Autorinnen und Gastbeiträge →

  • »Möglichst früh, möglichst alles…«

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    11 Comentârs → on »Möglichst früh, möglichst alles…«

    Über Jahre wollte man uns einbläuen, die mehrsprachige Schule sei der Weisheit letzter Schluss, quasi ein Allheilmittel gegen all unsere Sprachprobleme. Wir hatten dies schon früh in Frage gestellt. Der PD — eine Partei, die (wie wir inzwischen wissen) 6,7% der Südtiroler Wählerinnen repräsentiert — hatte vor der Wahl gar angekündigt, die mehrsprachige Schule zur conditio sine qua non für die Regierungsbeteiligung zu machen, als könne man sich ein Schulmodell erpressen.

    Das letztwöchige ff-Interview (Ausgabe 44/2013) mit den beiden Sprachwissenschaftlerinnen und Professorinnen Rita Franceschini und Annemarie Saxalber bietet neue, aufschlussreiche Einsichten:

    [I]n Südtirol wird immer behauptet, die Kenntnisse der zweiten Sprache würden zurückgehen, auf allen Seiten. Ist das so?

    Franceschini: Wir wissen es nicht genau. Ich hätte auch gerne eine deutliche, objektive Antwort darauf. Aber womit wollen wir die Sprachkenntnisse vergleichen? […]

    Würde eine mehrsprachige Schule die Sprachkenntnisse verbessern?

    Franceschini: Man muss darauf achten, dass die Alphabetisierung in der Primarschule, im Alter zwischen 6 und 12 Jahren, in der Sprache geschieht, die man zu erhalten wünscht — eine Minderheitensprache darf nicht unter Druck geraten. Was wir aber auch wissen: Daneben hat eine weitere Sprache Platz — die Kinder sind nicht überfordert, wenn noch eine weitere Sprache dazukommt. Doch eine mehrsprachige Schule ist effektiv ein heikles Thema und sieht von italienischer Seite anders aus als von der deutschen.

    Saxalber: Die italienische Schule hat eine andere Ausgangslage. Ein italienischsprachiger Südtiroler kann sich ganz anders dieser Thematik nähern, weil er sich sicher fühlt, ein deutschsprachiger Südtiroler spürt hingegen immer noch die Grenze, die ihn vom deutschen Sprachraum trennt. Ich würde jedoch mehrsprachige Schule nicht nur als Unterricht in mehreren Sprachen verstehen. Auch die Schule, in der ich unterrichtet habe, war mehrsprachig, es fanden sich dort viele Sprachen zusammen — ein Umstand, der kaum erlebt und genutzt wird. In den oberen Klassen der Oberschule kann jetzt ja auch ein Sachfach in der Zweitsprache angeboten werden. Dafür braucht es allerdings Vorbereitung, Umsicht, Ausbildung, Weiterbildung — sonst bringt man die Lehrer in ein Dilemma.

    Franceschini: Die Diskussion ist in Südtirol ja so verhakt. Ich höre immer nur: möglichst früh, möglichst alles, möglichst schnell. Eine Sprache kann man auch später erwerben, das kann sich durchaus auch über die ganze Schullaufbahn ziehen. Es ist in Ordnung, wenn man schon im Kindergarten mit dem Sprachunterricht beginnt, es ist aber auch nichts verpatzt, wenn er später einsetzt.

    Saxalber: Das frühe Sprachenlernen hat in einer zweisprachigen Gesellschaft viel für sich, aber in der Schule gibt es eine Phase, wo der Aufbau der Bildungssprache im Mittelpunkt steht. Bildungssprache ist etwas Konstruiertes, auch wenn sie in einem historischen Kontext entstanden ist. Man muss sie lernen, auch wenn die Methoden anders geworden sind, es ist eine Anstrengung.

    Franceschini: Sprachen lernen ist ein Leben lang möglich — nur das mit der Aussprache wird man nicht so hinkriegen, wenn man eine Sprache später erlernt als im Kindesalter.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 || 01 02



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  • Placebos und Rechtsunsicherheit.

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    0 Comentârs → on Placebos und Rechtsunsicherheit.

