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  • MiMa: Ortsnamen und Tourismus.

    Heute im Rai-Mittagsmagazin: Hans Heiss (Vërc), Cristian Kollmann (STF) und Thomas Aichner von der Marketinggesellschaft Meran zum Thema Ortsnamen in der Tourismuswerbung.

    Der Rai-Südtirol-Podcast zum Nachhören:

    Sowohl Heiss, als auch Kollmann plädierten mit unterschiedlicher Intensität und Gewichtung für eine stärkere Berücksichtigung der historischen Ortsnamen, insbesondere im Ausland. Beschämend fand ich vor allem einige der Aussagen von Herrn Aichner, der das Tourismusmanagement als reines Marketing versteht und die Abwesenheit jeglichen Gespürs für Werte und Verantwortung bestätigte.

    Natürlich wissen auch die Touristiker, dass die Ortsnamenfrage ein heikles Thema ist. Hat das beim Erstellen der [Ortsnamen-]Liste irgendeine Rolle gespielt?

    Aichner: Interessanterweise eigentlich überhaupt nicht. Vielleicht hat das einfach damit zu tun, dass meine Generation in Südtirol mit einem sehr natürlichen Selbstverständnis für beide Sprachen aufgewachsen ist und wir eigentlich in einer sehr heterogenen Arbeitsgruppe waren, wo dieses Volkstümliche [sic] oder Politische überhaupt kein Thema war, sondern wir ein klares Ziel vor Augen hatten: Welche Namen funktionieren auf welchem Markt? Und die wenden wir dann auch an. Was für mich rückblickend jetzt auch eine sehr positive Sache ist, weil es damit zu tun hat, dass wir uns offensichtlich in unserer aktuellen zeitgenössischen Kultur wiedergefunden haben.

    Interessant, dass Aichner zu wissen scheint, dass Kultur, Authentizität, Sprache und »das Politische« nicht zum Zeitgeist zählen und er sich wohl auch gar nicht die Frage stellt, ob man dies einer demokratischen Überprüfung unterziehen sollte. Im Grunde wird die Ortsnamenfrage in Südtirol tatsächlich an Google und Konsorten delegiert — und dies, obschon im Verlauf der Sendung selbst Aichner gestand, dass man seiner Meinung nach mit der Verwendung der historischen Ortsnamen keinen einzigen Gast verlieren würde. Oberstes Ziel sei es jedoch, »Menschen nicht zu verwirren«, also wohl, alles möglichst leicht verdaulich zu gestalten, Ecken und Kanten abzurunden und den Gästen eine Scheinwelt vorzusetzen, die sie nicht (über-)fordert.

    Auf haben wir uns schon oft mit dem Thema befasst, weshalb ich diesbezüglich lediglich darauf verweise: 01 02 03 04 05 06 07 08 09

    Cëla enghe: 01



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  • Landespost ade!

    Es tut sich wieder einmal Großartiges in Sachen Autonomie: Die italienische Post wird dem Land sagen, wieviel Südtiroler Steuergeld sie ganz gerne hätte dringend braucht, um so weiterzuwurschteln, wie eh und je den Dienst in Südtirol wesentlich zu verbessern. Das Wichtigste aber ist: Jetzt schon, 43 Jahre nach Inkrafttreten des zweiten Autonomiestatuts, wird es einen (wohl mit Südtiroler Steuergeld bezahlten) Ansprechpartner für die Zweisprachigkeit geben (Hauptqualifikation vermutlich: Vertröstung) und — Trommelwirbel — die Post wird »Schritt für Schritt« den Proporz umsetzen. Freudentränen, Korkenknallen. Wir sind erleichtert.

    Landespost wird es keine geben, aber hey: Wir dürfen’s wenigstens zahlen!

    Hier gehts zur Pressemitteilung des Landes.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • Wir brauchen (k)eine Landespolizei.

    Erst kürzlich hatten sich die Dolomiten (»Vorausgeschickt« von Michael Eschgfäller) über die Forderung nach einer mehrsprachigen Landespolizei lustig gemacht — denn auf perfekte Zweisprachigkeit und Vertrautheit mit den Gegebenheiten vor Ort, so der Tenor des höhnischen Beitrags, komme es bei der »Verbrechensbekämpfung« ohnehin nicht an.

