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  • Queers for Palestine?


    Eine gelungene Südtirolo Pride, aber mit Schattenseiten

    Bozen wird immer gerne von den Alpini bzw. vom Militär heimgesucht. Vorgestern waren es endlich die Queeren. Friedlich, lustig, nackig, bunt, eben divers zogen sie durch die Stadt, die erstmals von einer rechtsrechten Regierung verwaltet wird. Die Polemiken im Vorfeld ließen nichts Gutes erwarten. Es blieb aber harmonisch. Großteils.

    Völlig unpassend, Simon wies bereits darauf hin, waren die propalästinensischen Slogans samt Flaggen. Es sind Slogans der Hamas, From the river to the sea, »dal fiume fino al mare«. Slogans, die die Hamas von der PLO übernommen hat. Es war und ist das Ziel der Hamas, Israel zu zerstören. Ähnliche Sprüche klopfen auch die Rechtsradikalen in der israelischen Regierung, die mit ihrem verbrecherischen Krieg Gaza in eine Ruinenlandschaft verwandelt hat. 

    Warum solidarisieren sich Queere mit der Hamas? Warum ausgerechnet mit dem iranischen Mullah-Regime? Nächstens werden wohl die Taliban auf die Solidaritätsliste der Queeren kommen. 

    Kein Wort über das von der Hamas verübte Massaker vom 7. Oktober 2023. Die Hamas-Killer fielen — nicht nur — über die Teilnehmenden des Trance-Techno-Festivals im Süden Israels her. Die angeblichen antikolonialistischen und antiimperialistischen »Befreiungskämpfer« vergewaltigten und ermordeten, verschleppten Geiseln und folterten sie. Ihre Gewaltorgien filmten die Hamas-Mörder mit den Mobiltelefonen, verschickten die Videos an die Angehörigen der Überfallenen, teilten sie in sozialen Medien. 

    Zeit-Autor Jens Balzer nennt dies einen perfiden Akt der Grausamkeit, in seinem Buch After Woke beschreibt Balzer das Massaker als ein Beispiel von Entmenschlichung.

    Islamisten mordeten im Juni 2016 im queeren Club Pulse in Orlando, im Mai 2017 auf einem Konzert von Ariana Grande in Manchester. Sie engagiert sich für die Rechte von Trans-Jugendlichen. Im Juni 2022 verübten Islamisten einen Anschlag auf den queeren Club London Pub in Oslo. Drei Beispiele von sehr vielen. 

    Simon zitiert eine Veranstalterin, die auf Rai Südtirol sagte, dass es Personen gibt, die muslimisch und queer sind. Wird es zweifelsohne geben, aber nicht in Gaza und auch nicht im Westjordanland. Dort ist die LGBTI*-Community seit Jahren massiven Angriffen ausgesetzt, es gibt keine Schutzrechte vor Diskriminierung oder für Homosexuelle. 

    Seit 2007 wurde Gaza von der Hamas »regiert«. Eine Macho-Truppe, die ihren Faschismus mit einem kruden Islam religiös ummantelt. Als eine der ersten Maßnahmen erließ die Hamas damals ein Verbot der Homosexualität. Weil laut islamischem Recht illegal. Männer, die wegen homosexueller Handlungen verurteilt wurden, mussten bis zu zehn Jahre ins Gefängnis. Folter und Hinrichtungen von Homosexuellen gehörten auch zur Politik der Hamas.

    Auch deshalb flüchteten Hunderte von LGBTI*-Palästinenser:innen aus dem Gazastreifen. Amnesty International wies 2020 auf die dramatische Lage für homosexuelle palästinensische Männer hin. Aber auch die von der PLO dominierte palästinensische Autonomiebehörde geht gegen schwule Männer vor, erpresst und zwingt sie, als Spione und Informanten zu arbeiten. Es kam auch immer wieder zu öffentlichen Hinrichtungen von Homosexuellen.

    Im August 2019 ließ die palästinensische Autonomiebehörde die LGBTI*-Verbände im Westjordanland verbieten. Begründung: dass sie »den höheren Werten und Idealen der palästinensischen Gesellschaft schaden«.

