Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Zwei Fehlersuchbilder.

    Diese beiden Briefmarken sehen auf den ersten Blick völlig identisch aus. Aber nur auf den ersten Blick. Bei der einen hat sich ein Fehler eingeschlichen, der auf der anderen nicht zu sehen ist. Wer findet ihn?

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    Hier noch ein zweites – schwierigeres Beispiel. Wieder könnte man meinen, dass es sich um ein und dieselbe Marke handelt. Doch auch hier ist ein Fehler versteckt.

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    Siehe auch: 01



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  • Für eine Europäische Republik.

    Nach dem griechischen Fiasko stellt sich die Frage, wie es in Europa weitergehen soll. Angesichts der dramatischen Entwicklungen und der Gefahr, dass weitere Staaten wie beispielsweise Italien oder Frankreich in Zukunft in eine ähnliche Situation kommen können, sollten die eigentlichen Ursachen erforscht und beseitigt werden. In jedem Staat mit hoher Staatsverschuldung gibt es unterschiedliche Gründe, wie es zu dieser Entwicklung kam. Fakt ist, dass die Dynamik einer immer höheren Staatsverschuldung aufgrund zunehmender Zinszahlungen und mangelndem Wachstum, irgendwann zu einer ausweglosen Situation führt. Griechenland zeigt in geradezu exemplarischer Weise, dass eine zu hohe Verschuldung irgendwann außer Kontrolle gerät und die nationale Politik um dies aufzuhalten über keinerlei wirksamen Instrumente mehr verfügt. Gleichzeitig leiden große Teile der Bevölkerung an einer zunehmenden Verarmung, da der Staat nicht mehr in der Lage ist, durch Investitionen und Sozialmaßnahmen für mehr Wachstum und Gerechtigkeit zu sorgen. Überspitzt gesagt, können auch alle Nullwachstumsbefürworter anschaulich verfolgen, welche dramatischen Auswirkungen mangelndes Wachstum auf eine moderne Volkswirtschaft hat.

    Was kann ein Ausweg sein?

    Das europäische Projekt hatte seit den fünfziger Jahren bis in die 2000er Jahre eine unglaubliche Erfolgsgeschichte vorgelegt, als Friedensprojekt von Schumann und Monnet gestartet, wurde die Vision bis zur Einführung des Euros in konkrete Taten umgesetzt. Dann kam der Stillstand und damit auch die Krisen. Statt Europa auch durch eine politische Union durch Abschaffung der Nationalstaaten im Sinne der Gründerväter zu vollenden, haben die nationalen Regierungen stets versucht, keine allzu großen Kompetenzen abzugeben und damit ihre Daseinsberechtigungen zu behalten. Wäre bereits vor zehn Jahren eine vollständige politische Union durch Abschaffung der nationalen Parlamente und Aufwertung des europäischen Parlamentes vollzogen worden, dann wären auch wie im Falle Griechenlands derartige Verwerfungen durch einheitliche Mindeststeuersätze und -kontrollen, Haushaltsdisziplin und eine gemeinsame Wirtschaftspolitik kaum möglich gewesen. Auch hätten gezielte Eingriffe zugunsten wirtschaftlich schwächere Mitglieder der Union im besten Fall eine kohärentere Entwicklung in den einzelnen Regionen der EU ermöglicht.

    Die Wende

    Nur sind wir an einem Tiefpunkt und gleichzeitig an einem Wendepunkt angelangt; so kann es in keinem Fall weitergehen, Griechenland wird auf absehbare Zeit massive Unterstützung und einen Schuldenschnitt benötigen, andere Länder, wie etwa Italien, sind schon heute an einem Punkt, wo ein Schuldenabbau realistisch gesehen unmöglich ist und gleichzeitig Wachstum kaum mehr bzw. nicht in ausreichendem Maße erzielt werden kann. Es gilt nun in Europa eine Kehrtwende einzuleiten: Robert Menasse hat bereits früher zu einer Gründung einer Europäischen Republik aufgerufen, nun formiert sich eine breitere Basis, welche in einem lesenswerten Artikel in der Zeit unter anderem folgendes fordert:

    Europa muss umgestülpt werden, das ist der – friedliche – revolutionäre Akt Europas im 21. Jahrhundert: Politische Gleichheit würde bedeuten, dass die europäischen Bürger gleich sind bei europäischen Wahlen, bei den bürgerlichen Steuern und bei ihrem Zugang zu sozialen Rechten – genau das wäre eine Europäische Republik! Das kann selbstverständlich nicht über Nacht, nicht einmal in wenigen Jahren passieren. Aber es kann als politisches Ziel formuliert werden, damit das europäische Projekt wieder einen Fingerzeig in Richtung Zukunft sieht.