    Nach und nach wurden Südtirol während der letzten Jahre Zuständigkeiten genommen, Regierungschef Monti war nur die unverfrorene Spitze des Eisbergs. Laut SVP-Sprech ist mit Enrico Lettas Großer Koalition wieder eitel Sonnenschein zurückgekehrt — was jedoch nicht stimmt.

    In ihrer Ausgabe vom 25. Oktober (Nr. 41/13) widmet sich auch die Südtiroler Wirtschaftszeitung (SWZ) den ‘zurückgegebenen’ Kompetenzen und kommt zu einem vernichtenden Urteil:

    Wettbewerbsrecht — Die angebliche Kompetenzwiederherstellung für Südtirol und der Einzelhandel in Gewerbegebieten

    Verlorener Handelskrieg?

    Südtirol kann den Einzelhandel in Gewerbegebieten einschränken, aber nur bei wirklicher Gefährdung von Gesundheit und Umwelt — und immer unter Beachtung des freien Wettbewerbs. Damit lassen sich Mega-Stores, aber schwerlich kleine und mittlere Betriebe verhindern.

    Der Passus ist kaum ein wirksames Medikament, eher ein juristisches Placebo.

    Das Blatt beruft sich unter anderem auf Aussagen von Fabrizio Cavallar, stv. Leiter des Landesamtes für Rechtsangelegenheiten, dessen Einschätzung auch im Fall der Neuregelung von Grenz- und Gebäudeabständen negativ ausfällt:

    Laut Fabrizio Cavallar […] ist es weiterhin rechtlich riskant, Baugenehmigungen unter Abweichung von den Mindestabständen (in der Regel zehn Meter) auszustellen. Die Situation ist nach wie vor die, wie sie seit dem Urteil des Verfassungsgerichtes ist: die staatlichen Abstandsregeln gelten.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



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  • Selbstbestimmung in der Schweiz.

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    0 Comentârs → on Selbstbestimmung in der Schweiz.

    Seit 1979 ist der schweizerische Jura auf zwei Kantone aufgeteilt. Am kommenden 24. November wird über die Möglichkeit eines Zusammenschlusses abgestimmt. Falls er zustande kommt, entsteht ein neuer Kanton.

    Der Schaffung des jüngsten Kantons der Eidgenossenschaft, dem Jura, waren politische und gesellschaftliche Spannungen bis hin zu Terroranschlägen vorangegangen. Doch der direktdemokratische Weg konnte Schlimmerem vorbeugen, da die Bewohner des nördlichen Jura, rund 165 Jahre nach ihrer Angliederung an Bern, im Jahr 1979 ihren eigenen Kanton gründen durften. Eine erste Abstimmung im Jahr 1959 war noch negativ ausgefallen.

    Der südliche Jura, obwohl wie der Nordteil mehrheitlich französischsprachig, entschied sich jedoch für einen Verbleib beim Kanton Bern, wofür vor allem historische und kulturelle Gründe ausschlaggebend waren. Die Nordjurassier sind größtenteils katholisch, die Südjurassier, wie der restliche Kanton Bern, reformiert.

    Trotzdem sind die Forderungen nie ganz abgeklungen, den Jura ungeachtet der kulturell-konfessionellen Unterschiede kantonal wiederzuvereinigen, was zum nun anstehenden Referendum geführt hat: Formell befinden die BürgerInnen in knapp drei Wochen nicht über die Angliederung der südjurassischen Gemeinden an den bestehenden Kanton Jura, sondern über den Beginn eines Prozesses, an dessen Ende die Schaffung eines völlig neuen Kantons stehen würde. Darauf einigten sich die Regierungen in Delémont (Delsberg) und Bern. Der »klassische« Weg des Kantonswechsels bleibt, sollte die Kantonsgründung scheitern, nach wie vor offen und wird in einzelnen Gemeinden bereits angedacht. Allen Umfragen zufolge wird die »große Lösung« der Wiedervereinigung keine Mehrheit unter den Stimmberechtigten finden.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Mit Map Maker für Mehrsprachigkeit.

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    17 Comentârs → on Mit Map Maker für Mehrsprachigkeit.

