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  • Wissen schafft!
    Quotation

    War das Thema Selbstbestimmung traditionell die ausschließliche Domäne der die deutsche Sprachgruppe repräsentierenden Süd-Tiroler Freiheit, so gibt es seit einigen Jahren Tendenzen in die Richtung eines territorialen Verständnisses dieser Option.

    Karl Kössler vom EuracInstitut für Föderalismus- und Regionalismusforschung schreibt in seinem Aufsatz “Autonomie – Ziel oder Zwischenlösung? Der Fall Südtirol” für das Potsdamer wissenschaftliche Journal “Welt Trends. Zeitschrift für internationale Politik” auch über .

    So betrachtet etwa auch eine sprachgruppenübergreifende Plattform für Selbstbestimmung, die sich “Brennerbasisdemokratie” (BBD) nennt, die bestehende Autonomie als unzulänglich.

    In der Folge zitiert Kössler einige Stellen aus dem (inzwischen überarbeiteten) -Manifest:

    [Die Autonomie] werde dem mehrsprachigen Charakter des Landes nicht mehr gerecht, stelle keine angemessene Grundlage für dessen künftige Entfaltung dar und fördere statt einer den besonderen Bedürfnissen Südtirols entsprechenden Politik “erstarrende Konflikte” (BBD-Manifest, Punkt 3). Daher solle das Ziel der Unabhängigkeit verfolgt werden, auf die das Land einen Anspruch habe, “sobald es die Mehrheit der Südtiroler wünscht” (Punkt 1). Als Südtiroler in diesem Sinne wird ausdrücklich “jeder in Südtirol ansässige Mensch” verstanden (Punkt 2).



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  • Übernahme Bahnstrecken »unrealistisch«.

    Von der Süd-Tiroler Freiheit (STF) wurde am 3.12.2014 im Südtiroler Landtag ein Antrag zur Übernahme der Südtiroler Bahninfrastruktur gestellt. Laut entsprechender Pressemitteilung des Landtages wurde der Antrag vertagt.

    Köllensperger (5SB) und Heiss (Grüne) äußerten Bedenken, dass man sich damit viele Kosten ins Land hole. Diese Befürchtung ist sicher richtig, es sollte aber eine Binsenweisheit sein, dass Selbstverwaltung mit Kosten verbunden ist. Allerdings könne die Schlussfolgerung wohl nicht die Fortschreibung des eingeschlagenen Weges sein. Südtirol wird vom Zentralstaat ausgenommen wie eine Weihnachtsgans und hofft, dass in Form von zentralstaatlichen Leistungen wieder ein Teil davon ins Land zurückfließt.

    Wenn wir Südtirol zukunftsfest machen wollen, muss der Ansatz aber grundlegend geändert werden: Südtirol übernimmt sämtliche vom Zentralstaat durchgeführten Dienste und erhält dafür die völlige Finanzhoheit.

    Was die Kosten betrifft, fehlen im Falle der Bahninfrastruktur wohl, wie auch sonst häufig der Fall, genaue Zahlen. Die Bahninfrastruktur wird mit Ausnahme der Vinschgerbahn von RFI (Rete Ferroviaria Italiana) geführt, die als Tochter der FS Holding zu 100% dem Zentralstaat gehört. RFI bekommt für jeden Zug, der über das Schienennetz fährt Trassengebühren. Die Trassengebühren alleine dürften kaum ausreichen um die ordentliche und außerordentliche Instandhaltung zu finanzieren. Es ist schwierig, hier belastbare Zahlen aufzutreiben. In der Schweiz beispielsweise dürfte der Deckungsbeitrag bei ca. 35% – 40% liegen. Der Rest läuft unter dem Kapitel Daseinsvorsorge, zu dem das Schienennetz wie auch das Straßennetz zählen.

