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  • Sprache: Verbraucherinnen ohne Schutz.

    Im September letzten Jahres hatte das Verwaltungsgericht Bozen ein wichtiges Urteil gefällt, wonach bei sogenannten Pflichtversicherungen (also unter anderem KfZ-Haftpflichtpolizzen) sämtliche Unterlagen auch auf Deutsch verfügbar sein müssen. Dies ist nicht nur eine Stärkung der Mehrsprachigkeit und der Autonomie unseres Landes, sondern auch ein richtungsweisender Entscheid für den Konsumentenschutz.

    Schon im Jahr 2006 hatte mir Walther Andreaus von der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) zum Thema »Sprachschutz als Konsumentenschutz« geschrieben:

    [D]a sich diesbezüglich immer wieder leidgeprüfte KonsumentInnen an uns wenden, sehen wir hier großen Handlungsbedarf.

    Es ist derzeit leider so, dass nicht einmal in jenen Bereichen wo es gesetzliche Vorgaben in Bezug auf die Zweisprachigkeitspflicht gibt (wie beispielsweise im delikaten Bereich der Arzneimittel oder bei den Konzessionären von öffentlichen Dienstleistungen) die Gesetze eingehalten werden und die Politik bzw. die Kontrollbehörden nichts unternehmen. Wir konnten bzw. können das Problem verständlicherweise nicht schultern.

    Wenn sich in einem Bereich, in dem die Konsumentenschützer »großen Handlungsbedarf« orten, etwas Wesentliches tut, sollte man davon ausgehen, dass dies die Verbraucherzentrale auf den Plan ruft — schließlich gehört dies zum Kernbereich ihres öffentlichen Auftrags. Doch weit gefehlt: Auf der Homepage der VZS findet man weder in den »News« noch im Menüpunkt »Versicherung« Informationen über das Verwaltungsgerichtsurteil. Am 3. Dezember letzten Jahres habe ich mich zudem mit folgender Frage via E-Mail an die VZS gewandt:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich möchte hiermit in Erfahrung bringen, ob Sie das jüngste Verwaltungsgerichtsurteil kennen, mit dem bestätigt wurde, dass Versicherungsunternehmen bei sogenannten Pflichtversicherungen sämtliche relevanten Unterlagen zweisprachig vorhalten müssen. Plant die Verbraucherzentrale, Versicherer und Konsumenten über dieses wichtige Recht zu informieren? Werden Sie u. U. Musterbriefe vorbereiten, mittels derer Versicherte ihr Recht einfordern können und/oder werden Sie sonstige Unterstützung anbieten?

    Besten Dank im Voraus für Ihre Auskunft […]

    Bis heute — also gut zwei Monate nach Ausgang meines Schreibens — gab es keine Reaktion. Von einem Verein, der sich unter anderem für einen funktionierenden und raschen Service von Unternehmen gegenüber ihren Kundinnen einsetzt, halte ich eine derartige Verzögerung für kaum entschuldbar, auch wenn die Feiertage dazwischen lagen. Oder ist die Gleichberechtigung der Sprachen (die auch mit diesem Urteil noch bei weitem nicht hergestellt ist) inzwischen wirklich zu einem derart unwichtigen Thema verkommen, dass man sich davor drücken kann, darauf überhaupt noch einzugehen?

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10



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  • Ein bisschen Schmiss muss sein.

    Die Schlacht ist geschlagen. Der heurige Akademikerball, der von der rechtspopulistischen FPÖ in der Wiener Hofburg veranstaltet wird, ist Geschichte. Zur Erleichterung vieler war “die Schlacht” in diesem Jahr weniger blutig als in den Jahren zuvor. Der Ball bietet nämlich den unterschiedlichsten Gruppierungen regelmäßig die Möglichkeit, ihre Perversionen auszuleben. Zum einen sind da linksanarchistische Berufschaoten, die unter dem Deckmantel des “Antifaschismus” liebend gerne Teile der Wiener Innenstadt in Schutt und Asche legen und einem wichtigen gesellschaftlichen Anliegen damit einen Bärendienst erweisen. Demgegenüber steht die Polizei, die unter dem Vorwand, für Recht, Ordnung und Sicherheit sorgen zu wollen, mit übertriebener Härte mitunter auch auf friedliche Demonstranten losgeht und somit den Verrückten immer wieder Bestätigung ihrer Vorurteile verschafft. Drinnen in der Hofburg geben sich von der Mensur mit Schmissen entstellte “Erwachsene” und andere dubiose Gestalten ein Stelldichein, die auch schon einmal geschichtlichen Revisionismus im Sinne der Wiederbetätigung als Meinungsfreiheit zu tarnen versuchen.

    Ein Youtube-Video des Kanals “FPÖ-TV” zeigt, dass bei diesem illustren Spektakel heuer auch ein paar Südtiroler offenbar eine doch recht prominente Rolle spielten. Vorausgeschickt, dass selbstverständlich nicht jeder Besucher des Akademikerballs ein Rechtsextremer oder gar Nazi sein muss, so ist es doch erstaunlich, warum ausgerechnet Exponenten der Freiheitlichen, der Süd-Tiroler Freiheit und der Schützen diesen — was die Klientel betrifft — doch zumindest “verdächtigen” Ball besuchen.

