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  • Europäische Grüne für Selbstbestimmung.

    Die Spitzenkandidatin der gesamteuropäischen Grünen, Ska Keller, bekannte sich heute in Barcelona zum Selbstbestimmungsrecht. Im Laufe einer Pressekonferenz, die die katalanischen Grünen (ICV) zum Auftakt der Europawahlkampagne organisiert hatten, sagte Keller, sie würde eine Abstimmung über den Verbleib des Landes bei Spanien unterstützen — sowohl im Falle ihrer Wahl zur Kommissionspräsidentin, als auch als einfache EU-Parlamentarierin:

    In Katalonien wünscht die Bevölkerung die Abhaltung einer Abstimmung. Ich denke, dass die demokratische Vernunft uns gebietet, sie zu ermöglichen. […] Es wäre gut, wenn die spanische Regierung mit Katalonien einen Dialog [über die Selbstbestimmung] beginnen würde.

    ICV-Spitzenkandidat Ernest Urtasun forderte auch andere katalanische Parteien auf, ihre europäischen Fraktionen zur Unterstützung des Vorhabens zu bewegen. Er erinnerte daran, dass ICV auch schon die gesamtspanische Linke Izquierda Unida (IU) überzeugen konnte, das Selbstbestimmungsrecht der Katalanen mitzutragen.

    Der bisherige EU-Abgeordnete der katalanischen Grünen, Raül Romeva, fügte hinzu, dass »das Engagement für die Ausübung eines demokratischen Rechts untrennbar mit der grünen Familie verknüpft ist.«

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Krisenüberlegungen.

    Der exzellente Beitrag von Wolfgang über die Politikkosten und die drohenden Wohlstandsverluste in Südtirol machen auf Aspekte aufmerksam, die im Falle eines Verbleibens beim derzeitigen Nationalstaat Italien drohen. Vereinfacht kann die Unabhängigkeitdebatte unter zwei Aspekten gesehen werden:

    1. Die Unabhängigkeitsbewegung fußt auf Überlegungen hinsichtlich der Geschichte, der Sprachgruppen und der Situation als Minderheit im Nationalstaat Italien.
    2. Die Unabhängigkeitsbewegung fußt auf Überlegungen in Bezug auf ökonomische, soziale und politische Variablen und geht der Frage nach, welches das optimale politische Modell für Südtirol wäre.

    Eine Unabhängigkeit Südtirols sollte unter Berücksichtigung beider Aspekte geführt werden. Sowohl aufgrund unserer Geschichte und den sprachlichen sowie kulturellen Besonderheiten muss die Unabhängigkeit angestrebt werden, aber wirtschaftliche Aspekte sind für mich genauso wichtig. Ich möchte mich hier vor allem den ökonomischen und sozialen Aspekten widmen, denen angesichts der aktuellen Krisenentwicklung größere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

    Vielfach wird im Zuge einer Diskussion, die sich primär auf ökonomische Aspekte konzentriert, auf Egoismen, mangelnde Solidarität und nicht mehr existierende Grenzen in Europa verwiesen und versucht, jede Diskussion im Keim zu ersticken. Dabei spürt jeder die real existierenden Grenzen am eigenen Leib: Jeder Unternehmer in Italien kann ein Lied von hoher Steuerbelastung, überbordender Bürokratie und mangelhafter Wettbewerbsfähigkeit singen. Jeder Steuerpflichtige in Italien spürt am eigenen Leib, wie die Belastungen kontinuierlich steigen; jede italienische Familie, dass die Kinderbeiträge ein Witz im Vergleich zu anderen Ländern sind; jeder italienische Arbeitnehmer, dass es ein Lohngefälle zu österreichischen und deutschen Kollegen gibt usw.

