Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Südtirol vermüllt.

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    30 Comentârs → on Südtirol vermüllt.

    Ich bin eigentlich ein großer Befürworter der Abfallbewirtschaftung nach dem Verursacherprinzip, wie wir sie auch in Südtirol haben. Eigentlich. Im Prinzip ist es richtig, dass jene, die mehr Abfall verursachen, mehr für die Entsorgung bezahlen, als diejenigen, die weniger Abfall produzieren. Das ist einleuchtend und gerecht und zudem ein Anreiz, Müll zu vermeiden und zu trennen. Allerdings reicht ein sehr geringer Prozentsatz an Bürgerinnen und Bürgern, die sich dem System verweigern, um den Nutzen wenigstens teilweise ad absurdum zu führen — indem sie ihre Abfälle nicht korrekt, sondern irgendwo wild in der Natur entsorgen oder indem sie Restmüll in den Trennmüll mischen und somit die Anstrengungen ihrer MitbürgerInnen zunichte machen.

    Einige wenige zerstören somit die Lebensgrundlage und Lebensqualität aller — nämlich die Schönheit und Sauberkeit unseres alltäglichen Umfelds und vor allem die ökologische Qualität unserer Umwelt.

    Unmittelbarer Anlass für diesen Artikel ist die abermalige Entdeckung einer illegalen Müllablagerung, die ich gestern entlang der Brennerstraße zwischen Brixen und Bozen gemacht habe, indem ich den »Fehler« begangen habe, meinen Blick an einer Haltebucht über die Böschungskante zu werfen:

    Bis vor wenigen Jahren noch gehörte Südtirol zu jenen Ländern, wo man sich nicht fürchten musste, in eine dunkle Ecke oder eben über eine Böschungskante zu schauen, weil man riskiert, eine unangenehme Entdeckung zu machen.

    Erst vor wenigen Wochen war mir — ebenfalls an der Brennerstraße — unterhalb der Autobahn ein weiterer illegaler Müllplatz aufgefallen:

    Im allgemeinen scheinen Südtirols Straßenränder zusehends zu vermüllen, wie ich schon vor mehreren Monaten entlang der Pustertaler Straße zwischen Bruneck und Brixen dokumentiert hatte. Dort sehen Haltebuchten trotz des löblichen Engagements des Straßendienstes in regelmäßigen Abständen so aus, wie diese in der Nähe von St. Lorenzen:

    Taschentücher, aber auch Plastikflaschen, Dosen und Zigarettenschachteln scheinen für viele erst gar nicht mehr als Müll zu gelten, so selbstverständlich landen sie inzwischen am Straßenrand.

    Dass das Problem existiert und bekannt ist, bestätigte mir der Landesstraßendienst erst Anfang Dezember in einem Schreiben. Obschon die genauen Müllmengen nicht erhoben würden, bemängelte Abteilungsdirektor Arch. Robert Gamper, dass »die intensive Arbeit des Landesstraßendienstes« inzwischen »in keinster Weise« ausreiche, um die Lage im Griff zu behalten. Unter anderem hält er es für nötig, dass die zuständigen Behörden Strafen ausstellen — was offenbar nicht geschieht.

    Indem es die Abfallentsorgung von einer mehr ethischen Ebene auf die Ebene des Geldbeutels verschiebt, verleitet das Verursacherprinzip rücksichtslose MitbürgerInnen dazu, ihren Müll illegal und somit angeblich »sparsam« zu entsorgen. Dass die Kosten für die Allgemeinheit ins Unermessliche steigen, interessiert die Verweigerer offenbar wenig.

    Gleichzeitig verschiebt sich das Problem auch von der Mitverantwortung in die Sphäre der Eigenverantwortung: Während etwa Gastwirte, Kaufleute (aber auch Private) früher oft freiwillig auch den öffentlichen Bereich, etwa den Gehsteig vor ihrem Eigentum mitreinigten, wird dies heute jedenfalls finanziell nicht mehr gefördert, sondern tendenziell sogar bestraft. Das ist eine unerwünschte und unangenehme Nebenwirkung des Verursacherprinzips.