    Deshalb erhält RFI zusätzlich Zuwendungen vom Staat. In vielen Ländern, so auch in Italien, ist das Schienennetz unterfinanziert. Die Trassengebühren und staatlichen Zuwendungen reichen nicht aus, um den Bestand zu erhalten, geschweige denn größere Investitionen zu tätigen. Aus diesem Grund müssen Investitionen, die im Interesse des Regionalverkehrs liegen, vielfach von den Regionen selbst gestemmt werden. So auch in Südtirol. Südtirol finanziert die entsprechenden Investitionen im Pustertal und auf der Meraner Linie ohnehin. Das materielle Eigentum der vom Land sanierten Infrastrukturen verbleibt dann aber bei RFI. Auch diesbezüglich kursieren — wie so häufig, wenn es um Zuständigkeiten geht — verschiedene Darstellungen. Bestimmte Akteure behaupten z.B., dass zumindest teilweise die Bahnhofsgebäude, nicht die Bahnanlagen, auf der Pustertaler und der Meraner Linie materielles Eigentum des Landes wären. Konkrete Belege für diese These liegen mir nicht vor.

    Aufgrund der Vielfalt der Versionen bleibt auch zu bezweifeln, dass die Übernahme der Meraner Bahn, die das Land seit gefühlt 15 Jahren anstrebt, wirklich zu einem vollständigen Übergang des materiellen Eigentums an das Land Südtirol führt. Nur letzteres führt mittel- bis langfristig auch zur gewünschten qualitativen Verbesserung des Bahnverkehrs in der westlichen Landeshälfte. Die Kompetenzüberschneidung zwischen Land Südtirol als Besteller, RFI als Streckenbetreiber und Trenitalia als eng mit RFI verbandeltes Bahnunternehmen ist keine zukunftsweisende Allianz. So wird von Insidern hinter vorgehaltener Hand bestätigt, dass RFI wohl einige Türen wieder verschlossen hätte, wenn man den Vertrag mit Trenitalia nicht verlängert hätte.

    Während das Land Südtirol den Übergang der Meraner Linie zumindest bisher erfolglos verhandelt, erklärte LR Mussner zu den anderen Linien:

    Die Übernahme internationaler Strecken – dazu gehöre auch das Pustertal – sei aus realistischer Sicht nicht möglich.

    Trotz anscheinend nicht mehr existenten Grenzen — die Pustertaler Linie verbindet das Südtiroler Pustertal mit dem Osttiroler Pustertal und die Brennerbahn das Südtiroler Wipptal mit dem Nordtiroler Wipptal — spricht man von internationalen Strecken. Unabhängig davon sieht die SVP in gewohnt vorauseilendem Gehorsam ein »unrealistisches« Projekt, anstatt das eigene Handeln der Prämisse zu unterwerfen, was gesellschaftlich wünschenswert und sinnvoll ist.

    Aber anstatt visionäre Forderungen zu artikulieren und diese auch umzusetzen, bettelt man lieber in Rom um Brosamen und versteckt sich hinter juristischen Floskeln. Wie ist es sonst zu erklären, dass sowohl Alt-LH Durnwalder, als auch LH Kompatscher die Auffassung vertreten, dass die Riggertalschleife von RFI finanziert werden müsse, anstatt sie selber zu bauen und diese natürlich in Landeseigentum verbleibt und im Zuge des Baus gleich um die Übernahme der Pustertaler Bahn zu verhandeln? Wo ist denn hier der vollautonome Ansatz?

    Im Übrigen hätte man als Gegenleistung für die drei Milliarden, die man bei den Finanzverhandlungen in Rom verschenkt hat, zumindest das materielle Eigentum der Bahninfrastrukturen und der Staatsstraßen, die nur vom Land verwaltet werden, einhandeln können.



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  • Kronbichlers Zumutung.

    Im heutigen A. Adige ist ein Interview mit dem Alpinipreisträger und angeblichen Autonomiepatrioten Florian Kronbichler (Grüne/SEL) erschienen. Einige Aussagen verdienen eine klare Stellungnahme aus -Sicht:

