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  • Heterogene Homo-Ansichten.

    Der Mythos von der weltoffenen Stadt und der hinterwäldlerischen “Peripherie” bzw. dem kosmopolitischen Italien und dem konservativen Südtirol hält sich hierzulande tapfer. Daran können auch Geschichten wie die folgende nichts ändern.

    Piratenfamilie

    Es ist ein Buch für Kinder, daher auch in sanften Tönen gehalten. Doch die relativistische Nachricht ist klar. Die Darstellung einer schwulen Piratenfamilie beim Einkauf will das Modell der “natürlichen Familie” in Frage stellen. Den Kindern wird vermittelt, dass alle Partnerschaften gleich und gleich zu behandeln sind.

    Mit diesen Worten begründete kürzlich Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore), Kandidat in der Stichwahl um das Bürgermeisteramt in Bozen, seine (ernstgemeinte) Forderung im Landtag nach einem sofortigen Einzug aller Exemplare eines Schulbuches, das vom Land Südtirol mitfinanziert wurde.

    Unterdessen wurde in S. Cristina Gherdëina der offen zu seiner Homosexualität stehende und in einer Partnerschaft lebende SVP-Kandidat Moritz Demetz mit 52,7 Prozent zum Bürgermeister gewählt.

    Hartmuth Staffler, Exponent der auch pauschal im Hinterwäldlerverdacht stehenden Süd-Tiroler Freiheit, kommentiert diese Nachricht auf Salto.bz mit folgenden Worten:

    Es ist ein demokratisches Reifezeugnis für die Wähler von St. Christina, dass sie den ihrer Meinung nach besten Mann für die Führung der Gemeinde gewählt haben, und dabei die sexuelle Ausrichtung, die mit der Führung der Gemeinde nichts zu tun hat, nicht als Hindernis gesehen haben.

    – Hartmuth Staffler

    Dem ist absolut nichts hinzuzufügen.

    Cëla enghe: 01 02 || 01 02 03



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  • Grüne und Flaggen.

    Für uns Grüne sind Flaggen allgemein nicht so ein einfaches Thema, und ich glaube viele von uns identifizieren sich immer noch mit einem aus unserer Ahnengalerie, der mal gesagt hat, dass unsere Fahne unser Schneuztüchl ist bzw. umgekehrt. Also ein schwieriges Thema, allerdings löst es sich ganz sicher nicht dadurch, indem wir die Kompetenzen hierzu verlegen. In diesem Beschlussantrag steht nicht, dass es dann keine Fahnen mehr geben würde in Südtirol, sondern es ginge nur um eine andere Regelung der Beflaggung. Und das was man dahinter natürlich auch herauslesen kann, wie aus sehr vielen anderen Beschlussanträgen, die aus der gleichen politischen Richtung kommen: Da geht es vielmehr darum, möglichst die Präsenz des italienischen Staates in Südtirol zu minimieren. Und damit minimiert man aber auch das italienische Element in Südtirol, und das ist für einige Menschen in Südtirol, fast ein Drittel der Menschen in Südtirol vermutlich, doch ein Element der Identität. Das heißt jetzt nicht, dass das alles Nationalisten sind, ebensowenig wie alle Nationalisten sind, die in Österreich sich mit der Bundesfahne identifizieren oder in Dänemark oder in Schweden, was zum Beispiel etwas ist, was mir aufgefallen ist — wo ein ganz gelassener und fröhlicher und entspannter und sympathischer Umgang mit den Fahnen auch da ist. Und ich hab mir das jetzt kurz auch nachgeschaut und dort ist eine genaueste Regelung… und Schweden ist kein rückständiges Land in Europa. Eine genaueste Regelung, wann die Beflaggung stattzufinden hat, mit welchen Pixeln (?) die Fahnen abgedruckt sein können und so weiter… und sogar beim Namenstag der König und beim Geburtstag der Kronprinzessin wird die Nationalfahne ausgehängt. Will sagen, es gibt Emotionen, die mit den Fahnen zusammenhängen, diese Emotionen sind für jeden Menschen anders, in jedem Land auch anders und auch bei uns im Land bei den Menschen unterschiedlich. So wie den einen die Trikolore stört, und das ist durchaus nachzuempfinden, so stört vielleicht jemand anderen, dass auf jeder Alm eine Tiroler Fahne ist, jemand anderen vielleicht die Schützenflagge, die an bestimmten Tagen im Land weht, das sind einfach Fakten, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Ich sage nicht was gut und was böse (!) ist. Folglich: Wenn wir jetzt davon reden würden, Flaggen in unserem Land nicht mehr aufzuhängen, dann wäre das vielleicht etwas anderes. Aber einfach hier nur sagen “wenn wir diese Regelung festlegen würden, dann wäre das auf jeden Fall besser”, daran glauben wir eigentlich nicht. Folglich werden wir diesen Antrag nicht unterstützen.

