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  • Die parteipolitische Selbstbestimmung.

    Zum ersten September hat die Süd-Tiroler Freiheit eine selbstverwaltete Befragung gestartet, mit der in Erfahrung gebracht werden soll, ob die Teilnehmer die Abhaltung eines amtlichen Selbstbestimmungsreferendums wünschen. Allem Anschein nach ist der Partei ein professionelles Abstimmungssystem gelungen, mittels dessen die Stimmberechtigten sowohl analog (mittels Wahlkarte), als auch digital (über ein Internetportal) abstimmen können.

    Dies ändert nichts an der Kritik, die bereits am Vorgehen der STF geäußert hatte und hiermit wiederholt:

    • Die einseitige parteipolitische Vereinnahmung eines so grundlegenden Rechtes, das allen Südtirolern gehört, ist verantwortungslos.
    • Vielmehr hätte die Partei den Konsens mit weiten Teilen der Zivilgesellschaft suchen und sich aus den konkreten Abstimmungshandlungen heraushalten müssen.
    • Die sicher nicht unbewusst gewählte zeitliche Überlappung der Abstimmung mit dem Wahlkampf droht dem Thema noch größeren Schaden zuzufügen. Die Selbstbestimmung zu missbrauchen, um ggf. einen Landtagssitz dazuzugewinnen, ist inakzeptabel!

    Die Einbindung aller Sprachgruppen wurde — gegenüber dem selbstverwalteten Referendum im Ahrntal — zumindest insofern verbessert, als das Internetportal eine Stimmabgabe in allen drei Landessprachen gestattet. Zum Vergleich: Bei den amtlichen Landesreferenda 2009 blieb die ladinische Sprache unberücksichtigt.

    Geradezu rührend ist hingegen der Versuch der SVP, das Selbstbestimmungsrecht gegen die STF zu verteidigen. Südtirol Online (Stol) zitiert den Obmann der Mehrheitspartei folgendermaßen:

    “Als Südtiroler Volkspartei haben wir die Unverzichtbarkeit des Selbstbestimmungsrechtes für die Südtiroler in unserem Programm festgeschrieben”, betont SVP-Obmann Richard Theiner im Anschluss an die Sitzung.

    Es sei jedoch ein Thema, mit dem nicht leichtfertig umgegangen werden dürfe und es stelle sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Umfrage zwei Monate vor der Landtagswahl.

    Theiner kann zwar inhaltlich zugestimmt werden, die Glaubwürdigkeit seiner Partei beim Thema Selbstbestimmung wurde jedoch bereits vor Monaten zu Grabe getragen: Obschon die Unverzichtbarkeit des Selbstbestimmungsrechts in ihrem Programm festgeschrieben ist, stimmte sie im Landtag gegen diesen Grundsatz. Die Mehrheitspartei ging sogar so weit, nicht nur die konkrete Anwendung des Selbstbestimmungsrechts in Südtirol abzulehnen, sondern auch das Menschenrecht auf Selbstbestimmung als solches — nur weil der Antrag aus der Opposition kam. Einen leichtfertigeren Umgang mit dem Thema kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, denn damit hat der Landtag diesem Recht eine grundsätzliche Absage erteilt!



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  • »Überstimmen«, ein Denkanstoß.

    Wenn über die Abhaltung eines »Selbstbestimmungsreferendums« um die Loslösung oder den Verbleib Südtirols bei Italien gesprochen wird, ist meist der ernstzunehmende Einwand nicht weit, es müsse verhindert werden, dass »die Italiener« überstimmt werden. Seltener werden auch »die Ladiner« erwähnt, doch beides Mal bleibt außer Acht, dass weder »die Italiener«, noch »die Ladiner« eine einheitliche Meinung haben — übrigens genausowenig wie »die Deutschen«.

    Der Einfachheit halber will ich diese Tatsache ebenfalls unberücksichtigt lassen. Stattdessen möchte ich folgende Überlegung anstellen: Der Minderheitenschutz kann zur legitimen Aufhebung des reinen demokratischen Mehrheitsprinzips führen, wo es die grundlegenden Rechte der zu schützenden Minderheit tangiert. In Italien sind (neben anderen) die deutsche und die ladinische Sprachgemeinschaft die zu schützenden Minderheiten, über deren Köpfe hinweg das italienische Parlament nicht mit reinem Mehrheitsentscheid das Südtiroler Schulsystem oder die Ansässigkeitsklausel ändern darf (oder soll). Im Fall der Loslösung Südtirols von Italien könnten die Italiener und abermals die Ladiner zur Minderheit im neuen Staat werden, weshalb grundlegende Sicherungen (Minderheitenrechte) vorzusehen sind.