    Wenn es also doch Grenzen innerhalb der EU gibt, dann sollte legitimerweise nach Alternativen gefragt werden, davor aber müsste schonungslos der Status Quo analysiert werden:

    1. Italien weist seit dem Jahr 2008 eine tiefe wirtschaftliche Krise auf. Die Industrieproduktion sank um ca. 25%, de facto ist ein Deindustrialisierungsprozess im Gang, der kaum mehr rückgängig gemacht werden kann. Die Arbeitslosigkeit stieg im selben Zeitraum auf über 12%, dramatisch ist die Lage der Jugendlichen, wo nur 6 von 10 eine Arbeit finden.
    2. Die Staatsverschuldung steigt kontinuierlich an, beträgt mittlerweile mehr als 130% des BIP, die Neuverschuldung beläuft sich auf ca. 40-50 Mia. Euro pro Jahr, trotz drakonischer Sparmaßnahmen. Wie bereits mehrfach angemerkt, hat sich dieser Prozess verselbstständigt, die Zinslast beträgt ca. 90 Mia. Euro, damit ist sie höher als die Neuverschuldung, ein weiteres Ansteigen der Staatsverschuldung ist damit vorprogrammiert und die Zinslast wird im Staatshaushalt immer drückender.
    3. Unsere Gesellschaften sind aus wirtschaftspolitischer Sicht gesättigt, Wachstum findet kaum noch statt, im Gegenteil, Sparmaßnahmen im Haushalt führen direkt in eine Rezession, die Millionen Familien verarmt und vielen Jugendlichen die Perspektive raubt. Keine Sparmaßnahmen aber lassen die Verschuldung weiter ansteigen. Mittlerweile ist sie so hoch, dass sie als gefährlich eingestuft werden muss.
    4. Weitere Indikatoren, die den Entwicklungsstand einer Gesellschaft beschreiben, sind ebenfalls im unteren Bereich der EU angesiedelt: Der Bildungsstand der Erwachsenen kann nicht mit anderen Ländern mithalten (s. PIAAC-Studie der OECD), die Korruption ist im untersten Drittel angesiedelt (Korruptionsbericht von Transperancy International), Forschung und Innovation sind unterdurchschnittlich, der Steuerdruck zählt zu den höchsten der EU, die Politikkosten zu hoch und gleichzeitig sind die Staatsleistungen unbefriedigend.

    Diese Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzen, das Gesamtbild und die Aussichten sind aber für Italien negativ, die “Krise” ist weniger ein singuläres Phänomen, sondern wird in der geschichtlichen Rückschau wohl als Prozess der Deindustrialisierung und als Abstieg eines Nationalstaates aufgrund mangelhafter Leistungen in vielen Bereichen und über Jahrzehnte gewertet werden. Dagegen werden auch “Heilsbringer” wie Renzi kaum was ausrichten können, gesamtgesellschaftliche und -staatliche Prozesse lassen sich mit ein paar Reformen nicht aufhalten, sondern sind Ausdruck einer Systemkrise, die sich im Falle Italiens eindeutig am Staatsgefüge festmachen lässt.

    Wenn also Italien in über 65 Jahren bewiesen hat, dass es mehr schlecht als recht funktioniert, sollte — wie bei jeder anderen “Organisation” auch — die Systemfrage gestellt werden. Ist das gewählte politische Modell zukunftsfest und garantiert es auch nachfolgenden Generationen ein erfülltes Leben?

    Die Frage lässt sich heute nur mit Nein beantworten, deshalb ist es auch aus der Sicht Südtirols wichtig, angesichts der am Horizont drohenden Staatspleite einige Überlegungen anzustellen, wie wir diesem Teufelskreis aus Verschuldung und Rezession entkommen können. Beispiele, wie Länder trotz eines hohen Wohlstandsniveaus erfolgreich wirtschaften und gleichzeitig auch auf die Bedürfnisse der Individuen eingehen, gibt es.