    Zudem wurden eine Website eingerichtet und ein Manifest veröffentlicht:

    Was wir wollen

    Unser Plan für die Zukunft Europas ist republikanisch. Um politische Gleichberechtigung, soziale Gerechtigkeit und die Achtung von Menschenrechten zu erreichen, sind wesentliche Veränderungen hin zu einem demokratischen System, das diesen Namen verdient, notwendig. Unter anderem fordern wir:

    • Eine einheitliche europäische Regierung, die dem Prinzip der Gewaltenteilung unterworfen und durch transnationale Wahlen gewählt ist.
    • Ein transnationales Sozialhilfesystem, das eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung einschließt. Dies sollte unabhänig davon sein, ob wir heute in Frankreich oder Polen arbeiten und morgen in Spanien und unser Ehepartner einer anderen Nationalität hat.

    Es ist an der Zeit, mutig zu sein und neue Wege für ein anderes Europa einzuschlagen.

    Jonathan Buhl, Daphne Büllesbach, Victoria Kupsch,
    Nora Rahtje, Benjamin Zeeb

    Eigentlich viel zu wenig, denn zumindest sollten die nationalen Parlamente abgeschafft und/oder in Länderkammern umgewandelt werden, es bedarf einheitlicher europäischer Regeln im Steuersystem und in der Wirtschaftspolitik und noch vieles mehr. Zudem ist nicht geklärt, was aus den Staaten bzw. Regionen wird. Menasse wurde in einem Artikel vor mehr als zwei Jahren deutlicher:

    Die Idee einer Europäischen Republik, in der die europäischen Regionen, ohne ihre Eigenart zu verlieren, in einem freien Zusammenschluss aufgehen, in den Rahmenbedingungen eines gemeinsamen Rechtszustandes, anstatt organisiert zu sein in Nationen, die miteinander konkurrieren – diese Idee wäre der normative Sollzustand, an dem wir jede europapolitische Entscheidung vernünftig messen könnten. Es gibt keine nationalen Interessen, es gibt menschliche Interessen, und diese sind im Alentejo keine anderen als in Hessen oder auf dem Peloponnes.

    Für die Begründung einer Europäischen Republik bräuchten wir eine Rekonstruktion der Idee, mit der das Europäische Projekt begann. Denn die heutige EU ist ein Torso, an dem so lange modelliert und dann wieder dies und das abgeschlagen wurde, dass niemand mehr die Idee erkennt. Die Rekonstruktion der Idee wäre eine Revolution im Denken, der die Wirklichkeit nicht standhielte.

    Die gegenwärtige Diskussion verbohrt sich in einer unproduktiven Diskussion um “mehr Europa”, einer sinnlosen Floskel, weil es nicht “mehr Europa” geben kann, ohne die (Rest-)Souveränität der Nationalstaaten infrage zu stellen.

    Das Europa, in dem wir leben, ist auf Dauer in seiner politischen Ökonomie nicht tragfähig und wird notwendigerweise implodieren, denn nationale Demokratie und transnationale Wirtschaft fallen auseinander. Wir leben in einem Währungsraum und tun doch so, als ob die Volkswirtschaften noch nationale wären, die notwendig in Konkurrenz zueinander stehen. Doch diese Konkurrenz wendet die Not nicht, sie produziert Not. Das Land, in dem wir leben, ist längst Euroland und die nationalen Grenzen genauso wie die nationalen Interessen sind eine Fiktion: Die Wertschöpfungskette ist eine europäische.

    Darum braucht Euroland eine transnationale Demokratie: eine Europäische Republik, mit gleichen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechten und Regeln für alle. Denn die Gründe für die Eurokrise liegen nach der Entkopplung von Markt und Staat durch den Vertrag von Maastricht im Fehlen von gesamteuropäischen Rahmenbedingungen, die den Verlust einzelstaatlicher Souveränitäten in einem gemeinsamen politischen Gestaltungswillen aufheben. Das politische System Europas kann sich nicht mehr lange um diese Frage herumdrücken, wenn es demokratisch und sozial bleiben will.

    Diese Aussagen sind ganz im Sinne von .

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06



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  • Starke Unabhängigkeitsliste in Katalonien.

    Die Vorbereitungen für den 27. September laufen in Katalonien auf Hochtouren. Für dieses Datum hat Präsident Artur Mas vorgezogene Neuwahlen angesetzt, die als Plebiszit für oder wider die Unabhängigkeit dienen sollen. Schon seit Wochen machen die wichtigsten zivilgesellschaftlichen Akteure, die die Loslösung der Region von Spanien unterstützen (vor allem Òmnium Cultural und ANC) für eine Einheitsliste stark, auf der alle kandidieren, die die Unabhängigkeit befürworten. Obschon eine Einheitsliste von dem in Katalonien geltenden Wahlgesetz eher benachteiligt würde, soll der gemeinsame Auftritt für mehr Sichtbarkeit und größere Attraktivität sorgen.