    Brigitte Foppa, Landtagsabgeordnete der Grünen, während der Landtagsdebatte (am 5. Mai 2015) zu einem Beschlussantrag der Süd-Tiroler Freiheit für eine eigene Flaggenordnung in Südtirol.

    • Es ist geradezu haarsträubend, mit welcher Vehemenz eine Grüne hier die Flagge eines Nationalstaats als identitätsstiftendes Element verteidigt, noch dazu — nicht zu vergessen — in einem Minderheitengebiet.
    • Als ob das »italienische Element« in einem Land ohne italienische Flagge nicht existieren könnte. Frau Foppa könnte sich vielleicht mal im Kanton Tessin oder in Graubünden umhören. Genauso dumm wäre es doch, in Südtirol die Anbringung der deutschen Flagge zu fordern, um das »deutsche Element« nicht zu »verleugnen«.
    • Die Flagge des Nationalstaats mit der Landesflagge zu vergleichen ist purer Nonsens. Hierzu hatte ich schon einen gesonderten Artikel verfasst.
    • Außerdem ging es beim Beschlussantrag um eine offizielle Beflaggungsregelung. Tiroler Flaggen auf den Almen sind hingegen genausowenig Gegenstand einer Vorschrift, wie Schützenflaggen an bestimmten Feiertagen. Der Vergleich ist also absurd.
    • Wennschon sorgt übrigens der Nationalstaat in Südtirol dafür, dass die Staatsflagge auf den Schutzhütten weht und widersetzt sich somit einer Liberalisierung. In Nord- und Osttirol ist die Bundesflagge auf Almhütten auffallend seltener anzutreffen, als die Staatsflagge an Almhütten in Südtirol. Dies, obschon die Bundesflagge in Nord-/Osttirol wesentlich »unproblematischer« ist, als die Trikolore hierzulande.
    • Dass Foppa den Unterschied zwischen einer Bundesflagge in Österreich (oder einer schwedischen Flagge in Schweden) und einer staatlich verordneten Trikolore in Südtirol nicht erkennen mag, ist ohnehin bemerkenswert.
    • Genau an diesem Unterschied liegt es unter anderem, dass es hierzulande keinen »fröhlichen« oder »entspannten« Umgang mit der Staatsflagge geben wird, auch dieses Argument schlägt demnach ins Leere. Foppa sagt zwar, die Emotionen gegenüber der Staatsflagge seien in jedem Land anders, sie zieht jedoch nicht die logische Konsequenz daraus. Vielleicht sollte sie sich mal in Schottland informieren, wie es dort mit dem Union Jack so aussieht.
    • Die Aussage, dass nicht automatisch besser sei, was wir selbst regeln, ist für selbsternannte Autonomiepatrioten wie die Grünen schließlich ein Armutszeugnis. Sie scheinen noch immer nicht verstanden zu haben, dass es bei einer Autonomie nicht notwendigerweise darum geht, alles besser zu machen, sondern vor allem darum, es so zu machen, wie es etwa unser Landtag autonom und demokratisch entscheidet. Nicht »besser«, sondern »angemessener« muss es lauten — die Autonomiepatrioten haben leider wieder eine Chance verpasst, sich zur Autonomie zu bekennen. Rom macht es halt doch besser.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Endlich: Ungehorsam bei Beflaggung.

    Mehreren Medienberichten zufolge hat sich nun auch SVP-Obmann Philipp Achammer kritisch zur Anordnung der italienischen Regierung geäußert, den italienischen Kriegseintritt 1915 durch das Aushängen der Trikolore an öffentlichen Gebäuden zu feiern. »Unverständlich«, »unangemessen« und »unpassend« nannte der Landesrat die damit zusammenhängende Symbolik.

    Vor 100 Jahren hatte das Königreich Italien dem ehemaligen Bündnispartner Österreich-Ungarn den Krieg erklärt.

    Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) kündigte indes an, vom Rechtsamt des Landes prüfen zu lassen, ob die Anordnung überhaupt bindend sei. Er wolle sie jedoch in keinem Fall umsetzen.