    All das ist bekannt und trotzdem die Hamas-Solidarität? Während in Israel Queere offen Feste feiern, sind diese in der gesamten arabisch-islamischen Welt verboten. Wie in Russland — und letzthin versuchte es auch Putin-Freund Viktor Orbán in Budapest. Hunderttausende ließen sich vorgestern aber vom Orbán-Verbot nicht abhalten und fluteten die ungarische Hauptstadt. Der aufgeblasenen Putin-Kopie zum Trotz.


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  • Pride – vom Fluss bis zum Meer?

    Gestern hat in Bozen die erste Pride Südtirols stattgefunden — und sie war ein richtig großer, schöner Erfolg. Tausende Teilnehmende, gute Stimmung, mehrsprachiges Umfeld und keine wahrnehmbaren homophoben Gegenproteste. Auch den Namen der Veranstaltung, Südtirolo Pride, der aufgrund einer Reflexion über hegemoniale Verhältnisse und Kolonialismus bewusst gewählt wurde, fand und finde ich großartig.

    Einen leider groben Misston habe ich jedoch wahrgenommen und möchte ihn hier benennen, da ich glaube, dass Kritik — wo sie nötig ist — von »Innen«, bestenfalls von der queeren Community selbst, aber zumindest wie in unserem Fall nicht von queerfeindlichen, sondern auch von ausgesprochen queerfreundlichen Menschen kommen sollte.

    Gegenüber der gestrigen Tagesschau von Rai Südtirol hat eine Veranstalterin folgendes gesagt:

    [Anmoderation: Den Vorwurf des Antisemitismus aber lassen die Veranstalter nicht gelten.]

    Wenn wir sagen, dass wir für Palästina sind, dann heißt das wir sind gegen Genozid, wir sind gegen Gewalt und das ganz unabhängig [davon], von wem sie kommt. Es gibt genauso Personen, die jüdisch und queer sind, so wie es Personen gibt, die muslimisch und queer sind.

    Tagesschau vom 28. Juni 2025, Transkription und Übersetzung (aus dem Dialekt) von mir

    Vermutlich über den gesamten Verlauf des Marsches, sicher jedoch ab dem Mazziniplatz und bis zu den Talferwiesen, wo ich es selbst beobachtet und dokumentiert habe, sind jedoch nicht nur viele Personen mit palästinensichen Flaggen mitgelaufen, sondern auch eine gut sicht- und hörbare Gruppe mit dem Banner No Pride in Genocide (der auch in der Tagesschau zu sehen war).

    Eine von ihnen skandierte über ein Megaphon (!) fast ununterbrochen folgenden Spruch:

    Le frocie lo sanno, da che parte stare: Palestina libera dal fiume fino al mare.

    Übersetzung: »Die Lesben wissen, auf welcher Seite sie stehen: ein freies Palästina vom Fluss bis zum Meer.«

    From the river to the sea also. Während man das Gemetzel, das der israelische Staat derzeit in Gaza veranstaltet, mit harschen Tönen kritisieren soll und darf — wiewohl man nicht vergessen sollte, dass noch immer unschuldige israelische Geiseln in den Händen der klerikalfaschistischen Hamas sind —, ist From the river to the sea krass antisemitisch und gegen das Existenzrecht Israels gerichtet.

    Damit fordert man übrigens, den einzigen Staat im Nahen Osten zu eliminieren, in dem queere Menschen Rechte genießen und nicht verfolgt werden.

    So wie von anderen Kundgebungen richtigerweise verlangt wird, dass sie zum Beispiel rechtsextreme Teilnehmende aussondern, hätte — allein schon aus Gründen der Kohärenz — diese Gruppe von der Pride-Organisation sofort gestoppt und der Veranstaltung verwiesen werden müssen.

    Wo bitte sollen die queeren Jüdinnen leben, von denen oben die Rede war, wenn man Israel auslöschen will? Mir ist klar, dass Jüdinnen nicht automatisch Israelinnen sind, doch die meisten queeren Jüdinnen dürften wohl in Israel leben.

