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  • Brexit: Schottinnen bleiben Brüssel treu.

    Vor wenigen Tagen erst hat die EU dem britischen Premierminister David Cameron seine nationale Extrawurst genehmigt, mit der die europäische Einigung weiter sabotiert wird. Ganz nach dem Motto: Kleine, integrationswillige Regionen wie Schottland und Katalonien bestrafen und große, integrationsunwillige Nationen belohnen.

    Nun schlägt der mögliche — aber zum derzeitigen Zeitpunkt unwahrscheinliche — Brexit auf der Insel hohe Wellen.

    Eine repräsentative Umfrage des schottischen Fernsehsenders STV (vom 1.-7. Februar) zeigt nämlich, dass satte 62% der Schottinnen für den Verbleib in der EU stimmen wollen, während nur 26% den Austritt befürworten.

    Sollte das Vereinigte Königreich insgesamt dafür votieren, die Union zu verlassen, so würden laut derselben Umfrage 54% der schottischen Wahlberechtigten sofort für die Unabhängigkeit und den Verbleib in der EU stimmen. Nur 39% gaben an, in einem solchen Falle die Einheit mit London weiter aufrecht erhalten zu wollen.

    Zwischen London und Brüssel bevorzugen die Schottinnen eindeutig Brüssel.

    Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon (SNP) stellte postwendend klar, dass ein EU-Austritt des Königreichs zweifelsohne die Forderung nach einem neuen Unabhängigkeitsreferendum zur Folge hätte. Dies sei aber kein Szenario, das sie sich wünsche, da ihr auch im Falle der schottischen Unabhängigkeit eine gemeinsame Zukunft der Insel in der EU lieber wäre.

    Gordon Wilson, SNP-Chef der 80er Jahre, forderte von seiner Partei indes, im Falle eines Brexit auf eine einseitige Unabhängigkeitserklärung zu setzen. Dies sei der einzige Weg, um den Wunsch der Schottinnen auf Verbleib in der EU zu respektieren. Obschon derzeit nicht offizielle Parteilinie, sicherte die SNP-Führungsspitze Wilson zu, den Vorschlag eingehend zu prüfen.

    England zählt rund zehnmal so viele Einwohner wie Schottland, weshalb der Einfluss der Schottinnen auf die Gesamtentscheidung entsprechend gering ausfällt.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Niemand hat die Absicht, einen Zaun zu errichten.

    Nun ist es also soweit: an der nicht existierenden Grenze wird ein Zaun… pardon… ein »Grenzmanagement« eingerichtet. Sprache kann ja so unerbittlich deutlich sein und Widersprüche (Grenzmanagement, aber angeblich keine Grenze) evident machen. Die Möglichkeit, Übergänge innerhalb des Schengenraums bis zu zwei Jahre lang dichtzumachen, geht übrigens auf Forderungen von Frankreich und Italien zurück.

    Hier folgt eine (natürlich völlig zynische) lose und unvollständige Zitatesammlung:

    Se vogliamo uno Stato c’é bisogno di confini, e non mi potete dire che si può fare, proprio perché in Europa non ci sono più confini.

    — Luis Durnwalder, damaliger LH, A. Adige vom 15.12.2011

    Hundert Jahre österreichische Südtirolpolitik stehen auf dem Spiel. Zäune sind kurzsichtiges Handeln und ein Ausdruck der Schwäche von Politik. […] Wir laufen in Gefahr, in Kürze mehr Zäune in Europa als in Zeiten des Kalten Krieges zu haben. Dies wäre das historische Scheitern einer Politikergeneration.

    — Othmar Karas (MEP/ÖVP), Herbert Dorfmann (MEP/SVP), Pressemitteilung vom 11.02.2016

    Es gibt den Druck der Regierung, am Brenner dieselben Maßnahmen zu treffen wie in Spielfeld und in Kärnten. Doch ich bin überzeugt, dass es uns gelingen wird, die Situation anderweitig zu lösen. Durch Kooperation. – Denn ich versichere Ihnen, es ist niemandes Intention, dass es so weit kommt.

    — Ingrid Felipe (Grüne), LH-Stv. Nord-/Osttirol im Salto-Interview vom 12.02.2016.