    CiU aufgelöst
    Die langjährige Parteienkoalition CiU aus Convergència Democratica de Catalunya (CDC) und Unió Democratica de Catalunya (UDC), der auch Präsident Artur Mas (CDC) angehörte, wurde kürzlich beendet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die deutlich kleinere, christdemokratische UDC den expliziten Unabhängigkeitskurs von Artur Mas nicht mehr mittragen wollte. Sämtliche UDC-Mitglieder verließen die katalanische Regierung und wurden von Mitgliedern der liberalen CDC ersetzt. Allerdings waren zahlreiche Mitglieder von UDC (die bei einer UDC-internen Abstimmung fast 50% erreichten) mit dem Bremsmanöver ihrer Partei nicht einverstanden, traten aus und nähern sich nun unter der Bezeichnung Demòcrates abermals CDC an. Die UDC trägt auch weiterhin den Wunsch nach Selbstbestimmung (Prozess) mit, lässt aber das Ziel (Unabhängigkeit bzw. Autonomieausbau) offen.

    CDC und ERC

    Während sich die UCD von CDC trennte, näherten sich CDC und Linksrepublikanerinnen (ERC) weiter an. ERC unterstützt die katalanische Regierung von Artur Mas seit den Neuwahlen von November 2012 von außen. CDC, ERC und die radikal linke CUP verhandelten während der letzten Wochen gemeinsam über das weitere Vorgehen in Hinblick auf den 27. September. Während die CUP eine Einheitsliste ablehnt und in jedem Fall alleine kandidieren möchte, konnten sich CDC und ERC auf einen gemeinsamen Antritt einigen. Ausschlaggebend dürfte wohl unter anderem der starke Druck von Òmnium Cultural und ANC gewesen sein, denn während Artur Mas schon seit langem eine Einheitsliste vorgeschlagen hatte, war ERC stets skeptisch geblieben.

    Die Positionen

    Die linksrepublikanische ERC und die liberale CDC sind laut fast allen repräsentativen Umfragen die beiden stärksten Parteien des Landes. Sie stehen für ein »Ja« zur Unabhängigkeit von Spanien und tragen den laufenden Prozess in vollem Umfang mit. Die deutlich kleinere CUP spricht sich ebenfalls für das »Ja« aus, möchte aber wie erwähnt ein eigenes Profil beibehalten und gesondert zur Wahl antreten. Noch auf keine endgültige Linie konnten sich die Grünen (ICV) einigen: Zwar gibt es wohl keine Partei, die sich stärker für die Selbstbestimmung (Prozess) einsetzt, allerdings pocht die Öko-Partei bislang auf die Abhaltung einer Volksabstimmung anstelle der plebiszitären Wahl. Dies wird jedoch von Madrid strikt abgelehnt. Ob sich innerhalb von ICV die »Realos« durchsetzen können, die schon jetzt dafür werben, dass die Partei sich am 27. September ebenfalls für die Unabhängigkeit ausspricht, wird sich weisen. Ebenso darf man gespannt sein, welche Rolle letztendlich UDC und die Dissidenten von Demòcrates einnehmen werden. Podem (und ähnliche Initiativen, die während der letzten Wochen und Monate im Vorfeld der Gemeindewahlen entstanden waren) müssen sich ebenfalls erst in Position bringen, so sie im September überhaupt antreten werden.

    Die Liste

    Gestern wurde offiziell bekanntgegeben, dass sowohl CDC als auch ERC die von der Zivilgesellschaft ausgegangene Einheitsliste unterstützen und dafür auch bereit sind, etwas in den Hintergrund zu treten. Platz zwei auf der Liste soll mit Carme Forcadell der ehemaligen Vorsitzenden der ANC gehören, Platz drei der Präsidentin von Òmnium Cultural, Muriel Casals. Erst auf Platz vier und fünf würden — in dieser Reihenfolge — der derzeitige katalanische Präsident Artur Mas (CDC) und der ERC-Vorsitzende Oriol Junqueras kandidieren.
    Die echte Überraschung stellt aber Listenführer Raül Romeva dar — er ist ehemaliger Europaabgeordneter der katalanischen Grünen (ICV) und hatte nach Beendigung seines Mandats die Parteimitgliedschaft zurückgelegt, weil sich die Grünen seiner Auffassung nach zu wenig für die Unabhängigkeit engagiert hatten. Romeva genießt im Land (parteiübergreifend) sehr viel Respekt und Ansehen, nach wie vor auch innerhalb von ICV.