    Es stellt sich nun die Frage, wie sich das inzwischen um sich greifende Problem lösen lässt. Über die bereits genannte, konsequente Ahndung von Fehlverhalten hinaus wären mit Sicherheit Sensibilisierungskampagnen erfoderlich, wie sie etwa in Österrecih stattfinden und wie sie — beschränkt auf die illegale Müllentsorgung rund um die Wertstoffsammelstellen — auch die SEAB durchführt. Darüberhinaus sollte vielleicht die Aufklärung an den Schulen intensiviert werden.

    Wir sollten aber auch alle bewusst wieder mehr Mitverantwortung übernehmen.

    In keinem Fall darf ein Abfallbewirtschaftungssystem, so gerecht und einleuchtend es uns erscheint, Umweltschutz und Sauberkeit auf’s Spiel setzen. Es besteht die Gefahr, dass wir unserer Umwelt nachhaltigen Schaden zufügen. Wie wir wissen ist die Sanierung illegaler Müllablagerungen — gerade wenn gefährliche Stoffe abgelagert werden — äußerst schwierig und somit kostspielig.

    Häufig wirkt die illegale Ablagerung eines einzigen Müllsacks, vielleicht sogar von Grünschnitt am Straßenrand oder an einer schwer einsehbaren Stelle geradezu wie eine Einladung, weiteren Unrat abzulagern.
    Darüberhinaus kommt es zu einer Abstumpfung und Gewöhnung, die nur noch schwer rückgängig gemacht werden kann.

    Siehe auch: 01 02



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  • Fernsehkonsum sprachübergreifend.

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    14 Comentârs → on Fernsehkonsum sprachübergreifend.

    Immer wieder bekommt man in Südtirol zu hören, es seien vor allem die ländlichen und die deutschsprachigen Einwohner des Landes, die sich der jeweils anderen Sprache am meisten verschlössen, in diesem Fall der italienischen. Diese wohl politisch motivierte Aussage wird jedoch bislang von keinen Erhebungen gestützt — im Gegenteil.

    Auch im Fall des sprachübergreifenden Fernsehkonsums sind die Daten mehr als eindeutig: Laut Astat-Sprachbarometer (2004) sehen die deutschsprachigen Südtiroler (die auch größtenteils auf dem Lande leben) wesentlich mehr Fernsehen in italienischer Sprache, als die italienischsprachigen Südtiroler (welche größtenteils in den Städten leben) Sendungen in deutscher Sprache schauen.

    Sprachübergreifender Fernsehkonsum.

    So sehen laut Sprachbarometer 38% der Mitbürger italienischer Muttersprache »nie oder fast nie« Sendungen in deutscher Sprache, während »nur« 27,1% der deutschsprachigen Südtiroler »nie oder fast nie« Sendungen in italienischer Sprache schauen. Mehrmals wöchentlich oder gar täglich schalten hingegen rund ein Drittel der deutschsprachigen Bürgerinnen italienische Sendungen ein, während nur rund ein Fünftel der Italiener derart regelmäßig Sendungen in deutscher Sprache sehen.

    Es ist selbstverständlich schade, dass Sprachdaten in Südtirol so selten erhoben werden, dass die neuesten Werte nun schon über zehn Jahre alt sind. Auch einen Trend kann man bislang noch nicht beurteilen, da das Sprachbarometer von 2004 das erste seiner Art war. Für ein mehrsprachiges Land wie unseres ist dies, wie wir schon mehrmals bemängelt haben, eigentlich verantwortungslos.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07 08



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  • Achammers Dementi.

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    7 Comentârs → on Achammers Dementi.

    Phillip Achammer, Parteiobmann der SVP und Landesrat der Südtiroler Landesregierung, dementiert eine Abkehr vom Ziel der Vollautonomie. berichtete am 18. Jänner 2015 über eine Veranstaltung in der Cusanus-Akademie in Brixen, wo Landeshauptmann Kompatscher laut Tageszeitung A. Adige die Vollautonomie als Illusion bezeichnete.

