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  • Keine Solidarität?

    Am 16. Oktober wurde im Rahmen der ZDF-Sendung »heute in Europa« folgender Bericht ausgestrahlt:

    Darin wird am Beispiel Südtirol die These vertreten, in der Krise schaue jeder zuerst auf sich selbst. Ein erstes Opfer des Notstands sei der Zusammenhalt, die Solidarität: Die Südtiroler sähen nicht ein, warum sie für den ärmeren Süden sparen sollten.

    Eigentlich hätte es genügt, dem von Journalistin Antje Pieper (ZDF-Studio Rom) befragten Robert Weißensteiner, Chefredakteur der Südtiroler Wirtschaftszeitung und beileibe kein Nationalist oder Separatist, aufmerksam zuzuhören, um ein etwas differenzierteres Bild zu erhalten. Er stellt (wie übrigens ) die Tatsache in den Mittelpunkt, dass Montis Einschnitte illegal sind.

    Es geht also nicht nur um die mittlerweile unerträglich gewordene Höhe der aufgezwungenen Sparmaßnahmen, sondern vor allem um die Art ihrer Durchsetzung. Hier kommt das Recht des Stärkeren zur Anwendung, was viele Südtiroler nicht zu Unrecht grundsätzlich an Güte und Sicherheit der Autonomie zweifeln lässt.

    Hat es denn etwas mit mangelnder Solidarität zu tun, wenn man die Einhaltung von Spielregeln fordert? Auch die Deutschen würden mit Sicherheit aufbegehren, wenn sie bei den europäischen Hilfsmaßnahmen nicht mitreden dürften, sich Brüssel vielmehr selbst am Haushalt der Bundesrepublik bedienen würde. Wenngleich Südtirol kein Staat ist, kann man das Vorgehen Roms sehr wohl damit vergleichen, denn hier wird massiv in eine verbriefte Zuständigkeit des Landes eingegriffen.

    Übrigens spricht sich niemand unter Südtirols Unabhängigkeitsbefürwortern, auch nicht die Rechten, für einen Austritt aus der europäischen Solidargemeinschaft aus. Die Südtiroler sind nämlich sehr wohl bereit, gleich viel zur Rettung des Euro und des europäischen Friedensprojekts beizutragen, wie alle anderen Europäer auch.

    Dass das Argument des wirtschaftlichen Egoismus zu kurz greift, um die derzeitigen Separationstendenzen zu erklären, wurde neulich auch im Artikel Europas neue Staaten (Telepolis) entkräftet.

    Cëla enghe: 01



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  • Verkehrsprotokoll ratifiziert.

    Besser spät als nie: Zwanzig Jahre nach seiner Unterzeichnung hat das italienische Parlament endlich das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention ratifiziert, dessen wichtigste Bestimmung das Verbot neuer alpenquerender Straßen ist.

    Es handelt sich daher besonders aus Tiroler Sicht um einen besonders wichtigen Schritt für den Landschafts- und Umweltschutz: Die in unregelmäßigen Abständen immer wiederkehrenden Pläne, Autobahnen durch das Pustertal (Venedig-München) und den Vinschgau (Mailand-Ulm über Reutte) zu errichten, sind dadurch endgültig Geschichte.

    Jetzt kann das Augenmerk endlich auf den Ausbau der Bahnverbindungen gelegt werden.



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  • Introduzione poco riverente…

    Introduzione poco riverente nel mondo dei Sudtirolesi.

    Ignorati da molti italiani, conosciuti da molti altri attraverso stereotipi ridicoli o grotteschi, i 300.000 germanofoni del Sudtirolo sono diventati finalmente oggetto di un ritratto accurato e impietoso grazie a Benedetto Masi, autore del libro Introduzione poco riverente nel mondo dei Sudtirolesi (Arca, Lavis [Trento] 2012, pp. 238, € 12).

    Opera insolita e stimolante, il volume guida il lettore attraverso un viaggio che tocca tutte le caratteristiche della società  sudtirolese, senza dimenticare quelle poco note al di fuori dei confini regionali.

    Dalle annose questioni linguistiche allo sport, dalle amministrazioni locali allo sfruttamento delle risorse ambientali e paesaggistiche, Masi demolisce in modo garbato ma deciso i tanti luoghi comuni che circolano su questa regione e sulla minoranza germanofona che la abita. Un libro acuto, intelligente, indispensabile per capire questa realtà  socioculturale di confine.

    Benedetto Masi, nato nel 1957, vive a Bolzano, dove lavora come ricercatore.

    Per altre informazioni:
    Edizioni Arca, tel. 0461-245540



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  • Schottland: Demokratie gewinnt.

