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  • Ortsnamen, Slowenien.
    Quotation

    Das ist ein bissl eine Spezialität unserer Wanderbücher, dass wir trotz aller Bedenken — und das ist eine heikle Geschichte — auch bei den slowenischen Ortsnamen die alten deutschen Namen anführen bzw. die italienischen zum Teil Kunstnamen, die von den italienischen Besatzern nach dem 1. Weltkrieg eingeführt worden sind. Aber uns erschien das sozusagen auch als wichtige Information: Welchen Namen hat ein Ort im Lauf der Jahrhunderte getragen? Und das eine sind halt sozusagen »Herrschaftsnamen«, aber das ist eine Information, die wollten wir den Lesern nicht vorbehalten (sic) und was wir auf keinen Fall wollten, sozusagen dieser brutalen Germanisierung oder Italianisierung, die es gegeben hat, nach dem 1. Weltkrieg und vor dem 2. Weltkrieg, irgendwie Vorschub leisten oder das gar irgendwie verharmlosen. Es war uns bewusst, dass das speziell für Slowenen nicht ganz selbstverständlich ist, dass man auch diese alten deutschen Namen beispielsweise verwendet.

    Gerhard Pilgram, Autor, Kulturmanager, Künstler, Klagenfurter Universitätskulturzentrum UNIKUM/Kulturni center univerze v Celovcu in der Ö1-Sendung »Von Tag zu Tag« vom 15.05.2015

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Nationalstaaten für Roaminggebühren.

    Der Plan der EU-Kommission, die Roaminggebühren für Handynutzung innerhalb der EU abzuschaffen, wurde vom EU-Rat abgelehnt; stattdessen soll ein Kontingent von 50 Minuten für Telefonate, 50 SMS und 100 MB Datennutzung zu Inlandskonditionen eingeführt werden. Die frühere EU-Justizkommissarin Viviane Reding und Kämpferin für die Abschaffung des Roamings sprach von einer »Schande«. Eigentlich müsste es einen Volksaufstand geben, meinte die konservative EU-Abgeordnete. In geheimen Brüsseler Ministerialrunden werde beschlossen, den Leuten weiter das Geld aus der Tasche zu ziehen.

    Wieder einmal zeigt sich, dass die Kommission und das Parlament wesentlich weiter als der EU-Rat als Vertreter der nationalen Regierungen sind. Während mit den USA über ein Freihandelsabkommen verhandelt wird, wollen die Nationalstaaten ihre nationalen Regelungen behalten, um bei nächster Gelegenheit wieder auf die EU einzudreschen. Wie es um die Zukunft der Netzneutralität und des digitalen Binnenmarktes bestellt sein wird, kann sich jeder selbst ausmalen.



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  • Nach rechts abgedriftet.

    Menschen auf der Flucht, die in Bozen gelandet sind, müssen auch noch für den kleingeistigen Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlkampf herhalten. Sowohl die rechten, als auch die weniger rechten Rechten missbrauchen die Not der Geflüchteten für ihre Zwecke und schrecken nicht davor zurück, diejenigen anzugreifen, die Hilfe anbieten.

    In einem normalen Land müsste sich Bürgermeister Spagnolli längst für sein Foto mit Neonazis rechtfertigen, womöglich auch seinen Hut nehmen. Bei den wiederaufgenommenen Koalitionsgesprächen mit Linken und Grünen scheint seine abermalige Entgleisung aber nicht einmal eine Rolle zu spielen. Stattdessen fahren Spagnolli und Koalitionspartner Rudi Benedikter völlig unverständliche Tiraden gegen Benko und die Landesspitze, die sich schuldig gemacht haben sollen, Geflüchteten im Hotel Alpi eine vorläufige, einigermaßen menschenwürdige Unterkunft organisiert zu haben.

    Landesrätin Martha Stocker hatte kürzlich — nach langer Untätigkeit — die Bezirksgemeinschaften dazu aufgefordert, ihr eine Aufstellung von Unterbringungsmöglichkeiten zukommen zu lassen. Traurig genug: Die prompte Rückmeldung ergab, dass es angeblich (!) nur in 6 von 116 Gemeinden geeignete Unterkünfte gibt; und das in einem Land, das seine Tore für wohlhabende Gäste ganz weit öffnet. Kann sich hier eigentlich noch jemand an die unselige Option erinnern, als tausende Südtirolerinnen, beileibe nicht nur überzeugte Nazis, das Land auf der Flucht vor faschistischer Unterdrückung verließen?