    Wir nehmen das Dementi zur Kenntnis und bedauern das Missverständnis. Laut Achammer sei Kompatschers Aussage aus dem Zusammenhang gerissen worden. Hierzu folgendes:

    Es ist zwar für die Richtigkeit unserer Schlussfolgerungen, im Prinzip aber nicht für die reale Politik der SVP ausschlaggebend, ob der Landeshauptmann nun eine völlige Abkehr von der Vollautonomie gemeint hat oder dieses Ziel für die SVP weiterhin aktuell bleibt. Die SVP hält ja in bestimmter Weise auch an der Selbstbestimmung fest, da diese als abstrakter Begriff immer noch Teil des Parteistatutes ist. Je nach Anlass greift man auf dieses Prinzip zurück, ohne dass dies jemals konkrete Auswirkungen hätte.

    Welche Auswirkungen hat es nun auf die konkrete Politik, wenn die SVP zumindest offiziell keine Abkehr vom Ziel Vollautonomie vollzieht? Gemessen an den Ergebnissen der letzen vier Jahre: Keine. Man war bisher nicht einmal in der Lage ein ernstzunehmendes Arbeitspapier zum Thema Vollautonomie bzw. Autonomieausbau auf die Beine zu stellen. Zudem wurde in Rom anscheinend noch nie über das Ziel Vollautonomie verhandelt. So gesehen wäre eine Abkehr von der Vollautonomie zumindest konsequenter gewesen.

    In seiner Stellungnahme bedient sich Achammer zudem einer etwas sonderbaren Rhetorik. Hier ein Auszug aus SüdtirolNews vom 21.01.2015:

    Bei einer Veranstaltung des Brixner PD zur Autonomie vergangene Woche hatte Landeshauptmann Arno Kompatscher auf die Frage des Moderators, ab wann Südtirol alles entscheiden könne, geantwortet, dass man nie wird alles entscheiden können. Auch die EU-Mitgliedsstaaten könnten nicht alles entscheiden. Und wenn man die Vollautonomie in diesem Sinne verstehen wolle, dann werde es diese nie geben. Sehr wohl würde Südtirol aber die größtmögliche Entscheidungskompetenz im Rahmen des europäischen Mehrebenensystems und somit auch einen möglichst weiten Autonomierahmen anstreben.

    Diesbezüglich einige Festestellungen:

    • Es ist völlig klar, dass souveräne, unabhängige Staaten niemals völlig losgelöst von internationalen Abkommen, Verträgen und Mitgliedschaften agieren können. Trotz diesen Einschränkungen der staatlichen Souveränität verfügen unabhängige Staaten in jedem Falle über mehr Gestaltungsspielraum, als jede Art von Vollautonomie jemals bieten kann. Zudem verfügen souveräne Staaten in den meisten internationalen Gremien, die gleichzeitig Einschränkungen der staatlichen Souveränität bedingen, wenigstens über ein Mitspracherecht auf Augenhöhe. Nicht umsonst unterstrich Prof. Nagel von der Universität Barcelona am 3. Oktober 2014 an der Eurac in Bozen, dass Katalonien spätestens im Zuge der Finanzkrise schmerzlich feststellen musste, dass an allen wichtigen Verhandlungen nur souveräne Staaten gleichberechtigt mitreden durften.
    • Das Prinzip der Einschränkung der staatlichen Souveränität wird dazu verwendet, um damit das Prinzip der Vollautonomie einzuschränken. Abgesehen davon, dass jede Art von Vollautonomie immer weniger Einfluss bedeuten wird als staatliche Souveräntät — und dies wohl auch jedem klar ist — kommt es darauf an, was die SVP unter größmöglicher Entscheidungskompetenz versteht. Ersetzen die Begriffe wie “größtmögliche Entscheidungskompetenz” und “europäisches Mehrebenensystem” den Begriff “Vollautonomie”?
    • Unabhängig von Stellungnahmen und tagespolitischen Statements zählen glaubwürdige Projekte und Ergebnisse. Was versteht die SVP unter größtmöglicher Entscheidungskompetenz? Welche Zuständigkeiten strebt die SVP im Rahmen der größtmöglichen Entscheidungskompetenz an? Wer sorgt in Europa dafür, dass das sogenannte Mehrebenenmodell, ich gehe davon aus, darunter versteht man die drei Ebenen EU – Nationalstaat – Region, mit Leben erfüllt wird? Anzeichen, dass die Ebene der Region im europäischen Kontext aufgewertet wird gibt es leider nicht. Ganz im Gegenteil. In Frankreich, immerhin einem der wichtigsten EU-Mitgliedsstaaten, sollen Regionen ohne jegliche Rücksicht auf historische Tradition oder Bevölkerungswillen zu Großregionen zusammengelegt werden.