    Gehört ein nach Sprachgruppen getrenntes Selbstbestimmungsreferendum zu diesen Minderheitenrechten? Im Grunde nein. Genauso wie sich Italien eine andere Regierungsform geben, internationalen Organisationen beitreten oder seine Verfassung ändern kann, ohne die Südtiroler gesondert fragen zu müssen, dürfen sich auch die Südtiroler aller Sprachgruppen gemeinsam eine neue institutionelle Form geben, selbst mit dem Risiko, dass die Mehrheit einer Sprachgemeinschaft überstimmt wird*. Ausschlaggebend ist nur, dass die Rechte der Sprachgemeinschaften als solche nicht verletzt werden; das heißt, dass »die Deutschen«, »die Italiener« und »die Ladiner« die Gewissheit haben, im neuen Staat nicht schlechter als bisher behandelt bzw. diskriminiert zu werden.

    Es wäre also meiner Meinung nach im Vorfeld einer etwaigen Abstimmung unter Einbeziehung unabhängiger, anerkannter Organismen feststellen zu lassen, dass das angestrebte Modell den höchsten Standards des Minderheitenschutzes entspricht. Ein Vorschlag wie jener von , der die Schaffung eines Staates nach nicht ethnischen, nicht nationalen Grundsätzen beinhaltet, hätte beste Chancen, eine derartige Prüfung zu bestehen. Zur allseitigen Absicherung könnte man den internationalen Organisationen ein vertragliches Recht zusichern, rechtsverbindlich einzugreifen, falls irgendwelche Standards jemals wider erwarten unterschritten werden sollten.

    Wenn aber feststeht, dass die Minderheitenrechte als solche von der neuen institutionellen Form nicht tangiert werden (um nicht zu sagen, dass sogar deutlich höhere Maßstäbe angelegt werden könnten, als sie in Italien Gültigkeit haben), wäre eine getrennte Abstimmung »nach Sprachgruppen« hinfällig.
    Diese hätte übrigens einen doppelten Makel: Erstens den, dass sie implizit die (hypothetische) Überstimmung der deutschsprachigen Mehrheit akzeptiert, während sie die (hypothetische) Überstimmung der italienischsprachigen Minderheit zur unüberwindbaren Hürde erhebt. Und zweitens den, dass sie de facto nicht durchführbar ist und ein vorhandenes Problem aus demokratischer Sicht »für immer und ewig« aufschiebt/aufhebt.

    *) Italien hat vor Streitbeilegungserklärung sogar ein Veto gegen den EU-Beitritt Österreichs eingelegt, obwohl dies absolut gegen das Interesse der Südtiroler (Minderheiten) war. Außerdem konnten die Südtiroler weder beim staatsweiten Referendum über die Staatsform (Monarchie/Republik) abstimmen, noch die verfassunggebenden Versammlung wählen.



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  • Dritte Landessprache sichtbar gemacht.

    Vor wenigen Tagen hatten wir von einer positiven Entwicklung berichtet, die sich in Bruneck und Umgebung beobachten lässt. Hier wird – über wirtschaftliche oder rechtliche Überlegungen hinaus — immer öfter auch das Ladinische berücksichtigt, um ein sprachliches und zugleich symbolisches »Zeichen« der Vielfalt und der Rücksicht zu setzen.

    Comun Bruneck/Lorenzen.

    Bildquelle links: Gde. Bruneck

    Diesmal würdigen wir zwei wohltuende »institutionelle« Beispiele aus derselben Region: Während der letzten Monate haben sowohl die Gemeinde Bruneck (Bild links), als auch die Gemeinde St. Lorenzen (Bild rechts) beschlossen, über jede gesetzliche Verpflichtung hinaus die dritte Landessprache an der Fassade ihrer Rathäuser sichtbar zu machen.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Opfer der Grenzenlosigkeit.

    Die Blauäugigkeit der SVP und das Universum sind grenzenlos, doch bei einem von beiden bin ich mir nicht ganz sicher.

    Die Tageszeitung (TAZ) berichtet in ihrer heutigen Ausgabe, Marie Måwe, schwedische Staatsbürgerin, dürfe nun definitiv nicht zur Landtagswahl antreten, weil sie nicht rechtzeitig um die italienische Staatsbürgerschaft angesucht habe. Sie ist also jener (nicht existierenden) europäischen Grenzenlosigkeit zum Opfer gefallen, die ihre Partei regelmäßig beschwört, wenn es darum geht, Unabhängigkeitsbefürworterinnen zu delegitimieren.

    Cëla enghe: 01 02



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  • ›I have a dream!‹

    28. August 1963 — vor 50 Jahren: Martin Luther King hält in Washington seine berühmte Rede, in der er den Traum eines besseren Lebens für die schwarzen US-Amerikaner beschreibt:

    Ich habe einen Traum,
    dass sich diese Nation eines Tages erheben und der wahren Bedeutung ihres Credos gemäß leben wird:
    Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich: Alle Menschen sind gleich erschaffen.

    Ich habe einen Traum,
    dass sich eines Tages die Söhne von früheren Sklaven und die Söhne von früheren Sklavenbesitzern auf den roten Hügeln von Georgia am Tisch der Brüderlichkeit gemeinsam niedersetzen können.

    Ich habe einen Traum,
    dass eines Tages selbst der Staat Mississippi, ein Staat, der in der Hitze der Ungerechtigkeit und in der Hitze der Unterdrückung verschmachtet, in eine Oase der Freiheit und der Gerechtigkeit verwandelt wird.