    Und nun fällt auch Mittelinksvertretern nichts anderes ein, Zustimmungsverluste darauf zurückzuführen, dass Menschen ansatzweise wie Menschen behandelt werden — anstatt froh zu sein, dass Benko (wie auch immer man zu seinen Projekten stehen mag) das vorerst nicht benötigte Hotel Alpi kostenlos zur Verfügung stellt.

    Die Frage liegt nahe: Unterscheidet sich »linke« Politik in Bozen eigentlich noch von rechter Politik? Spagnolli und Benedikter müssen jetzt wohl sogar dankbar sein, dass Bonazza, Benussi und Co. das Spektrum im Gemeinderat weit nach rechts verschoben haben — schließlich ist es dadurch nicht ganz so schwierig, als »links« wahrgenommen zu werden.

    Doch von Urzì unterscheidet man sich in Punkto Ausländerfeindlichkeit wohl kaum noch. Wenn man sich aber als Linke, um eine Wahl zu gewinnen, so weit nach Rechts begeben »muss«: Wäre es dann nicht sinnvoller und ehrlicher, diesen Job den Rechten zu überlassen und sich stattdessen auf gute linke Oppositionsarbeit zu konzentrieren? Die fehlende Bereitschaft hierzu ist wohl der Grund, warum in Bozen auch die Linke oft zu »heißen Eisen« (Militarismus, Faschismus etc.) keine linke Position einnimmt.

    Cëla enghe: 01



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  • Im Zentrum der Verharmlosung.

    Der Umgang der größten italienischsprachigen Tageszeitung des Landes mit Attributen das politische Spektrum betreffend wird immer abenteuerlicher. Der Einzug der neofaschistischen Bewegung CasaPound in den Bozner Gemeinderat zeigt diese Tendenz so deutlich auf, dass man dahinter schon bewusste Verharmlosung vermuten muss.

    Wurden die “Faschisten des 3. Jahrtausends” (Eigenbezeichnung CasaPound) in früheren Artikeln noch richtigerweise als “estrema destra” bezeichnet, so werden Andrea Bonazza und Co. mittlerweile regelmäßig dem “centrodestra” zugeordnet – wie im übrigen auch die Lega und die Lista Benussi. Auch hält man es in einem Portrait von CasaPound nicht der Mühe Wert darauf hinzuweisen, dass der Neogemeinderat bereits wegen faschistischer Wiederbetätigung verurteilt wurde; ein Umstand, der hierzulande ob der laxen Exekution der Gesetze geradezu als Kunststück bezeichnet werden muss. Die mitunter strafrechtlich relevanten Tatsachen, dass CasaPound offen zur Gewalt als legitimes politisches Mittel steht und dass Bonazza eine gute Meinung von der Zeit des Faschismus hat, werden wertfrei und unkommentiert wiedergegeben.

    Dass die Zeitung A. Adige mit diesem Sprachgebrauch offenbar bewusst die anerkannte politische Nomenklatur auf den Kopf stellt, lässt eine ethnisch-ideologisch motivierte Kampagne vermuten. Gestützt wird diese Vermutung durch den konsequenten Gebrauch von “destra” oder gar “estrema destra” tedesca bzw. tirolese im Zusammenhang mit der Süd-Tiroler Freiheit oder den Freiheitlichen. Andernfalls handelt es sich um einen völligen Realitätsverlust.

    Dabei sind sowohl im Italienischen als auch im Deutschen die Abstufungen doch recht eindeutig, wenn auch fließend. Während man auf Deutsch das politische Spektrum in linksextrem – linksradikal – links – Mitte – rechts – rechtsradikal – rechtsextrem unterteilt sind auf Italienisch die Bezeichnungen estrema sinistra – sinistra – centro-sinistra – centro – centro-destra – destra – estrema destra gängig. Mehr noch als im Deutschen werden radicale und estrema meist nahezu synonym gebraucht. Das deutsche Bundesamt für Verfassungschutz betont aber sehr wohl einen Unterschied zwischen radikal und extrem, den man mitunter auch im italienischen Diskurs findet:

    Was ist der Unterschied zwischen radikal und extremistisch?
    Als extremistisch werden die Bestrebungen bezeichnet, die gegen den Kernbestand unserer Verfassung – die freiheitliche demokratische Grundordnung – gerichtet sind. Über den Begriff des Extremismus besteht oft Unklarheit. Zu Unrecht wird er häufig mit Radikalismus gleichgesetzt. So sind z.B. Kapitalismuskritiker, die grundsätzliche Zweifel an der Struktur unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung äußern und sie von Grund auf verändern wollen, noch keine Extremisten. Radikale politische Auffassungen haben in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz. Auch wer seine radikalen Zielvorstellungen realisieren will, muss nicht befürchten, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet wird; jedenfalls nicht, solange er die Grundprinzipien unserer Verfassungsordnung anerkennt.

