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  • Oddsdóttir, Island und die übersetzte Verfassung.

    Katrín Oddsdóttir ist eine junge isländische Rechtsanwältin und war Mitglied in der fünfundzwanzigköpfigen Kommission, die eine neue Verfassung für Island geschrieben hat. Sie geht davon aus, dass das neue Grundgesetz der Insel bis 2018 genehmigt werden kann.

    Einige Auszüge aus einem sehr interessanten Interview, das das Nachrichtenportal Vilaweb mit Oddsdóttir geführt hat.

    Seit wir 1944 unabhängig geworden sind, war man davon ausgegangen, dass es [bald] eine neue Verfassung geben würde. […] Nach der Krise hat man es versucht. Man hat 1.000 Leute aus dem ganzen Land ausgewählt, die sich dann für einen Tag zusammengesetzt haben. Man fragte sie, in welcher Gesellschaft sie leben möchten. Sie stellten die Werte in den Vordergrund. Anschließend nahm ein Komitee von sieben Fachleuten das Ergebnis dieses Treffens, analysierte es und erstellte ein 400 Seiten schweres Dokument daraus. […] Dann wurden 25 Personen gesucht, die die Verfassung schreiben sollten. So transparent und transversal wie nur möglich. Wir öffneten den Prozess für die Menschen: Im Internet konnte man Kommentare abgeben, Ideen einsenden und unseren wöchentlichen Sitzungen beiwohnen. Man konnte alle Vorentwürfe einsehen. Die besten Vorschläge kamen von den Leuten. […]

    Die erste Sitzung mit den 1.000 Leuten, die zufällig ausgewählt wurden, fand auf Betreiben der neuen Regierung statt, die kurz nach der Krise gewählt worden war. […] Um eine Verfassung zu schreiben, kann man nicht nur auf die Interessierten setzen. Man muss den Zufall wählen lassen und auf die Intelligenz der Masse hören.

    Wie wusstet ihr, dass die Rückmeldungen [via Internet] von IsländerInnen kamen? Und wenn es AusländerInnen waren?
    Perfekt. Uns gefiel, dass auch AusländerInnen daran teilnahmen. Wir wollten neue Ideen. Kein Problem. Seid nicht ausschließend, seid einschließend. Ihr würdet euch wundern, was für großartige Ideen von den unerwartetsten Menschen kommen.

    Am Ende braucht man jedoch stets Spezialisten, die die Ideen der Masse filtern.
    Hmm. Nicht wirklich Spezialisten. Wir waren 25 Personen. Einer war Bauer, ich Rechtsanwältin… ein Mathematiker, zwei Ärzte, ein Hirte, ein Aktivist im Rollstuhl usw. Viele Leute — und wir repräsentierten nicht die Parteien. Auch nicht die Bevölkerung. Wir repräsentierten uns selbst und hatten nur ein Ziel: Eine Verfassung schreiben. Sobald die Arbeit abgeschlossen war, löste sich die fünfundzwanzigköpfige Gruppe auf. Ich finde es eine gute Idee. Nehmt mehr als 25 Personen, wenn ihr wollt. Aber lasst euch nicht von Spezialisten sagen, dass nur sie das machen können. Das wäre ein Fehler.

    Welche Verfassung habt ihr derzeit in Island?
    Wir waren eine dänische Kolonie und haben 1944 die Unabhängigkeit erklärt. Damals übersetzten wir einfach die dänische Verfassung und benutzten diese. Wir hatten es sehr eilig, wollten die Gelegenheit nutzen und haben deshalb die dänische Verfassung genommen, sie übersetzt und das Wort »König« durch »Präsident« ersetzt. Das war’s. Wir entschieden, die [neue] Verfassung zu schreiben, sobald wir unabhängig sind. Doch dazu kam es nicht. Es war sehr schwierig, die Verfassung zu ändern. Sehr. Sie wurde nur drei- oder viermal geändert, und die einzigen wichtigen Änderungen wurden 1995 vorgenommen, als wir die Menschenrechtscharta einfügten. Im Grunde ist es [immer noch] dieselbe Verfassung, und sie ist ziemlich überholt.

    Wie kam Island zur Unabhängigkeit?
    Durch eine Volksabstimmung. Die Dänen konnten uns nicht aufhalten, weil sie 1944 von den Nazis besetzt waren. Wir nutzten die Gelegenheit, um uns aus dem Staub zu machen.

    Warum konnte man die Verfassung in 70 Jahren Unabhängigkeit nicht ersetzen?
    Man muss sie im Parlament ändern. Dann gibt es Neuwahlen, und nach den Neuwahlen muss das neue Parlament die Änderungen erneut genehmigen. Das ist sehr schwierig.

