Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Daheim in Mythen?

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    62 Comentârs → on Daheim in Mythen?

    Vor einiger Zeit hatte die Südtiroler Tageszeitung (TAZ) berichtet, das renommierte Hamburger Wochenblatt Die Zeit arbeite an einem Bericht über eine angebliche »Verdeutschung« Südtirols. Laut TAZ-Informationen sollte darin vor allem die »gemischtsprachige Landtagsabgeordnete« (Eigendefinition) Elena Artioli zu Wort kommen.

    Am vorletzten Donnerstag ist der Artikel der freien Südtiroler Reporterin Barbara Bachmann tatsächlich erschienen, er kann hier nachgelesen werden. Die vorgebrachte Verdeutschungsthese ist äußerst dürftig untermauert, der Beitrag weist insgesamt grobe Mängel auf, die ich in der Folge aufdröseln möchte. Elena Artioli kommt nicht zu Wort.

    • Bereits der Titel (»Daheim bei Fremden«) weist auf einen nationalistisch angehauchten Leitfaden hin, der sich durch den Artikel zieht und wonach eine anderssprachige Mehrheit in der Region eines Nationalstaats etwas Anrüchiges sei und einer Rechtfertigung bedürfe.
    • Einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Verdeutschungsthese lässt Bachmann durch den postfaschistischen Landtagsabgeordneten Alessandro Urzì vortragen — ohne allerdings darauf hinzuweisen, welch radikale Ideologie er vertritt. Unter anderem sprach er sich noch im März 2013 gegen die Gleichstellung der deutschen Sprache in der Produktetikettierung aus und erwirkte die römische Anfechtung des Landesgesetzes zur Ortsnamensgebung, das einen kompromiss deutscher und italienischer Parteien im Südtiroler Landtag darstellt, um wenigstens einige der im Faschismus erfundenen, italianisierten Ortsnamen wieder abzuschaffen.
      • Urzì ortet »in den Tälern, in den kleinen Orten Südtirols« einen »immer heftiger werdenden antiitalienischen Diskurs«. Dies entbehrt nicht nur eines Belegs, sondern mutet besonders merkwürdig an, nachdem gemäß letzter Volkszählung die Italienerinnen in allen Bezirken außer im Vinschgau und im Eisacktal anteilsmäßig zunehmen; nachdem die Eltern deutschsprachiger Schülerinnen ohne wesentliche Unterschiede zwischen Stadt und Land in einer (nicht repräsentativen) Umfrage erst neulich mehr Italienischunterricht gefordert haben; nachdem die Italienischkenntnisse in Südtirol deutlich besser sind, als es die Zuordnung zu den Sprachgruppen vermuten ließe. Und nachdem die Schülerinnen deutscher Muttersprache wesentlich besser Italienisch lernen, als umgekehrt.
      • Urzìs unwidersprochener Befund: »In Südtirol braucht man das Italienische nicht mehr.« Eine merkwürdige Aussage, nachdem das Astat-Sprachbarometer belegt, dass es deutsch- und ladinischsprachige Südtirolerinnen deutlich schwerer haben, ihre Muttersprachen im Umgang mit öffentlichen Ämtern zu gebrauchen als ihre italienischsprachigen Mitbürgerinnen; nachdem Produktetiketten und selbst Packungsbeilagen von Medikamenten in der Regel nur auf Italienisch abgefasst sind und auch nur auf Italienisch abgefasst sein müssen; Zugewanderte nur Italienischkenntnisse nachweisen müssen; internationale Handelsketten nicht selten auf Personal mit Deutschkenntnissen verzichten.
      • Ferner behauptet Urzì, die Situation der Italienerinnen in Südtirol sei »paradox«. »Rechtlich gesehen gehören sie der gesamtstaatlichen Mehrheit an. In der Praxis der Region sind sie aber eine Minderheit und abhängig von den Entscheidungen der lokalen deutschen Mehrheit.« Das ist jedoch alles andere als paradox, solange man nicht den anachronistisch-nationalistischen Anspruch erhebt, die »nationale Mehrheit« müsse tatsächlich in jeder einzelnen Region in der Mehrheit sein. Die von Italien nie ratifizierte Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats empfiehlt sogar ausdrücklich, innerstaatliche Verwaltungsgrenzen so zu gestalten, dass Minderheiten in ihrer eigenen Region nicht minorisiert werden.