    Jüngst hat die CESifo einen Bericht über die ökonomische Zukunft der EU veröffentlicht (“2014 EEAG Report on the European Economy“). Dabei wird die Schweiz als ökonomisches Modell, vor allem deren Finanzpolitik, für eine Entwicklung in der EU vorgeschlagen. Die Schweiz regelt möglichst viel auf lokaler Ebene, die Schuldenquote beträgt gerade mal 35%, trotzdem ist sie in der Lage, Mammutprojekte wie den Gotthardtunnel zu finanzieren, die Wirtschaft gilt als die wettbewerbsfähigste der Welt. Andere Modelle, wie etwa das skandinavische Modell, müssten näher untersucht werden, hier wurde in den achtziger und neunziger Jahren, angesichts drohender Wohlstandsverluste durch ein überbordendes Staatswesen, ein Reformprozess in Gang gebracht, der den Wohlfahrtsstaat erhalten, gleichzeitig aber auch ein wirtschaftliches Wachstum ermöglicht und damit die Zukunft gesichert hat.

    Welche Rolle spielt die EU?

    Im globalen Kontext ist die EU unverzichtbar, nur ab einer gewissen Größe entsteht auch eine wirtschaftpolitische Macht, die es erlaubt, global zu handeln und zu gestalten. Die EU alleine ist aber zu groß und heterogen, als dass auch auf die lokalen und regionalen Bedürfnisse eingegangen werden kann, deshalb sollte ein politisches Modell gefunden werden, das effizient auf die lokalen Bedürfnisse eingeht. Die Gründerväter der EU wollten angesichts der katastrophalen Weltkriege die Nationalstaaten überwinden, dieser Prozess wurde bis zur Einführung des Euro in beeindruckender Art und Weise umgesetzt, seitdem aber ist die Entwicklung quasi zum Stillstand gekommen; die nationalen Regierungen haben es verstanden, ihre Macht und ihren Einfluss beizubehalten. Die EU ist heute zu stark von den nationalen Regierungen abhängig, immer wieder werden wichtige Reformen blockiert und damit Entwicklungschancen vertan. Die Zukunft wird auch auf lokaler Ebene entschieden, es ist unbestritten, dass bürgernahe und lokale Entscheidungen meist effektiver und nachhaltiger sind. Damit wird ein neuer Rahmen gespannt: Die EU handelt auf globaler Ebene und gibt innerhalb der Union die Rahmenbedingungen vor und setzt Mindestanforderungen hinsichtlich Besteuerung, sozialen und ökologischen Standards. Gleichzeitig wird versucht, so viel wie möglich auf lokaler und regionaler Ebene zu delegieren: Dafür sind Nationalstaaten heute in der Regel zu groß, zu heterogen und zu ineffizient. Katalonien und Schottland müssen aus dieser Sicht als politische Avantgarde in der EU gesehen werden, die einen Ausweg aus der Krise zu neuer demokratischer und politischer Teilhabe zeigen. Ein notwendiger und lebenswichtiger Schritt für die EU!

    In Südtirol, das exzellente Voraussetzungen für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung hätte, muss deshalb auch vorurteilsfrei ein Nachdenkprozess stattfinden, der vor allem darauf abzielen sollte, wie wir uns und die nachfolgenden Generationen ein lebenswertes und prosperierende Land schaffen können. Die derzeitige Zugehörigkeit zu Italien raubt uns schon heute Entwicklungsmöglichkeiten. Heute aber müssen die Voraussetzungen für morgen geschaffen werden. Ein wirtschaftliches und gesellschaftlich erfolgreiches Südtirol würde auch den nötigen Spielraum schaffen, unsere anteiligen Staatschulden zu begleichen sowie im Rahmen eines europäischen Finanzausgleiches andere, unterentwickelte Regionen an unserem Erfolgsmodell teilzuhaben. Das ist das Gegenteil von Egoismus und ist wahre Solidarität, indem wir heute für die Zukunft der nachfolgenden Generationen sorgen.



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  • Il futuro è monolingue?