    Welches ist die größte Sorge [der Parteien], die [die neue Verfassung] nicht wollen?
    Zum Beispiel die direkte Demokratie. Mit 10% der IsländerInnen kann man ein neues Gesetz machen — und das Parlament muss es entweder genehmigen oder einen Gegenvorschlag machen, über den dann eine Volksabstimmung abgehalten wird. Wir haben die Macht der Parteien genommen und sie den Menschen gegeben. Es gibt aber auch enorme Veränderungen im Umweltschutz, und die Verfassung beinhaltet auch Menschenrechte der dritten Generation. Große Aufmerksamkeit haben wir auf die Aufteilung der Macht und die Transparenz gelegt. […] Wir merken schon jetzt, dass vieles, was derzeit passiert, mit der neuen Verfassung nicht mehr passieren könnte.

    Welche Ratschläge würden Sie den KatalanInnen geben?
    Die erste Lektion die wir gelernt haben ist: Vertrau der Intelligenz der Masse. Ich weiß schon, dass es hippyflowermäßig klingt, aber es ist sehr wichtig. Und sehr fundiert. Wenn man viele Menschen nimmt, sie öffnet, zuhört, glaube ich, dass sehr viel Kluges herauskommt. Viel besser, als das, was mit Spezialisten passieren könnte. Dann: Plant den gesamten Prozess schon am Anfang. Wir haben den Fehler gemacht, das Ende nicht einzuplanen. Wie und wann wird die neue Verfassung genehmigt? In Island hat das Parlament aufgegeben, weil es nicht wusste, was es [mit dem neuen Verfassungstext] machen sollte. Bevor ihr beginnt, solltet ihr wissen, wie es endet.

    In Island schreibt ihr eine Verfassung als unabhängiger Staat. Es gibt Menschen in Katalonien, die eine Verfassung schreiben wollen, noch bevor wir unabhängig sind.
    Ich glaube, dass es sehr kompliziert ist, es so zu machen. Ich verstehe aber auch, dass die Leute bereits einen neuen Gesellschaftsvertrag wollen. Katalonien ist bereits eine Nation (sic). Zumindest denken das viele Menschen. Ich sehe es nicht negativ, dass sich die Menschen fragen, welche Gesellschaft sie schaffen wollen, falls die Unabhängigkeit kommt.

    Eine weitere Möglichkeit wäre es, die spanische Verfassung zu nehmen und das Wort »König« mit »Präsident« zu ersetzen.
    Ha ha! Ich empfehle euch, das nicht zu tun. Im Ernst. Island ist ein Beispiel dafür, dass das nicht geht. Alle waren einverstanden, dass wir eine neue Verfassung benötigen und 70 Jahre später haben wir sie noch nicht. Bitte, nehmt euch [k]ein Beispiel und schreibt eure eigene. Auch wenn es nur ein Entwurf ist, der euch sagt, wie ihr eine [neue] Verfassung schreiben werdet. Wo drin steht, dass ihr einen Verfassungsrat haben werdet, der eine Verfassung schreibt, sowie die Mechanismen, um sie wieder abzuändern. Das war’s. Das ist viel besser, als eine übersetzte Verfassung, denn wenn man sie mal hat, ist es sehr schwierig, sie zu ändern.

    Übersetzung:



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  • Möge der Bessere gewinnen…

    Wieder einmal hatte ich gehofft, mich im Blog nicht mit der Fußball-EM befassen zu »müssen«. Höchstens im Fall, dass sich eine »Region« (wie zum Beispiel Nordirland) bewähren würde. Doch auch diesmal wurde ich schneller auf den Boden der »nationalistischen« Tatsachen zurückgeholt, als man bis drei zählen kann: Der zweite Spieltag hat noch gar nicht richtig angefangen und ich schreibe schon das zweite Stück zu diesem für Südtirol leidigen Thema.

    Die erste Gelegenheit hatte mir Florian Kronbichler geboten, der in seiner Kritik an der Europeada (EM der Minderheiten) die EM der Nationen als positives Beispiel genannt hatte.

    Heute ist es Roland Lang, der eine Stellungnahme von (zumindest aus -Sicht) unabdingbar macht. Der Südtiroler Heimatbund (SHB) dessen Vorsitz Lang innehat, hat nämlich einen EM-Aufkleber mit der an Unsportlichkeit kaum zu überbietenden Botschaft

    Möge der Bessere gewinnen, nur Italien nicht

    in Umlauf gebracht. Darauf zu sehen: Ein Eiffelturm, der den italienischen Stiefel wegkickt.