    Dass Landkarten nicht immer eine Abbildung der Realität sind, sondern umgekehrt Realität häufig auf dem Papier erschaffen wird, wissen wir Südtiroler aus (schmerzlicher) Erfahrung. In letzter Zeit waren es vor allem die digitalen Medien, die zur einseitigen Verzerrung unserer Geographie beigetragen haben: Indem die historisch gewachsenen Ortsnamen häufig ignoriert wurden, sahen sich etwa auch Touristiker dazu veranlasst, verstärkt auf Tolomeis Erfindungen zu setzen. Politik und Institutionen unterschätzten diese Wirkung vollkommen — und tun dies nach wie vor.

    Einer der wichtigsten Online-Kartendienste mit großem Multiplikatoreffekt ist Google Maps*. Gerade dort konnte während der letzten Monate eine deutliche Verbesserung herbeigeführt werden, unter anderem durch unseren Aufruf, Google auf die Mehrsprachigkeit und offizielle Mehrnamigkeit unseres Landes hinzuweisen. Trotzdem blieb der Erfolg unvollständig, weshalb von großem Vorteil ist, dass nun endlich auch hierzulande Googles Map Maker freigeschaltet wurde. Das ist ein Quantensprung.

    Mittels Map Maker können Nutzer nämlich eigenhändig Änderungen an den Karten vornehmen und von anderen freiwilligen Mitarbeitern vorgeschlagene Anpassungen bewerten. Somit schafft nicht mehr ein Konzern allein die (Abbildung der) Realität, sondern die Community, was eine differenziertere und den örtlichen Gepflogenheiten besser entsprechende Umsetzung ermöglicht.

    Der Umgang mit Map Maker ist denkbar einfach: Es reicht, sich auf das entsprechende Portal zu begeben und mit der Eingabe von Änderungen (in unserem Fall zum Beispiel die Eintragung der »deutschen« und »ladinischen« Ortsbezeichnungen) zu beginnen. Vor Fehlern muss man sich nicht fürchten, da andere Nutzer notfalls durch ihre negative Bewertung dafür sorgen, dass die Änderung nicht in Kraft tritt. Letzteres, die Überprüfung fremder Vorschläge, sollte übrigens nicht unterschätzt werden, da die Verbesserungen andernfalls nicht den Sprung in die öffentliche Karte schaffen.

    Siehe auch: 01 02 03 04

    *) wenngleich glücklicherweise das Wiki-Projekt OpenStreetMap Boden gutmacht.



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  • Sven Knolls Präzisierung.

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    9 Comentârs → on Sven Knolls Präzisierung.

    Vor wenigen Tagen hatten wir thematisiert, dass Sven Knoll (STF) offenbar als Autor für den Eckart tätig war, den das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem einstuft. Als Reaktion darauf hat er uns nun eine Stellungnahme geschickt, in der er darauf hinweist, dass die Publikation bereits vor rund drei Jahren von der Tageszeitung thematisiert worden sei.

    Der Autor des Buches, Andreas Raffeiner, habe Knoll 2008 kontaktiert und mitgeteilt, dass er anlässlich des Gedenkjahres 2009 die Herausgabe eines Buches über Andreas Hofer plane. Er habe Knoll gebeten, einen kurzen Beitrag, eine Art Grußwort für das Buch zu verfassen. Ohne Knolls Wissen und vor allem ohne seine Zustimmung habe ihn Raffeiner dann als Co-Autor des Buches angegeben und es in der Eckartschrift veröffentlicht. Den genauen Inhalt der Publikation sowie die Namen der anderen Co-Autoren habe Knoll vor der Veröffentlichung nicht gekannt. »Das war sicher zu gutgläubig von mir«.



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  • Überlegungen zur »Erneuerung«.

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    7 Comentârs → on Überlegungen zur »Erneuerung«.