    La nuova campagna pubblicitaria della Libera Università di Bolzano (LUB), esposta alle fermate degli autobus in tutto il Sudtirolo, afferma che «il futuro è trilingue». Apparentemente però la stessa LUB si sta muovendo nella direzione opposta, appiattendosi su quella che abbiamo definito la «lingua franca nazionale», cioè l’italiano. Questo almeno è quel che affermano i rappresentanti degli studenti Armin Unterhauser, Michéle Pardatscher e Barbara Brioni, intervenuti all’inaugurazione dell’anno accademico. A tal proposito Salto.bz scrive:

    Per Barbara, infatti, “i corsi non sono perfettamente bilanciati, se fino a qualche anno fa si seguivano corsi per il 60% in inglese, per il 20% in italiano e per il 20% in tedesco, ora non è più così. Gli studenti germanici, per esempio, sottolineano come si ritrovino a sostenere otto o nove esami in italiano e solo tre o quattro in tedesco. Un processo di “italianizzazione” che non danneggia solo i germanici, ma anche gli italiani che hanno meno possibilità di praticare il tedesco”.

    La dinamica descritta è interessante anche per capire quale verosimilmente potrebbe essere uno dei problemi di una scuola «plurilingue» nel contesto di uno stato nazionale (come l’Italia). Non a caso la LUB viene spesso citata come un esempio per la scuola pubblica.

    Cëla enghe: 01 02 || 01 02



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  • Die EU und die Krimkrise.

    Im Umgang mit der Krimkrise führt uns die EU ein Lehrstück an Doppelzüngigkeit und Opportunismus vor: Die vom Parlament der autonomen Republik beschlossene Loslösung der Halbinsel von der Ukraine werde nicht anerkannt, so europäische Vertreter, da sie gegen die ukrainische Verfassung verstoße. Man hätte argumentieren können, dass die jetzigen Entwicklungen nicht anerkannt würden, weil sie unter dem Eindruck einer militärischen Besetzung stattgefunden haben, doch die EU hat es vorgezogen, die Legalität vorzuschieben.

    Was im Laufe der letzten Wochen und Tage in Kiew vorgefallen ist, hat mit der ukrainischen Verfassung ebenfalls sehr wenig (aber viel mit einem Putsch) zu tun. Trotzdem wurde die neue Regierung von der EU de facto anerkannt, es werden auch schon gemeinsame Verhandlungen geführt. Zu allem Überfluss werden die Töne in der Hauptstadt gegen die russischen Einwohner der Ukraine immer schriller — was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass an der Übergangsregierung auch die Neonazis von Swoboda sitzen. Deren Anführer wurde gar zum stellvertretenden Regierungschef ernannt — eine Personalie, mit der die EU offenbar auch keine Probleme hat.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Pensioni… e se facessimo di più?

    Pur avendo certamente portato a qualche salutare taglio agli eccessivi costi della politica il costante gioco al ribasso degli ultimi mesi e anni non mi piace per nulla. Rischiamo di mettere al centro della nostra attenzione fattori completamente secondari, soffocando gli aspetti centrali della democrazia.

    Nei giorni scorsi in Sudtirolo si è discusso molto delle pensioni dei politici, anzi degli anticipi che fintroppo generosamente si sono concessi. Ne è nato un dibattito giusto nel merito ma assolutamente esasperato ed esagerato nella forma e nelle proporzioni. Sì, certo, i nostri rappresentanti hanno sbagliato e sì, devono fare ammenda. Ma non bisogna nemmeno dimenticare che non hanno fatto nulla di illegale e che i costi, finora, erano perfino più elevati. Come abbiamo avuto modo di dire lo scandalo SEL e i tagli indiscriminati (e parzialmente illegali, come ha perfino confermato la corte costituzionale) dei governi romani ci costano cifre astronomiche.