    Südtirol sei nicht Italien, so der SHB in einer Aussendung. Doch was dieser Aufkleber damit zu tun haben soll, versteht wohl nur Herr Lang.

    Jedenfalls hat die Illusion, dass diesmal mit sagenhafter Dummheit und Provokation hinterm Berg gehalten werden könnte, nicht mal einen Tag gewährt.
    Da glaubt wohl tatsächlich jemand, aus Unfairness und Aufwiegelung politisches Kleingeld schlagen zu können — geht es noch kindischer?

    Wobei die Tatsache, dass man einen so plumpen Aufkleber mit dem Wunsch nach mehr »Feingefühl und Toleranz gegenüber den Südtirolern« verbindet (das tut Lang tatsächlich!), eher von völligem Realitätsverlust zeugt. It’s like fucking for virginity…

    Und ich gebe sogar zu, dass auch ich als mäßig Fußballinteressierter mir schon mal gewünscht habe, dass Italien und/oder Deutschland aus einem Turnier fliegen, damit die nationalistischen Spannungen zwischen den Südtiroler Fanblöcken ein Ende nehmen. Diesen Wunsch aber mit einer Haltung zu verbinden, die solche Spannungen erst erzeugt, ist ein Schuss ins eigene Knie.

    Hoffentlich lassen sich die Fans von Langs kindischem Verhalten nicht provozieren. Doch auch das wird — erfahrungsgemäß — wohl reines Wunschdenken bleiben.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • Journalism or public relations?
    Quotation

    Journalism is printing what someone else does not want printed: everything else is public relations.

    — accredited to George Orwell

    See also: 01 02



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  • Ladinische Sektion im AVS.

    Wie die ladinische Wochenzeitung Usc di Ladins berichtet, hat sich der AVS nach einer internen Abstimmung eine neue Sektion Ladinia gegeben, die aus der Sektion Bruneck hervorgegangen ist.
    Das Interessante dabei: Sie umfasst neben Mareo (Enneberg), La Val (Wengen), und San Martin de Tor auch die beiden Gemeinden Fodom und Col in Souramont, deren EinwohnerInnen sich im Jahr 2007 für einen Anschluss ihres Gebietes an Südtirol ausgesprochen hatten. Die neue Sektion werde den Ladinerinnen im Alpenverein mehr Autonomie und direkte Mitspracherechte verleihen sowie die Zusammenarbeit mit der Lia da Munt – Ladinia verbessern.

    Gherdëina (Gröden) hat eine eigene Sektion im Alpenverein.

    Die Usc weist zudem darauf hin, dass vor genau 130 Jahren — 1886 — die Sektion Ladinia im Deutsch- und Österreichischen Alpenverein gegründet worden sei.



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  • Zwei Meister der Inkonsistenz.

    In der Neuen Südtiroler Tageszeitung sind unlängst ein Leitartikel von Arnold Tribus und ein Kommentar von Georg Lezuo erschienen — zu unterschiedlichen Themen zwar, aber dennoch mit einer frappierenden Gemeinsamkeit: zelebrierte Widersprüchlichkeit.

    Tribus schreibt als Reaktion auf eine Pressemitteilung der STF, in der Carolina Kostner scharf kritisiert wird, weil sie anlässlich des italienischen Staatsfeiertages am 2. Juni auf Facebook “Un selfie in onore della Repubblica Italiana: il mio paese!!! Honoured to be Italian!” gepostet hatte:

    Ich finde es hingegen ein starkes Stück, wenn eine Partei einer Südtirolerin, einer Ladinerin zudem, vorschreiben will, als was sie sich zu empfinden hat. Das ist die übliche Frage, die auch italienische Nationalisten und dumme Journalisten unseren [sic!] Sportlern stellen: Ma lei si sente italiano o tedesco. [sic!]

    Tribus hat völlig recht. In einem freien Land kann jeder und jede sich fühlen als das, was er oder sie möchte und dies auch öffentlich kundtun. Jemandem eine Identität vorschreiben zu wollen, ist genau das Denkmuster, das zu den nationalistischen Katastrophen — unter denen Südtirol leidet — geführt hat.

    Erstaunlicherweise verfällt auch Tribus in der Folge jenem Denkmuster, das er eben noch zurecht kritisiert hat und rechtfertigt dies mit dem stichhaltigsten aller Argumente: “Ja, weil es halt so ist.”