    1. Die SVP, so der Abgeordnete, stelle in Rom zu hohe Ansprüche und setze somit unsere Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Doch um welche Glaubwürdigkeit geht es hier? Verwechselt Kronbichler Glaubwürdigkeit mit Unterwürfigkeit? Im Autonomievergleich haben wir erst kürzlich gezeigt, wie sehr unsere Selbstverwaltung eine Aufwertung vertragen könnte. Ähnliches sagt schon seit Jahren Sozialforscher und Autonomieexperte Thomas Benedikter, der mit Sicherheit kein Sezessionist ist.
    2. Als Beispiel für überzogene Forderungen nennt Kronbichler den Vorstoß der SVP, einen von fünf Verfassungsrichtern, die vom Parlament ernannt werden, den Sprachminderheiten vorzubehalten. Flor legt nahe, dass Karl Zeller damit einen Posten für sich selbst schaffen möchte. Doch man muss die beiden Ebenen trennen: Die Autonomie beschränkt sich bislang auf Exekutive und Legislative, während sie in der Judikative so gut wie inexistent ist. Natürlich muss die Judikative (genauso wie übrigens die beiden anderen Gewalten) unabhängig sein, doch im Falle des Verfassungsgerichts erfolgt die Bestellung der Richter ausschließlich auf zentralstaatlicher Ebene. Angesichts der interpretatorischen Freiheit und der (nicht nur) daraus erwachsenden fast uneingeschränkten Macht, die das Gericht auch zulasten der Autonomien ausübt, wäre ein kleines autonomistisch-föderalistisches Gegengewicht mehr als nötig. Die Unterstellung, Karl Zeller schaffe hiermit ein Amt für sich selbst, ist schwerwiegend und sicher nicht ganz von der Hand zu weisen, sollte aber das inhaltliche Urteil über die Forderung nicht beeinflussen.
    3. Flor kündigt an, dass er einen Abänderungsantrag von Michaela Biancofiore mittragen werde, mit dem die Ansässigkeitsklausel von vier Jahren abgeschafft werden soll. Dies hatten wir bereits kommentiert und kritisiert.
    4. Die SVP, so Kronbichler, schließe Parlament und Landtag zu oft von wichtigen Entscheidungen aus. Dieser Kritik können wir uns vollinhaltlich anschließen — letztes Beispiel: Das Finanzabkommen, das vor dem Parlament in Rom geheimgehalten werden soll und in dessen Verhandlung und Annahme der Landtag nur marginal eingebunden war.
    5. Der Parlamentarier beklagt, dass man stets als Faschist hingestellt werde, wenn man es wagt, die Italiener in Südtirol als [ethnische] Minderheit zu bezeichnen. Auch hier schließen wir uns an. Es ist ein Unding, jemanden als Faschisten zu verunglimpfen, der eigentlich nur ein Ignorant ist —denn die Italiener in Südtirol sind keiner anerkannten Definition zufolge eine ethnische Minderheit, wiewohl sie hierzulande in der zahlenmäßigen Unterzahl sind. Laut Europäischer Charta der Regional- oder Minderheitensprachen etwa sind

      “Regional- oder Minderheitensprachen” Sprachen,
      i. die herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates von Angehörigen dieses Staates gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl kleiner ist als die der übrigen Bevölkerung des Staates, und
      ii. die sich von der (den) Amtssprache(n) dieses Staates unterscheiden;
      iii. [und] umfaßt weder Dialekte der Amtssprache(n) des Staates noch die Sprachen von Zuwanderern;

      (Hervorhebungen von mir.)
      Dass die Italienerinnen in Südtirol keine ethnische Minderheit sind, hat nichts mit Bosheit oder mit Benachteiligung zu tun, sondern mit dem nationalstaatlichen Prinzip (das sie zum Teil der nationalen Mehrheit macht) und mit international üblichen Definitionen.