    Man muss sich die Frage stellen, inwieweit die Zeitung durch ihren fahrlässigen Umgang mit politischem Extremismus diesen salonfähig macht und somit mitverantwortlich für den Rechtsruck in Bozen ist. Zudem mutet es sonderbar an, dass “progressive” Südtiroler, die sich selbst meist im linken Spektrum verorten, trotz dieser zweifelhaften Linie nach wie vor keine Berührungsängste haben, ja diese selektive Wahrnehmung in Kommentaren und Interviews bisweilen sogar indirekt bestärken.



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  • Grüne Ergebnisoffenheit.
    Quotation

    Dieser Prozess eines Konvents bietet die Chance, die Autonomie breit zu verankern und die Bürgerinnen und Bürger für diese Autonomie neu zu gewinnen. […] Man kann sich vielleicht in einem neuen Prozess, der partizipativ sein muss, dieser Autonomie von neuem nähern, sie stärker verankern und vor allem einen Autonomiepatriotismus hier einpflanzen, gegen Tendenzen der Sezession, des Freistaats und der Abspaltung, die ich sehr ernst nehme.

    Es gibt […] bestimmte Themen, die verfassungsmäßig ausgeblendet sind. Also, der Autonomiekonvent, der jetzt Südtirolkonvent heißt, darf nicht über Sezession, Freistaat oder Abspaltung diskutieren, denn das würde ein Rohrkrepierer sein… also die Verfassung sieht die Unteilbarkeit Italiens vor. Wir als Grüne sind überzeugte Autonomisten, aber damit, mit dieser Beschränkung der Debatte, wird auch ein Teil der Bevölkerung, die sich eben eine Loslösung wünscht, natürlich außen vor bleiben. Das ist völlig klar, denn sonst würde nicht einmal im Regionalrat dann ein entsprechendes Dokument verabschiedet werden.

    Hans Heiss, Landtagsabgeordneter der Grünen bei der Sendung Klartext zum Autonomie- bzw. Südtirolkonvent im sdf.

    • Der »partizipative« Prozess soll also laut Heiss nicht nur nicht die Unabhängigkeit ansprechen und umfassen — er soll sie sogar aktiv bekämpfen. Und ihre BefürworterInnen sollen außen vor bleiben. Dass gerade die Grünen so offen die Ergebnisoffenheit des Prozesses ausschließen, ist ein Armutszeugnis für eine Partei, die sich Beteiligung, Partizipation, direkte Demokratie auf die Fahnen geschrieben hat. Wenn man bewusst größere Teile der Bevölkerung aus einem so grundlegenden Prozess draußen halten will, kann man wohl kaum von Partizipation sprechen.
    • Für die Grünen — oder zumindest für den Grünen Hans Heiss — ist die Verfassung in Stein gemeißelt, stehen (Grund-)Gesetze über dem Bevölkerungswillen. Dies ist umso unsinniger, als das Autonomiestatut schon heute im Verfassungsrang steht und Teile der italienischen Verfassung in Bezug auf Südtirol gewissermaßen »außer Kraft setzt«. Und: Mit derselben Mehrheit, mit der in Rom eine Autonomiereform beschlossen wird, kann auch die Verfassung abgeändert werden, wir befinden uns also in einem Prozess, in dem die Verfassung per Definition keine übergeordnete Rolle spielt.
    • Was verstehen die Grünen eigentlich konkret unter »Autonomiepatriotismus«, außer dass sie dieses Schlagwort immer gegen jene in den Mund nehmen, die sich mehr wünschen, als die heutige Autonomie?
      Soweit ich das beurteilen und nachvollziehen kann, haben sich die Grünen in Vergangenheit bestenfalls (!) nicht gegen die Übernahme von neuen Zuständigkeiten ausgesprochen. Aktiv gefordert und unterstützt haben sie den Autonomieausbau nie, wennschon das genaue Gegenteil. Für eine autonomistische bzw. autonomiepatriotische Partei ist das eindeutig zu wenig.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Land übernimmt Beitreibung.