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  • Freudentag für die Autonomie?

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    4 Comentârs → on Freudentag für die Autonomie?

    Was ist geschehen? Südtirol erhält nun eine eigene Landespolizei, eine weitreichende Sportautonomie, die vollständige Finanzhoheit und zudem soll das Land eine militärfreie Zone werden? Natürlich ist nichts von alldem eingetreten. Um von einem Freudentag für die Autonomie zu reden bedarf es in Südtirol mittlerweile sehr wenig.

    Der Ex Staatspräsident Giorgio Napolitano ist der Autonomiegruppe beigetreten. Derselbe Staatspräsident, der unter den Regierungen Renzi, Letta und Monti noch jedes Gesetz, das die Autonomie aushöhlte, unterschrieben hat, den Südtirolern gar unterstellte, dass sie sich für Italien entschieden hätten, als Wächter über die Verfassung natürlich auch den Artikel 5 (Unteilbarkeit des Staates) verteidigt und anläßlich der 150-Jahr-Feiern zur Identifikation mit der Nation aufgerufen hat.

    Karl Zeller zeigt sich euphorisch. Von einer großen Ehre wird gesprochen und von einem großen Freund Südtirols, der sich immer für die Belange der sprachlichen Minderheiten eingesetzt habe.
    Noch Mitte Dezember hat Karl Zeller im Morgentelefon von RAI Südtirol davon gesprochen, dass man sich derzeit in Italien autonomiepolitisch nicht allzuviel erwarten könne.

    Zeitlich fällt der Beitritt Napolitanos in die Autonomiegruppe mit einer Aussage des Landeshauptmanns zusammen, der sich von der Illusion Vollautonomie verabschiedet. Die nächste “SVP-Illusion”, die nun beworben wird ist die Europaregion Tirol und die europäische Dimension der Autonomie innerhalb eines europäischen Mehrebenensystems. Damit dürfte man rhetorisch wieder gerüstet sein den SüdtirolerInnen einige Jährchen ein kuscheliges Gefühl zu vermitteln, dass alles in bester Ordnung sei.

    Welche Schlüsse kann man von den letzten Entwicklungen ziehen? Autonomiepolitisch kann man sich von dieser SVP wenig bis gar nichts erwarten. Nachdem man sich partout weigert im Rahmen einer ergebnisoffenen, gesellschaftlich breit angelegten Diskussion einen Plan B auszuarbeiten, entpuppt sich nun, dass man auch über keinen Plan A (Ausbau der Autonomie) verfügt.
    In diesem Zusammenhang ist es nur logisch, dass der Beitritt von Ex-Staatspräsident Napolitano in die Autonomiegruppe Freude auslöst. Irgendwelche politischen Schritte, die Napolitano Bauchschmerzen bereiten könnten, sind von dieser SVP kaum zu erwarten. Man hat sich innerhalb der nationalstaatlichen Logik gut eingerichtet und verfügt immer weniger über das entsprechende Potential aus der autonomiepolitschen Abwärtsspirale auszubrechen.

    Mittlerweile hat laut der Onlineausgabe der Südtiroler Tageszeitung vom 21.01.2015, sogar Ex-Ministerpräsident Monti Interesse bekundet der Autonomiegruppe beizutreten. Mal sehen, wie die Entscheidung ausfällt. Vielleicht ist Südtirol bald wieder um einen großen Freund reicher?



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  • Mals: Erneut wohltuende Argumente.

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    7 Comentârs → on Mals: Erneut wohltuende Argumente.

    Schon im September letzten Jahres war in der ff ein Leitartikel von Georg Mair erschienen, in dem er bezüglich der Malser Volksabstimmung wohltuende Argumente vorbrachte. So kritisierte er unter anderem, dass sich die Gegnerinnen eines Pestizidverbots hinter juristischen Spitzfindigkeiten verschanzten und forderte mehr Respekt für das Volk. Wir hatten dies honoriert, jedoch auch darauf hingewiesen, dass bei anderen Themen — allen voran die Selbstbestimmung — selten derart redlich diskutiert wird.