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    Schützen beim Einmarsch in den Ballsaal

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    Matthias Hofer von der Süd-Tiroler Freiheit im Gespräch

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    Der ehemalige freiheitliche Generalsekretär Michael Demanega

    Quelle: Antifa Meran

    Wie dumm muss man sein, wenn man auf der einen Seite ständig bemüht ist, sich einmal mehr, einmal weniger glaubwürdig von rechtsradikalen und nazifaschistischen Gesinnungen und Personen zu distanzieren – ja sogar aktiv gegen den Italofaschismus auftritt, um sich dann auf der anderen Seite freiwillig in den Dunstkreis von pflichtschlagenden, protofaschistischen und als rechtsextrem eingestuften Burschenschaften wie Teutonia und Olympia zu begeben?

    Cëla enghe: 01 || 01 02 03 04 05



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  • Militärwohnungen, Bestätigung aus Aosta.

    Im August 2013 hatte ich dem Land Südtirol in einem Beitrag vorgeworfen, Wohnungen an das italienische Militär zu »verschenken«, jedenfalls im Vergleich zu Aosta. Die in den Westalpen gelegene Region erhalte nämlich — wie mir die dortige Verwaltung damals bestätigte — Areale, die die Streitkräfte nicht mehr benötigen, ohne wie auch immer geartete Gegenleistung, während sie sich Südtirol durch die Errichtung bezugsfertiger Militärwohnungen teuer erkaufen muss. Letzteres wird von maßgeblichen Politikern unseres Landes auch noch als großartiger Erfolg verkauft.

    Ein Bericht des italienischen Heeres, wonach die Region Aosta den Ausbau eines Ausbildungszentrums und eines Hubschrauberlandeplatzes (der übrigens auch Rettungshelikoptern zur Verfügung steht) mitfinanziert hat, um im Gegenzug die Testafochi-Kaserne in der dortigen Landeshauptstadt zu erhalten, schien den Vorwurf von zumindest zu relativieren.

    Um mir Klarheit zu verschaffen habe ich mich also erneut an die Region Aosta gewandt und dabei speziell den Testafochi-Deal erwähnt. Die freundliche und präzise Antwort kam prompt: Man bestätigte mir, dass nicht mehr benötigte Militärareale ausnahmslos ohne Gegenleistung an die Region übergehen. Im konkreten Fall der Testafochi-Kaserne habe es sich jedoch um ein Areal gehandelt, das von den Streitkräften nach wie vor aktiv genutzt worden sei, während es die Region zur Erweiterung der Universität in ihr Eigentum übernehmen wollte. Man erließ also eine Verordnung, auf deren Grundlage eine Einigung mit dem Heer gesucht und auch gefunden wurde: Die Streitkräfte stimmten der vorzeitigen Räumung der Kaserne unter der Voraussetzung zu, dass die Region zum Ausbau alternativer Standorte beiträgt — was mit der Beteiligung an Sanierung und Ausbau von Ausbildungszentrum und Hubschrauberlandeplatz erfüllt wurde.



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  • Verluste als Erfolge.
    Quotation

    [Die] letzte italienische Entwicklung [hat uns], gerade bezogen auf Autonomierechte, auf die Praktizierung unserer Autonomie, [viele Verluste gebracht], wo wir eigentlich nur Rückschritte gemacht haben im Jahr 2014, zum Teil bedenkliche Rückschritte, sodass einzelne Kompetenzen kaum mehr ausgeübt werden, wo man sozusagen nur Rückzugsgefechte führt und Milliardenverluste für die Autonomie als Erfolge feiert

    Prof. Roland Benedikter bei den Silvestergesprächen der Raiffeisenkasse Bruneck am 30.12.2014, zur Untermauerung seiner Forderung nach einem globalen Bewusstsein in Südtirol, für dessen Stärkung er der Landesregierung unter anderem die Gründung eines »Zentrums für Globale Entwicklungen« vorgeschlagen habe.
    Prof. Benedikter ist Politikwissenschafter und Soziologe von internationalem Rang und forscht derzeit an der University of California in Santa Barbara.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Finanzabkommen und Briefwechsel.
    Quotation

    Das ist ein Quantensprung, wir haben nun eine Finanzregelung, die eine völkerrechliche Absicherung erfahren hat, wobei dann natürlich genau der Inhalt zu schauen ist, dieser Briefwechsel hat die Finanzregelung und indirekt auch die Südtirolautonomie nochmals auf völkerrechtlicher Ebene abgesichert

    […]

    Es handelt sich nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag, aber um einen Briefwechsel um einseitige Rechtsgeschäfte, die wechselseitig aufeinander bezogen sind und dadurch einen Verpflichtungscharakter erzeugen, der dann völkerrechtlich durchsetzbar ist…

    Prof. Hilpold, Universität Innsbruck, im RAI Südtirol Mittagsmagazin, 26.01.15

    Verfassungsrechtlich handelt es sich um eine diplomatische Aktion, die aber rechtlich keinen Inhalt hat. Allerdings ist die Bedeutung eher vom Völkerrecht her.

