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  • Die Sache mit dem Stierkampf.

    Das Verfassungsgericht, das eine demokratische Volksabstimmung über die Zugehörigkeit Kataloniens zu Spanien am 1. Oktober 2017 für illegal erklärte, ist genau jenes Verfassungsgericht, das auch das katalanische Stierkampfverbot im Oktober 2016 als verfassungswidrig (!) aufhob. Im Wesentlichen ist somit alles über die Ernsthaftigkeit, politische Schlagseite und mittelalterliche Verortung dieser Institution gesagt.

    Wir halten fest: Im EU-Mitglied Spanien ist eine demokratische Abstimmung verfassungswidrig, grausame Tierquälerei hingegen durch die Verfassung geschützt. Wo kämen wir hin, wenn sich die Katalanen erdreisten würden, dieses “kulturelle Erbe” zu verbieten und stattdessen wählen gehen möchten.

    Cëla enghe: 01



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  • Die »Rebellion« nimmt Gestalt an.

    Der spanische Generalstaatsanwalt José Manuel Maza hat dem nationalen Gerichtshof (Audiencia Nacional) und dem Höchstgericht (Tribunal Supremo) seine Klageschrift gegen den katalanischen Präsidenten Puigdemont, seine gesamte Regierung und das Parlamentspräsidium zukommen lassen. Wie inzwischen bekannt, lautet der schwerste Anklagepunkt auf Rebellion, worauf bis zu 30 Jahre Freiheitsentzug stehen. Ebenfalls bekannt dürfte inzwischen sein, dass dieser Straftatbestand eine gewaltsame Erhebung voraussetzt.

    Doch mit seiner Klageschrift hat Maza die Gewaltsamkeit des katalanischen Prozesses wunderbar konstruiert: Er argumentiert, dass der Unabhängigkeitsprozess von der katalanischen Regierung vorangetrieben wurde und dass das Parlamentspräsidium ihr legislativer, ANC und Òmnium (deren Vorsitzende im Gefängnis sitzen) ihr zivilgesellschaftlicher und die Landespolizei Mossos d’Esquadra ihr bewaffneter Arm gewesen seien. Einer der Dreh- und Angelpunkte der gewaltsamen Erhebung sei der 1. Oktober gewesen, als eine von den Angeklagten angefeuerte Bevölkerung öffentlich gegen die legitime Staatsmacht Widerstand leistete.

    Dass es nicht zu größeren Gewaltausbrüchen gekommen sei schreibt der Generalstaatsanwalt — man lese und staune — der spanischen Polizei und der Guardia Civil zu, die deeskalierend eingegriffen bzw. im Anblick der gewaltsamen Tumulte das Feld geräumt hätten. Ist das nicht Neusprech vom Feinsten?

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  • »Rebellinnen« in Brüssel.

    Der heutige Montag war der erste Arbeitstag seit Gleichschaltung der katalanischen Generalitat durch die Madrider Zentralregierung am vergangenen Freitag Abend. Zwar hatte Madrid den katalanischen Präsidenten noch vor wenigen Tagen dazu aufgefordert, an den Wahlen teilzunehmen, die man in Ausübung der Zwangsbefugnisse für den 21. Dezember anberaumt hatte. Doch schon heute kündigte die Staatsanwaltschaft eine Anklage gegen Carles Puigdemont, die Mitglieder der katalanischen Regierung und das gesamte Parlamentspräsidium wegen Aufruhrs, Veruntreuung und Rebellion an. Auf den Straftatbestand der Rebellion, der allerdings — wie zahlreiche Juristinnen unterstrichen — eine gewaltsame Erhebung voraussetzt, stehen Freiheitsstrafen von bis zu 30 Jahren.

    Trotz Anklage und Gleichschaltung erschienen heute der Finanzminister und stellvertretende katalanische Regierungschef Oriol Junqueras (ERC) sowie der Minister für Gebietsverwaltung und Nachhaltigkeit, Josep Rull (PDeCAT),  ganz normal zur Arbeit in ihren Ministerien. Präsidentin Carme Forcadell begab sich hingegen ins Landesparlament, um ihre Aufgaben zu erledigen.

    Weltweit durch die Medien ging die Nachricht, dass sich Puigdemont und fünf seiner mitangeklagten Ministerinnen derzeit in Belgien aufhalten. Ob sie — wie kolportiert wurde — dort um politisches Asyl ansuchen wollen, konnte bislang nicht bestätigt werden. Denkbar wäre, dass die Regierungsmitglieder eine republikanische Exilregierung bilden. Morgen soll der katalanische Präsident, der in Belgien Kontakt zum Menschenrechtsanwalt Paul Bekaert aufgenommen hat, eine Pressekonferenz geben, um über Umstände und Gründe seiner Reise aufzuklären.

    Inzwischen schmoren die beiden Vorsitzenden zivilgesellschaftlicher Organisationen, Jordi Sánchez und Jordi Cuixart, schon rund zwei Wochen wegen Aufruhrs in U-Haft.

    Ich habe wohl am Sonntag etwas übersehen, als ich die Uhr nur um eine Stunde zurückgesetzt habe. Derweil scheint es, als hätte ich sie zusätzlich um 100 Jahre zurückdrehen müssen. Oder so.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Grenzwertige Kommunikation.