    Einen Zaun am Brenner schließe ich aus. Österreich plant verstärkte Grenzkontrollen, alles Weitere ist Spekulation.

    — Arno Kompatscher (SVP), Südtiroler Landeshauptmann, Anfang Februar 2016 laut Stol.

    Es kommt weder ein Zaun zu Ungarn noch nach Slowenien. Wer glaubt, Flüchtlingsprobleme mit Zäunen zu lösen, ist am falschen Dampfer. […] Aufgrund von Zäunen wird nicht ein Flüchtling weniger kommen, diese Technik ist noch nicht erfunden.

    — Werner Faymann (SPÖ), österreichischer Bundeskanzler, ORF ZiB2, Oktober 2015.

    Der Nationalismus wächst und damit eine immer radikalere Konzentration auf nationale Scheinlösungen. Das ist die ganze Innenpolitik. Wohin ein immer trotzigerer, herrischer Nationalismus führt, könnte man aus der Geschichte wissen. Und er wird auch diesmal kein Problem lösen, sondern immer größere Probleme produzieren und am Ende untergehen. […] Jedem denkenden Gemüt ist natürlich klar, dass kein Nationalstaat, nicht einmal ein großer, wirtschaftlich starker und politisch einflussreicher wie Deutschland, und schon gar nicht ein kleiner, irgendein relevantes Problem, mit dem wir heute und verstärkt in Zukunft konfrontiert sind, alleine wird lösen können. […] Weil die nationalen Lösungen nicht funktionieren, werden noch mehr Menschen nach noch radikaleren nationalen “Lösungen” schreien. Und noch mehr dumme Politiker, in Panik um ihre nationalen Wählerstimmen, werden sich erbötig machen, für ein paar tausend Stimmen zweihundert Jahre Aufklärung zu verraten, und sie werden alle scheitern. […] Ja, die Nationalstaaten werden sterben, und wie 1914 und wie 1939 sind sie noch einmal bereit, sich ihr Überleben mit der Misere und dem Elend der auseinanderdividierten Massen zu erkaufen.

    — Robert Menasse im Interview mit der Tiroler Tageszeitung

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Westkurdistan eröffnet Vertretung in Moskau.
    Weitere sollen demnächst folgen

    Das zu Syrien gehörende, de facto seit drei Jahren selbstverwaltete Westkurdistan — auch bekannt als Rojava (/Rosch awa/ – »der Westen«) — hat gestern eine Auslandsvertretung in Moskau eröffnet. Es handelt sich dabei um die erste dieser Art außerhalb des kurdischen Siedlungsgebietes; bislang existierte nur eine Vertretung im zu Irak gehörenden Südkurdistan.

    Geht es nach den Offiziellen von Rojava sollen in Kürze weitere ähnliche Einrichtungen in Berlin, London und Washington folgen. Wie Rodi Osman, leiter des Moskauer Büros während der Eröffnungsfeier feststellte, handelt es sich bei den Auslandsvertretungen um einen wichtigen Schritt zum Aufbau internationaler Beziehungen und zur Anerkennung Westkurdistans.

    Russische Politiker, Behörden und NGOs nahmen an der Veranstaltung teil, ließen aber auch verlautbaren, dass die Vertretung noch nicht den Status einer Botschaft oder eines Konsulats beanspruchen könne, da Westkurdistan von Russland nicht als unabhängiger Staat anerkannt sei.

    Die Amtssprachen im Moskauer Büro sind Kurdisch, Arabisch, Assyrisch und Russisch und in all diesen Sprachen sind auch sämtliche Beschilderungen und Unterlagen gehalten. Dies ist Ausdruck des plurinationalen Selbstverständnisses von Rojava.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Ladinischer Schulunterricht auch in Anpezo.

    Nachdem im Schuljahr 2014/15 aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Kulturinstitut Cesa de Jan und dem ladinischen Schulamt des Landes Südtirol bereits ladinischer Schulunterricht in Fodom angeboten werden konnte, wurde die Vereinbarung letzten Oktober auf Anpezo ausgedehnt. Somit können immer mehr SchülerInnen in Souramont neben der Hauptunterrichtsprache Italienisch endlich auch ihre Muttersprache (bzw. die Sprache ihres Heimatortes) erlernen.