    Es ist nun einmal so, dass der große Sport an Nationen gekoppelt ist. Die Olympiade [sic!] ist ein Wettstreit der Nationen, unsere Sportler müssen mit dem italienischen Team starten, ob es ihnen passt oder nicht […]. Freilich, in Südtirol wird ja regelmäßig von einer eigenen Sportnation Südtirol geträumt. Immer dann wenn unsere [sic!] Sportler die Nationalhymne singen oder summen müssen, kommt die Forderung, man möge doch endlich Schluss machen mit dem Zirkus, die Selbstbestimmung ausrufen und den Sportlern diese Schande ersparen, für ein fremdes Land in fremden Farben kämpfen zu müssen. Der große Armin Zöggeler, durch und durch ein Südtiroler, der so oft die Ehre Italiens gerettet hat, wusste sich zu bewegen, er wusste, für wen er an den Start geht, schämte sich nicht, als Azzurro die Tricolore überzuziehen […]. So ist der Sport. Warum sollte sich ein Sportler schämen, für das Land einzustehen, das ihm die Erfolge ermöglicht?

    Vorbei ist es also mit der Wahlfreiheit. Wenn es um den Status Quo, um die bestehenden Nationalstaaten geht, hat man sich zu fügen, anzupassen und die eigene Überzeugung oder Identität mitunter hintanzustellen. Tribus docet.

    Beinahe noch widersprüchlicher ist Georg Lezuos Beitrag über vandalisierte Wander-Wegweiser. Lezuo bringt es zuwege, Antifaschismus mit der zwingenden Duldung faschistisch belasteter Exonyme in Verbindung zu bringen und verwechselt konsequent Zweisprachigkeit mit Zweinamigkeit.

    Lange schien es so, als wären Epochen wie Nationalsozialismus und Faschismus überwunden, als hätten Ideologien der Menschenfeindlichkeit in unserer demokratischen Gesellschaft keine Chance mehr. Antifaschistisch zu sein galt [sic!] bis in die 1990er Jahre hinein zum guten Ton, bis der Wind Richtung änderte und Toleranz als Gutmenschentum angeprangert und eine weitherzige Identität als Multi-Kulti restlos verspottet und schlecht gemacht wurde.

    Wenngleich ich mir nicht sicher bin, ob Lezuos Befund stimmt, so wäre die Aussicht auf eine entnazifizierte und entfaschistisierte Gesellschaft sowie auf Toleranz und weitherzige Identitäten eine sehr schöne.

    Warum sich diese (antifaschistische) Toleranz und Weitherzigkeit aber ausgerechnet auf die Manifestation faschistischer Intoleranz und Allmacht erstrecken muss, weiß wohl nur Lezuo selbst.

    Der gelernte Tiroler weiß auch ohne Lezuos Aufklärung über Andreas Hofers Italienischkenntnisse, dass das historische Tirol ein mehrsprachiges Land war und nach wie vor ist. Er weiß aber auch, dass es in der “Causa AVS-Schilder” nicht um die italienische Sprache an sich oder gar die Eliminierung derselben, sondern ausschließlich um faschistisch belastete, aufoktroyierte, erfundene Exonyme geht. Vielerorts (Katalonien, Aosta usw.) wurden diese im Zeichen des Antifaschismus (!) eliminiert. Für Lezuo hingegen ist der Einsatz für den — auch von der UNO international geförderten — Gebrauch von endonymen Ortsbezeichnungen mit Engstirnigkeit und Kleinkariertheit gleichzusetzen. (Wobei ich das Besudeln von Wegweisern in dieser Hinsicht als kontraproduktiv und nicht zielführend erachte).

    Was unsere engen Grenzen betrifft, so kann man, beispielsweise auf Wanderwegen, nicht allzu selten bemerken, dass es, um Intoleranz zu praktizieren, keiner Migranten oder Flüchtlinge bedarf, es genügen bereits einheimische Sprachgruppen, denen kleinkarierte Geister am liebsten den Kragen umdrehen würden, wenn sie nur dürften. […] Auf zweisprachig [sic!] gehaltenen Hinweisschildern wurden auf Italienisch wiedergegebene Toponyme durchgestrichen, was wohl heißen sollte: Man will dem Italienischen seine Daseinsberechtigung absprechen. […] Arme Menschen kann man jene nennen, die selbst keine Identität haben, schlussendlich ist es nicht Patriotismus, wenn man mit etwas, was der eigenen Engstirnigkeit nicht entspricht, nicht leben kann, sondern nichts weiter aus [sic!] pure Angst und Verunsicherung.

    Bezüglich der groben Unterstellung, die Schildbeschmierer würden den italienischsprachigen Mitbürger gegenüber am liebsten Gewalt anwenden, erspare ich mir einen Kommentar.