    Vergangene Woche hatte ich wieder einmal ein kombiniertes Zug-Grenz-Erlebnis. Am Mittwoch um ca. 5 Uhr früh entgleiste bei Klausen ein Wartungszug. Zunächst waren beide Geleise, später nur mehr ein Gleis gesperrt. Ich kam unterdessen mit dem ÖBB-Railjet von Innsbruck kommend pünktlich um 10:28 Uhr am Brenner an.

    Dort erwartete mich und ein paar Dutzend Mitreisende die Bildschirmauskunft, dass der Anschlusszug nach Meran (10:38 Uhr) ausfällt. Soweit ich das überblicken konnte, wollte kein einziger Fahrgast auf den Brenner, sondern – wie wohl auch sonst in 90 Prozent der Fälle – weiter in Richtung Sterzing, Brixen, Klausen, Bozen oder Meran.

    Seit dem Unfall – der natürlich passieren kann – und der damit einhergehenden Gleissperre waren mittlerweile mehr als fünf Stunden vergangen. Dennoch gab es bis auf das lapidare “Ausfall” auf dem Informationsbildschirm und einem kurzen “si scusa per il disagio” keinerlei Information (Grund, Dauer, Ersatzverbindungen usw.) von Seiten der Trenitalia/SAD. Auch hält man es in solchen Fällen nicht für nötig, sich mit den ÖBB abzustimmen, auf dass Fahrgäste bereits in Innsbruck über den Ausfall des Anschlusszuges vorgewarnt werden und sich umorganisieren können. Aber was will man auch erwarten von einer Verkehrspolitik, die es nicht zuwege bringt, eine ordentliche regionale Zugverbindung zwischen den beiden Landeshauptstädten über eine “nicht existierende” Grenze herzustellen, bei der man nicht genau an eben dieser “nicht existierenden” Grenze umsteigen muss. Dass dann ein Schienenersatzverkehr nur zwischen Bozen und Franzensfeste eingerichtet wurde und man die Fahrgäste am Brenner stehen ließ, setzte dem Kommunikations- und Organisationsfiasko die Krone auf. Zumindest das Loacker-Café im Outlet-Center hat an dem Vormittag ein gutes Geschäft gemacht.



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  • Der Regional Authority Index.

    Der niederländische Wissenschafter Arjan H. Schakel befasst sich seit Jahren mit der akribischen Erforschung und dem systematischen internationalen Vergleich von regionaler Selbstverwaltung. Sein einschlägiger Regional Authority Index (RAI), der aktuell das Ausmaß an regionaler Autonomie von 1950 bis 2010 in 81 Staaten berücksichtigt, beruht auf der Erfassung und Wertung von zehn Faktoren, die in einen aggregierten Gesamtwert münden.

    Ich habe hier beispielhaft aus den öffentlich verfügbaren Rohdaten den RAI-Wert (2010) für einige »subnationale« Verwaltungseinheiten in einem Diagramm verarbeitet:

    *) außer Südtirol-Trentino · Hinweis: Die grauen Balken beziehen sich auf Verwaltungsebenen, die hierarchisch jeweils unterhalb der vorangehenden schwarz eingefärbten anzusiedeln sind.

    Eine über die Wiedergabe hinausgehende finale Interpretation erlaube ich mir dabei zum jetzigen Zeitpunkt nicht, da mir noch einiges unklar erscheint.

    Trotzdem scheint aufgrund der Daten klar, dass (gewöhnliche) deutsche Länder — weltweit, in Bezug auf die 81 analysierten Staaten — das größte Ausmaß an »subnationaler« Autorität auf sich vereinen. Auch die hierarchisch darunterliegende Ebenen (Kreise, Bezirke…) haben noch ein hohes Ausmaß an Selbstverwaltung.

    Knapp dahinter folgen die Schweizer Kantone (die aber zum Beispiel 2009 noch an erster Stelle lagen) und der Reihe nach die autonome Gemeinschaft Nafarroa (ex-æquo mit den australischen Bundesstaaten), Åland, Färöer, Grönland und Québec.

    Die Länder Südtirol und Trentino befinden sich in der Reihung weiter unten, hinter spanischen autonomen Gemeinschaften (einschließlich Katalonien), österreichischen Bundesländern und kanadischen Provinzen — aber knapp vor den italienischen Regionen mit Normalstatut. Letztere haben wiederum ein höheres Ausmaß an »regionaler Autorität«, als die (ausgehöhlte) Region Südtirol-Trentino.

    Cëla enghe: 01 02 || 01 02



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  • The guilty silence.
    Quotation · Alex Salmond tells it like it is

    You see, the guilty silence in this issue is not because people are for and against independence for Catalonia, not because of for and against Catalonian self-determination. These are arguable cases. What is not an arguable case is to stand idly by and say nothing when violence is perpetrated against a civilian population. That is the guilty silence of the European Union and of the UK government. And they shall be forever condemned that they walked by on the other side of the road where something in Western Europe happened that was totally and completely unacceptable.

    — Alex Salmond, former First Minister of Scottland, on LBC

    See also: 01



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