    Erste Umfragen

    Schon vor deren konkretem Zustandekommen wurden einer Einheitsliste in Umfragen exzellente Erfolgschancen prognostiziert. Aufgrund des starken Drucks von ANC und Òmnium Cultural, einen gemeinsamen Auftritt zu organisieren, hatten Meinungsforscher im Auftrag katalanischer Medien bereits nach den Aussichten für ein derartiges Projekt geforscht — und das Ergebnis war, dass eine solche Liste möglicherweise aus dem Stand über 50% der Wählerstimmen auf sich vereinen könnte. Nicht unwahrscheinlich, dass auch diese Aussicht ERC dazu veranlasste, sich schlussendlich auf das Experiment einzulassen.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Ehrenvoller… Nazi.
    Quotation

    Peter wird in der Geschichte des Freiheitskampfes der sechziger Jahre, aber auch im friedlichen Kampf bis heute, immer ehrenvoll zu nennen sein.

    Aus dem Nachruf für den gestern verstorbenen Südtirol-Aktivisten Peter Kienesberger, verfasst von Roland Lang in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Heimatbundes.

    Der in Nürnberg lebende Kienesberger war Ende der 60er Jahre Mitbegründer der — 1988 wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verbotenen — NDP und verbreitete laut bayerischem Verfassungsschutz über seinen »Buchdienst Südtirol« bis zuletzt rechtsextremistisches Gedankengut.

    Hinweis: In einer früheren Fassung dieses Beitrags war Kienesberger als Mitglied der schlagenden Burschenschaft Brixia bezeichnet worden. Offenbar war er jedoch zumindest kein Vollmitglied der Vereinigung; nachdem er kein Student war, wäre ihm dies angeblich nicht gestattet gewesen.



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  • Unappetitliches grün-grün.

    In Südtirol ticken die Uhren anders, das wissen gerade wir Selbstbestimmungsbefürworterinnen ganz genau. Denn während die Selbstbestimmung welt- und europaweit ein linkes (und grünes) Thema ist — nicht zufällig bilden Ökosoziale und Selbstbestimmungsbefürworter (Europäische Freie Allianz) im Europaparlament eine gemeinsame Fraktion — ist es in Südtirol gerade für die (meisten) Linken und Grünen ein rotes Tuch. Dies hatte etwa auch im Vorfeld der Abstimmung in Schottland absurde Allianzen zur Folge.

    Ein weiteres Beispiel sei das Koalitionsverhalten der Grünen im Bozner Stadtviertel E-Neu, wo sie in meinen Augen ihre restliche Glaubwürdigkeit verloren haben. Erst kürzlich hatten wir kritisiert, dass der angeblich progressive PD in ebendiesem Stadtviertel — zusammen mit der Volkspartei — den Lega-Vertreter Giacomazzi ins Amt des Vorsitzenden gewählt hatte. Nun stellt sich nach anfänglichen Zweifeln heraus, dass auch die Grünen Teil dieses demokratischen Trauerspiels sind, weil nämlich auch die grüne Vertreterin Carla Leverato diesen Herrn gewählt hat, dessen Partei in Italien mit CasaPound (CPI) und in Europa mit dem Front National gemeinsame Sache macht.

    Es stimmt zwar, dass mit Caterina Foti (AAnC, mitunterstützt von CPI) und Franco Giacomazzi nur zwei »Unwählbare« zur Auswahl standen. Aber muss man zwischen Faschismus und Faschismus wirklich wählen? Kann man nicht zweimal dagegen stimmen, sich enthalten? Zumal Herr Giacomazzi rechnerisch auf Leveratos Stimme gar nicht angewiesen war, um die Wahl zu gewinnen.

    Noch ein paar Hinweise:

    • Giacomazzi wurde im ersten Wahlgang gewählt, das ist kein Signal für irgendwelche Schwierigkeiten, die man ihm durchaus hätte bereiten können. Es war ein Durchmarsch.
    • Laut Sitzungsprotokoll wurde Sandro Trigolo von CasaPound zum Stimmenzähler ernannt. Ausgrenzung und politische Ächtung offen antidemokratischer Bewegungen sehen anders aus; da wurde der Bock sogar noch zum Gärtner gemacht.
    • Während der Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer Stadtregierung hatten dieselben Bozner Grünen den Bürgermeister — in meinen Augen zu Recht — vor einer opportunistischen Koalition mit der rassistischen Lega gewarnt. Wie passt das nun aber zusammen?
    • Wegen eines Kaufhauses hätten die Grünen fast die Mehrheit platzen lassen — und drohen nach wie vor damit. Die Unterstützung der Lega scheint weniger Probleme zu bereiten… Prioritäten eben.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 | 01



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  • Nationale Logik auch am Tankautomaten.

    Die nationale Logik greift in hunderten Bereichen des alltäglichen Lebens, sie steckt Bewohnerinnen eines Nationalstaats allein aufgrund der geographischen Herkunft in eine sprachlich-kulturelle Zwangsjacke — ein Phänomen, das auch die digitale Welt voll erfasst hat, obschon man meinen möchte, dass Computersysteme individuelle Lösungen erleichtern sollten. Eine der unzähligen Situationen, in denen die nationale Logik greift, möchte ich mal wieder exemplarisch aufzeigen.

