in Zusammenarbeit mit der landeseigenen Klimahausagentur entwickelt und umgesetzt wurde. Was in der entsprechenden Pressemitteilung der FUB wohlweislich verschwiegen wird, ist, dass dieser Studiengang ausschließlich in englischer und italienischer Sprache angeboten wird. Dass der Master auch gar nicht KlimaHaus heißen darf, sondern nur CasaClima — geschenkt.
Doch: Nicht nur, dass die Universität einmal mehr keinen qualifizierten Beitrag zur Etablierung der Mehrsprachigkeit — auch und gerade im Sinne der Minderheitensprachen — leistet, sie trägt auch noch zusätzlich zum Ungleichgewicht bei, das bereits zugunsten der nationalen lingua franca herrscht. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft somit eine immer größere Lücke, die zumindest als Indiz dafür gelten kann, welches Risiko uns im Falle einer (angeblich) mehrsprachigen Immersionsschule (im heutigen nationalstaatlichen Rahmen) droht. Dies alles geschieht unter den Augen der Politik, die zwar den Verwaltungsrat der Bildungseinrichtung besetzt, aber nicht steuert und gegenlenkt.
P.S.: Es gibt übrigens noch einen weiteren Studiengang, der nur auf Englisch und Italienisch angeboten wird: Energy Engineering in Zusammenarbeit mit der Uni Trient. Das mit Innsbruck organisierte Umweltmanagement in Bergregionen ist hingegen dreisprachig.
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Der Wahnsinn vom Pässeblasen.
No Credit: Kampagne des Landes Südtirol.
Nicht nur aufgrund der zahlreichen und gehäuften Unfälle unter Beteiligung von Motorradfahrern erstarkt nun endlich auch in Südtirol der gesellschaftliche Widerstand gegen die allgemeine Raserei und das Recht des Stärkeren, Lauteren und Schnelleren auf unseren Straßen. Insbesondere in den Dolomiten und auf der Mendelstraße — aber beileibe nicht nur dort — ist die Situation inzwischen unerträglich geworden. Bürger und Gemeindeverwalter fordern nun ein härteres Durchgreifen der Ordnungshüter, doch leider ist das in Italien gar nicht leicht. Wir hatten schon vor Monaten darauf hingewiesen, dass aufgrund des von einer Berlusconi-Regierung (genauer gesagt: von Lega-Innenminister Roberto Maroni) erlassenen Reglements etwa Radarkontrollen nur noch dann stattfinden können, wenn sie durch ein Schild angekündigt werden. Außerdem muss in den meisten Fällen ein Polizeibeamter anwesend sein, was die Installation fixer Anlagen fast unmöglich macht. Die Bedingungen, um überhaupt präventiv-repressiv tätig zu werden, wurden ins Unermessliche (und Lächerliche) angehoben. Man braucht sich nur in einschlägigen Internetforen umzusehen, um mitzubekommen, wofür ausländische Motorradfahrer Italien — und im Speziellen Südtirol — halten: ein einziges Radarparadies. Eine kleine haarsträubende Kostprobe dessen, was eine schnelle Internetrecherche zutage gefördert hat*:
Mobile Blitzer müssen 400 m vor dem Beginn der Messstrecke mit einem blauen Schild angekündigt werden (sind also nur bei Blinden wirksam).
Die stationären Starenkästen sind derzeit (zumindest in Südtirol) ausser Betrieb weil sie gegen irgendein Bürgerrecht verstossen.
Beide Bestimmungen stammen noch aus der Regierungszeit Berlusconis.oder
Mein Wissensstand ist der, dass in Italien nur geblitz[t] werden darf, wenn innerhalb von 500 m hingewiesen wird und ein Carabinieri dabeisteht, man also erkennen kann “wer” für die Messung verantwortlich ist…
In den Ortschaften fahre ich sowieso nur gering(st)fügig schneller als die erlaubte Geschwindigkeit. Außerhalb hab ich die Dinger wenn kein Auto danebensteht bisher immer ignoriert…
Hatte bisher nie Probleme – mein “Stammwirt” in Südtirol hat mir fest versprochen, dass ich der ertse [sic] bin, der erfährt, wenn sich da was ändert.
Ach ja ich trau mich nur mehr in Italien wirklich unbeschwert zu “fahren”…
Pässeblasen [!] is goiloder
Ach ja, noch was: Italien ist nicht Südtirol !!! […] In Südtirol habe ich noch keinen negativen Polizeikontakt gehabt.
