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  • Angst vor mehr Autonomie im Energiesektor.

    Nicht nur die Idee der staatlichen Unabhängigkeit verleitet reflexhaft zu Panikmache, sondern oft genug auch die Forderung nach mehr Autonomie. Aufrufe, sich stärker von der römischen Energiepolitik zu lösen, beantwortete LH Arno Kompatscher (SVP) gestern in der wöchentlichen Pressekonferenz mit dem Hinweis, dass unser Land zwar im Jahresdurchschnitt mehr Strom produziere als es verbraucht, nicht aber in jedem einzelnen Monat.

    In bestimmten Zeiträumen würde in Südtirol also laut Landeshauptmann tatsächlich das Licht ausgehen, wenn wir uns energiepolitisch autonom machen würden.

    Diese Aussagen bezeichnet Rudi Rienzner, Generaldirektor des Südtiroler Energieverbands (SEV), nun als Unsinn. Es sei niemals ein Ausstieg aus dem Verbundnetz vorgeschlagen worden, sondern eine regulatorische Autonomie. Damit könnte Strom natürlich nach wie vor in Spitzenzeiten ver- und bei Bedarf zugekauft werden.

    Offenbar ist energiepolitisches Fachwissen in der aktuellen Landesregierung kaum oder gar nicht vorhanden.

    – Rudi Rienzner

    Im Übrigen weist Rienzner darauf hin, dass der SEV im Laufe der Jahre (seit 2013) schon mehrere Vorschläge hierzu eingebracht habe, die von der Landespolitik aber weitgehend ignoriert worden seien.


    Der italienische Strompreis ist im Wesentlichen an den Gaspreis gekoppelt, da Italien zur Stromproduktion massiv von fossilen Brennstoffen abhängig ist. In Südtirol wird der Strom jedoch fast ausschließlich aus Wasserkraft gewonnen — dessen Bindung an den Gaspreis führt nun zu vermeidbaren Preissteigerungen.

    Cëla enghe: 01



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  • Karsthöhlen: FdI und Skinheads vereint.

    Die traditionell politisch rechtsgerichtete Stadt Verona hat seit 2017 in Federico Sboarina einen FdI-Bürgermeister.

    Nun wurde bekannt, dass sich am neofaschistischen Tag der Erinnerung — dem morgigen 10. Februar — die Partei des Bürgermeisters und die Neonazis vom Veneto Fronte Skinheads (VFS) an der Piazza Martiri d’Istria Fiume e Dalmazia quasi die Klinke in die Hand geben werden. Beide Versammlungen sind von der Gemeindeverwaltung genehmigt, Medienberichten zufolge ist auch davon auszugehen, dass sie sich faktisch zu einer einzigen Veranstaltung vermengen werden.

    Ohnehin gibt es sogar personelle Überschneidungen zwischen (ehemaligen) VFS- und FdI-Mitgliedern, zudem parteiübergreifende rechtsextremistische Gruppierungen wie Progetto Nazionale, die die Grenzen im einschlägigen Milieu verschwimmen lassen.

    Erst vor wenigen Tagen wurden einige der Neonazis vom VFS wegen eines Überfalls in Como 2017 verurteilt, auch dies konnte aber offenbar nicht verhindern, dass ihnen im Rahmen der Erinnerung an die Karsthöhlen öffentlicher Raum gewährt wird.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01



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  • Nachhaltige Rüstungsindustrie.

    Bald könnte die EU-Kommission fossiles Gas und sogar Atomkraft als nachhaltig und grün einstufen — warum dann nicht auch gleich die Rüstungsindustrie? Was wie eine sarkastische Überspitzung klingt, hatte der teilstaatliche italienische Konzern Leonardo kurz vor Weihnachten tatsächlich vorgeschlagen.

    Meldung der Nachrichtenagentur Reuters

    Schlagendes Argument: Wenn die Verteidigungsindustrie auf die Bösenliste gesetzt werde, würden die Investitionen anderswohin gehen. Wie schade. Und ohnehin könne man zwar eine gesunde Umwelt ohne CO2 haben, doch das nütze bei Terrorgefahr auch nichts mehr.