    Man ist als Deutschsprachiger in Österreich (also in einem mehrheitlich deutschsprachigen Land) unterwegs und möchte am Tankautomaten Treibstoff zapfen.

    Tankomat 1/2.

    Im Wartemodus fordert der Tankautomat (Abb. 1) auf Deutsch dazu auf, eine Karte einzustecken. Am oberen rechten Eck gibt es — wie meistens in Österreich, aber nicht im mehrsprachigen Südtirol — eine Sprachwahl. Führt man eine Südtiroler Bankomatkarte ein, wechselt der Automat automatisch die Sprache (Abb. 2). Das ist wohl als Service gemeint, doch ab diesem Punkt greift die sogenannte nationale Logik. Die Karte wurde in Italien (unter der nationalen Ebene wird geographisch offenbar nicht unterschieden) ausgegeben, also stellt das System auf Italienisch um. Für viele SüdtirolerInnen ist die Sprachwahl damit wohl »gegessen«, denn für einen einfachen Vorgang wie die Betankung des eigenen Fahrzeugs ist das Aufrufen des Sprachmenüs wohl zu aufwändig.

    Falls elektronisch erhoben wird, ob die vorgeschlagene Sprache akzeptiert wird oder ob die Kunden manuell eine andere Sprache aussuchen, wird man so wohl zum Ergebnis gelangen, dass fast alle (darunter sicher auch viele, die von sich aus nicht die italienische Sprache aufgerufen hätten) die vorgeschlagene Sprache beibehalten. Eine Bestätigung für das der nationalen Logik folgende System.

    Tankomat 3/4.

    Machen wir aber die Probe aufs Exempel: Wir akzeptieren die aufgrund der Südtiroler Bankomatkarte vorgeschlagene Sprache nicht und kehren manuell zur deutschen Sprache zurück (Abb. 3). Wie gesagt: Eine (noch dazu so umfangreiche) Sprachwahl gibt es in Südtirol in der Regel nicht, hier gilt eher »siamo in Italia, si parla italiano« — die alte Form der nationalen Logik. Die Aufforderung, die Geheimzahl einzutippen, wird nun auf Deutsch angezeigt (Abb.4).

    Tankomat 5/6.

    Trotzdem wechselt der Automat bei der Überprüfung der Karte (Abb. 5) kurzfristig in die italienische Sprache zurück, bevor die Tankanweisung auf Deutsch erfolgt (Abb. 6). Nicht einmal die ausdrückliche, manuelle Sprachwahl gestattet es einer deutschsprachigen Südtirolerin (mit einer in Südtirol, ergo auf italienischem Staatsgebiet) ausgestellten Bankomatkarte, in Österreich vom Automaten auf Deutsch »bedient« zu werden.

    Es geht hier natürlich nicht darum, nicht mit der italienischen Sprache in Kontakt zu kommen. Im Regelfall dürfte für die allergrößte Mehrheit der Südtirolerinnen ein Tankvorgang auf Italienisch absolut kein Problem darstellen (man ist es im Übrigen aus der Heimat nicht anders gewöhnt). Bedenklich ist jedoch, mit welcher Persistenz man als Bewohnerin eines Nationalstaats in die von der nationalstaatlichen Logik vorgegebene Rolle gezwängt wird, egal, ob man sich im In- oder im Ausland befindet.

    Noch mehr als für gebürtige SüdtirolerInnen ist es für sogenannte »neue Südtirolerinnen« eine klare Message für die Prioritäten in ihren Integrationsanstrengungen, wenn sie als BewohnerInnen dieses mehrsprachigen Landes in eine so wirkungsmächtige Schablone gezwängt werden, die sich bis in die unbedeutendsten Bereiche des Alltags bemerkbar macht. Auf Dauer sind das keine guten Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung von Mehrsprachigkeit und Vielfalt.

    Was hier anhand eines Tankautomaten beschrieben wurde, passiert zum Beispiel auch an Geldautomaten (ATM), wo mir bereits widerfahren ist, dass im Ausland — selbst im deutschsprachigen — gar keine andere Sprache verfügbar war, als die lingua franca nazionale.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10



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  • Madrid und València verbannen Franco aus dem Straßenverzeichnis.

    Sowohl die größte, als auch die drittgrößte Stadt Spaniens, Madrid und València, wurden seit 1991 — also für fast 25 Jahre — ununterbrochen von der rechten Volkspartei (PP) des derzeitigen spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy regiert. In beiden Städten kam es, wie auch in der zweitgrößten Stadt des Staates, Barcelona, bei den diesjährigen Gemeindewahlen zum Regierungswechsel, den sich viele seit langem wünschten.