    Die Landesregierung kündigte bei ihrer gestrigen Medienkonferenz an, die Südtiroler Einzugsdienste mit der Beitreibung ausstehender Beträge betrauen zu wollen, wofür mit einer einschlägigen Verordnung bereits die rechtliche Grundlage geschaffen worden sei. Wenigstens für Landessteuern und -gebühren soll in Hinkunft nicht mehr der — wegen seiner harschen Methoden und hohen Zinssätze umstrittene — staatliche Beitreiber Equitalia verantwortlich zeichnen, sondern die landeseigene Gesellschaft. Fortan wolle man, so der Landeshauptmann, die SchuldnerInnen besser behandeln.

    Auch mit der Zweisprachigkeit kann es wahrscheinlich nur besser werden. Zwar verfügt Equitalia immerhin über einen deutschsprachigen Webauftritt, doch lediglich der »Bürgerbereich« ist überhaupt zweisprachig. Zahlreiche allgemeine Auskünfte sowie die Bereiche, die den Unternehmern und den Berufsverbänden und Kammern gewidmet sind, stehen aber wie so oft nur auf Italienisch zur Verfügung.

    Lange Zeit hat sich das Land gar nicht darum bemüht, die unbequeme aber wichtige Rolle als Ein- und Beitreiber von Steuern zu übernehmen, obschon es sich hierbei um einen wesentlichen Bereich der öffentlichen Verwaltung handelt. Nun wurde ein weiterer kleiner Schritt getan, der durch die Übernahme der Zuständigkeiten für die Einnahmenagenturen zu vervollständigen wäre, um eine umfassende Kontrolle über die eingehenden Steuerflüsse zu erlangen. Die Bedeutung dieses Bereichs für die Selbstverwaltung kann kaum überschätzt werden.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Zoll gegen Autonomie und Recht.

    Wie das Landespresseamt berichtet, beschloss die Landesregierung in ihrer heutigen Sitzung, Maßnahmen der länderübergreifenden Zolldirektion für Trentino und Südtirol anzufechten. Hinter diesem Konflikt verbirgt sich ein eklatantes und mustergültiges Beispiel für die mangelhafte Rechtsstaatlichkeit und für den Umgang zentralstaatlicher Institutionen mit der Südtirolautonomie.

    Vor einigen Jahren hatte die italienische Agentur für Zollwesen in Missachtung der Autonomiebestimmungen beschlossen, die Zolldirektionen für Südtirol und Trentino aufzulösen und in einer neuen Regionaldirektion mit Sitz in Trient zu zentralisieren, die mit Jänner 2014 den Betrieb aufnehmen sollte. Dagegen klagte die Südtiroler Landesregierung vor dem Bozner Verwaltungsgericht und bekam Recht.

    Offenbar ließ sich die Zollverwaltung davon jedoch nicht beeindrucken. So hat der Direktor der gesetzeswidrigen Regionaldirektion, dessen Ernennung vom Verwaltungsgericht ausdrücklich aufgehoben wurde, nun Personalentscheidungen gefällt. Die Landesregierung sieht sich gezwungen, auch dagegen gerichtlich vorzugehen.

    Leider ist es keine Seltenheit, dass sich staatliche Institutionen — die zudem selbst die Einhaltung von Gesetzen überwachen sollten — über Autonomiebestimmungen hinwegsetzen. Fast schon systematisch missachten die Zentralregierungen der letzten Jahre die Autonomie als solche oder die damit verbundenen Finanzbestimmungen. Polizeiorgane, das Regierungskommissariat und sogar Gerichte verletzen mitunter jene Zweisprachigkeitsbestimmungen, deren Exekution sie eigentlich überwachen sollten.

    Und nun dies: Eine staatliche Vollzugsbehörde wie der Zoll ignoriert nicht »nur« das Autonomiestatut, sondern auch noch einschlägige Gerichtsurteile. In einem Rechtsstaat müsste sowas eigentlich zu einem breiten Aufschrei und massiven, auch personellen Konsequenzen führen. Stattdessen muss das Land wieder Kraft und immer knapper werdende Geldmittel in einen Kampf gegen Windmühlen stecken.



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