Gerade letzterer Kommentar zeigt, dass in den Augen notorischer Raser gerade in Südtirol (entgegen dem Klischee) weniger streng kontrolliert wird, als andernorts. Sicher nicht unschuldig daran sind zweifelhafte Medienkampagnen, Äußerungen von Politikern und nicht zuletzt die Verbraucherzentrale, die sich als »öffentliche« Institution einen Namen als Raserzentrale gemacht hat — indem sie undisziplinierte Verkehrsteilnehmer wider das öffentliche Interesse gegen Blitzer und Ordnungskräfte vertreten und verteidigt hat. Ob dies nun in direktem oder nur indirektem Zusammenhang mit dem traurigen Anstieg der Unfalltotenzahlen steht, sei (da schwer nachzuweisen) dahingestellt. Dass wir jedoch eine neue Ethik der Koexistenz im Verkehr benötigen, steht außer Frage: Wie überall, wo Regeln missachtet werden, zahlen zuerst die Schwächeren, zuletzt vielleicht sogar alle drauf.
Der italienische Premierminister hat indes angekündigt, die ohnehin hohen Strafen bei Verkehrsunfällen noch einmal verschärfen und den Tatbestand des Verkehrsmordes einführen zu wollen. Ohne diese Maßnahmen (die allerdings erst greifen, sobald bereits ein Unfall verursacht wurde) verurteilen zu wollen, muss aber darauf hingewiesen werden, dass es in Italien nicht an Drohungen fehlt, sondern an der Ahndung von Vergehen und der Durchsetzung einfachster Regeln. Dass in Südtirol seit Maroni nicht einmal ein Blitzer aufgestellt werden darf, ohne dass der Regierungskommissär zustimmt, hat mit Realitätsnähe (und Autonomie) nichts zu tun.
Cëla enghe:
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*) wobei davon auszugehen ist, dass sich die meisten Raser öffentliche Äußerungen verkneifen, um Spielverderbern wie uns keine Munition zu liefern
Mobilität/ Polizei/ Recht/ · Zitać/ · Roberto Maroni/ · · Italy/ Südtirol-o/ · Lega/ Staat Italien/ · Deutsch/Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo. -
Angst vor Bürgerinnen.
QuotationIn Mals ist die Durchführung eines Referendums geplant, um das Ausbringen giftiger Pestizide auf dem Gemeindegebiet fortan zu untersagen. Da dieses Ansinnen auch auf harsche Kritik gestoßen ist, fragt sich der Malser Bürgermeister Ulrich Veith (SVP) im Salto-Interview:
[W]arum hat man solche Angst davor, die Leute zu befragen? Das verstehe ich nicht; die Bürger haben sehr wohl eine eigene Meinung und sollen diese auch mitteilen.
Angst davor, dass die Bürgerinnen ihre Meinung kundtun, haben auch viele ParteikollegInnen Veiths, wenn es zum Beispiel um das Thema Selbstbestimmung geht. Dabei hat etwa Amnesty International darauf hingewiesen, dass die Erhebung des Bevölkerungswillens — selbst wenn dessen Umsetzbarkeit rechtlich nicht geklärt ist — jederzeit möglich sein muss und vom Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist. Somit sind rechtliche Gutachten, wie sie im vorliegenden Fall angeblich gegen die Durchsetzbarkeit eines Pestizidverbots vorliegen, keine Gegenanzeige zu einem Referendum. Die Politik ist anschließend gefordert, das Ergebnis mit geltendem Recht in Einklang zu bringen.
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Recht der Kurden auf Autonomie einlösen.
»Moderne Autonomiesysteme« von Thomas Benedikter auf Türkisch erschienen.
Autonomie ist die große Hoffnung der Kurden. Darauf verweist Thomas Benedikter, u.a. Verwaltungsratspräsident von POLITiS, in seinem eben beim Verlag Nika Yayinevi in Ankara erschienenen Buch »Modern Özerklik Sistemleri« (Moderne Autonomiesysteme, auf Deutsch und Englisch im Internet). In dieser Publikation wird die Autonome Region Kurdistan im Irak als erstes gelungenes Beispiel einer funktionierenden Territorialautonomie im Nahen Osten dargestellt und Autonomie als brauchbare Lösung des Kurdenkonflikts in der Türkei empfohlen. Autonomie wird zwar von den demokratischen Kurdenparteien der Türkei angestrebt, aber von der Erdoğan-Regierung nicht ernsthaft in Betracht gezogen. Zwei 2013 auf Türkisch in Diyarbakir (Türkisch-Kurdistan) erschienene Arbeiten von Benedikter (Avrupa’nin Özerk Bölgeleri und Etnik Uyusmazligin Özyönetimle Cözümü) haben dieser Debatte Auftrieb verliehen. Benedikter bedauert, dass die diesbezügliche Anklage gegen ihn und seinen kurdischen Verleger seitens der Staatsanwaltschaft von Diyarbakir wegen staatsfeindlicher Propaganda immer noch nicht zurückgezogen worden ist.