    I consiglieri provinciali, che al contempo sono anche consiglieri regionali, hanno già proposto la totale cancellazione delle loro pensioni. Ma che dire? Se ci fermiamo qui rischiamo davvero di fare puro populismo: Tutti sanno che la Regione è ormai un vero carrozzone che per la gestione di pochissime competenze genera costi enormi. Qualche tempo fa qualcuno è giunto ad affermare che la chiusura definitiva della struttura regionale consentirebbe un risparmio di cento milioni di euro senza inconveniente alcuno. Buttare al vento cento milioni ogni anno per un ente inutile, la cui morte è certificata e generalmente riconosciuta, e stracciarsi le vesti per un anticipo una tantum di 90 milioni (che in prospettiva porterà addirittura a un risparmio) è un tantino irrazionale. Aggiungiamo pure che la Regione, vista dal Sudtirolo, non è che un dito dietro al quale ai politici piace nascondersi («non si può fare perché i trentini non ci stanno») e potremo tranquillamente affermare che la sua scomparsa non comporterebbe alcun effetto collaterale indesiderato.

    Sarebbe quindi più coerente e sensato chiedere ai nostri rappresentanti che oltre alle loro pensioni aboliscano anche l’ente erogatore.



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  • Was die Medien wollen.

    Unterschriftenkampagnen mögen zwar konkret nicht unmittelbar etwas erreichen, doch sie schaffen eine kritische Öffentlichkeit und es tut gut, auf diese Weise seinen Protest loszuwerden.

    Besser als Christine Helfer auf Salto hätte man es kaum zum Ausdruck bringen können — dabei hatten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ihres Artikels gerade einmal 3.500 Bürgerinnen die Petition gegen überhöhte Politikergehälter und Pensionsansprüche unterschrieben. Von »Unterschriften« kann bei Avaaz-Petitionen freilich nur bedingt die Rede sein, nicht nur, weil sie rechtlich bedeutungslos sind, sondern auch, weil das Portal über so gut wie gar keine sicherheitstechnischen Vorkehrungen verfügt, die einen Missbrauch verhindern könnten.

    Auch die großen Südtiroler Print- und Onlinemedien berichteten begeistert von der Petition, die inzwischen (über zwei Wochen nach ihrer Veröffentlichung am 19. Februar) rund 17.100 Unterstützer zählt. Wenn den Medien ein Thema also in den Kram passt — um nicht zu sagen: wenn es von ihnen gesteuert wird — dann sind nicht nur Sicherheitsbedenken plötzlich kein Thema mehr. Auch vergleichsweise geringe Teilnehmerzahlen werden völlig anders beurteilt, als in ähnlich gelagerten Fällen.

    Wir erinnern uns: 56.395 Südtirolerinnen hatten erst kürzlich in einer selbstverwalteten Befragung zum Ausdruck gebracht, dass sie eine amtliche Abstimmung über die staatliche Zugehörigkeit wünschen. Unisono argumentierten die etablierten Medien, dass sich 85% der Wahlberechtigten gar nicht an der Materie interessiert hätten — wenn sie nicht gar pauschal als Selbstbestimmungsgegner gewertet wurden. Nirgends war jedoch zu lesen, dass sich (bislang) nur 4,2% der Südtirolerinnen an der Avaaz-Petition beteiligt haben — obschon:

    • der Aufwand und vor allem die Hemmschwelle geringer sind, als bei der SB-Befragung;
    • die Teilnahme weder auf Südtirolerinnen, noch auf die Wahlberechtigten (ab 18 Jahren) beschränkt ist;
    • die SB-Befragung von Medien und Parteien torpediert und kritisiert worden war, während die jetzige Avaaz-Petition von der Politik ignoriert (und erduldet), von den Medien aber deutlich gepusht wurde und wird.

    Wenige Wochen nach Beendigung der selbstverwalteten Befragung zum politischen Status unseres Landes präsentieren uns also die Medien selbst den Beweis für ihre durch und durch ideologische Berichterstattung. Anders als durch Ideologie lässt sich die diametral entgegengesetzte Rezeption und Bewertung des Bürger-Engagements rational nicht erklären:  Und dieser Machtmissbrauch, diese Willkür in der Beurteilung von Fakten wirft einen sehr sehr dunklen Schatten auf die gesamte etablierte Medienlandschaft unseres Landes.