    Wie die ladinische Wochenzeitung Usc di Ladins berichtet, konnte am 26. Jänner tatsächlich mit dem Ladinischunterricht in der Grundschule von Cortina begonnen werden, nachdem die pensionierte Lehrerin Giuliana Bellodis den einschlägigen Auftrag angenommen hatte. Eine der schwierigsten Aufgaben werde es laut Bellodis sein, den Kindern klar zu machen, dass das Ladinische eine Sprache und kein Dialekt [des Italienischen] sei.

    Die Gemeinden von Souramont — Anpezo, Col und Fodom — hatten sich schon 2007 in einem bindenden Referendum für die Abtrennung von Venetien und eine Angliederung an Südtirol ausgesprochen. Obschon die beiden betroffenen Regionen längst zugestimmt haben, ist das römische Parlament bis dato untätig geblieben.

    Wie schlecht es um den Minderheitenschutz in Venetien bestellt ist zeigt die Tatsache, dass der Ladinischunterricht nur in Zusammenarbeit mit dem Land Südtirol eingeführt werden konnte. Trotz des staatlichen Minderheitenschutzgesetzes von 1999 war man in Venedig bislang außerwillens oder außerstande, ähnliches auf den Weg zu bringen.



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  • Democracy in Europe Movement.
    für Pluralismus und Dezentralisierung

    Gestern Abend hat der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis in der Berliner Volksbühne (am Rosa-Luxemburg-Platz) das Projekt Democracy in Europe Movement 2025 (DiEM25) lanciert, eine paneuropäische linke Bewegung, die sich als Netzwerk von alten und neuen Linken, Sozialisten, Liberalen und Radikaldemokraten versteht. Erklärtes Ziel ist die Demokratisierung der Europäischen Union von unten, wozu mittelfristig eine verfassungsgebende Phase eingeleitet werden soll.

    DiEM25.

    In seiner Rede warnte Varoufakis eindringlich vor der Rückkehr des Nationalen und vor einer Situation, wie sie in den 1930er Jahren entstanden war.

    Das DiEM25-Manifest soll denen, die die europäische Einigung unter neuen Vorzeichen vertiefen möchten, eine konkrete und gangbare Vision anbieten. Weder der Rückzug in den Kokon des Nationalstaats, noch die mangelhaft demokratisierte EU seien erstrebenswerte Modelle, weshalb ein demokratisches Miteinander in Vielfalt angepeilt wird.

    Derzeit, etwa im Rahmen der Flüchtlingskrise, könne man beobachten, dass viele Nationalstaaten Probleme nicht vor der eigenen Haustür haben möchten, so Varoufakis. Doch nicht Abschottung sei die Lösung, vielmehr müsse man die Vorherrschaft des Finanzkapitals brechen.

    Zur Umsetzung eines geeinten, solidarischen, gerechten und demokratischen Europa postuliert DiEM25 unter anderem auch:

    • ein dezentralisiertes Europa, das die Zentralgewalt nutzt, um möglichst viel Demokratie am Arbeitsplatz, in großen und kleinen Städten, Regionen und Ländern durchzusetzen
    • ein pluralistisches Europa der unterschiedlichen Regionen, Ethnien, Glaubensüberzeugungen, Nationen, Sprachen und Kulturen.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01



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  • Abgasskandal — alles paletti?

    Bereits frühzeitig hat auf die vermutlichen Abgasschwindeleien der Autohersteller hingewiesen, in Südtirol ist diese Diskussion aber bisher nicht wirklich angekommen; unverständlich, denn entlang der Brennerautobahn werden die Grenzwerte kontinuierlich überschritten und die Politik und Autobahngesellschaft unternehmen kaum etwas, diese Gesundheitsgefährdung zu beseitigen.