    In der aktuellen ff-Ausgabe widmet sich Mair anlässlich der fehlenden Umsetzung des Volkswillens erneut der Abstimmung in Mals — und wieder kommen im Leitartikel jede Menge Argumente vor, die wir sonst oft vermisst haben:

    Die Volksabstimmung von Mals und ihre Folgen erzählen viel über Südtirol, über Mut und Wut, über Angst und Aufbruch, über Veränderung und starres Festhalten an der Tradition, über Gemeinsinn und Eigennutz, über römisch-zentralistische Einstellungen in Bozen und Selbstbestimmung in der Gemeinde, über den Wert von Gesundheit und den Wert des Geldes.

    Warum kritisiert die ff römisch-zentralistische Einstellungen, wenn sie von Bozen gegen die Selbstbestimmung einer Gemeinde vorgebracht werden, tut dies aber nie, wenn römisch-zentralistische Einstellungen aus Rom gegen die Selbstbestimmung unseres Landes wirken? Im Gegenteil: Die Selbstbestimmung Südtirols wird vom Wochenblatt recht häufig als grundsätzlich gefährlich und hinterwäldlerisch dargestellt (siehe 01 02).

    Mair schlussfolgert in seinem Leitartikel:

    Was die rechtliche Seite der Volksabstimmung angeht, gibt es bestimmt Unklarheiten. Aber wenn man nicht spitzfindig argumentiert, könnte man sagen, dass das Recht auf Gesundheit und eine gesunde Umwelt ein anderes Gewicht hat, auch juridisch, als das Recht des Bauern, Spritzmittel auszubringen. Man könnte ebenso daran erinnern, dass die Genehmigungspraxis der Europäischen Union für Pestizide fragwürdig ist, dass sie zum Beispiel überhaupt nicht in Rechnung stellt, wie verschiedene Mittel in Kombination wirken. Man könnte einwenden, dass bestimmte Mittel in anderen Ländern schon verboten sind und dass man immer wieder Spritzmittel aus dem Verkehr zieht, die bei der Einführung als modern galten. Doch darüber wollen weder Landespolitik noch Bauernbund ernsthaft diskutieren, man beruft sich lieber auf den Buchstaben des Gesetzes.
    […] Die Menschen haben ein Recht darauf, ernst genommen zu werden.

    Man könnte ohne große argumentative Verrenkungen auch schreiben:

    Was die rechtliche Seite der Unabhängigkeit angeht, gibt es bestimmt Unklarheiten. Aber wenn man nicht spitzfindig argumentiert, könnte man sagen, dass das Recht auf Selbstbestimmung ein anderes Gewicht hat, auch juridisch, als das Recht des Staates, ein Gebiet zu besitzen. Man könnte ebenso daran erinnern, dass die Annexion fragwürdig war, dass sie zum Beispiel überhaupt nicht in Rechnung stellte, was die Bevölkerung wünschte. Man könnte einwenden, dass die Selbstbestimmung in anderen Ländern schon gewährt wurde und dass immer wieder neue Staaten entstehen, deren Gründung vorher als unrealistisch galt. Doch darüber wollen weder Staats- noch Landespolitik ernsthaft diskutieren, man beruft sich lieber auf den Buchstaben des Gesetzes. […] Die Menschen haben ein Recht darauf, ernst genommen zu werden.



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  • Treccani, Tolomei und Aufarbeitung.

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    10 Comentârs → on Treccani, Tolomei und Aufarbeitung.

    Während einer Recherche bin ich gestern zufällig auf den Eintrag gestoßen, den die wohl renommierteste italienische Enzyklopädie — Treccani — dem sogenannten »Totengräber Südtirols«, Ettore Tolomei widmet. Die durch und durch euphemistische und verharmlosende Formulierung, die den wahren politischen Geist des Mannes sowie seine Absichten und Untaten völlig verschleiert, ist beängstigendes Symptom einer unkritischen Geschichtsbetrachtung:

    Treccani: Tolomei.

    Tolomei hat sich also lediglich für die Verbreitung der italienischen Kultur in Südtirol verwendet, für die Brennergrenze gekämpft und die Umwandlung von Orts- und Familiennamen ins Italienische gefördert.

    Siehe auch: 01 02 03 04



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  • LH Kompatscher gibt Vollautonomie auf.

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    45 Comentârs → on LH Kompatscher gibt Vollautonomie auf.