    Einfache und völlig logische Erkenntnisse wie die eingangs zitierte Feststellung Christine Helfers waren zum Thema Selbstbestimmung leider weit und breit nicht zu lesen. Während sich 17.100 Bürgerinnen (wie es richtig ist) der geballten Aufmerksamkeit sicher sind, werden 56.395 andere nach wie vor totgeschwiegen.



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  • Hang ’em High!

    Ein paar Fragen zur Pensionsdebatte mit der Bitte um Antworten:

    Warum geht bei medial gepushten Themen die Sachlichkeit so schnell baden?

    Es ist erschreckend, dass Menschen in den Internetforen der drei größten Printmedien im Lande ungestraft Mordaufrufe posten können und sich dabei auch noch moralisch überlegen fühlen. Wir hatten diesen Umstand bereits bei der »Stopp der Gewalt«-Kampagne bemängelt und tun dies nun wieder.

    Weshalb kocht der Volkszorn bei 90 Millionen Euro derartig hoch, während bei Milliardenbeträgen kein Mensch auf die Idee kommt, auf die Straße zu gehen, Avaaz-Petitionen zu starten und Facebook-Seiten zu gründen?

    Ohne die unmoralisch hohen Zahlungen bagatellisieren zu wollen, fehlt in der jetzigen Diskussion doch die Verhältnismäßigkeit. Die SEL-Affäre und andere Skandale sowie die einseitig vorgenommenen Einsparungen des Staates besonders während der Amtszeit Mario Montis kosten die Steuerzahler ein Vielfaches der derzeit angeprangerten Summe. Auch wurden in diesen Fällen Gesetze bzw. Verträge gebrochen, was bei den Luxuspensionen nach derzeitigem Informationsstand nicht der Fall ist. Zudem lodert der »Volkszorn« auf Basis journalistisch sehr schwach aufbereiteter Information, die so dürftig und widersprüchlich ist, dass sie eigentlich (noch) keine zwingenden Schlüsse zulässt.

    Warum stehen jetzt (nur) jene am Pranger, die der Rentenkürzung zugestimmt haben und nicht jene, die weiterhin (noch größer) abkassieren, ganz zu schweigen von denjenigen, die die Regelungen »verbrochen« haben?

    Die ominöse online publizierte Liste ist der moderne Pranger. Doch stehen nun auch die richtigen dort? In Österreich ist es Politikern aus gutem Grund gesetzlich verboten, ihnen rechtlich zustehende Zahlungen abzulehnen – nämlich um indirekten Stimmen- und Ämterkauf nach dem Motto »Wer macht’s billiger?« zu verhindern. Wie es scheint, ist das in Italien ähnlich. Was sie danach mit dem Geld machen, ist eine andere Geschichte. Eine rückwirkende Änderung der Regelungen widerspricht jedenfalls dem Grundsatz der Rechtssicherheit in einem Rechtsstaat und wäre somit eine bedenkliche Praxis. Eine »Rückgabe des Geldes« müsste also immer auf freiwilliger Basis erfolgen. Fest steht aber auch, dass sowohl die neue und noch mehr die alte Regelung unverschämt hohe Zahlungen vorsehen. An den Pranger gehören also diejenigen, die diese Regelungen verabschiedet haben bzw. die, die eine weitgehendere Kürzung nicht mittragen wollten, denn eine sehr schlechte Vorgängerlösung macht eine schlechte Nachfolgeregelung nicht besser. Die bloßen Empfänger sind nicht notwendigerweise die Bösen. Hinzu kommt, dass die Regelungen maßgeblich von jener Partei erdacht und getragen wurden, die die Südtirolerinnen und Südtiroler immer und immer wiedergewählt haben. Die Entrüstung ist daher etwas heuchlerisch. Oder um Volker Pispers zu zitieren: »Das sind aber auch Deppen, die wir da immer wählen.«

    Warum ist immer von »Pensionsvorschuss« die Rede?