    […]

    Dieses Abkommen ist eine Änderung des Statuts, daher natürlich hat es Verfassungsrang … der Briefwechsel [Anm. mit Österreich] hat rein rechtlich gesehen aber keine besondere Bedeutung.

    […]

    (Auf die Frage, ob das Abkommen bei einem Regierungswechsel nichtig wäre)

    Nur als Element, aber das kann man nicht einklagen, es gibt einen Unterschied, was nur rechtlich ist und was nur politisch ist. Einklagen kann man den Brief nicht.

    Senator Francesco Palermo im selben Beitrag am 26.01.15

    Ich verstehe ehrlich gesagt nur Bahnhof, einmal ist es völkerrechtlich relevant, dann nicht, dann wird der Verfassungsrang betont… ich wette, auch dieses Abkommen wird in Bälde gebrochen.



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  • Internetweltmeister?

    Erst kürzlich wurde von Südtiroler Medien die Nachricht verbreitet, unser Land liege in der Internetnutzung ganz vorne — im Vergleich mit italienischen Regionen. Eigentlich wäre es naheliegend, dass regionale Medien diese Auskunft in einen regionalen Kontext stellen, indem sie auch über den Tellerrand der nationalstaatlichen (und angeblich nicht mehr existierenden) Grenze schauen. Da dies leider wie so oft nicht geschehen ist, habe ich dies zum Anlass genommen, die entsprechenden Vergleichswerte aus den Eurostat-Regionaldaten herauszusuchen und hier wenigstens für die Euregio Tirol grafisch wiederzugeben. Daraus ergibt sich ein facettenreicheres Bild, als die Jubelmeldungen der letzten Tage.

    Haushalte mit Internetanschluss.

    Haushalte mit Internetanschluss (2014).

    Die Unterschiede sind gerade bei den folgenden Erhebungen teils eklatant. Diagramme durch Anklicken vergrößern:

    Für Deutschland und die Schweiz liegen leider keine Daten vor, weshalb diesmal kein 360°-Blick möglich war.



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  • Mindestfallzahlen offenbar nicht bindend.

    Mehrere Südtiroler Printmedien berichten übereinstimmend über ein Gutachten, das Carlo Bruccoleri im Auftrag des Gesundheitsbezirks Sterzing ausgearbeitet haben soll. Darin soll der ehemalige Vorsitzende des Landesgerichts und Honorarpräsident der Kassation zum Schluss gekommen sein, dass die Mindestfallzahlen, die für die Schließung von Geburtsabteilungen vorgeschoben wurden, nicht bindend sind. Anders als die Landesregierung seit Monaten behauptet, stehen die Richtlinien der Staat-Regionen-Konferenz, welche die Mindestfallzahlen beinhalten, offenbar nicht im Gesetzesrang.

    Ob die Landesregierung lediglich aus Kalkül beharrlich an ihrer Auffassung festhält, ist unbekannt. Jedenfalls hatte der ASGB schon im Dezember darauf hingewiesen, dass der Landesgesundheitsplan lediglich 300 Geburten pro Jahr fordert, um eine Geburtsabteilung zu rechtfertigen. Der Frage, ob dies nicht Vorrang über die Richtlinien der Staat-Regionen-Konferenz habe, war die Landesregierung stets ausgewichen.

    Glaubt man dem Ergebnis des Gutachtens, wäre die Schließung der Geburtsabteilungen mit Verweis auf Rom ein Verzicht auf autonome Planungs- und Gesetzgebungsbefugnisse. Zudem müssten sich die zuständige Landesräting und die Leitung des Südtiroler Gesundheitsbetriebs den Vorwurf der Irreführung gefallen lassen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Garzón und Katalonien.
    Quotation

    Der Selbstbestimmungsgrundsatz ist ein fundamentales Menschenrecht. Die einzige Beschränkung, die ich machen würde, ist die Gewaltanwendung. Doch wenn ein Volk dieses Recht ausüben möchte, muss es das tun dürfen. Anstatt dies abzulehnen und absurde strafrechtliche Verfahren einzuleiten, müsste man Mechanismen schaffen, die die Ausübung ermöglichen.

    — Balthasar Garzón, Ara, 24.01.2015

    Balthasar Garzón ist eine echte Institution der spanischen Justiz: Er deckte den spanischen Staatsterrorismus gegen die Basken durch die GAL auf, verfolgte auch die ETA unnachgiebig und gelangte vor einigen Jahren in den Fokus der internationalen Aufmerksamkeit, als er den ehemaligen chilenischen Diktator Augusto Pinochet wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit anklagte. Er ermittelte wegen Guantanà¡mo gegen us-amerikanische Regierungsmitglieder und beantragte die Aufhebung der europaparlamentarischen Immunität von Silvio Berlusconi. Als er erstmals die Öffnung von Massengräbern der franquistischen Militärdiktatur anordnete, erntete er den Widerspruch der spanischen Regierung, aber die Zustimmung der UNO.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01



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