    In der gesamtstaatlichen Hauptstadt regiert seitdem Bürgermeisterin Manuela Carmena von Ahora Madrid, einem Bündnis aus Podemos und Ganemos. Die Bürgermeisterin der katalanischen Hauptstadt heißt Ada Colau und ist Ausdruck der zivilgesellschaftlichen Plattform Barcelona en Comú, während in València Joan Ribó i Canut von Compromí­s regiert, einem langjährigen linksgrünen Parteienbündnis. Somit sind die BürgermeisterInnen der drei größten Städte im spanischen Staat politisch links anzusiedeln.

    Sowohl Manuela Carmenas als auch Joan Ribó i Canut (und ihre jeweiligen Koalitionen) haben kurz nach der Wahl angekündigt, dass sie in ihren Städten ein massives Programm zur Umbenennung von Straßen und Plätzen umsetzen wollen, um mit dem Erbe des Franco-Regimes aufzuräumen. Barcelona hatte bereits unmittelbar nach der demokratischen Wende — Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre — einen klaren Schlussstrich gezogen und die Diktatur aus den Straßenbezeichnungen verbannt.

    In Madrid sollen während der kommenden fünf Jahre rund 170 Bezeichnungen geändert, im zweisprachigen València (wo Kastilisch und Valencianisch, eine Variante des Katalanischen, gesprochen wird) etwa einhundert. Bereits 2007 hatte die Regierung von José Luis Rodrí­guez Zapatero (PSOE) ein Gesetz (Ley de Memoria Histórica) beschlossen, das die Kommunen unter anderem dazu verpflichtet, Symbole, Denkmäler und Bezeichnungen zu entfernen, die den Franquismus verherrlichen. Vom PP geführte Verwaltungen verschleppten dies mehr oder weniger systematisch, wiewohl etwa auch in Madrid bereits Straßenbezeichnungen geändert und die meisten Franco-Statuen entfernt wurden.

    Die Bürgermeisterin von Madrid hat angekündigt, die Neubenennung von Straßen und Plätzen aufgrund von Vorschlägen aus der Bevölkerung vornehmen zu wollen. Vorrang soll die Ehrung von Frauen haben, um das bestehende Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern abzumildern.

    In Südtirol, zumal in der Landeshauptstadt Bozen, gibt es auch 70 Jahre nach dem Ende der Diktatur noch immer zahlreiche Denkmäler und Bezeichnungen von Straßen und Plätzen, die direkt oder indirekt den Faschismus verherrlichen. Eine ernsthafte Absicht, die belastenden Bezeichnungen zu ersetzen, ist nicht erkennbar.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07 08 || 01 02



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  • Wer ist hier der Clown?

    Ich entschuldige mich im Voraus für das, was jetzt kommt. Das Chaos, die Gedankensprünge und die Zusammenhänge, die keine sind. Dies ist kein gewöhnlicher Artikel, sondern ein Gedankenprotokoll. Spontan niedergeschrieben.

    Undifferenziertheit, Bigotterie und Schwarz-Weiß-Malerei bestimmen den politischen und medialen Kurs dieser Tage. Dies ist zumindest mein Eindruck. Egal ob ich Merkel, Obama, Putin oder Tsipras höre oder ob ich Bild, Focus, Zeit oder Welt lese. Ukraine, Griechenland, Flüchtlingsströme. Symptombekämpfungen werden als Lösungen präsentiert, Täter zu Opfern — und vice versa — gemacht sowie Deutungshoheiten über richtig und falsch beansprucht.

    Auslöser dafür, dass ich nun die Gedanken, die schon seit langer Zeit in meinem Kopf rumschwirren, niederschreibe, war ein kürzlich erschienenes “Vorausgeschickt” zum Thema Griechenland unter dem Titel “Am Ende nur Verlierer” von Rainer Hilpold in den Dolomiten. Es ist exemplarisch für die Art und Weise, wie ein Großteil der Medien heutzutage tickt. Die Regierung Tsipras sei — sinngemäß — des griechischen Volkes nicht würdig, eine Clowntruppe, argumentationsunempfindlich, populistisch, manipulativ und im Schwarz-Weiß-Denken verhaftet. Grautöne und Argumente sucht man paradoxerweise aber auch in Hilpolds Analyse vergeblich.

    Ich bin weder “Putinversteher” noch glaube ich, dass Tsipras alles richtig macht. Im Gegenteil. Der Kremlchef bewegt sich nahezu unentwegt außerhalb demokratischer Standards und ein Linker, der sich Rechtsradikale in die Regierung holt, ist mir grundsätzlich suspekt. Es geht mir hier vielmehr um die Oberflächlichkeit, die den Diskurs bestimmt. Um die Tendenz, politische Gegner nicht argumentativ zu entzaubern, sondern auf persönlicher Ebene zu delegitimieren. Um die Heuchelei, dem Gegenüber jenes Fehlverhalten anzukreiden, das man bei sich selbst geflissentlich übersieht. Um die Taktik, Dinge nur oft genug wiederholen zu müssen, dass sie wahr werden — auch wenn sie jeglicher Grundlage entbehren.