    Während der letzten Tage schafften es nun gleich zwei eklatante Vorfälle in die Medien, die zumindest teilweise auf mangelnde Sprachkenntnisse der Ordnungshüter zurückzuführen sind.

    1. Am Bahnhof Brenner wurden Beamte der österreichischen Polizei von einem italienischen Polizisten festgesetzt und »in ihrer Bewegungsfreiheit leicht eingeschränkt«, wie es aus Nordtirol in verständnisvoll-deeskalierender Wortwahl heißt. Die Dolomiten schrieben gestern zu diesem — laut Zeitung — »skurrilen polizeilichen Zwischenfall«:

      Insgesamt haben sich laut Major Kirchmair [von der Polizei Innsbruck-Land, Anm. ] “20 unserer Leute angesammelt”. Sprachliche Barrieren taten wohl ein Übriges.

      Da trägt sich also an einer (laut Euregio-Sprech »inexistenten«) EU-Binnengrenze, die keine Sprachgrenze ist (!), aufgrund sprachlicher Barrieren ein Vorfall zu, wie man ihn eher am Berliner Checkpoint Charlie während des Kalten Kriegs angesiedelt hätte. Aber — eine zweisprachige Polizei brauchen wir laut Dolomiten nicht, weshalb im Artikel über den Vorfall am Brenner die »sprachlichen Barrieren« auch gar nicht näher thematisiert und hinterfragt werden. Zweisprachigkeitspflicht hin oder her.

    2. Am Bozner Landesgericht wurde ein 58jähriger Schweizer freigesprochen, der von der Finanzpolizei wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt worden war. Was war geschehen? Drei Finanzer hatten den (Ex-)Urlauber und seine Frau mit einem zivilen Fahrzeug angehalten und waren — obschon laut heutigen Dolomiten ausdrücklich mit der Aufgabe betraut, Luxuswagen mit ausländischem Kennzeichen unter die Lupe zu nehmen — außerstande, mit dem Kontrollierten auf Deutsch zu kommunizieren. Der Vorfall machte die (Mehrsprachigkeit gewohnten) Eidgenossen so stutzig, dass sie es mit der Angst zu tun bekamen und flüchten wollten. Von den einsprachigen, nicht mit den örtlichen Gegebenheiten vertrauten Beamten in die Kaserne gebracht war es den Schweizern laut Dolomiten auch dort

      nicht möglich, den Fall zu klären, da sich kein einziger Beamter fand, der des Deutschen ausreichend mächtig gewesen wäre.

      Für den A. Adige ist der Fall ohnehin ziemlich klar, er schreibt heute auf dem Titelblatt:

      Il caso di uno svizzero che non sa l’italiano e si spaventa.

      Als ob es nicht um »finanzieri che non sanno il tedesco« ginge. Wenn umgekehrt ein Dorfpolizist kein Italienisch könnte… würde das Blatt kaum ähnlich titeln.

    Wir freuen uns also alle schon riesig, dass wir zwar keine Landespolizei bekommen (die angeblich nichts löst), sondern eine Handvoll Carabinieri, die entweder den Zweisprachigkeitsnachweis D (!!) besitzen oder bereits beim Heer gedient haben. Die Überlegung muss wohl sein: Wenn sie schon nicht Deutsch können, dann sind sie wenigstens im Umgang mit dem Feind geschult.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Das Gedenken an den ersten Weltkrieg in den Händen neofaschistischer Organisationen.

    Erst wenige Tage ist es her, dass sich die Südtiroler Landesregierung und zahlreiche Bürgermeisterinnen im Lande geweigert hatten, den italienischen Eintritt in den ersten Weltkrieg vorschriftsgemäß durch Aushängen der Staatsflagge zu zelebrieren. Wie wichtig dieser kleine Verweigerungsakt aus symbolischer Sicht war, zeigt sich immer deutlicher, je mehr Mosaiksteine man zusammenfügt.