    • Bachmann berichtet weiter, »als im Sommer 2013 beschlossen wurde, Berghütten nur noch deutsche Namen zu geben« habe die Mailänder Tageszeitung Il Giornale geschrieben: »In diesem fantastischen Stück Italiens wird es jeden Tag heldenhafter, italienisch zu sein.« Sie »vergisst« sowohl zu erwähnen, dass die italienischen Bezeichnungen hauptsächlich Erfindungen des protofaschistischen Extremisten und Assimilierers Ettore Tolomei waren, die die ursprünglich deutschen auslöschen sollten, als auch, dass Il Giornale zu Berlusconis rechtspopulistischem Medienimperium gehört.
    • Selbst mit statistischem Zahlenmaterial wird salopp umgegangen. So behauptet die Autorin, seit Anfang der 1960er Jahre sei der Anteil italienischsprachiger Südtiroler um »mehr als zehn Prozentpunkte« zurückgegangen. Richtig ist, dass der Rückgang von 34,3% auf 24,5% genau 9,8 Prozentpunkte beträgt. Auch hier bleibt wichtiges unerwähnt, nämlich dass die Zahl von 1960 durch staatlich erzwungene und geförderte Zuwanderung zum Zwecke der Majorisierung völlig aufgeblasen war.
    • Dass die Zahl italienischer Landtagsabgeordneter nach den Landtagswahlen 2013 »von acht auf fünf, ein Siebtel der Mandatare bei einem knappen Viertel der Bevölkerung« zurückging, hat sehr viel mit der Zerstrittenheit und Zersplitterung der italienischen Parteien und sehr wenig mit Diskriminierung zu tun. Demokratische Wahlen sind frei und niemand wird gezwungen, sprachgruppenkonform zu wählen.
    • Erstaunlich ist, dass eine Grüne (Brigitte Foppa) es laut Bericht merkwürdig findet, wenn im Landtag der Vorschlag zur Ersetzung von .it durch .eu bei der Internetdomain des Landes gemacht wird — oder wenn angedacht wird, Südtiroler Sportlerinnen bei internationalen Wettbewerben mit neutraler Bekleidung statt italienischen Trikots antreten zu lassen. Die Überwindung des Nationalen und die Betonung des Europäischen sollte eigentlich ein Anliegen grüner Politik sein.
    • Senator Francesco Palermo bezeichnet die deutschsprachige Bevölkerung als eine »Mehrheit mit Minderheitskomplex«. Für einen Verfassungsrechtler angesichts der bereits erwähnten Empfehlungen des Europarats eine seltsame Auffassung. Müssen Minderheiten auf staatlicher, regionaler und kommunaler Ebene gleichzeitig in der Minderheit sein, um nicht eines Minderheitenkomplexes bezichtigt zu werden?
    • Palermo kenne noch Zeiten, in denen Bars ethnisch getrennt waren. »Mittlerweile hätten sich die die italienischsprachigen Südtiroler “mit einer gewissen Hierarchie abgefunden”, sagt er.« Angesichts der Tatsache, dass es gerade in Bozen mitunter sehr schwierig ist, sich in Bars und Läden (mit der Bedienung) auf Deutsch zu verständigen, ist das eine wirklich erstaunliche Aussage.
    • Als Gegenargument dazu, dass sich Südtirol »als funktionierende mehrsprachige Provinz (sic)« verstehe, zählt Bachmann unter anderem auf, dass es neben deutschen Tageszeitungen eine italienische Tageszeitung (in Wirklichkeit sind es deren zwei) gibt. Wäre es für ein funktionierendes mehrsprachiges Land besser, wenn es Zeitungen nur in einer Sprache gäbe? Oder müssten sämtliche Medien mehrsprachig sein?
    • Desweiteren schreibt die Autorin, dass die SVP eisern am ehtnischen Proporz festhalte. Dass heute gerade die Italienerinnen davon profitieren, wie selbst Postfaschist Alessandro Urzì gesteht, bleibt leider unerwähnt.
    • Auch Bachmann kann sich schließlich nicht verkneifen, den Mythos zu erneuern, wonach »die einen immer schlechter Italienisch sprechen« während die anderen aufholen. Daten hierzu gibt es nicht, wie aufgrund ausgiebiger Recherchen zweifelsfrei feststeht. Wir werden die Journalistin trotzdem anschreiben und nach ihren Quellen fragen.
      Jene Daten, die zu den Zweitsprachkenntnissen der Südtirolerinnen vorliegen, lassen zwar kein Urteil über deren Entwicklung im Lauf der Zeit zu, belegen jedoch, dass die deutschsprachigen Südtirolerinnen nach wie vor deutlich besser Italienisch sprechen, als umgekehrt.