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  • Südtirol im Krieg.
    Quotation

    Ich halte es da mit dem Gatterer-Preisträger Dietmar Telser, laut dem kein Zaun der Welt jemanden aufhalten kann, der vor einem Krieg flieht.

    Landesrat Philipp Achammer (SVP) in der ff (Nr. 10/2016) auf die Frage: “Sind wir nur auf der falschen Seite des Zauns, wie einige behaupten?”

    Es mag viele gute Gründe gegen einen Zaun am Brenner geben. Dass aber jemand, der innerhalb der Euregio von Südtirol nach Nordtirol möchte, vor einem Krieg flieht, ist mir neu.



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  • Billige Werbeveranstaltung im Palais Widmann.

    Die italienische Ministerin für Verfassungsreformen, Maria Elena Boschi (PD), weilte jüngst aufgrund des Wirtschaftsfestivals in Trient und fand am Montag (6. Juni) Zeit für einen Abstecher nach Südtirol. Dort betonte sie bei einem Auftritt mit Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP), wie herrlich die Zusammenarbeit mit unserem Land funktioniere und dass die Zentralregierung stets zur Beibehaltung unserer Autonomie gestanden habe. Dies war denn auch die große Botschaft: Obwohl viele für eine Abschaffung der Autonomien plädiert hätten, sei die römische Regierung »von Anfang an« für eine Aufrechterhaltung gewesen.

    Boschi muss es ja wissen, hatte sie doch — wie zuvor schon der heutige Ministerpräsident Renzi — noch Ende 2014 als Ministerin ein Plädoyer für die Abschaffung aller Autonomien gehalten.

    Also: Südtirol muss dankbar sein, weil seine Autonomie zwar nicht ausgebaut, aber immerhin noch beibehalten wurde. Und: In kürze würden auch noch die Durchführungsbestimmungen zu Handel und Jagd erlassen — wovon erstere nichts mehr als die (teilweise) Wiederherstellung einer bereits früher bestehenden Zuständigkeit wäre und zweitere das wenig prickelnde Zugeständnis beinhaltet, dass Südtirol in Abstimmung mit Rom die Liste der jagdbaren Arten festlegen könnte.

    Wir treten sozusagen seit Jahren nur noch auf der Stelle und sollten jetzt wohl auch noch jubeln, so wie es Landeshauptmann und Landespresseamt unisono tun.

    Kein Wort darüber, dass die Regierung Renzi erst letztes Jahr erneut ein Handelsgesetz des Landes angefochten hat, was es der Aspiag nun erlauben könnte, gegen den Willen unserer Landesregierung ein Mega-Einkaufszentrum in Bozen zu errichten. Kein Wort auch über das Ortsnamengesetz, das dank römischen Widerstandes nach wie vor einer Umsetzung harrt. Nur Friede, Freude und Eierkuchen.

    Doch der eigentliche Grund für den ministeriellen Besuch dürfte wohl sowieso ein anderer gewesen sein: Boschi, die uns SüdtirolerInnen schon mal darauf hinwies, dass wir »zuallererst Italiener« sind, war auf Werbetour für das alles entscheidende Verfassungsreferendum. Im Herbst wird darüber abgestimmt, ob Renzis radikal zentralistische Reform von der Bevölkerung angenommen wird oder nicht. Im Falle einer Niederlage will der Ministerpräsident seinen Hut nehmen.

    Mit Autonomieschreck … pardon: Autonomiefreund Gianclaudio Bressa im Schlepptau nutzte Ministerin Boschi die Gelegenheit, um im Landhaus Werbung für eine Reform zu machen, die den Interessen unseres Landes diametral entgegensteht. Sie behauptete zwar, dass die Vertretung von Südtirol und dem Trentino im Parlament gestärkt würde, vergaß aber hinzuzufügen, dass diese stärkere Vertretung irrelevant sein wird. Weil das neue Wahlgesetz das Verhältnis von Mehr- und Minderheit so stark verzerrt, wird niemand mehr auf die paar Stimmen aus den beiden autonomen Ländern angewiesen sein — ganz egal, ob es zwei, vier oder zwölf sind.

    Ich muss schon sagen: Es ist durchaus legitim, dass eine Regierung für ihre Politik wirbt und auch bei Volksabstimmungen eine klare Position einnimmt. Sie muss nicht neutral sein. Dass unser Landeshauptmann aber widerspruchslos hinnimmt, dass Boschi das Landhaus für ihre zentralistische Propaganda nutzt, ist mehr als nur enttäuschend.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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