    Populismus, Radikalismus und Extremismus sind Wörter, die einem schnell über die Lippen gehen. Tsipras’ politische Heimat mag vielleicht radikal, von mir aus auch populistisch sein, aber extremistisch im politikwissenschaftlichen Sinne ist sie nicht. Und wenn wir das Wort “Extremismus” einmal nicht in seiner wissenschaftlichen Bedeutung verstehen, dann könnten wir ja auch umgekehrt argumentieren bzw. fragen: Ist ein System, das auf der einen Seite unglaublichen Reichtum und auf der anderen Seite unfassbare Armut produziert nicht auch eine Form von Extremismus? Ist es nicht extrem, dass diese Schere im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise noch weiter auseinandergeklafft ist? Ist es nicht extrem, dass Menschen mit einem Vollzeitjob sich das Leben in Europa nicht leisten können? Ist es nicht extrem, dass unser System halb Afrika als “Wirtschaftsflüchtlinge” zur Abwanderung gen Norden zwingt? Ist es nicht extrem, dass wir Leuten, die auf unsere Kinder (Kindergartenpersonal, Lehrer…), Gesundheit (Krankenschwestern, Pflegerinnen…) und körperliche Unversehrtheit (Feuerwehr, Polizei…) achtgeben, weniger bezahlen als jenen, die auf unser Geld schauen? Ist es nicht extrem, dass wir privaten Bankkonzernen, die ihre unternehmerische Sorgfaltspflicht vernachlässigt haben, ihr ureigenstes unternehmerisches Risiko abnehmen und mit öffentlichen Steuermilliarden unbedarfter Bürger die Löcher neoliberaler Exzesse stopfen? Ist es nicht extrem, wenn die Lösung des durch hohe Politik und Hochfinanz verschuldeten Desasters, die Arbeitslosenzahlen explodieren und die ohnehin schon Armen ausbluten lässt, während die Reichsten ihren Wohlstand in wirtschaftlich schweren Zeiten zu ungunstenen der Schwächsten ausbauen, ja sogar durch geschickte Spekulation die Krise selbst zu ihrem Vorteil nutzen konnten?

    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist Tsipras’ und Varoufakis’ “Verbrechen”, dass sie gegen dieses System sind, dass sie politisch nicht in der neoliberalen Brüsseler Lobby sozialisiert wurden und dass sie ihre Wahlversprechen halten wollen. Sie möchten nicht auf einem Weg, der offensichtlich — seit Jahren — zu keiner nachhaltigen Lösung führt, noch schneller voran gehen. Sie wollen einen anderen Weg gehen. Ob es der richtige ist, kann ich nicht beurteilen. Aber die Forderung danach ist politisch legitim. Und viel falscher als der bisherige Weg kann er wohl nicht sein. Wenn dann EU-Parlamentspräsident Martin Schulz die vom griechischen Volk gewählte Regierung als “Spaßhanseln” und “nicht ernstzunehmende Gesprächspartner” bezeichnet, ist das nicht nur demokratiepolitisch ein starkes Stück. (Helle Aufregung herrschte, als Varoufakis seine Verhandlungsgegner im Anschluss des Terrorismus bezichtigte. Man könne nicht auf so einem Niveau miteinander sprechen, hieß es von Seiten der EU). Da passte es dann auch gut ins Bild, dass die Ankündigung einer demokratischen Urabstimmung die EU-Verantwortlichen völlig aus der Bahn wirft und auszucken lässt. Oder wie es der Postillon ausdrückte: “Wo kämen wir denn hin, wenn jetzt auf einmal die Menschen über ihr eigenes Schicksal entscheiden dürften? Wir steuern direkt in eine Volksherrschaft, wenn dieses Beispiel Schule macht.” Man mag Tsipras vieles vorwerfen können. Aber Schuld an den Problemen Griechenlands oder gar der ganzen Eurokrise trifft ihn keine. Er ist gerade einmal ein halbes Jahr im Amt. Die Milliardenkatastrophe haben schon die “ernstzunehmenden Realisten” von den Sozialdemokraten und Konservativen zu verantworten. Diese sind dann paradoxerweise genau jene, die die einzig wahre Lösung für jene Misere parat haben wollen, die sie und ihre Berater (Experten aus der Hochfinanz) zu verantworten haben und die jetzt jeden Ansatz außerhalb ihres Systems ins Lächerliche ziehen und als “Träumerei” abtun. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Das ist von der Logik her ungefähr so kohärent wie ein Einbrecher, der Alarmanlagen verkauft. Da können Tsipras und Co. noch lange Clown spielen, bis sie den Schaden anrichten werden, den ihre etablierten Kritiker bereits angerichtet haben. Wobei Clownerie das Letzte ist, was mir in den Sinn kommt, wenn ich diesen Brief von Alexis Tsipras im Handelsblatt lese oder mir diesen stringent argumentierten TED-Talk von Yanis Varoufakis ansehe, der mich inhaltlich an eine der besten und visionärsten Bundestagsreden überhaupt erinnert — Gregor Gysi 1998 anlässlich der Einführung des Euros: Man kann einen Kontinent nicht über Geld einen”. Gezwungen, Tsipras, Varoufakis oder Gysis Meinung zu teilen, bin ich deshalb trotzdem noch lange nicht. Nur soviel: wenn Gregor Gysi heute genau so präzise die Zukunft vorhersagt, wie er es damals getan hat, dann gnade uns Gott.