    Aber der Reihe nach: Durch die Recherche über die Zusammenarbeit öffentlicher und halböffentlicher Institutionen — darunter eine italienische Botschaft, die Autonome Provinz Trient und das Italienische Rote Kreuz — mit neofaschistischen und gewaltbereiten Organisationen bei der Durchführung pseudosolidarischer Projekte bin ich auf die Vereinigung L’Uomo Libero aus Arco gestoßen. L’Uomo Libero, deren Motto nicht zufällig ein Ezra-Pound-Zitat ist, bewegt sich im Dunstkreis der »Faschisten des dritten Jahrtausends« von CasaPound.

    L'Uomo Libero.

    Zum Gedenken an den ersten Weltkrieg hat L’Uomo Libero die Gründung des Projekts »TaPum – Sui Sentieri della Grande Guerra« angeregt, zu dessen Mitgliedern außer den Neofaschisten selbst auch die Vereinigung Accompagnatori di Territorio del Trentino und die staatliche Forschungseinrichtung Consiglio Nazionale delle Ricerche (CNR) gehören.

    Vorsitzender von TaPum und L’Uomo Libero in Personalunion ist Walter Pilo, ein Herr, der zum Beispiel den Ausschluss der »Faschisten des dritten Jahrtausends« vom Bozner Christkindlmarkt der Solidarität scharfzüngig kritisiert hatte.

    Man braucht sich also nicht zu wundern, wenn auf den Seiten von TaPum der erste Weltkrieg verherrlicht und auch Südtirol ganz selbstverständlich zu den terre irredente gezählt wird:

    Fu la prima grande esperienza collettiva degli italiani, un momento di forte unione che rafforzò l’identità  nazionale di tutta la popolazione e non soltanto di chi stava al fronte (furono 5 milioni gli uomini chiamati alle armi, di cui oltre 650.000 morti e circa un milione feriti). Durante il conflitto, a seguito delle alterne vicende belliche, i confini originari tra Italia e Austria-Ungheria subirono continue variazioni, che spesso non coincidevano con l’idea di ‘Italia geografica’, in particolare per le cosiddette ‘terre irredente’ (Trentino, Alto Adige, Trieste e Istria).

    Und doch ist es bestürzend, dass derartiger Geschichtsrevisionismus von einer öffentlichen Forschungseinrichtung wie dem CNR mitgetragen wird.

    Hauptbestandteil des Projektes von TaPum war übrigens (im Jahr 2014) eine doppelte »Expedition« von Bormio nach Duino und von Trient nach Triest entlang dem ehemaligen Frontverlauf. Durchgeführt wurden die Expeditionen gemeinsam mit der Associazione Nazionale Alpini (ANA), laut Angaben der Projektverantwortlichen war auch das offizielle Militär daran beteiligt.

    In Südtirol war Walter Pilo (L’Uomo Libero) bei einer staatsweiten Veranstaltung der ANA am Ritten anwesend, um TaPum vorzustellen. Die neofaschistische Unterwanderung ist voll im Gange.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Klein und friedlich.

    Kleinstaaten funktionieren besser, sind weniger korrupt, sichern ihren Einwohnerinnen einen höheren Wohlstand, garantieren die Ausübung von Grundrechten und sind integrationsfreudiger. Darüberhinaus sind sie nach innen und nach außen friedlicher, als ihre größeren »Kollegen«. Dies gilt insbesondere für europäische Kleinstaaten, wie man dem Global Peace Index 2015 entnehmen kann, den das Institute for Economics and Peace jüngst veröffentlicht hat und der auf 23 quantitativen und qualitativen Indikatoren beruht.

    Global Peace Index 2015.

    Unter den 15 friedlichsten Ländern der Welt befinden sich 11 europäische Kleinstaaten, ein weiterer Kleinstaat (Neuseeland) und drei größere außereuropäische Länder. Das erste größere Land Europas ist Deutschland auf Rang 16. Das Stockerl wird wie schon 2014 von drei kleinen Europäern gehalten und von Island mit seinen nur 0,3 Millionen Einwohnern angeführt. Andere Kleinstaaten wie Malta, Luxemburg, Liechtenstein und San Marino wurden in der Statistik gar nicht berücksichtigt — andernfalls ist davon auszugehen, dass sich noch mehr Kleine unter den Besten tummeln würden.