    Siehe auch: 01 02 03 || 01 02



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  • Nation und Irrtum.
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    0 Comentârs → on Nation und Irrtum.
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    Eine Nation ist eine Gruppe von Personen, geeint durch einen gemeinsamen Irrtum über ihre Vorfahren und eine gemeinsame Aversion gegen ihre Nachbarn.

    — Karl Deutsch (1912-1992), Soziologe.

    aus »Was ist Nationalismus? — Die Karriere einer teuflischen Idee«, WOZ.

    Siehe auch: 01 02



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  • Vom befremdlichen Umgang mit Umfragen.

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    22 Comentârs → on Vom befremdlichen Umgang mit Umfragen.

    Vor etwas mehr als einem Jahr gab die Süd-Tiroler Freiheit das Ergebnis einer selbstverwalteten Umfrage zum Thema Selbstbestimmung bekannt, an der sich 61.189 Südtirolerinnen beteiligt hatten. Davon befürworteten 56.395 (oder 92%), die Bevölkerung frei und demokratisch über die staatliche Zugehörigkeit Südtirols entscheiden zu lassen.

    Alexandra Aschbacher schrieb dazu in einem Leitartikel (ff 03/2014) unter anderem:

    Etwa 85 Prozent der wahlberechtigten Südtiroler haben weder Ja noch Nein gesagt, sie haben schlicht und einfach nicht mitgemacht. Das ist die große Mehrheit der Südtiroler, bei einem offiziellen Referendum (sic) hätte man mit 15 Prozent Beteilung das erforderliche Quorum nicht erreicht.

    Kürzlich hat der Elternbeirat ebenfalls Umfrageergebnisse veröffentlicht, wonach sich 77,2% von 9.569 Schülereltern eine Intensivierung des Italienischunterrichts an Südtirols Schulen wünschen. Dies entspricht 7.387 Eltern, die sich auf drei unterschiedliche Antwortmöglichkeiten (Zusammenlegung der Schulen, Sachfachunterricht, Schüleraustausch) aufteilen. Dass die Fragestellung suggestiv war und die Möglichkeit, sich für eine qualitative Verbesserung des Italienischunterrichts auszusprechen, nicht gegeben war, sei hier nur am Rande erwähnt.

    Laut Landesstatistikinstitut (Astat) besuchen im Schuljahr 2014/15 insgesamt 20.290 SchülerInnen eine deutsche Grundschule im Land. Für Mittel- und Oberschulen liegen nur Daten für das Schuljahr 2013/14 vor — sie werden von 12.369 respektive 14.486 Schülerinnen besucht. Insgesamt wären das, wenn wir uns an diesen Zahlen orientieren, 47.145 Kinder und Jugendliche.