    Vollautonomüll.Im Jahr 2011 legte die SVP erstmals ein (unausgegorenes) Konzeptpapier zur sogenannten Vollautonomie vor, bei der es sich eigentlich um eine stärkere Form von Teilnautonomie handelt. Es sollte den Unabhängigkeitsbefürwortern den Wind aus den Segeln nehmen, der VP im Diskurs um den Autonomieausbau wieder eine Führungsrolle verleihen und — in den Augen der Partei — der »unrealistischen« Eigenstaatlichkeit die »realistische« Idee der inneren Selbstbestimmung entgegensetzen. Noch bevor Mario Monti Ende Jahres an die Macht kam fragte , auf welchem Planeten die VP die Vollautonomie umsetzen wolle, denn die Erde könne wohl kaum gemeint sein. Monti begann in der Folge eine Demontage unserer Autonomie, die den SüdtirolerInnen die Hilflosigkeit unserer Selbstverwaltung gegenüber zentralistischer Willkür vor Augen führte. Trotzdem hielt die SVP auch weiterhin an ihrem angeblichen Ziel fest, ohne jedoch jemals ein klares Ergebnis erzielen zu können, das eindeutig in diese Richtung gezeigt hätte. Stattdessen wurden mit Parteien und Regierungen in Rom Abkommen über Abkommen unterzeichnet, die nicht das Papier wert waren, auf denen sie geschrieben standen.

    Vier lange Jahre vergeudet.

    Nun wissen wir: Die SVP hat den SüdtirolerInnen einen Bären aufgebunden, auf dem Planeten Erde wird es definitiv keine Vollautonomie geben. Landeshauptmann Kompatscher gestand — wie das Tagblatt A. Adige berichtet — gestern bei einer Autonomieveranstaltung in der Brixner Cusanus-Akademie, die von der Demokratischen Partei (PD) organisiert worden war, dass die Vollautonomie gescheitert ist.

    Non voglio illudere i sudtirolesi ma la Vollautonomie non ci sarà .

    Das Land Südtirol ist also in einer bewegten Zeit, als mehrere Zeitfenster für Zukunftsentwicklungen offenstanden (und teils nach wie vor offenstehen), vier lange Jahre einer Idee nachgelaufen, die nun sang- und klanglos im Mülleimer der Geschichte landen wird. Dass gerade im Vorfeld der anstehenden Autonomiereform kommuniziert wird, dass es einen »vollen« Ausbau (was auch immer dies bedeuten mag) nicht geben wird, ist ein nicht wirklich beruhigendes Signal.

    Ein vielsagender Rückblick (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

    • Im Jänner 2011 kritisierte Philipp Achammer die selbstverwaltere Volksbefragung der STF im Ahrntal mit den Worten:

      Diese Initiative ist unrealistisch und unbegründet und weckt falsche Erwartungen.

      und empfahl stattdessen:

      Vollautonomie und Europaregion anstatt irgendwelche Experimente.

      Nun wissen wir, dass die Vollautonomie unrealistisch war und falsche Erwartungen geweckt hat.

    • Im Herbst 2011 machte SVP-Vizeobmann Thomas Widmann den Vorschlag, Italien die Vollautonomie abzukaufen. Ungefähr zeitgleich legte Obmann Theiner das magere Konzeptpapier zur Vollautonomie vor.
    • Im November 2011 schrieb der Brixner SVP-Gemeinderat Ingo Dejaco in seinem Blog:

      Die Vollautonomie erscheint in meinen Augen als gangbarere (sic) und realistischer Weg für eine eigenständige Zukunft unseres Landes, ganz im Unterschied zu den vollutopistischen Geplänkeln so mancher Oppositionsparteien.

    • Im Februar 2012 gastierte der ehemalige bayrische Ministerpräsident Günther Beckstein in Südtirol, um im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zur Vollautonomie über innere Sicherheit zu referieren.
    • Die 58. Landesversammlung der SVP im Frühjahr 2012 war dem Thema Vollautonomie gewidmet. Der damalige Landessekretär Achammer sagte:

      Die Vollautonomie ist gewissermaßen eine Baustelle. Sie ist eine Aufforderung an uns, gemeinsam daran zu arbeiten, an unserer Autonomie weiterzubauen.