    Der Begriff Erneuerung wurde im Wahlkampf arg strapaziert. Damit er jetzt nicht in Vergessenheit gerät, einige Vorschläge, wie Südtirol reformiert werden könnte:

    • Zuallerst natürlich sollte in Südtirol vorurteilsfrei über die politische Zukunft diskutiert und abgestimmt werden können. Im Vordergrund sollte dabei die Frage stehen, ob das derzeit gewählte politische Modell einer autonomen Provinz im Nationalstaat Italien zukunftsfest ist; dabei sollten alle Alternativen analysiert werden, um letztendlich ein innovatives politisches Modell anzustreben, welches eine hohe partizipative und demokratische Teilhabe, Stabilität und Perspektive garantiert.
    • Neben der Absicherung der politischen Zukunft bedarf es einer schonungslosen Analyse des wirtschaftlichen Status Quo. Im Vordergrund müssen dabei das nachhaltige Wirtschaften und die Generationengerechtigkeit stehen. Wir sind an einem Wendepunkt angekommen, bereits heute haben in Italien die Jungen aufgrund schlechter Ausbildung, wirtschaftlicher Misere und Zweiteilung des Arbeitsmarktes (sicher/prekär) wenig Perspektive. Dass sich diese Situation auch in Südtirol weiter verbreitet, muss entgegengewirkt werden. Die skandinavischen Länder könnten hier als Vorbild dienen.
    • Unser Bildungssystem muss hinterfragt werden, Ziel muss es sein, die Kernkompetenzen Lesen/Schreiben/Rechnen zu stärken. Ein besonderes Augenmerk muss dabei auch auf die frühzeitige Förderung naturwissenschaftlicher Kompetenzen gerichtet werden. Ein effektiverer Zweitsprachunterricht Deutsch/Italienisch ist vonnöten.
    • Ein politisches Modell muss verfolgt werden, welches die weitestgehende Selbstverwaltung und -gestaltung der Einnahmen und Ausgaben ermöglicht. Solange wir nicht selbst für die Besteuerung und Einhebung verantwortlich sind, wird sich in der Bevölkerung nie eine Sensibiliserung bezüglich der Ausgaben einstellen. Das Geld im Landeshaushalt kommt nicht »aus Rom«, sondern ist unser aller Geld, welches verantwortungsvoll ausgegeben werden muss.
    • Das Gießkannenprinzip muss ein Ende haben, es gibt wenige Sektoren in Südtirol, die nicht durch Beiträge und Subventionen oder Steuerbegünstigungen am Gängelband der Politik gehalten werden. Dadurch leidet die Konkurrenzfähigkeit und es werden ineffiziente Strukturen gefördert. Die direkten und indirekten Förderungen müssen abgebaut und nur mehr ausgewählte, strategische Bereiche gefördert werden, vor allem auch innovative Kleinstunternehmen, die bisher durch hohen Steuerdruck und rigide Vorschriften in ihrer Entfaltungsmöglichkeit eingeschränkt sind.
    • Die Besteuerung muss auf einer einfachen und gerechten Grundlage für alle erfolgen. Es darf keine Sonderbehandlung für einzelne Sektoren geben, z.B. muss ein Bauer derselben Besteuerung unterliegen wie jeder andere Unternehmer auch; wer wenig verdient zahlt wenig Steuern, wer viel verdient soll seinen Beitrag zur Finanzierung unserer Gesellschaft leisten. Gemeinwirtschaftliche Leistungen, wie Landschaftspflege, müssen abgegolten werden.
    • Investitionen müssen einem strengen Kosten/Nutzen-Prinzip folgen. Wir können es uns nicht mehr leisten, sündteure Projekte allein aufgrund von Bezirksüberlegungen durchzuführen, währenddessen wichtigere Projekte auf Eis gelegt sind. Jedes Projekt muss einer systematischen Prüfung unterzogen werden, nur jene Projekte, die eine hohe Kosten/Nutzen-Bilanz aufweisen, sollen verwirklicht werden. Eine Reihung strategischer Investitionen sollte erfolgen. Das Straßenbauprogramm, welches in den letzten Jahrzehnten tausende Millionen Euro gekostet hat, muss überprüft werden, alternative Infrastrukturen, wie Bahnprojekte, müssen gleichberechtigt behandelt werden. Wir fahren z.B. mit unseren Zügen auf dem Streckennetz des vorletzten Jahrhunderts. Ähnliches gilt für touristische Projekte.
    • Die Zweiteilung des Arbeitsmarktes in sicher/unsicher, geschützt/prekär muss überwunden werden, damit nicht in Zukunft auch noch eine Teilung in Jung/Alt erfolgt. Privilegien bzw. Benachteiligungen wie es zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor gibt (z.B. Mutterschutzregelungen) müssen abgebaut werden, indem der private Sektor aufgewertet und der öffentliche Sektor dem privaten angeglichen wird.
    • Generationengerechtigkeit bzw. nachhaltiges Wirtschaften müssen Priorität erlangen. Unsere den zukunftigen Generationen gegenüber angehäuften Staatsschulden, müssen auf ein erträgliches Maß abgebaut werden.
    • Eine stärkere Regionalisierung muss Einzug halten, dies kann durch eine weitestgehende Selbstverwaltung und Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn auch über Staatsgrenzen hinweg erfolgen. Es müssen strategische Partnerschaften mit anderen Regionen viel stäker gefördert werden.
    • Das europäische Projekt ist nicht zu Ende, Südtirol sollte mit anderen Vorzeigeregionen zusammenarbeiten, um einen weitere Entwicklung der EU zu fördern. Im globalen Umfeld ist Südtirol zu klein, die Nationalstaaten zu schwach (siehe NSA-Spionageskandal), deshalb muss die EU im Sinne der Gründerväter endlich wieder weiterentwickelt werden, indem die Nationalstaaten überwunden und starke Regionen in einem supranationalen Rahmen der EU global handlungsfähiger werden. Südtirol sollte sich mit anderen Regionen an die Speerspitze der Eneuerer der EU stellen.
    • Südtirol muss weltoffener und bunter werden. Nutzen wir die Chancen der Immigration, ohne dabei unsere Traditionen und Herkunft zu vergessen.
      Die unsäglichen Diskussionen vieler selbsternannter Eliten über das provinzielle Südtirol muss ein Ende finden, Provinz ist überall, auch in Großstädten, Heimat hingegen ist ein Menschenrecht (frei nach Robert Menasse).