    Wenn ich die bescheidene mediale Information richtig interpretiere, handelt es sich bei den Millionenzahlungen an Kasslatter Mur, Leitner, Munter, Klotz und Co. nicht um einen Vorschuss sondern um eine Rückzahlung. Die Auszahlungen basieren doch auf der Logik, dass die Politiker in der Vergangenheit Pensionsbeiträge geleistet haben, die den sehr viel höheren Pensionen der alten Regelung entsprechen. Da die »Umsteiger« nun bei Pensionsantritt meist weniger als die Hälfte kassieren werden, haben sie über Jahre hinweg zu viel eingezahlt. Dieses Geld bekommen sie nun zurück. Wäre es ein Vorschuss, müsste sich doch auch ihre Pension — wenn sie dann schließlich das Antrittsalter erreichen — um den entsprechenden Betrag verringern. Das tut sie jedoch meines Wissens nicht. Es stellt sich in diesem Zusammenhang einmal mehr die Frage, ob das Pensionssystem ein »Beitragssystem« ist, wonach ich das ausbezahlt bekomme, was ich mit meinen Zahlungen angespart habe (was aber passiert dann, wenn ich länger lebe als das Geld reicht?) oder ob wir ein umlagefinanziertes »Versicherungssystem« haben, in dem die derzeit Beschäftigten die Pensionen der Menschen im Ruhestand finanzieren. Ein Versicherungssystem lebt auch davon, dass bei manchen der Versicherungsfall nicht eintritt — d.h. dass sie vor Antritt der Pension sterben. Man zahlt also ein, bekommt jedoch nie etwas raus. Ein echter Pensionsvorschuss wäre daher ein Irrsinn. Die Zahlung an die Politiker ist meiner Ansicht nach aber kein solcher. Interessant zu wissen wäre, ob besagtes Geld auch ausbezahlt worden wäre, wenn einer der Empfänger kurz nach Verabschiedung der Regelung gestorben wäre.

    Was ist öffentliches und was ist privates Geld?

    In den vergangenen Tagen wurde die Forderung laut, dass die Politiker das Geld »zurückgeben« sollten. Einige haben bereits angekündigt, dieser Aufforderung nachkommen zu wollen. Sie möchten das Geld an den Regionalrat rücküberweisen. Vielfach ist in der medialen Diskussion von »unserem Geld« die Rede. Tatsächlich werden Politiker aus Steuertöpfen bezahlt. Mit der Bezahlung wird nach meinem Verständnis das öffentliche Geld jedoch zu privatem Geld. Und mit diesem privaten Geld haben die Politiker dann auch in die Pensionskassa eingezahlt. Das »zurückgeben« impliziert irgendwie, dass ich etwas unrechtmäßig erworben hätte. Das ist hier nicht der Fall. Die ganze Angelegenheit ist mehr moralischer denn rechtlicher Natur. Der Verzicht auf privates Geld kann nur freiwillig erfolgen. Alles andere wäre Enteignung. Die Politiker müssen auf Basis ihres Gewissens entscheiden, was sie mit dem Geld machen. Wenn sie es spenden, ist das gut. Ob aber eine Parteispende, wie das SVP-Obmann Theiner vorschlägt, der richtige Weg ist, wage ich zu bezweifeln. Obwohl es sich um privates Geld handelt, würde das einer »öffentlichen Parteienfinanzierung« nahe kommen, die bestimmt nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ist.

    Wieso wird dieser Family-Fonds als eine so große Errungenschaft präsentiert?

    Das Geld in diesem Family-Fonds ist im Prinzip doch nur ein Kredit, den die Politiker nach der neuen Regelung gewähren. Das Geld steht ihnen nach einer gewissen Zeit nach wie vor zu. Sie kassieren meines Wissens auch Zinsen dafür. Geschenkt ist da gar nichts. Im Übrigen halte ich das für eine sehr zweifelhafte Form der »öffentlichen Finanzierung«.