    Daran gemessen hätten sich die Eltern von 20,3% der Südtiroler Schülerinnen an der Umfrage beteiligt und 15,7% sich für eine der drei Optionen der Intensivierung des Italienischunterrichts ausgesprochen. Da auch bildungspolitische Entscheidungen in einer Demokratie der Gesamtbevölkerung obliegen und nicht der Elternschaft, müsste man die 7.387 zudem nicht an den 47.145 Schülerinnen, sondern an den über 400.000 Stimmberechtigten* bemessen.

    In der ff schreibt diese Woche (ff 14/2015) Georg Mair jedoch in einem Leitartikel:

    Jetzt hat der Elternbeirat erhoben, dass sich die Eltern mehr Italienischunterricht in der Schule wünschen.

    Dass man auch mit 20,3% bei einer offiziellen Volksabstimmung nicht das Quorum erreicht hätte, wird diesmal nicht erwähnt. Und in einem weiteren Artikel in derselben Ausgabe heißt es:

    Nachdem sich 77 Prozent der Eltern in einer Umfrage dafür ausgesprochen haben, dass die italienische Sprache in der Schule mehr Gewicht haben müsse […] melden sich nun auch die Schüler selbst zu Wort.

    Hervorhebungen von mir

    Das ist, als hätte man bei der STF-Umfrage behauptet, 92% der Südtirolerinnen hätten sich für die Ausübung der Selbstbestimmung ausgesprochen. Stattdessen ist es korrekt zu sagen, dass sich 56.395 BürgerInnen (oder 92% der Teilnehmenden) dafür ausgesprochen haben, die Selbstbestimmungsfrage zu stellen und Eltern von 7.387 Schülerinnen (oder 77% der Teilnehmenden) den Italienischunterricht ausweiten oder Austauschprogramme umsetzen möchten. Repräsentativ sind beide Umfragen nicht.

    Die ff — und die Südtiroler Medien im allgemeinen — reden und schreiben jedoch das eine Ergebnis klein und das andere groß, je nachdem, was als politisch »genehm« erscheint. Dies ist nicht nur unzulässig, sondern eine Missachtung des Informationsauftrags, den unabhängige Medien in einer Demokratie eigentlich hätten. Bedauerlich.

    *) 7.387 von 400.000, das entspricht einem Anteil von rund 1,85%



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  • Houston, wir haben (k)ein Problem.

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    9 Comentârs → on Houston, wir haben (k)ein Problem.

    Man könnte argumentieren, dass die Süd-Tiroler Freiheit nichts dafür kann, dass eine ihrer Fahnen mit der Aufschrift “Süd-Tirol ist nicht Italien” überaus prominent im Mensur-Keller der rechtsextremen, schlagenden, deutschnationalen Burschenschaft Teutonia in Wien hängt – wie ein Ausschnitt aus der sehenswerten Vice-Dokumentation “Burschenschaften in Österreich” belegt. In etwa so, wie das Produktionsstudio FilmSpektakel nichts dafür kann, dass H.C. Strache ihr sensationelles Zeitraffer-Video “A Taste of Austria” für seine Zwecke missbraucht.

    südtirol ist nicht italien

    Doch angesichts der Tatsache, dass Exponenten der Bewegung anlässlich des diesjährigen Akademikerballs alles andere als Berührungsängste mit schlagenden Burschenschaften gezeigt haben, ist diese Argumentation wohl nicht griffig. Es scheint, dass ihnen – im Gegensatz zu FilmSpektakel – an einer klaren Distanzierung zum deutschnationalen bis rechtsextremen Milieu nicht viel gelegen ist.

    demanega

    Und dass in der Dokumentation dann auch noch ein ehemaliges führendes Mitglied der Südtiroler Freiheitlichen und nunmehriger Burschenschafter seinen Deutschnationalismus unverhohlen breittritt, ist ein Bärendienst für eine moderne und progressive Südtiroler Unabhängigkeitsbewegung, die einen möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens in einem Land mit drei Sprachgruppen und Zuwanderern aus aller Welt erreichen möchte.