    Ich habe einen Traum,
    dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden.

    Ich habe heute einen Traum!

    (aus der Zeit Nr. 35, 22.08.2013, Seite 31)

    Der Druck der Bürgerrechtsbewegung blieb nicht ohne Folgen.
    Der Civil Right Act (1964), verbietet Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt und im öffentlichen Leben. Der Voting Rights Act (1965) ist ein Gesetz gegen die Benachteiligung von Minderheiten bei Wahlen. 1967 wird das Verbot von Mischehen, das es in einigen Bundesstaaten noch gibt, für verfassungswidrig erklärt.

    1968 wird MLK erschossen. Ist sein Traum in Erfüllung gegangen?
    Beim Einkommen, dem Anteil der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, dem Anteil an Hausbesitz, Collegeabschluss und der Arbeitslosigkeit gibt es auch heute noch gravierende Unterschiede zwischen weißen und schwarzen Amerikanern.
    Es gibt aber auch Fortschritte: Der Anteil von Highschool-Absolventen ist bei Schwarzen mittlerweile prozentuell sogar höher als bei weißen US-Amerikanern. Im Repräsentantenhaus konnten die Schwarzen in den letzten 50 Jahren von 4 auf 43 Abgeordnete aufholen. Und dass es 50 Jahre nach seiner berühmten Rede einen schwarzen US-Präsidenten geben würde, hätte sich Martin Luther King wohl nicht erträumt.

    Die schwarze Bürgerrechtsbewegung hat den Gesetzgeber zu signifikanten Änderungen gezwungen. Ohne Träume, Visionen und dem Glauben an die Utopie einer besseren Welt wäre dies wohl nicht möglich gewesen.



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  • Urzì per l’autodeterminazione?

    Secondo il quotidiano A. Adige il consigliere Urzì (AAnC, già  FLI, già  PDL, già  AN) si sarebbe lamentato del fatto che un emiliano, il ministro Delrio, lo voglia costringere a dire Langfenn invece di Lavena.

    Intanto sfatiamo questo mito: nessuno vuol costringere nessuno a dire questo o quello, come invece accadeva durante il fascismo, al quale Urzì per molto tempo ha strizzato l’occhio (e per certi versi sembra che stia continuando a farlo). Infatti, chiunque voglia potrà comunque continuare a dire Lavena invece di Langfenn, come i ladini da secoli dicono Bornech a Bruneck, Persenon a Brixen e Bulsan a Bolzano — senza che questi nomi fossero mai ufficiali.

    Ma anche al di là di questa doverosa precisazione l’affermazione di Urzì fa decisamente sorridere: da quasi cent’anni ormai sono ministri e deputati emiliani, romani o siciliani a decidere le sorti del Sudtirolo — e l’unica volta che una decisione non piace al signor Urzì, questo sarebbe un problema? Ma caro il nostro «italianissimo», se Lei vuole rimanere fedele a questo centralistico stato-nazione saranno sempre altri a decidere gran parte di quello che accadrà in questa nostra terra.

    Noi da parte nostra ci siamo sempre opposti a che i nostri problemi vengano risolti (si fa per dire) a Roma. Meglio un risultato meno buono ottenuto qui che un ottimo risultato dettato da qualcun’altro.

    Chi invece come Lei è andato a Roma per convincere il governo Monti a impugnare la legge sulla toponomastica non può certo stupirsi se a decidere non saremo noi, qui, in Sudtirolo.

    Post scriptum: Un discorso simile ovviamente vale anche per Florian Kronbichler (Grüne/SEL), che prima in parlamento si è detto contrario al ritiro dell’impugnazione e ora si reca in pellegrinaggio da Delrio per spiegarli che il problema della toponomastica va risolto qui. Delle due l’una.



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  • Pirać und Selbstbestimmung.

    Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt gaben sich Südtirols Piraten als Spaßpartei Fremdschampartei noch der Lächerlichkeit preis, nun jedoch in mühevoller Kleinarbeit auch ihr erstes Parteiprogramm. Unter Punkt 14.2 des am 24. August genehmigten Dokuments ist zum Thema Selbstbestimmung folgendes zu lesen:

    Die Selbstbestimmung liegt in den Händen des Volkes. Dementsprechend liegt es an den Bürgern zu entscheiden, nicht an den Parteien. Die Piratenpartei Südtirol ist weder für noch gegen die Sezession, aber für eine Volksabstimmung. Die Bevölkerung soll die Möglichkeit erhalten, sich entweder für die Autonomie oder eine andere Lösung auszusprechen.

    Das ist eine glasklare, (basis-)demokratische Aussage — noch dazu unter korrekter Verwendung der politischen Terminologie (kein »Freistaat«, keine Verwechslung von »Selbstbestimmung« [Prozess] und »Sezession« [Ziel], wie in Südtirol leider von fast allen Parteien vorexzerziert). Schade, dass sich die Pirać gegen eine Landtagskandidatur im Herbst entschieden haben, man hätte sie aus -Sicht durchaus zur Wahl empfehlen können.



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