    6. Kronbichler bedauert, dass es nach wie vor als Beschimpfung empfunden werde, wenn wir als privilegiert bezeichnet werden. Anstatt sich unkritisch dem zentralistischen Mainstream anzuschließen, sollte der Alpinipreisträger vielleicht die Rede von Union-Valdôtaine-Chef Ennio Pastoret lesen, der gute Gründe nennt, warum Autonomien nicht Privilegien sind.
    7. Wenn alle Regionen so behandelt würden, wie Südtirol, hätte der Staat keine Existenzberechtigung mehr, da der wichtigste Zweck eines Staates die Umverteilung sei. Mal davon abgesehen, dass Südtirol nicht die Aufgabe hat, dem italienischen Staat eine Existenzberechtigung zu liefern, ist gerade der finanzielle Beitrag, den wir während der letzten Jahre geleistet haben, jenseits von gut und böse. Soeben hat die SVP im Alleingang beschlossen, dem Staat weitere Milliarden (!) zu schenken. Hinzuzufügen wäre, dass der italienische Staat seit seiner Gründung und bis heute gerade in der territorialen Umverteilung völlig versagt und stattdessen eine Situation der Abhängigkeit und Ungleichheit (zwischen Nord und Süd) zementiert hat, die weltweit ihresgleichen sucht.
    8. Zuletzt noch die aus -Sicht empörendste Aussage, nämlich, dass die grundlegende Motivation der Selbstbestimmungsbewegungen immer »legistisch-egoistisch« sei. Ich möchte ihn hiermit dazu herausfordern, dies am Beispiel von zu belegen.


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  • Aosta+Selbstbestimmung.
    Quotation

    Andere Länder, andere Bewertung der politischen Lage in Italien und Europa. Offenbar teilt der langjährige politische Partner der SVP gegenüber Rom, die Union Valdôtaine, die Einschätzung von Zeller und Konsorten nicht, was den Zustand von Autonomie und Dezentralisierung, aber auch die Selbstbestimmungstendenzen in Europa betrifft, wie einige Auszüge aus der beachtlichen Rede des UV-Vorsitzenden Ennio Pastoret am diesjährigen Parteikongress zeigen:

    Monti, Letta und die derzeit amtierende Regierung haben zu einem bisher ungekannten Kampf gegen die Autonomien geführt. Die Regionen sind mittlerweile die Sparbüchsen des Staates, der dort das Geld abholt, wenn er es braucht.

    Und der Staat, der den Regionen und Autonomien Moralpredigen hält, verschuldet sich selbst immer weiter. Letzthin wurden Steuersenkungen angekündigt. Doch in Wirklichkeit wurden den Regionen und Gemeinden Gelder weggenommen und ihre Ressourcen gekürzt. Die Lokalkörperschaften waren gezwungen, Dienstleistungen zu streichen, und die Bürger [waren gezwungen], noch mehr zu zahlen, um sie aufrecht zu erhalten.

    Angesichts dieser Haltung ist es wichtig, eine gemeinsame Anstrengung zu unternehmen, um gegen unhaltbare und ungerechte Forderungen Widerstand zu leisten.

    Dies ist der Grund, warum wir unsere Bereitschaft angekündigt haben, mit den anderen politischen Kräften in einen Dialog zu treten — denn nur mit einer breiteren politischen Basis ist es möglich, im Umgang mit Rom stärker zu werden.

    Das Europa der Völker, das wir befürworten, ist vielmehr ein Europa der Märkte, der Finanzen und der Banken geworden. Die EU selbst ist es, die Schottland und Katalonien im Zuge ihrer Referenden am stärksten gedroht hat.

    Und dies, weil sich während der kommenden Jahre der Drang nach Autonomie verstärkt zeigen wird, den der [europäische] Integrationsprozess bis heute versteckt und heruntergespielt hat.

    Europa weiß das und wird auch weiterhin versuchen, Drohungen auszusprechen und alles zum Schweigen zu bringen. Werden wir uns damit abfinden oder haben wir noch ein wenig Elan, um unsere Prinzipien nicht zu vergessen und sie laut und deutlich zu verteidigen?

    Werden wir noch um den Erhalt unserer Sprachen kämpfen? Sicher, einige sagen uns: ”il francese lo parla solo più una minimissima parte dei valdostani”. Sehr schlecht! Das heißt, dass das Autonomiestatut, das unsere Kulturen und Sprachen verteidigen sollte, versagt hat und ein Betrug war.

    Doch dieser Refrain kommt, wir wissen es, von jenen die gegen uns sind, gegen Aosta, gegen unsere Kultur. Sie freuen sich darüber, anstatt es zu bedauern.

    [Viele] Menschen vergessen, dass die Autonomie nicht eine Ansammlung von Privilegien ist, sondern das Recht, für sich selbst verantwortlich zu sein.