    Das hält die deutsche Presse (und nicht nur die) aber nicht davon ab, die griechischen Politiker in lächerlichster Art und Weise persönlich anzugreifen, anstatt ihnen argumentativ entgegenzutreten – und da muss man gar nicht einmal die Bild-Zeitung zitieren. Unter dem Titel “Gianis Varoufakis verdiente sich als Finanzminister eine goldene Nase” wirft das nicht offen boulevardeske Magazin focus.de dem Wirtschaftsprofessor (Universität Athen, Cambridge University, University of Texas) vor, “abgecasht” zu haben. Er habe 75 Euro (sic!) Sitzungsgeld, eine monatliche Telefonkostenpauschale von 616 Euro sowie 1.780 Euro für sein Athener Büro zusätzlich zum Ministergehalt bezogen. Dieses belief sich für 22 Wochen auf 31.000 Euro brutto. Das verdient der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, eines jener Institute, das durch die “Milliardenkredite” an Griechenland seine selbstverschuldeten Ausfälle vom Steuerzahler ersetzt bekommt, am Tag und Wolfgang Schäuble in acht Wochen! Zudem habe Varoufakis, obwohl er keine Politikerpension beziehen wird, keine Zukunftssorgen, denn er bekomme als Professor an der Uni 2.200 Euro brutto und sei ein erfolgreicher Buchautor (Schande aber auch!). In einem Video legt focus.de dann noch nach:

    Auch uns hat Varoufakis mit seinen betont lässigen Auftritten in Muskelshirt und Lederjacke genervt. Während sich die griechischen Bürger mit Geldsorgen plagen, ließ er es sich bei einem Glas Wein mit seiner Frau Danae auf einer Dachterrasse in Athen gut gehen.

    Wo hier der Informationswert ist, bleibt schleierhaft. Aber die Diktion fügt sich nahtlos in die vorherrschende personen- und nicht sachzentrierte Rhethorik ein. Wir lernen: Es kommt nicht auf Inhalte an, sondern wie ich mich anziehe. Und als Inhaber eines der undankbarsten, verantwortungsvollsten und zeitaufwändigsten Jobs der Welt darf man sich nicht einmal mit seiner Frau bei einem Glas Wein entspannen. Selten bekommt man — wie hier oder hier — die andere Seite der Medaille präsentiert.

    Exkurs: Wie ein 11-Millionen-Einwohner-Land von der Wirtschaftskraft des deutschen Bundeslandes Hessen überhaupt die gesamte Eurozone (350 Millionen Einwohner), ja sogar die ganze Weltwirtschaft, in seinen Grundfesten erschüttern kann, ist mir und auch Altkanzler Helmut Schmidt schleierhaft. Kann mir das mal bei Gelegenheit wer erklären?

    Hilpold schließt sein “Vorausgeschickt” mit der Diagnose, dass sowohl rechter als auch linker Populismus nichts als Scherben hinterlasse. Er vergisst wie alle anderen auch jedoch darauf hinzuweisen, dass es die vermeintlich “Seriösen” und die Etablierten waren, die uns den größten wirtschaftlichen Scherbenhaufen seit 75 Jahren überhaupt eingebrockt haben.

    Und natürlich darf am Ende eben auch die obligate Gleichstellung von links und rechts nicht fehlen. Rechtsradikalismus ist böse. Linksradikalismus aber auch. Auf gewaltbereiten Extremismus mag das vielleicht zutreffen, aber zwischen demokratischem Rechtsradikalismus und demokratischem Linksradikalismus (bzw. Populismus) besteht ein gravierender qualitativer Unterschied. Rechtsradikalismus geht von einem homogenen “Volkskörper” und somit von angeborenen Qualitäten aus, die eine Ungleichbehandlung und Superiorität rechtfertigen. Er richtet sich gegen Menschen, gegen das Fremde, gegen die Feinde von außen. Linksradikalismus tut das nicht. Seine Feinde sind bekehrbar, denn er richtet sich gegen ein System, nicht gegen Menschen.

    Pflichtlektüre
    Stephan Schulmeister: Der Weg in die Depression
    Constantin Seibt: Die gefährlichste Idee Europas



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