    Merke: Das T-Wort lässt Waffen grün aussehen.

    Unverständlicherweise ließen sich EU-Regierungen und Kommission offenbar trotzdem nicht überzeugen — und das, obschon Leonardo laut ICAN auch an der Entwicklung von Atomwaffen beteiligt ist, die sicher fast genauso nachhaltig sind wie Atomstrom.

    Wenigstens wird jetzt auch den letzten Skeptikerinnen klar sein, warum Ministerpräsident Mario Draghi ausgerechnet Leonardo-Mann Roberto Cingolani zum Minister für den ökologischen Übergang ernannt hat. Die italienische Rüstungsindustrie hat eben mit nachhaltigen Technologien viel Erfahrung.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Minorities and the oppressing freedom.
    Quotation

    [T]he classical liberal response to the problem of language minorities has been to practice benign neglect, that is, to allow any group to organise their group life in the language that they choose. Since the language of the institutions and forums of the state results of past or present power, benign neglect must always be a reinforcement of that power. Together with blindness to group difference it favours the majority because it encourages a default language, which is always that of the majority.

    Laissez-faire policies mean that the languages of power and prestige will eventually take over in all situations of contact. Benign neglect, and the accompanying claim of blindness to group difference, are always de facto support for the language of the group that is already dominant and, if this is not acceptable, then there must be some form of protection for the language of minority groups. As the French revolutionary, Lacordaire, pointed out, where no law constrains, the rule of might prevails:

    Entre le fort et le faible, entre le riche et le pauvre, entre le maître et le serviteur, c’est la liberté qui opprime et la loi qui affranchit. [Between the strong and the weak, between the rich and the poor, between the lord and the slave, it is freedom which oppresses and the law which sets free.]

    Sue Wright (University of Portsmouth, UK), Language Policy and Language Planning – From Nationalism to Globalisation, 2nd edition, Palgrave Macmillan 2016 (Lacordaire translation added by )

    See also: 01 02 03 04 05 || 01 02 03



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  • Einträgliche Kriegsindustrie.
    Iveco Defence Vehicles

    Die Rüstung ist eine enorme, wahnsinnige Gelddruckmaschine — auch in Südtirol, wo sich der weltweite Hauptsitz von Iveco Defence Vehicles (IDV) befindet. Dort konnte im soeben abgelaufenen Jahr die Produktivität derart gesteigert werden, dass im Februar allen Angestellten ein steuerlich begünstigter Bonus von rund 600 bis 1.000 Euro winkt. Dies berichtet der Corriere in seiner heutigen Südtirolbeilage.

    In Zeiten wie diesen, wo die Nato auf der einen und Russland auf der anderen Seite die Muskeln spielen lassen und Europa bald erneut in einem verhängnisvollen Krieg versinken könnte, hat diese Nachricht einen besonders dumpfen Klang. Die Russische Föderation gehört dabei genauso zu den Abnehmern von IDV-Militärfahrzeugen wie einige Nato-Mitgliedsstaaten.

    Im Jahr 2016 hatte Hans Heiss (Grüne) versucht, mit einer Landtagsanfrage (2239/16) Informationen über den Rüstungskonzern in Erfahrung zu bringen. Auskunft gab es jedoch keine, das Land hat keinen Einblick.

    Auf eine frühere Anfrage (466/14) von Alessandro Urzì (AAnC, heute FdI), der nicht weniger als einen Ausbau der Rüstungsindustrie in Südtirol angeregt hatte, gab Arno Kompatscher im September 2014 bekannt, dass das Land die Rüstungssparte von Iveco seit 2004 mit über 600.000 Euro gefördert hatte. Die wirtschaftliche Bedeutung von IDV beschrieb der LH damals als »sehr groß, sowohl in Bezug auf die Beschäftigung, als auch den Mehrwert und die Kompetenzen betreffend.« Ein kritisches Wort zur kriegsrelevanten Rolle des Unternehmens war nicht zu lesen.