    Autonomie bedeutet, die Möglichkeit zu haben, der Allgemeinheit selbstverantwortlich nützliche und notwendige Dienste anzubieten.

    Es ist das Bewusstsein dieses Unterschieds, das zur Grundlage unseres Handelns werden muss. Wir hören immer nur, dass die Sonderregionen privilegiert sind.

    Sogar hier bei uns gibt es Leute, die uns mit diesem Blödsinn den Kopf waschen wollen.

    Wir haben ihnen über Jahre zugehört, als sie sagten, wir seien privilegiert. Sie wünschen sich, dass diese Privilegien abgestellt werden. Weil wir sie nicht verdienen. Und wir haben sie reden und uns sogar von diesem Diskurs täuschen lassen.

    Die Wahl liegt nur bei uns! Einzig und allein bei uns! Es liegt an uns zu beweisen, dass wir uns keine Privilegien erwarten, sondern Rücksicht für unsere Rechte.

    Dem italienischen Staat und der Europäischen Union müssen wir die Kraft unseres Willens und unseres autonomistischen Bewusstseins entgegenhalten, eines lebendigen Willens, unser Recht auf Eigenregierung und die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips im Sinne eines vollständigen Föderalismus, an den wir glauben, zu erhalten. Doch diese Aussagen sind bedeutungslos, solange sie Aussagen bleiben.

    Sie müssen sich in unserem politischen Handeln wiederfinden.

    Unabhängigkeit und Selbstbestimmung sind für uns kein Tabu und keine Blasphemie. Sie beinhalten unumgängliche Prinzipien, die wir nicht verschweigen dürfen. Für uns sind die Unabhängigkeitswünsche von Schottland, Katalonien und im Schweizer Jura legitim.

    Gleichermaßen legitim werden dieselben Freiheits- und Unabhängigkeitsbestrebungen auch sein, wenn sie von anderen Bevölkerungen auf Grundlage der von uns mitgetragenen Prinzipien zum Ausdruck gebracht werden.

    Staaten existieren aufgrund einer gemeinsamen Inklusion und nicht aufgrund von Zwängen und arroganten Verpflichtungen.

    England hat Schottland die Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums gestattet und hat in der Folge akzeptiert, neue Formen der Autonomie auszuhandeln. Das nennt man Demokratie. Das ist die Achtung des Verhältnisses zwischen Staat und Autonomie. In Italien, in Spanien und anderswo ist dies noch nicht so.

    Wir stellen unsere Zugehörigkeit zu Italien nicht in Frage. Doch es ist der Staat, der unsere Inklusion und unsere Existenz in Frage stellt. Er stellt die Regionen in Frage, indem er sie finanziell erwürgt und hat besonders die Autonomien ins Fadenkreuz genommen. Wie lange noch werden die Aostaner den Kopf einziehen und all dies akzeptieren?

    Übersetzung aus dem Französischen und Hervorhebungen:

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • Elsass »verelsässert« — und wir?

    Das ultrazentralistische Frankreich ist gerade im Begriff, von Paris aus eine Gebietsreform umzusetzen, die die bisherigen 22 Regionen auf 13 reduziert. Wie im Hexagon üblich, wird dabei wenig Rücksicht auf geschichtliche und kulturelle Aspekte genommen. Trotz massiver Widerstände aus Elsass, Bretagne und Nordkatalonien — Korsika bleibt als Region erhalten — wurde Präsident Hollandes Projekt am 19. November von der Nationalversammlung gutgeheißen. Abänderungsanträge, die den historischen Gebieten ihre sehr eingeschränkte »Autonomie« als eigene Region auch weiterhin gesichert hätten, wurden abgewiesen. Nun wird das Elsass mit den bisherigen Regionen Lothringen und Champagne-Ardennen zusammengelegt; Nordkatalonien bildete bereits mit dem Languedoc eine Region, die jetzt jedoch zusätzlich mit Midi-Pyrenées und künftiger Hauptstadt in Tolosa (Toulouse) fusioniert wird. So werden Elsässer und Nordkatalanen zusätzlich marginalisiert. Die Bretagne bleibt zwar als eigenständiges Gebiet erhalten, doch die historische Hauptstadt Naoned (Nantes), die schon vor Jahrzehnten — vom kollaborationistischen Vichy-Regime — einfach einer anderen Region zugeschlagen wurde, kehrt auch diesmal nicht »zurück«. Kleine Hoffnungsschimmer bilden einerseits neue Zuständigkeiten, die die neuen Regionen im Vergleich zu den alten etwas aufwerten und in das europäische Subsidiaritätssystem integrieren sollen; andererseits die Möglichkeit, einen Regionenwechsel anzustreben. Allerdings wird letzteres durch sehr hohe Hürden quasi unmöglich gemacht.

