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  • Sprachförderung auf den Balearen.

    Kürzlich hat die Linksregierung der Balearen (Illes Balears) ein Dokument gutgeheißen, mit dem das Consell Social de la Llengua Catalana, die öffentliche Organisation für Sprachangelegenheiten der Mittelmeerinseln, auf 159 Seiten 136 Maßnahmen zur Förderung der katalanischen Sprache vorgeschlagen hatte. Sie sollen nun im Laufe der kommenden Jahre (2016-2021) umgesetzt werden.

    Ich greife hier drei Vorschläge exemplarisch heraus, die in ähnlicher Form eventuell auch für Südtirol interessant sein könnten (und gleichzeitig einen Eindruck über die balearische Sprachpolitik vermitteln):

    1. Im öffentlichen Beschaffungswesen soll beim Ankauf von Produkten eine gewisse Punktezahl für die Beschriftung/Etikettierung/Ausstattung in katalanischer Sprache vorgesehen werden. Alternativ dazu kann die Beschriftung/Etikettierung/Ausstattung in katalanischer Sprache in der Ausschreibung auch zwingend vorgeschrieben werden.
      Einerseits wird dadurch erreicht, dass Produkte, die im öffentlichen Dienst benützt oder durch öffentliche Dienste an die Bevölkerung ausgegeben werden, zweisprachig (beschriftet/etikettiert/verfügbar) sind; andererseits wird damit das Gewicht der öffentlichen Hand als Großeinkäuferin ausgenutzt, um Privatunternehmen zur Benützung der katalanischen Sprache zu bewegen.
    2. Evaluierung der sprachlichen Qualität bei öffentlich geförderten katalanischsprachigen Medien: Die Subventionierung privater minderheitensprachlicher Zeitungen, Rundfunksender und Onlineportale aus öffentlichen Mitteln ist dann gerechtfertigt, wenn diese Medien die Kenntnis der Minderheitensprache unterstützen und nicht durch fehlerhaftes Katalanisch das Gegenteil bewirken.
    3. Privatunternehmen, die zweisprachiges Personal (zum Beispiel mit entsprechendem Sprachnachweis) einstellen, sollen in den Genuss von Steuervergünstigungen kommen. Dies steigert die Attraktivität zweisprachigen Personals auch in Unternehmen und in Positionen, wo Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit sonst nicht die nötige Wertschätzung erfahren würde; gleichzeitig ist dies für Arbeitssuchende ein weiterer Ansporn, die (zweite) Landessprache zu erlernen.

    Diese und die übrigen 133 Maßnahmen sind in der vollständigen Datei enthalten.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08



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  • Zweisprachigkeit: Weiterhin unzuständig.

    Kürzlich war davon die Rede, dass die Ahndung von Zwei- und Dreisprachigkeitsverstößen vom Zuständigkeitsbereich des Regierungskommissariats in jenen des Landes übergehen könnte. Präfektin Margiacchi reagierte pikiert und teilte mit, sie habe doch in einem Jahr sage und schreibe drei entsprechende Strafen ausgestellt. Einen Anlass, die Aufgabe abzutreten, sah sie somit (trotz besorgniserregender Werte) nicht.

    Wie das Tagblatt A. Adige heute berichtet, ist die Übertragung dieser Kompetenz vom Tisch: Die zuständige Sechserkommission werde sich mit dem Vorschlag des Landes gar nicht mehr befassen, da die Zentralregierung zu verstehen gegeben habe, dass sie der Übertragung nicht zustimmen würde. Ende Gelände.

    Andere Autonomien (wie Québec, Katalonien, Baskenland, Wales…) überwachen die Einhaltung von Sprachgesetzen selbst, was auch sinnvoll erscheint, wenn eine Autonomie dem Vorhandensein sprachlicher Minderheiten geschuldet ist. Der dynamischen, der Vorzeige-, der Vollautonomie unseres Landes scheinen jedoch weiterhin enge Grenzen gesetzt zu sein.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Bereit für ein Friedensdenkmal?