      Richard Theiner wurde mit dem Thema Vollautonomie als Obmann bestätigt.

    • Schon vor der letzten Landtagswahl prognostizierte ein SVP-Bürgermeister gegenüber , dass sich nach der Wahl niemand mehr an eine Vollautonomie erinnern werde.
    • Noch im Mai 2014 sagte Außenminister Sebastian Kurz, die Vollautonomie sei der einzig sinnvolle Weg (!) für Südtirol.
    • Während des Runden Tisches in Rai Südtirol (06.11.14) verteidigte Senator Karl Zeller die Vollautonomie gegenüber weiterreichenden Forderungen.


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  • Der Prophet und die Rindviecher.

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    8 Comentârs → on Der Prophet und die Rindviecher.

    “Je suis Charlie”. “Ich bin nicht Charlie”. “Helden der Meinungsfreiheit”. “Selber schuld”. Mannigfaltig waren die Reaktionen auf die abscheuliche Terrorwelle mit 17 Toten in Frankreich. Übrigens weit weniger mannigfaltig waren die Reaktionen auf ein Massaker der Boko Haram mit geschätzten 2000 Opfern, das nahezu zeitgleich in Nigeria stattfand. Aber das nur am Rande.

    Stutzig wurde ich hingegen, als Yussif al-Qaradawi, Präsident des Weltverbandes der muslimischen Religionsgelehrten, in seiner Reaktion auf die neuerliche Veröffentlichung einer Mohammed-Karikatur in der “Ausgabe der Überlebenden” von Charlie Hebdo das Wort Logik in den Mund nahm. “Das ist weder sinnvoll, noch logisch, noch klug”, meinte der in Katar ansässige ägyptischstämmige Prediger.

    Sogleich schossen mir einige Gedanken zu Sinn, Logik und Klugheit durch den Kopf:

    Das Prinzip der Meinungsfreiheit ist die Voraussetzung, dass es überhaupt Religionsfreiheit gibt. Letztere ist somit ein Resultat der Meinungsfreiheit. Die Regeln, die für eine Religion gelten, können daher nicht auf alle übertragen werden. Das Resultat kann nicht seine eigene Voraussetzung ummanteln. Das wäre nämlich unlogisch.

    Wenn ich Religionsfreiheit für mich einfordere, heißt das nicht nur, dass ich meine Religion frei ausüben darf, sondern dass ich akzeptieren muss, dass meine religiösen Regeln für andere nicht gelten. Anknüpfend an meine Eingangsthese könnte man folgende Analogie bemühen: Wenn Muslime sich beleidigt fühlen wenn ein Christ/Jude/Atheist Mohammed darstellt und sie bisweilen sogar dessen Tod fordern, dann könnte doch ein Hindu genauso gut den Tod eines jeden Moslems fordern, der Rindfleisch isst. Die Kuh wird in der Veda, einem der wichtigsten religösen Texte der Hindus, als Gottheit beschrieben. Das Töten und Verzehren einer Kuh, eines göttlichen Wesens, ist somit Blasphemie.

    Das Darstellungsverbot des Propheten lässt sich überdies meines Wissens nicht einmal durch den Koran legitimieren. Was einigermaßen außergewöhnlich ist, denn normalerweise kann man mit heiligen Schriften so ziemlich alles rechtfertigen. Das Verbot ist vielmehr das Ergebnis einer kulturhistorischen Entwicklung. Es gibt nämlich sogar Mohammend-Darstellungen auf Kunstwerken aus der muslimischen Welt – freilich nicht so provokativ, wie jene in Charlie Hebdo. Einer Usance also eine derartig hohe Bedeutung beizumessen, ist auch nicht gerade logisch.

    Und wie logisch ist es, dass ein allmächtiges Wesen überhaupt durch die Aktionen unwürdiger sündiger Menschen beleidigt werden kann bzw. es der Unwürdigen und Sündigen bedarf, einen Propheten oder eine Gottheit zu verteidigen oder gar zu rächen. Was für eine Anmaßung. Zumindest Letzteres haben die Gelehrten der Al-Azhar-Universität in Kairo erkannt:

    Der Prophet ist zu erhaben, um durch diese hasserfüllte Frivolität Schaden zu erleiden.



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