In einem Kommentar für die kurdische Online-Zeitung Infowelat weist Benedikter darauf hin, dass die Türkei ihre Beziehung zu den Kurden in all ihren angestammten Gebieten grundlegend neu regeln müsse. 90 Jahre Misstrauen, politische Repression und militärische Bekämpfung seien genug. Heute sei die Türkei aufgerufen, ihre Beziehungen zu den Kurden im Ausland und zu den eigenen kurdischen Staatsbürgern zu normalisieren und ihre überholte kemalistische Verfassung von 1923 anzupassen, um die kurdische Volksgruppe offiziell anzuerkennen. Territorialautonomie funktioniere heute gut oder halbwegs gut in 10 Staaten Europas mit etwa 35-36 autonomen Regionen. Eine moderne Territorialautonomie mit internationalen Garantien könne auch in der Türkei eine für beide Seiten akzeptable und dauerhafte Lösung sein, um den Kurden zumindest »interne Selbstbestimmung« zuzugestehen.
Schließlich weist Benedikter auf die schwierige Lage der autonomen Kurdenregion Rojava im Norden Syriens hin, die Anerkennung verdient und Schutz braucht. Das von 4 Millionen Kurden, Christen und anderen Minderheiten besiedelte Gebiet hat im Jänner 2014 einseitig eine vom Regime und der Opposition unabhängige Autonome Region ausgerufen und eine provisorische demokratische Regierung bestellt. Doch wird sie derzeit vor allem von Einheiten der Jihadisten militärisch unter Druck gesetzt. Tausende Flüchtlinge können kaum versorgt werden, weil die Türkei Hilfskonvois an den Grenzen blockiert. Auf Druck der Türkei haben die USA dafür gesorgt, dass die autonome Regionalverwaltung der PYD-Partei von den Friedensverhandlungen zu Syrien in Genf ausgeschlossen worden sind. Die politische Vertretung dieser Region müsse das Recht erhalten, am Verhandlungstisch in Genf vertreten zu sein, betont Benedikter.
Weitere Informationen zu Rojava:
http://www.gfbv.de/pressemit.php?id=3819&stayInsideTree=1
http://civaka-azad.org/demokratische-autonomie-in-rojava/Verlag YAYINEVI: www.nikayayinevi.com
Medien/ Minderheitenschutz/ Politik/ Publikationen/ · · Recep Tayyip Erdoğan/ Thomas Benedikter/ · · Kurdistan/ Svizra/ Turchia/ USA/ · Politis/ · Deutsch/Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo. -
WM: Ersatzkrieg wofür?
Nur noch wenige Tage, dann ist es wieder so weit: Wie jedes zweite Jahr bei Fußball-EM und -WM breitet sich quasi aus dem Nichts in Windeseile ein Tsunami anachronistischer und übersteigerter Nationalismen über uns aus. Zeitungen glorifizieren dann die Leistungen der jeweils »unseren« und verunglimpfen die der jeweils »anderen«. In Südtirol werden sich Politikerinnen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens deklarieren (müssen), als Italienerinnen oder Deutsche (pardon: Italien- oder Deutschlandfans) im nationalen Sinne, also über die Sprachgruppe hinaus. Viele, die das friedliche Zusammenleben predigen, Nationalismus, Patriotismus und Ethnizismus verachten, werden sich in Nationalfarben hüllen, sie auf ihren Körper malen, damit durch das Land fahren. Einige glauben gar, besser als »die anderen« zu sein, überlegen, oft nicht nur fußballerisch. Denn längst sind Fußball-Weltmeisterschaften ein Ersatzkrieg geworden, aber für Kriege die es sonst nicht gäbe, eine Art selbsterfüllende Prophezeihung. Dabei gibt man sich wohlwollend der Fiktion hin, eine Handvoll Überbezahlte, deren viele unsere (Grund-)Werte missachten, könnten eine »Nation« repräsentieren. Man nimmt in Kauf, dass ein Gastgeberland (wie Brasilien) Milliarden in neue Fußballstadien steckt, während die Bevölkerung hungert und sich keine Bildung leisten kann, oder dass der nächste Gastgeber (Katar) für den Bau seiner Infrastruktur ein mittelalterliches Ausbeutungssystem aufbaut.
Die Stadt Bozen drückt dem dualistischen Nationalismus noch ihren amtlichen Stempel auf: Die Spiele der Nationalteams von Deutschland und Italien dürfen über die Sperrstunde hinaus in voller Länge öffentlich gezeigt werden, aufgrund der Zeitverschiebung bis tief in die Nacht hinein. Kulturschaffende und Veranstalterinnen beklagen, ihnen verweigere man solche Ausnahmen fast systematisch — Nationalismus… ähm… Sport und Völkerverständigung haben eben Vorrang.
Die, die sich dem nationalistischen Wahn nicht hingeben wollen, müssen ebenfalls hoffen — dass es möglichst schnell und schmerzlos, ohne überflüssige Provokationen und ohne im Alltag große Spuren zu hinterlassen, vor allem eines: bald vorbei ist.
Cëla enghe:
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