    Dass dem Zentralstaat endlich Grenzen aufgezeigt werden und nötigenfalls sogar vor Ungehorsam nicht Halt gemacht werden soll, ist eine erfrischende Nachricht. Von der Autonomiepartei war man Derartiges nicht mehr gewohnt.

    Cëla enghe: 01



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  • Südtirol soll Kriegseintritt Italiens feiern.

    Mit einem Beschluss des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi (PD) werden sämtliche Institutionen im Staat dazu verdonnert, am 24. Mai die Staats- und die Europaflagge zu hissen. Gefeiert werden soll, dass sich an jenem Tag Italiens Eintritt in den ersten Weltkrieg zum hundertsten Mal jährt. Am 24. Mai 1915 erklärte man dem ehemaligen Bündnispartner Österreich-Ungarn den Krieg.

    Prompt erinnerte das Bozner Regierungskommissariat nun auch die Gemeinden in Südtirol an ihre Verpflichtung, ob eines Ereignisses, das Millionen Menschenleben forderte und den gesamten Kontinent in Schutt und Asche legte, in nationalistischer Feierlaune auszubrechen. Der Beschluss betrifft auch andere öffentliche Einrichtungen, einschließlich Schulen und Universitäten.

    Eine derartige Entscheidung ist nicht nur völlig anachronistisch und den europäischen Partnern gegenüber gespürlos und beleidigend, sondern stellt in einem Land wie Südtirol auch eine imperialistische und entwürdigende Geschmacklosigkeit dar, die ihresgleichen sucht. Der Kriegseintritt Italiens verlegte die Front an die Tiroler Landesgrenze, brachte unbeschreibliches Leid über die Bevölkerung und hatte nicht zuletzt die Teilung des Landes gegen den Willen seiner Einwohner zur Folge, was der Landtag erst kürzlich (fast einstimmig) als Unrecht bezeichnete.

    Eine Entschuldigung des italienischen Staates für dieses Unrecht und für die Entnationalisierungsmaßnahmen im Faschismus steht nach wie vor aus. Stattdessen feiern italienische Streitkräfte und zivile Institutionen auch in Südtirol Jahr für Jahr am 4. November den angeblichen Sieg und die Eroberung.

    Sich der Aufforderung von Ministerpräsident und Regierungskommissariat zu verweigern ist für die Institutionen in diesem Land, wo täglich das friedliche Zusammenleben beschworen wird, im Sinne von Demokratie, Friedenswillen und gesellschaftlichem Zusammenhalt geradezu eine moralische Verpflichtung.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 || 01



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  • Dänische Resolution.

    Auf Antrag der Rotgrünen (Enhedslisten, EL) hat sich das dänische Parlament mit der Selbstbestimmung Kataloniens befasst. Aus einer Anfrage an den Außenminister ist im Folketinget eine angeregte Debatte entstanden, die sich über zwei Sitzungen (am 12. und 19. Mai) erstreckt und zu einer Resolution geführt hat, die mit 64 Stimmen (bei 41 Enthaltungen und keiner Gegenstimme) verabschiedet wurde. Darin ruft das dänische Parlament die Regierungen in Madrid und Barcelona auf, über die Unabhängigkeit der Region in Verhandlungen zu treten. Erstmals wird damit der Grundsatz aufgegeben, sich in eine »interne Angelegenheit« Spaniens nicht einzumischen. Madrid weigert sich bislang strikt, mit der katalanischen Regionalregierung Gespräche über die Loslösung zu führen.

    Laut Albert Royo-Mariné, Generalsekretär der katalanischen Diplomatie, anerkennt die Resolution und somit das dänische Parlament Spanien und Katalonien als gleichwertige Verhandlungspartner. In der Debatte, der Royo persönlich beiwohnte, hätten sich zahlreiche Abgeordnete ausdrücklich für die Ausübung der Selbstbestimmung ausgesprochen und gefordert, dass auch die Europäische Union geeignete Rahmenbedingungen schaffe.

    Dänemark selbst hat bereits die Voraussetzungen geschaffen, die es den Färöer-Inseln und Grönland gestatten, die Eigenstaatlichkeit zu erlangen, sobald es die jeweilige Bevölkerung wünscht.

    Einmal mehr sind es linke und grüne Kräfte, die sich in Europa für das Recht auf demokratische Selbstbestimmung starkmachen. Und wiederum beweist sich, dass die Druckausübung der Katalanen (und Schotten) erst zu neuen Positionen führt. Abwarten und Tee trinken, bis uns die Unabhängigkeit »von alleine« in den Schoß fällt — wie es die Mehrheitspartei in Südtirol praktiziert — fördert hingegen nichts als Stillstand.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • Die Pressefreiheit nach Berlusconi.