    Schon wird in Italien, auch im PD, über eine ähnliche Zusammenlegung von Regionen nachgedacht — und zwar teilweise mit dem ausdrücklichen Ziel, die Sonderautonomien aufzuheben und in größere Regionen mit Normalstatut einzubinden. Einige der bereits im Netz herumschwirrenden Vorschläge sehen etwa die Wiedererrichtung der faschistischen Region Triveneto vor, die Südtirol-Trentino, Friaul-Julien und Venetien zusammenfasst. Selbstverständlich steht derartigen Absichten das Gruber-Degasperi-Abkommen im Weg, doch selbst wenn die Absichten kaum umsetzbar sind

    • zeigt sich einmal mehr sehr deutlich, dass die Tendenz in Italien nicht in eine Richtung geht, die der Autonomie unseres Landes zuträglich wäre, sondern wennschon in die entgegengesetzte;
    • rückt der Wunsch nach einer Region Südtirol jetzt wohl noch weiter in die Ferne;
    • wird deutlich, wie wenig Sensibilität in einem national ausgerichteten Zentralstaat für die Erfordernisse sprachlich-kultureller Minderheiten vorhanden ist;
    • bestätigt sich, dass wir ohne völkerrechtlichen Vertrag wohl schon längst den assimilatorischen Gelüsten (und Automatismen) des Nationalstaats zum Opfer gefallen wären.

    Cëla enghe: 01



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  • Pflichtversicherung mit Sprachrecht.

    Ein wichtiges Recht sowohl zur Gleichstellung der deutschen Sprache (und somit zur Mehrsprachigkeit), als auch zum Konsumentenschutz in einem sensiblen Bereich hat Herr Roland Lang jüngst vor dem Verwaltungsgericht in Bozen erstritten. Anders als etwa in Katalonien oder im Schweizer Kanton Tessin, wo Versicherungen jeweils dazu verpflichtet sind, sämtliche Unterlagen in katalanischer respektive in italienischer Sprache vorzuhalten, gibt es in Südtirol keinen derart weitgehenden Konsumentenschutz zum Wohl der Regionalsprachen. Beschränkt auf sogenannte Pflichtversicherungen gilt jedoch auch hierzulande ein Recht auf Zweisprachigkeit, das von den Versicherungsgesellschaften bislang weitestgehend ignoriert wurde. Weder das Land noch die Verbraucherzentrale haben daran jemals etwas zu ändern vermocht, so sie dies überhaupt versucht haben.

    Herr Lang hat einen Brief seines Versicherers UnipolSai, der nur in italienischer Sprache abgefasst war und seine KfZ-Versicherung betraf, zum Anlass genommen, zunächst bei seiner Heimatgemeinde Beschwerde einzureichen und in der Folge den Rechtsweg zu beschreiten. Inhalt der Mitteilung des Versicherers war eine Mitteilung, dass der Betriebszweig, zu dem seine Agentur gehört, an die Versicherungsgesellschaft Allianz abgetreten wurde.