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  • Priebke: Südtirol als Mülleimer.

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    4 Comentârs → on Priebke: Südtirol als Mülleimer.

    Die Stadt und die Provinz Rom haben es »aus Sicherheitsgründen« abgelehnt, den unreuigen, uneinsichtigen Kriegsverbrecher Erich Priebke auf eigenem Boden bestatten zu lassen — obwohl geltendes Recht eigentlich genau dies vorsähe. Offenbar war es kein Problem, den lebenden Priebke im lockeren Hausarrest zu beherbergen, seiner sterblichen Überreste will man sich aber entledigen.

    Der Südtiroler Parlamentsabgeordnete Florian Kronbichler (SEL/Grüne) hatte die römischen Behörden dazu aufgerufen, ihrer Verpflichtung nachzukommen.

    Sowohl der langjährige Wohnort des ehemaligen SS-Offiziers, Bariloche in Argentinien, als auch sein Geburtsort Hennigsdorf bei Berlin haben es abgelehnt, für Rom in die Bresche zu springen und sich des Leichnams des Kriminellen freiwillig anzunehmen.

    Doch Berichten mehrerer italienischer und Südtiroler Medien zufolge soll nun eine Ortschaft in unserem Lande als Ziel für Priebkes Überreste im Gespräch sein. Möglicherweise wurden sie sogar schon hierher gebracht. Wenn sich aber eine große Stadt wie Rom der Aufgabe nicht gewachsen fühlt, ist völlig unverständlich, warum gerade Südtirol einspringen sollte. Von der symbolischen Bedeutung abgesehen, als Mülleimer der Geschichte für Naziverbrecher herhalten zu müssen, wäre kaum auszudenken, was es für die fragilen Gleichgewichte in unserer Gesellschaft bedeuten würde, sollte sich Priebkes Grab — so der Ort bekannt wird — zur Pilgerstätte Rechtsradikaler entwickeln. Umso mehr, als die rechtlichen Mittel gegen einen derartigen Missbrauch schwach sind.