    Siehe auch: 01 || 01 02 03



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  • Südtirols Nachbarn laut SMG.

    SMG: Unsere Nachbarn.

    Auf der Webseite der Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG) gibt es stets was zu entdecken, so zum Beispiel die offenbar ohne Beiziehung eines Hirns konzipierte Vorstellung von »Südtirols Nachbarn«. Die da wären: Nordtirol, Graubünden und das Trentino. Wo Osttirol, Salzburg, Sondrio und Belluno bleiben — man weiß es nicht. Ist auch egal, wird doch bereits der Euregio-Partner Trentino als »schon ganz Italien« bezeichnet und — man höre und staune — kurzerhand um Cortina d’Ampezzo erweitert (s. Ausschnitt oben). Die Hauptstadt Trient heißt natürlich: Trento. Und was gibt es zu Nordtirol zu sagen? Nur soviel: Dass es eine Metropole ist und dass die SMG nicht weiß, wie man Kitzbühel schreibt. Sollen sich halt auch endlich einen italienisch klingenden Ortsnamen zulegen!

    Unser nördlicher Nachbar lebt und liebt die Berge. Besonders der Winter verwandelt sich (sic) die Alpennordseite in eine pulsierende Schneemetropole (sic). Ischgl, Kitzbühl (sic) und Innsbruck tragen wesentlich dazu bei.

    Und auf der zur Veranschaulichung beigefügten Karte sind Tolomeis wunderschöne Ortsnamen auch schon im Deutschen vorrangig, von Glorenza/Glurns bis Brunico/Bruneck. Ja, die SMG wird es irgendwann wohl sogar schaffen, die historischen Ortsnamen selbst auf dem deutschsprachigen Markt abzuschaffen.

    SMG: Südtirolkarte.

    Das kommt davon, dass man Ignoranten Dilettanten ureigenste politische Aufgaben überlässt. Wäre nett, zu erfahren, was die Autonomiepolitikerinnen in der Landesregierung gegen solchen Pfusch unternehmen. Als Außenstehender würde ich nämlich behaupten: gar nichts!


    Nachtrag: Es lohnt auch ein Blick auf die italienische und englische Variante der besagten Seite über Südtirols Nachbarn. In guter Tolomei’scher Manier wird die Nordtiroler Stadt Kitzbühel gleich auch »eingeitalienischt« und als »Kitzbuhel« bezeichnet. Im Grunde ist das nicht nur eine Respektlosigkeit den Bewohnern der Gamsstadt sondern auch den italienischen Gästen gegenüber. Hält die SMG diese tatsächlich für so minderbemittelt, dass man ihnen kein »ü« zutrauen kann?
    Auch die Situation im Engadin scheint man nicht ganz durchblickt zu haben: Als Orte in Graubünden werden nämlich »Engadina, St. Moritz e Davos« aufgezählt. St. Moritz ist ein Ort im Engadin, wobei der dortige Tourismusverband als »Engadin St. Moritz« firmiert. In der englischen Variante wird »Grisons« (ein im englischen Sprachraum verwendetes Exonym für Graubünden) zu »Gisons«. Interessant ist auch, dass die weltbekannten Resorts Engadin, St. Moritz und Davos in »contrast with many unspoilt mountain villages and valleys« stehen. Im Umkehrschluss heißt das also wohl, dass das Engadiner Hochtal, St. Moritz und Davos verschandelt und verdorben sind. Tolle Werbung. Dass die ganzen Texte dann auch noch mit Rechtschreib- und Grammatikfehlern durchsetzt sind, krönt die großartige Leistung der Südtirolwerber.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Tag+Nacht: Abgesicherte Autonomie.

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    0 Comentârs → on Tag+Nacht: Abgesicherte Autonomie.