    Nachdem VW zugegeben hat, durch Manipulationen die Emissionsgrenzwerte auf den Prüfständen erreicht zu haben, sind endlich auch die Behörden in einigen Ländern und Umweltorganisationen tätig geworden, die Abgaswerte im Realbetrieb, d.h. auf der Straße und nicht am Prüfstand, zu messen. Die deutsche Autozeitschrift Auto Motor und Sport, nicht gerade bekannt als Kampfpostille der Umweltbewegung, hat in ihrer Ausgabe 25/15 acht Fahrzeuge unter Realbedingungen getestet. Dabei wurden bei allen Fahrzeugen Überschreitungen festgestellt. Ein Fiat 500X überschritt den Grenzwert um das Zehnfache. Auch die übrigen Fahrzeuge wiesen z.T. mehr als das 5-fache der vorgeschriebenen Emissionen auf. Ein Benziner wurde auch getestet, dieser kam mit dem 1,6-fachen auf den geringsten Wert. Benziner haben übrigens im Vergleich zum Diesel (0,08g/km) einen niedrigeren Grenzwert (0,06g/km). Auch Prüforganisationen kommen zu ähnlichen Ergebnissen, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft Fiat vor, beim 500x den Grenzwert bis zum 22-fachen zu überschreiten. Renault und Mercedes liegen auch in der Kritik. Damit sind neue Euro-6-Dieselfahrzeuge in der Realität meist nicht sauberer als alte Euro-3-Modelle.

    Ergebnisse Abgastest. Quelle: Auto Motor und Sport
    Ergebnisse Abgastest. Quelle: Auto Motor und Sport

    Welche Bedeutung haben diese Ergebnisse im Zusammenhang mit der Brennerautobahn? Die Tests zeigen neben massiven Überschreitungen im Fahrmix vor allem auch sehr hohe Emissionen im Autobahnverkehr. Bei Autobahnfahrten bis 130 km/h stiegen die Emissionen bei den von Auto Motor und Sport getesteten Fahrzeugen nochmals signifikant an, ein Großteil erreichte mehr als das Zehnfache der vorgeschriebenen Grenzwerte. Es gibt Hinweise, dass die Abgasreinigungsanlagen im Autobahnverkehr zum Teil abgeschaltet werden, um nicht den Harnstoffverbrauch in die Höhe zu treiben. Die in vielen deutschen Städten gemessenen Stickoxidüberschreitungen sollen für ca. 10.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich sein, für Südtirol gibt es keine genauen Zahlen.

    Völlig unverständlich ist es angesichts dieser neuen Erkenntnisse, dass die Politik zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung nicht reagiert. Der Autobahnpräsident und ein Großteil der Politiker lehnen Tempokontrollen ab, selbst Zahlen zu den tatsächlichen Geschwindigkeiten auf der Autobahn werden nicht veröffentlicht. Jeder kann selbst beobachten, dass die 110 km/h auf der Brennerautobahn nur eine theoretische Zahl darstellen, in der Praxis werden vielfach viel höhere Geschwindigkeiten gefahren, da eine effiziente Kontrolle ausbleibt. Konsequenterweise müsste ein Tutor installiert werden und bei Grenzwertüberschreitungen ein Fahrverbot für Diesel-Pkw erlassen werden, wahrscheinlich würde man aber für verrückt erklärt.



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  • »Katalanische Strategie« in Québec?

    Das katalanische Modell auf dem Weg in die Eigenstaatlichkeit macht weltweit Schule. Im Jahr 2011 wurde in Québec die progressistische Partei option nationale gegründet, die — zusammen mit anderen wie dem Parti Québécois und Québec Solidaire  — für die Eigenstaatlichkeit der kanadischen Provinz eintritt. Am soeben vergangenen 30. Jänner hat der jährliche Parteikongress von option nationale die sogenannte »katalanische Strategie« angenommen: Sollte die Partei die Regionalwahl gewinnen, werde man sofort ein neues Grundgesetz verabschieden, das in Québec die kanadische Verfassung punktuell außer Kraft setzen und den Unabhängigkeitsprozess ermöglichen soll. In der Folge würde man einen partizipativen konstituierenden Prozess in die Wege leiten, an dessen Ende die Bevölkerung in einem Referendum über den neu ausgearbeitete Verfassungsentwurf befinden soll. Option nationale unterstreicht, dass das Selbstbestimmungsprinzip in der Folge auch für alle autochthonen Minderheiten innerhalb von Québec gelten soll, die so die Möglichkeit zur Eigenstaatlichkeit bekommen würden.



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