    Cëla enghe: 01 02



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  • eGovernment: Kleine Staaten vorn.

    Im November hat die EU-Kommission das eGovernment Benchmark 2021 veröffentlicht, das von Capgemini, dessen Schwesterunternehmen sogeti, der International Data Corporation und dem Mailänder Polytechnikum in ihrem Auftrag erarbeitet wurde.

    Das Gesamtergebnis sieht Malta (Performance: 96%) vor Estland und Dänemark an der Spitze, Österreich schafft einen beachtlichen sechsten Platz, während Italien (21.) und Deutschland (24.) weit abgeschlagen sind.

    Wie in vielen anderen Bereichen sind es auch bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung offenbar vor allem kleine Staaten, die die Entwicklung prägen und Maßstäbe setzen: In den Top Ten gibt es keinen Staat mit mehr als 20 Millionen, dafür aber acht mit unter zehn Millionen Einwohnerinnen. Malta, Luxemburg und Island zählen sogar — wie Südtirol — nur wenige Hunderttausend.

    Untersucht wurden die vier Dimensionen Benutzerzentrierung, Transparenz, Schlüsseltechnologien (wie eID oder digitale Post) und grenzüberschreitende Dienste sowie konkrete Dienstleistungen in acht Lebensbereichen (wie Familie, Studium oder Firmengründung).

    Cëla enghe: 01 02 03 | 04 05 06 || 01



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  • Unwissen rechtfertigt Intoleranz nicht.

    Ich komme noch einmal auf den Angriff auf Julia Unterberger (SVP) zurück, weil ich im Netz zum wiederholten Mal auf einen Kommentator gestoßen bin, der den Vorfall als ein Symptom von (erschreckender) Unwissenheit über Südtirol und die Mehrsprachigkeit hier einordnet. Viele Italienerinnen könnten unser Land nicht einmal vom Trentino unterscheiden, heißt es.

    Mag alles sein, trotzdem halte ich das für ein total falsches Framing. Man muss nämlich nicht über die hiesige Situation informiert sein, um auf ein Interview in einer anderen Sprache als Italienisch nicht mit Ausfälligkeiten zu reagieren. Toleranz heißt nicht nur, ein Interview in einer geschützten Minderheitensprache zuzulassen, sondern ganz grundsätzlich das Andere. Eine Senatorin beliebiger Herkunft, die mit einem beliebigen Sender in einer Sprache ihrer Wahl ein Gespräch führen will, hat von niemandem angepöbelt zu werden, schon gar nicht von einem Journalisten.

    Ohnehin wage ich es aber zu unterstellen, dass Frau Unterberger nicht aus Unwissenheit, sondern wennschon genau deshalb angegriffen wurde, weil der Herr wusste, dass sie Südtirolerin ist und in Südtirol Deutsch gesprochen wird. Eine Senatorin aus Florenz, die einem ausländischen Medium ein Interview auf Deutsch (oder meinetwegen Englisch) gegeben hätte, wäre eher nicht derart angegangen worden.



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  • Kollektivverträge: Zentralistische Gewerkschaften.
    Quotation

    Das Handwerk — gemeinsam mit den zwei Verbänden LVH und auch dem italienischen CNA — ist an die Gewerkschaften herangetreten und hat gesagt: »Wir wollen uns vom nationalen System des Kollektivvertrages abkoppeln«. Und wir wissen, wir haben in Südtirol nicht nur den ASGB, sondern wir haben drei weitere Gewerkschaften und wir fanden mit diesem Vorschlag keine Mehrheit. Ich will es hier sagen: Der ASGB hat das unterstützt, leider die anderen nicht — und wir müssen uns auch in Südtirol mehr getrauen, weil es geht ja nicht nur um den Lohn, sondern auch um andere wichtige Elemente in einem Kollektivvertrag. Und das ist wichtig, [denn] wir haben in Südtirol eine andere Situation.

    LVH-Präsident Martin Haller beim gestrigen Pro & Contra auf Rai Südtirol im Gespräch mit dem ASGB-Vorsitzenden Tony Tschenett – Transkription von mir

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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