    Untergang ankündigen — Geschütze auffahren — Entwarnung geben — den Sieg reklamieren. Einmal ist es die IMU oder sonst so ein autonomes Fürzchen, gestern waren es unsere kleinen Spitäler: Werden uns alle genommen, alle rizze-razze-zugesperrt. Der miese Monti! Nicht ausgeschlossen, dass er uns über Nacht doch noch seine Wach- und Schließgesellschaft geschickt hat. Bis Redaktionsschluss, zum Glück, sah es noch nach Rettung aus. Unsere Parlamentarier, oder korrekter unsere beiden Herkulesse in der Kammer, haben wieder Unvorstellbares geleistet. Altro che Stall des Augias ausgemistet! Der Zeller hat den ganzen Tag über angebellt gegen die Regierung Monti — schlimmer als jede bisher! —, und der kluge Brugger muss wohl hinten herum geschickt verhandelt haben. Anders ist nicht zu erklären, dass am Abend wieder Entwarnung gegeben werden konnte. Gekämpft und gewonnen, schon wieder! Südtirol bleibt stehen. Dank ihnen. Nächste Rettungsshow folgt. Wir sind schon blöd, aber blöd nicht. (flor)

    Florian Kronbichler in der Tageszeitung vom 06.07.2012

    Leider verkaufe die SVP daheim in Südtirol immer mehr, als sie in Rom erreiche, sagt der 63-Jährige. “Die abgesicherte Autonomie, so wie sie uns immer wieder vorgegaukelt wird, gibt es nicht.”

    Florian Kronbichler laut ff vom 26.03.2015



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  • Sprache: Daten als Grundlage für Politik.

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    3 Comentârs → on Sprache: Daten als Grundlage für Politik.

    Immer und immer wieder haben wir bemängelt, dass in Südtirol Sprach- und Bildungspolitik ohne oder zumindest ohne ausreichende Daten gemacht wird. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Entscheidungen in diesen für ein mehrsprachiges Gebiet hochsensiblen Bereichen aufgrund von Launen, Bauchgefühlen und Mythen getroffen werden, ohne tatsächlich und umfassend erhoben zu haben, wie die aktuelle Situation ist, wie die Entwicklung über mehrere Jahr(zehnt)e aussieht und was die Bevölkerung — eine möglichst gut informierte Bevölkerung — tatsächlich wünscht. Bestenfalls kann von Schlamperei und Stümperhaftigkeit, schlimmstenfalls muss von vorsätzlicher Schädigung der sprachlichen Besonderheit dieses Landes die Rede sein.

    Oft haben wir in diesem Blog auch darauf hingewiesen, dass Sprachsituation und -entwicklung in anderen mehrsprachigen Ländern und Regionen systematisch und akribisch erhoben werden, als Grundlage für eine seriöse, wissenschaftlich fundierte Sprachpolitik.

    In Südtirol hat das Landesstatistikinstitut (Astat) im Jahr 2004 das erste Sprachbarometer erstellt, was fortan im Zehnjahresrhythmus wiederholt werden soll. Die zweite, auf 2014 bezogene Ausgabe wird in diesem Jahr erwartet.

    Zum Vergleich: Katalonien erhebt und veröffentlicht jedes Jahr einen umfassenden Sprachbericht, in dem die Sprachsituation, die Entwicklung und die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen aufgezählt und evaluiert werden. Jedes Jahr. Die Daten reichen zum Teil bis in die 70er Jahre zurück, als Diktator Franco noch am Leben und an der Macht war. Spätestens seit Beginn der Demokratie wurden wichtige Sprachdaten im Jahresrhythmus erhoben.