    Haben die Medien und die Opposition in ihrer Kontrollfunktion versagt?

    Interessant ist auch, dass die Luxuspensionen erst zum Thema wurden, als sie »entschärft« werden sollten. Und auch dabei hat es relativ lange gedauert, bis die Öffentlichkeit Wind bekam. Sowohl Medien als auch Opposition waren bis zum »Aufschrei« vergangene Woche verdächtig ruhig.

    Zusatzfrage: Wieso hängt die Höhe der Zahlungen von der Lebenserwartung ab?

    Wie gesagt, ich erhebe mit meinen Feststellungen nicht den Anspruch auf Unfehlbarkeit. Vielmehr möchte ich Antworten auf diese Fragen, denn davor sehe ich mich außer Stande, mir ein endgültiges Urteil zu bilden (was aber sehr viele im Lande offensichtlich trotzdem schon getan haben). Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum die Höhe der Auszahlungen von der Lebenserwartung abhängig ist und nicht ausschließlich von der Anzahl der Jahre, in denen eingezahlt wurde. Die Berücksichtigung der Lebenserwartung macht einen Teil der Zahlungen doch tatsächlich zu einem Vorschuss.



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  • EU-Mitgliedschaft: Erneute Stellungnahmen.

    Seit der scheidende EU-Kommissionpräsident kürzlich behauptet hatte, der Verbleib Schottlands in der EU wäre im Falle seiner Loslösung von Großbritannien »schwierig, wenn nicht gar unmöglich«, steht er dauerhaft in der Kritik. Vor wenigen Tagen hatten wir die Position des unionistisch eingestellten Economist wiedergegeben, nun berichtet Herald Scotland von zwei weiteren gewichtigen Stellungnahmen.

    So habe Václav Klaus, ehemaliger Präsident Tschechiens, während einer Konferenz über Sezessionsbewegungen in Europa, die in Österreich stattgefunden habe, mitgeteilt, für ihn sei völlig klar, dass Schottland und Katalonien in der EU verbleiben würden, wenn sie die Unabhängigkeit erlangten. Auf eine Frage von Professor Charlie Jeffery (Edinburgh University) habe Klaus zudem geantwortet, er finde es arrogant, wenn die EU behaupte, Schottland und Katalonien wären als EU-Mitglieder nicht willkommen.

    Herald Scotland berichtet auch von einer weiteren Stellungnahme: Die Vorsitzende der französischen Senatskommission für Außenpolitik, Verteidigung und Streitkräfte, Mme. Garriaud-Maylam, habe Spanien und Großbritannien beschuldigt, hinter Barrosos Aussagen zu stehen. In einer offiziellen Senatsdebatte sagte sie laut Herald: »Die von Barroso vorgebrachten Drohungen sind unangemessen und aufgrund des Drucks aus Spanien und England zustandegekommen. London ist zunehmend besorgt. Sie [die Drohungen] sind nicht glaubhaft. Wenn sich Schottland für die Unabhängigkeit entscheidet, wird es in der Europäischen Union bleiben. Das wäre [auch] im Interesse Englands.«

    Garriaud-Maylam habe darauf hingewiesen, dass Staaten mit eigenen ‘separatistischen Sorgen’ (wie Spanien, Belgien und Italien) die Aufnahme womöglich nicht erleichtern würden. »Große Mitgliedsstaaten werden versuchen, den Status Quo zu erhalten. Der Realismus dieser Verlautbarungen [Barrosos] muss aber bezweifelt werden, wenn man die praktischen Folgen einer Aufhebung der EU-Kooperation betrachtet, die in diesem Fall seit über 40 Jahren existiert und die Schottland aufrechtzuerhalten wünscht.«

    Cëla enghe: 01 02 03



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