    Südtirol hat unter dem Faschismus und unter der Achse Rom-Berlin gelitten, Einheimische waren aber auch an grausamen Verbrechen beteiligt. Wir haben jetzt schon eine lebendige Fascho- und Neonaziszene, die auch dank frei herumstehender Faschistendenkmäler gedeihen kann. Es wäre unklug und unverständlich, die Situation noch künstlich zu verschärfen, statt Lösungen für die bestehenden Probleme zu suchen.

    Rom hat die Ablehnung seiner Pflichten auch damit begründet, dass die Stadt die goldene Auszeichnung des Widerstands trägt. Das ist Heuchelei, war doch der Neofaschist Gianni Alemanno bis vor kurzem Bürgermeister und entfalten sich Gruppierungen wie CasaPound weitgehend ungehindert in der Stadt.


    Faschismen/ Medien/ Politik/ · · · · · ·

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  • EU-Ausschluss ist Angstmacherei.

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    6 Comentârs → on EU-Ausschluss ist Angstmacherei.

    Schon einmal hatte sich Professor Bardo Fassbender, der an der Bundeswehr-Universität in München und an der Universität St. Gallen Internationales Recht doziert, mit der Unabhängigkeit von Schottland und Katalonien befasst. Nun wandte er sich dem Thema in einem Gastbeitrag für die NZZ noch einmal genauer zu.

    In seinem Kommentar bezeichnet Fassbender das Argument EU-Ausschluss als »Bangemache«, die in den EU-Verträgen keine Bestätigung finde. Dort nämlich sei der Fall einer Abspaltung genausowenig vorgesehen, wie der Zusammenschluss mehrerer Staaten.

    Die Union «achtet» zwar die Wahrung der territorialen Integrität als eine Aufgabe jedes Mitgliedstaats und sichert nach aussen die Integrität der Union. Sie verteidigt aber nicht ihren eigenen Völkern und Bürgern gegenüber die innerhalb der Union bestehenden Staatsgrenzen.

    Zwar stimme, dass ein Land, das sich von einem EU-Staat abspalte, nicht automatisch Mitglied der Union bleibe. Ein Beitrittsverfahren wie bei der Aufnahme eines Drittstaates sei jedoch undenkbar, besonders wenn dies — trotz Erfüllung der einschlägigen Kriterien — die Beitrittsverhinderung zur Folge hätte:

    Mit dem «Prozess der Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas» (Präambel des EU-Vertrags) ist ein bestrafender Ausschluss eines Volkes, das sich in einem demokratischen und rechtsstaatlichen Verfahren für seine Unabhängigkeit entschieden hat, unvereinbar. Die EU bekennt sich zu den Prinzipien des Völkerrechts, zu denen auch das Recht der Völker auf Selbstbestimmung gehört. Die «Aufforderung an die anderen Völker Europas», sich der Union anzuschliessen (Präambel des Vertrags über die Arbeitsweise der EU), richtet sich auch und gerade an das katalanische Volk nach einer Erlangung der Unabhängigkeit. Die EU ist auf Inklusion, nicht Exklusion angelegt. Dies ergibt sich auch aus Art. 50 EUV, der sogar für den Fall eines freiwilligen Austritts eines Mitgliedstaates aus der Union vorsieht, mit einem Abkommen einen «Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union» festzulegen.

    Der Europäische Gerichtshof habe zudem schon 1963 festgestellt, dass nicht nur die Mitgliedsstaaten, sondern auch die Einzelnen als Rechtssubjekte der Union anzusehen seien. Bisherigen EU-Bürgern die 1992 eingeführte Unionsbürgerschaft wieder abzuerkennen, ist deshalb wohl keine Option.

    Nichtsdestoweniger würde der etwaige Ausschluss eines Landes wie Katalonien nicht nur gegen europäische Werte, sondern aufgrund seiner Wirtschaftskraft und seiner Rolle als Transitland auch gegen handfeste Interessen der Union verstoßen. (Südtirol ist übrigens wichtigstes Transitland zwischen den zwei G8-Staaten Deutschland und Italien.)

    Fassbender kommt zum Schluss, dass die EU im Falle einer katalanischen Unabhängigkeit sogar »auf eine weitere Zugehörigkeit des Landes in der EU drängen« würde.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 || 01 02 03



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