    Die Regierungen von Vereinigtem Königreich (UK) und Schottland haben gemeinsam den Grundstein dafür gelegt, dass die schottische Unabhängigkeitsfrage eine Frage der besseren Argumente und des demokratischen Willens wird — und nicht eine juristische Frage, ob Schottland denn das Recht hat, ein Referendum darüber durchzuführen. Der britische Premierminister David Cameron — der sehr klar gesagt hat, dass er die Schotten vom Verbleib im Vereinigten Königsreich überzeugen will — hat sämtliche verfassungsrechtlichen Hindernisse aus dem Weg geräumt, damit die Befragung stattfinden kann. Die schottische Bevölkerung habe bei den letzten Wahlen mehrheitlich eine Partei gewählt, die sich für die Unabhängigkeit stark macht, deshalb sei es eine Frage des Respekts, das Referendum zu ermöglichen. Ganz egal, wie sich die Schottinnen entscheiden werden, ein Sieger steht bereits heute fest: Die Demokratie.


    http://www.youtube.com/watch?v=3gKqdCqbClo

    Die britische Fairness ist eines der stärksten Argumente für gegenseitiges Vertrauen, und somit wohl auch nicht die schlechteste Voraussetzung für den Fortbestand der Union.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01



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  • Warum sie gehen müssen.

    Viel wurde während der letzten Tage darüber geschrieben, warum Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP), selbst wenn er nichts von den Vorgängen in der Causa SEL gewusst haben sollte, die politische Verantwortung für die gesamte Angelegenheit zu übernehmen habe.

    Mit fast allen diesbezüglich vorgebrachten Argumenten kann, muss man einverstanden sein. Der Landeshauptmann hat die wichtigsten personellen Entscheidungen, bei der Ernennung von LR Michl Laimer angefangen, selbst getroffen, und hatte in der gesamten Angelegenheit die Richtlinienkompetenz. Da ist es politisch (nicht juristisch!) vorerst zweitrangig, ob er von den illegalen Manipulationen gewusst hat oder nicht.

    ff-Herausgeber Kurt Zimmermann, der zu dieser Angelegenheit einen hervorragenden Leitartikel verfasst hat — den sich selbst die Dolomiten zueigen gemacht haben —, kommt jedoch zum Schluss, Durnwalder müsse nicht unbedingt zurücktreten. Für so viel Demut fehle ihm jegliches Gespür, er müsse aber »hinstehen«.

    Gerade die Notwendigkeit, »hinzustehen«, macht aber offensichtlich, warum Durnwalder und seine gesamte Regierung zum Wohle der Allgemeinheit sehr wohl zurücktreten müssen. Das Schauspiel hat ja schon begonnen: In der Bestrebung, noch größeren Schaden von der Regierungspartei SVP abzuwenden, spricht Elmar Pichler-Rolle, seines Zeichens Fraktionsvorsitzender im Landtag, schon davon, der gesamte Skandal sei auf dem Mist des Durnwalder-Systems gewachsen. Andere Sektoren der Partei, zumal die Vinschger Bürgermeister, hätten ja gegen die Energiepolitik der Landesregierung opponiert. Und auch die Junge Generation hat zuletzt einen Frontalangriff auf die Landesregierung gestartet.

    All diese Entwicklungen sind durchaus legitim und nachvollziehbar. Eine Regierung und eine Landtagsmehrheit, die vorwiegend in eigener Sache, mit Schuldzuweisungen und Verdächtigungen beschäftigt sind, kann sich Südtirol aber nicht leisten. Das ist grundsätzlich nicht im Interesse des Landes, doch es wiegt derzeit noch um ein Vielfaches schwerer, weil gleich drei äußerst schwere Krisen bewältigt werden müssen:

    • Der wirtschaftliche Notstand;
    • die bislang schwerste Krise der Autonomie durch ihre fortwährende Missachtung durch den Staat;
    • und, eben: der erste größere Skandal auf Landesebene.

    Um diese seit vielen Jahren besorgniserregendste Gesamtlage zu meistern und eine nachhaltige Zukunftsstrategie auf den Weg zu bringen, benötigen wir eine handlungsfähige und ausschließlich dem Wohl des Landes zugewandte Regierung. Wenn die SVP nicht nur ihren kurzfristigen Wahlerfolg im Sinn hat (weil sie vielleicht hofft, dass vieles bis 2013 ausgestanden und vergessen ist), sondern die Geschicke unseres Landes, muss sie diese in ihrer Gesamtheit angeschlagene Regierung besser heute als morgen in den Ruhestand schicken.



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  • Zentralismus für die Wirtschaft.

    Der italienische Regierungschef Mario Monti plant eine Verfassungsänderung zum drastischen Abbau der Dezentralisierung und und zur Einführung der nationalen Einheit — welche sogar noch über das »nationale Interesse« hinausgeht — als Prinzip der Gesetzgebung und der Beziehungen zwischen den öffentlichen Körperschaften.

    Jetzt häufen sich die Hinweise, dass es sich dabei in erster Linie um ein Geschenk an die Wirtschaft handelt, welches zu Lasten der Bürger und der Umwelt ausfallen wird. Der Industriellenverband Confindustria sowie führende Energie- und Erdölkolosse äußerten sich erleichtert über Montis Vorstoß; den Regionen seien in Vergangenheit zu viele Zuständigkeiten übertragen worden.