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  • Südtirolerinnen heuer steuerfrei?

    Die Gemeinde Bruneck hat im ersten Jahr der Immobiliensteuer GIS die Vordrucke mit den ermittelten Steuerbeträgen und den Details zu den berücksichtigten Immobilien nur in deutscher Sprache vorbereitet und an die Bürgerinnen und Bürger verschickt. Auf Vorschlag der Partei XY wird es die Vordrucke ab dem kommenden Jahr auch in italienischer Sprache geben, damit die Rechte der Mitbürgerinnen und Mitbürger italienischer Muttersprache gewahrt sind.

    Die Meldung ist fiktiv, doch genau dies oder noch Schlimmeres (wenn man die Komplexität der Materie berücksichtigt) ist einmal mehr vom italienischen Staat ausgegangen, der den Steuerzahlerinnen seit diesem Jahr die bereits ausgefüllte 730er-Steuererklärung zur Verfügung stellt. Die Betroffenen können den Inhalt online überprüfen und entweder gutheißen — oder aber ablehnen und in der Folge eine abweichende, mit den nötigen »Beweisunterlagen« unterlegte Steuererklärung abgeben. »Leider« ist auch diese Neuerung wie so oft zuerst nur in italienischer Sprache verfügbar, Bürgerinnen deutscher Muttersprache werden zum wiederholten Mal ihrer vom Autonomiestatut zugesicherten Rechte beraubt. Erst auf Antrag der Rechtsanwältin und SVP-Parlamentarierin Renate Gebhard wurde nun von Rom versprochen, dass die Zweisprachigkeitspflicht ab dem kommenden Jahr (2016) umgesetzt wird… freilich nur in diesem Bereich und auch nur, wenn es bis dahin nicht »vergessen« wird.

    Das frei erfundene Beispiel mit der Gemeinde Bruneck ist so gut wie unvorstellbar — nicht (nur), weil die lingua franca nazionale niemals fehlen darf, sondern vor allem, weil unser Land über einen »mehrsprachigen Quellcode« verfügt. Eine Gesetzeswidrigkeit und Respektlosigkeit dieses Ausmaßes könnte einer öffentlichen Verwaltung kaum unterlaufen. Der italienische Staat verfügt hingegen über einen »einsprachigen Quellcode«, mehrsprachige Gebiete sind eine (fast) vernachlässigbare Größe. Deshalb und aufgrund des sorglosen Umgangs des Staates mit seinen eigenen gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gehört es und wird es stets zur Tagesordnung gehören, dass andere Sprachen als die lingua franca »vergessen« werden und jedes Mal von neuem Diskriminierungen in Kauf nehmen müssen.

    Viel unproduktiver als Südtirol mit der ständigen Einforderung verbriefter Rechte hat auch Sysyphos seine Energie nicht investiert.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Feind, Erzfeind, Autonomiefreund.

    Es sind sehr gute Freunde Südtirols und seiner Autonomie, die in Rom zurzeit das Sagen haben. Sie kümmern sich nicht nur um unser Geld, sondern geben auch schon mal wohlmeinende Ratschläge oder überzeugen durch Empathie. Ähm… Empathie. Dass sie dabei »vergessen«, dem Land die vertraglich zugesicherten Zuständigkeiten zu übertragen, darf man wohl als eine besondere Art der freundschaftlichen Fürsorge interpretieren.

    Doch immer öfter greift auch die vorauseilende Angst vor dem Freund, wie zum Beispiel Redakteur Christian Pfeifer in der aktuellen SWZ bemerkt:

    Bei der SWR-Versammlung verwies [Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP)] außerdem darauf, dass auf politischer Ebene versucht werde, in Rom einen Passus zu verankern, wonach Südtirol die EU-Richtlinie [zur Auftragsvergabe] direkt übernehmen dürfe. Dreimal sei der Passus schon versenkt worden, nun laufe ein vierter Versuch. War es nicht die Landespolitik, die stets betonte, dass Südtirol das darf? Die Angst vor den regierenden “Autonomiefreunden” in Rom verstehe, wer will.

    Cëla enghe: 01 02 03



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