    Trotz einiger Einwände von UnipolSai, so etwa, dass

    • Herr Lang zu spät rekurriert habe;
    • sein Beschwerdeschreiben — welch ein Hohn des Versicherers — nur auf Deutsch verfasst gewesen sei;
    • der Brief nur an die Agentur in Bozen und nicht an den Hauptsitz geschickt worden war;

    gab das Verwaltungsgericht (Urteil) dem Kläger vollumfassend Recht. Die Mitteilung des Versicherers und ihre rechtlichen Folgen wurden für nichtig erklärt, UnipolSai musste die gesamten Verfahrensspesen tragen. Das Gericht befand, dass bei einer Pflichtversicherung — und dazu gehöre eine KfZ-Versicherung zweifellos —

    alle Vertragsunterlagen in beiden Sprachen verfasst sein müssen, welche sich auf das Vertragsverhältnis auswirken. Nur beispielhaft seien genannt: allgemeine Vertragsbedingungen, Versicherungspolizze, Mitteilungen zur Einstufungsklasse, Datenschutzmitteilungen usw. […] Der Versicherungsnehmer hat das subjektive Recht, dass die vertragsrelevanten Unterlagen auch in deutscher Sprache verfasst sind, damit er sie versteht.

    Warum dieses Recht jedoch nur bei Pflichtversicherungen gilt und nicht auch bei anderen Versicherungs- und Vorsorgeprodukten, ist der Logik nach ziemlich schleierhaft.

    In jedem Fall handelt es sich bei diesem Urteil, wie eingangs erwähnt, um einen konkreten Fortschritt in sprachlicher und konsumentenschutzrechtlicher Hinsicht — in ewiger Erwartung eines ernstzunehmenden Sprachengesetzes.

    Man darf nun gespannt sein, ob die Versicherungen auf den Richterspruch reagieren und ihre Unterlagen ändern oder darauf setzen werden, dass die meisten SüdtirolerInnen auch weiterhin die gängige Einsprachigkeit schlucken.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01



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  • Flors Zweifel.
    Quotation

    Je länger er in Rom sitzt, desto mehr kommt Alpinipreisträger Florian Kronbichler (Grüne/SEL) offenbar die Blauäugigkeit gegenüber dem Zentralstaat abhanden. Im gestrigen TAZ-Interview äußert er massive Zweifel an der Umsetzung des Finanzabkommens zwischen Südtirol und Italien, nachdem dieses im Haushaltsvorschlag, der von der Kammer gebilligt wurde, keine Berücksichtigung fand. Hier sind einige Auszüge:

    Die SVP tut […] so, als wäre nichts passiert. Für mich ist das eine schauerhafte Verschleierung einer in Wirklichkeit besorgniserregenden und vertrauenserschütternden Situation. […] Die Wirklichkeit ist: In der Kammer wurde der Artikel zum Finanzabkommen deshalb nicht berücksichtigt, weil der Widerstand des Haushaltsausschusses und der Widerstand des Finanzministeriums einfach zu groß waren.

    Kronbichler kritisiert auch die Geheimdiplomatie von Zeller und Konsorten:

    Karl Zeller sagt, dass er im Senat nie rede, um die Abgeordneten der anderen Regionen nicht auf uns aufmerksam zu machen. Daniel Alfreider sagt gar, dass man uns ins Gesicht spucken würde, wenn die anderen Regionen über unser Abkommen Bescheid wüssten.

    Fürwahr eine hervorragende Grundlage für (Voll-)Autonomie und Föderalismus.



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  • Safety-Park-Deutsch.

    Das Zentrum für Verkehrssicherheit, der so genannte “Safety Park” in der Pfattner Frizziau, wurde vom Land 2008 für 16,8 Millionen Euro errichtet. In den ersten drei Jahren betrug der jährliche Abgang rund 500.000 Euro. 2013 lag das Defizit bei mehr als einer Viertelmillion. Verständlich, dass sich bei diesen Summen ein Webadministrator, der auch des Deutschen mächtig ist, nicht mehr ausgeht. Auf der offiziellen Internetseite des landeseigenen Parks bekommt man nämlich derlei Dinge zu lesen:

    Wir bieten einen kompletten Ablauf mit Warm Up, Qualifying und “Race” an!
    Die Piste ist verfügbar jeden Tage von März bis ende Oktober von 9 bis 21 Uhr.
    Die Kartbahn kann ab 7 Karts und mindestens einer Stunde gemietet werden.
    ACHTUNG!
    Jedem Samstage und Sonntage die Kartbahn ist verfügbar nur ab 17.30 Uhr.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16



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