    Anlässlich der Vorstellung eines Ausstellungskatalogs für das im Keller des Bozner Siegesdenkmals befindliche Dokumentationszentrum hat sich der neue Bürgermeister der Landeshauptstadt, Renzo Caramaschi (parteilos), erdreistet, die Umbenennung des faschistischen Monuments ins Spiel zu bringen: Friedensdenkmal statt Siegesdenkmal, später vielleicht auch die Umbenennung des Siegesplatzes in Friedensplatz — die Zeiten hätten sich geändert, seit die Stimmbürgerinnen im Jahr 2002 die bereits erfolgte Namensänderung rückgängig machten.

    Caramaschi stellte unverzüglich klar, dass sein Vorschlag nicht Teil des Koalitionsabkommens, sondern vielmehr eine persönliche Meinung sei.

    Ob Bozen aber tatsächlich endlich so weit ist, dem »Frieden« zuzustimmen, ist weiterhin zweifelhaft. Post-, Neo- und Immernoch-Faschisten signalisierten unverzüglich ihre Ablehnung, wie etwa der angeblich geläuterte Giorgio Holzmann. Und wurden medial ernstgenommen.

    Das Tagblatt A. Adige lässt heute den italienischen Kunstkritiker Vittorio Sgarbi zu Wort kommen, der noch vor fünf Jahren die italienischsprachigen Südtirolerinnen mit den Jüdinnen im Dritten Reich und den damaligen Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) mit Adolf Hitler verglichen hatte. Natürlich erteilte er nun auch dem Ansinnen, dem Denkmal einen neuen Namen zu geben, eine Abfuhr.

    Während der letzten Jahre wurden unter anderem das Bozner Realgymnasium, eine Meraner Schule und eine Straße in Sterzing umbenannt. Gleichzeitig ließ die Gemeinde Bozen einen neuen »faschistischen« Kultort errichten.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08



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  • Konstituierender Prozess beschlossen.
    Katalonien

    Das spanische Verfassungsgericht hatte sie gewarnt — sie haben es aber trotzdem getan. Mit absoluter Mehrheit (72 von insgesamt 135 Abgeordneten) verabschiedete das katalanische Parlament gestern im Plenum die Erkenntnisse der eigens eingesetzten parlamentarischen Kommission für den konstituierenden Prozess. 22 Abgeordnete stimmten dagegen, andere waren abwesend oder verließen den Raum.

    Zum ersten Mal in seiner Geschichte hatte das Verfassungsgericht bereits im Vorfeld mit Gegenmaßnahmen gedroht. Aufgrund der eigens von der Madrider Rechtsregierung eingeführten Gesetzesänderungen können die katalanischen Abgeordneten mit Strafen in Höhe von 3.000,- bis 30.000,- Euro belegt werden, zudem riskieren sie die Enthebung und sogar Freiheitsstrafen.

    Davon ließ man sich in Barcelona aber nicht beeindrucken und beschloss, den eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen.

    Hier die elf Punkte des von der Kommission vorbereiteten und vom Plenum verabschiedeten Dokuments:

    1. Es gibt derzeit im Rahmen des spanischen Verfassungs- und Rechtsrahmens keinen Handlungsspielraum zur Ausübung des Entscheidungsrechts [über den politisch-institutionellen Status Kataloniens]. Der einzige Weg, um dieses Recht auszuüben, ist die Entkoppelung [vom spanischen Rechtsrahmen] und die Aktivierung eines eigenen konstituierenden Prozesses.
    2. Die katalanische Bevölkerung hat das Recht, mit Unterstützung der katalanischen Institutionen einen eigenen, demokratischen, gesamtgesellschaftlichen, transversalen, partizipativen und verbindlichen konstituierenden Prozess zu beginnen.
    3. Die vergleichbaren Erfahrungen in anderen Ländern bestätigen den von Katalonien eingeschlagenen Weg, einen an die eigenen gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Umstände angepassten konstituierenden Prozess anzustoßen.
    4. Es ist darauf zu achten, dass der methodologische Rahmen des Prozesses konsensfähig, öffentlich und transparent ist und dass er sowohl von der Gesellaschaft, als auch von den Institutionen, die ihn unterstützen, geteilt wird. Der konstituierende Prozess muss fähig sein, von Anfang an sämtliche ideologischen und gesellschaftlichen Sensibilitäten zu berücksichtigen, auch in Bezug auf die Festlegung von Indikatoren, Zeitplänen und sämtlicher Angelegenheiten, die die Abwicklungsmodalitäten betreffen.
    5. Der konstituierende Prozess wird aus drei Phasen bestehen: Eine erste Phase der Partizipation. Eine zweite Phase der Entkoppelung [vom spanischen Rechtsrahmen] und der Abhaltung konstituierender Wahlen, welche zur Bildung einer verfassunggebenden Versammlung führen werden, die einen Verfassungsentwurf ausarbeiten wird. In der dritten Phase soll dieser [Verfassungsentwurf] durch die Bevölkerung in einem Referendum ratifiziert werden.
    6. Der vorgeschaltete partizipative Prozess wird das Fòrum Social Constituent (FSC) als Hauptorgan haben, das sich aus Mitgliedern der organisierten Zivilgesellschaft und der Parteien zusammensetzt. Das FSC wird einen Katalog an Fragen zu konkreten Inhalten der künftigen Verfassung besprechen und formulieren, welche von der Bevölkerung auf partizipativem Weg zu beantworten sind. Das Ergebnis der Partizipation wird ein verbindliches Mandat für die Mitglieder der konstituierenden Versammlung darstellen, die den Verfassungsentwurf zu formulieren haben.
    7. Nach Abschluss der partizipativen Phase wird die Entkoppelung vom spanischen Rechtsrahmen — durch die Verabschiedung eigener Entkoppelungsgesetze im katalanischen Parlament und durch einen einseitigen demokratischen Mechanismus zur Einberufung der konstituierenden Versammlung — vollzogen. Die Entkoppelungsgesetze entziehen sich der Kontrolle, Aufhebung oder Anfechtung durch andere Gewalten, Gerichte oder Tribunale.
    8. Das katalanische Parlament schützt den durchzuführenden konstituierenden Prozess. Hierfür fordert es die Regierung der Generalitat dazu auf, den BürgerInnen die notwendigen Mittel zur Umsetzung einer gesellschaftlichen konstituierenden Diskussion zur Verfügung zu stellen, die transversal, pluralistisch, demokratisch und offen sein wird. Das Parlament wird eine eigene Kommission zur Begleitung des konstituierenden Prozesses gründen.
    9. Sobald sie einberufen, gewählt und konstituiert ist, wird die konstituierende Versammlung über volle Macht verfügen. Ihre Entscheidungen sind für die übrigen öffentlichen Gewalten, physischen und juridischen Personen verbindlich. Keine ihrer Entscheidungen kann durch eine andere Gewalt kontrolliert, aufgehoben oder angefochten werden. Die Versammlung wird Mechanismen festlegen, um die direkte, aktive und demokratische Partizipation der Personen und der organisierten Zivilgesellschaft im Diskussions- und Ausarbeitungsprozess des Verfassungsentwurfs sicherzustellen.
    10. Sobald die verfassunggebende Versammlung ihren Entwurf verabschiedet hat, wird ein Referendum einberufen, in dessen Rahmen die Bevölkerung den Text der neuen Verfassung friedlich und demokratisch annehmen oder ablehnen kann.
    11. Von Anfang an muss die Geschlechterperspektive transversal und mit doppelter Strategie in den Prozess einbezogen werden, um die historischen Beharrungskräfte unserer Gesellschaft zu überwinden und sicherzustellen, dass der Prozess [wirklich] für alle konstituierend ist.

    Die Punkte 2, 4 und 11 erhielten die Zustimmung von 83 Abgeordneten (elf mehr, als alle anderen Punkte).

    Übersetzung:

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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