    So enthält beispielsweise der letzte Sprachbericht, der sich auf 2013 bezieht, auf 110 Seiten unter anderem folgende Informationen:

    • Die Sprachsituation und -entwicklung:
      • Sprachkenntnisse der Bevölkerung von 1981 bis 2013, getrennt nach Kompetenzen (Verstehen/Sprechen/Lesen/Schreiben) und meistbeherrschten Sprachen (Katalanisch/Spanisch/Englisch/Französisch);
      • Herkunfts-, Identifikations- und gewöhnlich benutzte Sprache(n);
      • Sprachkenntnisse nach Altersgruppen und Kompetenzen;
      • Analyse nach Geburtsort (Katalonien/Spanien/Ausland);
      • Analyse nach katalanischen Regierungsbezirken;
      • Sprache(n) im Umgang mit der Familie (Großeltern/Mutter/Vater/Partner/Kinder);
      • Sprachgebrauch im Umgang mit Handel und privaten/öffentlichen Dienstleistern (Großhandel/Nahversorgung/Staatsverwaltung/Arzt/Bank/Regionalverwaltung/Gemeinden) und Entwicklung seit 2008;
      • Sprachgebrauch am Arbeitsplatz (mit Arbeitskollegen/Kunden), getrennt nach Größe des arbeitsgebenden Unternehmens und katalanischem Regierungsbezirk;
      • Sprache(n) im Medienkonsum, einschließlich Internet;
      • Sprache(n) im Kulturbereich (Kino, Musik, Theater, Videospiele, Bücher) und Entwicklung seit 2009;
      • Sprachgebrauch in der (Aus-)Bildung, Evolution der ausländischen Schülerinnenschaft;
      • Sprachgebrauch an den Universitäten, getrennt nach Universität und Regelstudium/Master;
      • Sprache(n) in der Justiz, Anteil der Urteile auf Katalanisch und Spanisch, Entwicklung seit 2009;
      • Sprache(n) der Einträge im Besitzurkundenregister, Merkantilregister, Register beweglicher Güter;
      • Sprachgebrauch in notariellen Akten;
    • Maßnahmen der Regierung:
      • Anzahl und Sprachniveau (Katalanisch/Spanisch/Englisch/Französisch) der Schülerinnen an öffentlichen Schulen;
      • Sprachliche Evaluierung der Schülerinnen;
      • Universitäre Maßnahmen und Sprachprogramme für Studentinnen, Teilnehmerzahlen;
      • Spezielle Sprachprogramme für Austauschstudentinnen, Teilnehmerzahlen;
      • Erwachsenensprachkurse der Generalitat de Catalunya und anderer öffentlicher Körperschaften (Anwesenheitskurse, Fernstudium, via Internet…);
      • Parla.cat, Onlineplattform zum Erlernen der katalanischen Sprache, Teilnehmerzahlen;
      • Online-Fortbildungskurse für Katalanischlehrer- und -professorinnen weltweit;
      • Katalanischkurse für Zugewanderte, Teilnehmerzahlen;
      • Berufsaus- und Weiterbildung für Private und öffentliche Angestellte;
      • Spezielle Sprachfortbildung für Justizmitarbeitende, einschließlich Richterinnen, Staatsanwältinnen aufgrund von Abkommen zwischen Generalitat, Berufskammern und Gerichten, 1.628 Teilnehmerinnen im Jahr 2013;
      • Sprachzertifizierung durch die Generalitat de Catalunya (offizielle katalanische Sprachzertifikate), aufgeschlüsselt nach Sprachniveau und Entwicklung seit 2002;
      • Angebote zur Steigerung der Sprachqualität (Onlinedienste, Übersetzungsdienste, öffentliches Büro für Sprachfragen), zugänglich für Privatpersonen, Firmen, öffentliche Verwaltungen;
      • Termcat, Kommission zur Normalisierung und Weiterentwicklung von katalanischer Terminologie (363 neue Wörter und Anpassungen in 14 Sitzungen 2013);
      • Voluntariat per la llengua;
      • Kinoförderung, Synchronisierungen, Untertitel, Fernsehsendungen;
      • Zusammenarbeit mit Unternehmerverbänden zur Verbesserung der Präsenz der katalanischen Sprache in der Wirtschaft;
      • Stützung der Präsenz der katalanischen Sprache im digitalen Bereich;
      • Sensibilisierung kleiner und mittelständischer Unternehmen für die Sprache(n);
      • Zusammenarbeit mit dem Handel zur Förderung der katalanischen Sprache;
      • Praktische Unterstützungsprogramme für Firmen zur Berücksichtigung der katalanischen Sprache;
      • Förderung der katalanischen Sprache im Sport und in der Freizeit, Sensibilisierung von Vereinen;
      • Fortbildung von Gesundheitspersonal, Herausgabe von Terminologiehandbüchern, Onlinedatenbanken; Anpassung des Voluntariat per la llengua an die speziellen Erfordernisse des Gesundheitspersonals;
      • Zusammenarbeit mit Vereinen, die den Gebrauch und die Förderung der katalanischen Sprache zum Ziel haben;
      • Ausschreibung von Preisen für Firmen, Vereine, Kinos u.v.m., die sich um die Förderung der katalanischen Sprache verdient machen;
      • Ahndung von Verstößen gegen die Sprachgesetzgebung (in 187 Fällen) und Entwicklung seit 2011;
    • Internationale Projektion:
      • Katalanischkurse und Katalanischstudien im Ausland;
      • Tätigkeit des internationalen katalanischen Kulturinstituts Ramon Llull und Zusammenarbeit mit internationalen Vereinen;
      • Teilnahme an europäischen Organismen (Europäisches Netzwerk zur Förderung der sprachlichen Diversität, Linguanet, Europäische Terminologievereinigung), Zusammenkünften, Kongressen;
      • Zusammenarbeit mit anderen Gebieten mit katalanischer (Amts-)Sprache, einschließlich der Förderung der katalanischen Sprache in Nordkatalonien (Frankreich) und L’Alguer (Sardinien);
      • Tätigkeit im restlichen spanischen Staatsgebiet;
    • Förderung der katalanischen Gebärdensprache;
    • Situationserhebung und Maßnahmen zugunsten der okzitanischen Sprache;