    Darüberhinaus ist eine mit 2011 datierte Studie der Berlusconi-Partei PDL aufgetaucht, die von Enel, Terna und Eni kofinanziert wurde und in der genau die jetzt geplanten Änderungen empfohlen werden. Im Papier ist davon die Rede, dass kleinere Verwaltungseinheiten bei der Genehmigung von Großprojekten zu viel Rücksicht (!) auf ihre Bürger nehmen. Bürgernahe Institutionen sind den Großkonzernen ein Dorn im Auge, Monti schafft sie aus dem Weg.



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  • EU erhält Friedensnobelpreis.

    Ein sehr schönes Zeichen hat das Nobelpreiskomitee in Oslo gesetzt, indem es den diesjährigen Friedensnobelpreis an die Europäische Union vergeben hat. Damit wird uns allen in’s Gedächtnis gerufen, dass die Union — über die derzeitigen wirtschaftlichen Zerwürfnisse hinaus — ein einmaliges Entwicklungs- und Friedenssicherungsprojekt ist.

    Der Preis ist aber auch Verpflichtung für die Zukunft. Eine der anstehenden Bewährungsproben für den derzeitigen Club der Nationalstaaten ist der Umgang mit dem in vielen Regionen erstarkenden Willen, demokratisch die Unabhängigkeit im Rahmen der EU zu erlangen. Es wird erforderlich sein, diese Tendenzen zu kanalisieren und positiv zu nutzen, um die heutige starre Ordnung abzuschwächen und die Fortentwicklung der Union in einem noch gemeinschaftlicheren Sinne voranzutreiben.

    Dabei ist die EU schon jetzt der existierende Beweis, dass der in der Unabhängigkeitsdebatte häufig beschworene »Realismus« keine Kategorie für politische Entwicklungen sein kann: Die Geschichte der Union ist die Geschichte einer äußerst unwahrscheinlichen Utopie, die sich den Weg in die Realität gebahnt hat. Nach zwei verheerenden Kriegen war es alles andere als selbstverständlich, nicht nur den Weg der Versöhnung zu gehen, sondern die Kooperation schrittweise in solchem Maße zu stärken und auszubauen, dass Staaten nach und nach aus freien Stücken auf wesentliche Teile ihrer Souveränität verzichteten.

    1950 hätte wohl kaum jemand geglaubt, dass binnen 50 Jahren eine relativ solide, staatsähnliche Union mit eigenem Parlament, einheitlicher Währung und einem gemeinsamen Markt entstehen würde, eine Solidargemeinschaft, die, mit einem großen Budget und weitreichenden Befugnissen ausgestattet, die Angleichung von Gesetzgebung und Lebensstandards vorantreiben könnte. All das ist heute — auf wesentlich verbesserungs- und ausbaufähige Weise — Realität.



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  • SEL: Autonomie gefährdet?

    Florian Kronbichler, der erst neulich zu mehr »Autonomiepatriotismus« aufgerufen hatte, stellt heute in seiner täglichen TAZ-Kolumne »das Letzte« genüsslich die Frage, ob man denn das Ende der Autonomie einst auf Monti oder auf den SEL-Skandal datieren werde.

    Derartiges ist letzthin häufig zu vernehmen, etwa von Verfassungsexperten, die uns weismachen wollen, wir müssten uns die Autonomie »verdienen« (davon steht weder im Pariser Vertrag noch im Autonomiestatut etwas, Verdienst ist ohnehin nicht messbar), oder von Oppositionellen — den Freiheitlichen zumal — die ebenfalls glauben, die SVP setze mit dem SEL-Skandal die Autonomie auf’s Spiel.

    Es sei dahingestellt, ob ein großer Skandal in 60 Jahren Alleinregierung einer einzigen Partei wenig oder viel ist — nach meinem Dafürhalten in jedem Fall einer zuviel. Seine Aufklärung offenbart immerhin, wie Teile der SVP mit dem öffentlichen Gut umgegangen sind, nämlich einerseits durchaus im allgemeinen Interesse, andererseits jedoch so, als gehörte es ihnen und als seien sie niemandem Rechenschaft schuldig.

    Doch genau wie die Tausende Skandale und Korruptionsfälle, die in ihrer schädigenden Wirkung weit über den SEL-Skandal hinausgehen, nicht die Souveränität Italiens anfechten, der Skandal um die Bayrische Landesbank nicht die Existenz des Freistaats und die Hypo Alpe Adria nicht jene des Bundeslandes Kärnten in Frage stellen, sondern nur die Unbescholtenheit der jeweiligen Täterinnen, so rechtfertigt auch der SEL-Skandal weder die Auflösung noch die Einschränkung der Südtirol-Autonomie. Das eine hat mit dem anderen schlicht nichts zu tun.

    Die Aufdeckung der Missstände im Energiesektor ist auch nicht, wie Kronbichler hämisch nahelegt, der Sieg des »blöden walschen Rechtsstaats« über die Autonomie, sondern die Bewährung eines wichtigen und notwendigen allgemeinen Grundsatzes: jenes der Gewaltenteilung.



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