    Solange Italien von Silvio Berlusconi regiert wurde, war es um die Pressefreiheit gar nicht gut bestellt. Kein Wunder, hatte der von einem enormen Interessenskonflikt geplagte Medienzar doch direkten Einfluss auf zahlreiche private Fernsehsender und gleichzeitig auf das Fernseh- und Radioprogramm der öffentlich-rechtlichen Rai. Diesen Einfluss, der sich zudem auf mehrere Zeitungen und Zeitschriften ausdehnte, übte Berlusconi rücksichtslos aus und scheute sich auch nicht, in aller Öffentlichkeit Edikte zu erlassen oder allzu kritischen Stimmen Platzverweise zu erteilen. Während der zahlreichen Wahlkämpfe griff er regelmäßig auf die Unterstützung seines Medienimperiums zurück, platzierte politisch genehme Berichterstatter wo es ihm nur gelang (es gelang fast überall) und versuchte auch Medienvertreter einzuschüchtern, auf die er keinen direkten Einfluss hatte. Folgerichtig dümpelte das Land während seiner langen Regierungszeit in der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen auf äußerst unrühmlichen Rängen herum und erreichte im Jahr der Amtsübergabe an Nachfolger Mario Monti — mit dem 61. Platz und einem Ranking von 19.67 (Minus-)Punkten — den bis dahin schlechtesten Wert. Im Vergleich mit anderen westlichen Ländern stand Italien nicht gut da.

    Zum Glück folgten auf den untragbaren Medienzaren zunächst eine sogenannte »Technikerregierung« und dann zwei Kabinette um unverbrauchte, offene, dynamische und erneuernde Ministerpräsidenten mittelinker Gesinnung, wie Enrico Letta und Matteo Renzi. Gerade letzterer hat sich mit seinem Macherimage auf die Fahnen geschrieben, Italien wieder international konkurrenzfähig zu machen.

    Die Erneuerung kann sich also nur in der wiedererstarkten Pressefreiheit spiegeln — könnte man vermuten. Doch in all den Jahren nach dem Abgang Berlusconis verschlechterte sich die Punktezahl von 19.67 zunächst auf 26.11, dann auf 23.75, bevor in diesem Jahr ein neuer Negativrekord von 27.94 Punkten erreicht wurde. Allein im Vergleich zum Vorjahr verlor Italien 24 Positionen und landete auf Rang 73. Nur drei Länder — Kongo, Timor und Andorra — büßten im letzten Jahr mehr Positionen ein, wobei der Kleinstaat in den Pyrenäen auf Rang 32 noch immer deutlich vor Italien liegt. Insgesamt liegt das Land somit weit unter der Performance, die es noch unter Silvio Berlusconi erreichte. Betrachtet man nur den sogenannten »Abuses Score«, der die allgemeine Bedrohungungslage (etwa durch Schikane und gerichtliche Verfolgung) sowie Gewalt gegen Journalisten zusammenfasst, landet Italien gar auf Rang 134 von insgesamt 176. Hinter Südsudan, Ruanda, Kosovo oder Nepal.

    Cëla enghe: 01 || 01



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  • Flüchtlinge — die Endlösung.

    Georg Dekas, seines Zeichens presserechtlich verantwortlicher Chefredakteur des Webportals UnserTirol24 (UT24), verantwortlicher Direktor der BAZ (Burggräfler Zeitschrift – Athesia) und Mitarbeiter im Gesundheitsressort (!) von Martha Stocker (SVP), hat eine dreiteilige Artikelserie zur Flüchtlingsthematik (»Debatte«) verfasst, die es in sich hat:

    • Im ersten Teil mit dem Titel »Einwanderer, nicht Flüchtlinge« [Dekas], vertritt Dekas die Auffassung, dass es sich beim Menschenstrom aus Afrika und dem Orient, mit dem Europa täglich konfrontiert ist, nicht um Flüchtlinge handle. Er untermauert dies mit abstrusen — aber nicht neuen — Argumenten, wie der Tatsache, dass es sich bei den »angeblichen« Flüchtlingen meist um »junge, gesunde, starke Männer« mit Smartphone handle. Frauen seien oft »modisch gekleidet« und hätten eine Dauerwelle. Als ob es merkwürdig wäre, dass vor allem junge Männer dazu bereit sind, die riesigen Strapazen auf sich zu nehmen (und sie wenigstens teilweise auch zu überleben), die die vom Westen aktiv behinderte Flucht mit sich bringt. Oder dass es Menschen, die ihre Heimat verlassen, wichtig ist, mit ihren Verwandten über ein Handy in Kontakt zu bleiben.
      Auch die vielen Menschen aus Europa, die im Laufe der Zeit nach Amerika ausgewandert seien, so Dekas, habe man damals nicht als Flüchtlinge, sondern als Aus- bzw. Einwanderer bezeichnet. Was man aber wohl nur dann erstaunlich finden kann, wenn man außer Acht lässt, dass die Genfer Flüchtlingskonvention erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts verabschiedet wurde.
    • Was mit der Begriffsbestimmung des ersten Teils beabsichtigt war, deutet sich im zweiten (»Das Drama Afrika« [Dekas]) an, wo Dekas zwar noch einräumt, dass sich die europäischen Kolonialmächte grobe Grausamkeiten hätten zuschulden kommen lassen — aber nur, um sogleich festzustellen, dass dies aufgrund des damit zusammenhängenden »schlechten Gewissens« lediglich den Blick auf das Wesentliche verstelle, nämlich: Dass Afrikanern 2.000 Jahre kulturelle Entwicklung (wozu? worauf?) fehlten, wir die Einwanderer aus dem schwarzen Kontinent und aus dem Nahen Osten »kaum brauchen« können und vor allem, dass wir den Einwanderungsstrom mit Waffengewalt (!!) stoppen und unseren politischen (kolonialen?) Einfluss in Afrika wieder verstärken müssten (warum?). In wenigen Sätzen wird wieder die alte, plumpe und längst überwunden geglaubte Rechtfertigung für die Unterjochung der minderwertigen »dritten Welt« durch die weißen Herrenmenschen aus dem Hut gezaubert. Selbst die Tötung schwarzer Jugendlicher durch weiße Polizisten in den USA wird als »Folge der erzwungenen Einwanderung« verharmlost und nicht als Ausdruck von nie überwundenem Vorurteil.
    • Mit dem zweiten Artikel wurde ganz gezielt dem dritten (»No Way — Australien macht es vor« [Dekas]) der Weg bereitet, wo die Bekämpfung von Flüchtlingsströmen mit Waffengewalt näher beschrieben wird. Der australische Premier Tony Abbott, neuer Darling der europäischen Rechten, habe den für die Einwanderer (als ob jemanden wie Dekas deren Wohlergehen interessieren würde) teuren und gefährlichen Bootsüberfahrten ein Ende gesetzt — nicht mit einer neuen Willkommenskultur, sondern mit Nulltoleranz und »mit scharfer Munition«. Waffengewalt, die »auch Familien, Kinder und Jugendliche« auf den Booten treffe, wird als Lösung für die Flüchlings… pardon… Einwanderungsströme präsentiert, was wohl bedeutet, dass wir AfrikanerInnen im Mittelmeer einfach erschießen sollen. Denn:

      Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Europa das Gleiche [wie Australien] tun wird müssen. Als erste Maßnahme. Die zweite liegt, wie gesagt, in der Mitgestaltung der politischen Verhältnisse in den Ursprungsländern. Aber das ist noch schwieriger als die Einwanderer stoppen.

    Ich bin echt fassungslos. Während wir mit einer humanitären Katastrophe ersten Ranges konfrontiert sind und das offizielle Südtirol nicht ansatzweise seinen Beitrag dazu leistet, wird hier jede Ursachenforschung beiseite gelegt, um den plumpesten, grausamsten und rassistischsten aller Lösungsansätze zu präsentieren. Sollen diese Menschen doch dort bleiben, wo sie herkommen, während Europa, die USA und China ihnen die Lebensgrundlagen entziehen — und wenn sie versuchen, sich dagegen zu wehren oder sich erdreisten, an unserem Wohlstand teilhaben zu wollen, gehen wir einfach mit militärischer Gewalt gegen sie vor. Ganze 2.000 Jahre angeblichen Entwicklungsvorsprungs reichen anscheinend nicht für einen kleinen Funken Menschlichkeit. Aber bitte — bitte! — wundern wir uns demnächst wieder, wenn in der Aussichts- und Perspektivlosigkeit Afrikas und des Nahen Ostens terroristische Organisationen gedeihen.

    Nachtrag vom 11. Jänner 2019: Bei UT24 scheinen Dekas’ Artikel gelöscht worden zu sein. Die ursprünglichen Links in unserem Text wurden deshalb um die auf Dekas’ Blog ergänzt.

    Cëla enghe: 01 02 03



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