    Zur Vertiefung: Vollständige Fassung des Sprachberichts von 2013 (Katalanisch) und vollständige Fassung des Sprachberichts von 2012 (Englisch) .

    Siehe auch: 01 02 || 01 02 03



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  • Nationalpark bleibt Nationalpark.

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    3 Comentârs → on Nationalpark bleibt Nationalpark.

    Wie der Kammerabgeordnete Florian Kronbichler (SEL/Grüne) berichtet, ist der von der SVP verkündete »Übergang des Nationalparks Stilfser Joch an das Land« eine maßlose Übertreibung, wenn nicht gar eine Täuschung. Die von der Zwölferkommission vorbereitete Durchführungsbestimmung sehe weiterhin eine gemeinsame Verwaltung des Parks vor, wenngleich fortan auch die Gemeinden zwei Vertreter in den zuständigen Ausschuss entsenden können. Und obschon die Finanzierung des Parks an Südtirol, das Trentino und die Lombardei übergeht, sitzt der Staat offenbar weiterhin am längeren Hebel. Sämtliche Beschlüsse der Parkverwaltung bedürfen demnach der Zustimmung des römischen Unweltministeriums. Eine Landeshoheit über den Südtiroler Anteil des Parks gibt es demnach nicht. Gemäß Kronbichlers Darstellung scheint sich wenigstens die Vorgabe nicht durchgesetzt zu haben, dass die Länder Südtirol und Trentino auch die Kosten für den größten Anteil des Parks, der sich in der Lombardei befindet, vollständig übernehmen.

    Einigermaßen erstaunlich ist schlussendlich, dass sich Kronbichler ausdrücklich darüber freut, dass der Park auch weiterhin »Nationalpark« heißen muss. Andererseits — er ist ja nicht umsonst Alpinipreisträger.

    Siehe auch: 01 02 03



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