    Da jede Domination relativ ist, wie schon Albert Memmi sagte, sind natürlich auch (sexuelle, sprachliche und andere) Minderheiten nicht davor gefeit, wiederum andere zu diskriminieren. Das wissen wir in Südtirol nur allzu gut und sollte auch für die queere Community bedeuten, dass sie sich selbstkritisch mit Antisemitismus befasst, anstatt den Vorwurf einfach von sich zu weisen.

    Dass von der offiziellen Bühne am Alexander-Langer-Platz aus in eine Palästinaflagge gehüllte Rednerinnen Palästina, Myanmar und sogar Iran (!) ihre Solidarität ausgesprochen haben, aber kein Wort über die israelischen Geiseln oder die Ukraine verloren haben, hinterlässt zumindest einen fahlen Beigeschmack.

    Mich persönlich hat es dazu veranlasst, nicht länger dort zu verweilen, sondern die Veranstaltung frühzeitig zu verlassen. Aber auch alle anderen Bekannten, die ich beim Marsch getroffen habe — queere und nichtqueere — haben die einseitige propalästinensische Ausrichtung und die vielen Palästinaflaggen kritisiert, noch bevor ich es ansprechen konnte. Wirklich alle.

    Ich schreibe nur ungern diesen spielverderberischen Beitrag, doch so, wie ich inzwischen fast täglich die unsäglichen Tabubrüche der Faschos benenne, will und kann ich auch hierzu nicht schweigen.

    Noch einmal: Gratuliere zur insgesamt höchst gelungenen, überfälligen Veranstaltung für die queere Community in Südtirol, aber verschließt bitte eure Augen nicht vor eurem Antisemitismus.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01



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  • Mehr als eine bunte Parade.
    Südtirolo Pride


    Es ist endlich soweit! Heute kommt zum ersten Mal die Pride nach Südtirol.

    von Andreas Unterkircher

    Eine bunte Parade wird um 16.00 Uhr am Bozner Verdiplatz starten und mit Karren und Musik lautstark durch die Straßen der Innenstadt und von Gries-Quirein ziehen.

    Um 18.00 Uhr kommt sie dann am Alexander-Langer-Platz auf den Talferwiesen an, wo die Abschlussfete mit Musik, Speis und Trank stattfindet.

    Doch wer denkt, dass es sich bei der Pride nur um einen schrillen Karneval von queeren Menschen handelt, der irrt sich gewaltig.

    Es geht darum, Minderheiten, welche über Jahrhunderte wegen ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Unterdrückung und Verfolgung erlitten haben, endlich jene Sichtbarkeit und den Respekt zurückzugeben, der ihnen zusteht.

    Dass diese Pride unserem Land nicht nur guttut, sondern sogar notwendig ist, beweisen die heftigen Polemiken, welche in diesen Tagen allein die Aushängung der Regenbogenfahne auf öffentlichen Gebäuden verursacht hat. Ein Gemeinderat musste zurücktreten, weil er die Rainbowflag mit dem Nazi-Regime in Verbindung gebracht hat. Ja, Gewalt und Ausgrenzung beginnen schon mit den Worten. Und es ist noch viel zu tun.

    So wird auch die Pride nicht das Endziel sein, sondern nur der Beginn eines neuen Kampfes. Das Organisationskomitee hat nämlich eine Liste politischer Forderungen an die Landesregierung aufgestellt. Darin geht es unter anderem um Maßnahmen zur rechtlichen Gleichstellung, Ausbau der Antidiskriminierungsstrukturen, Zugang zu öffentlichen Diensten und Gesundheit, Bildung und Prävention. Eines der Hauptanliegen ist aber nach wie vor ein Landesgesetz gegen Homo-Bi-Transphobie, jenes Gesetz, das auf Staatsebene nie durchgegangen ist und einen echten, konkreten rechtlichen Schutz gegen Gewalt darstellen würde.

    Die Südtiroler LGBTQIA+-Community feiert, ja, aber sie ist auch besorgt darüber, dass weltweit die wenigen erworbenen Rechte immer mehr in Frage gestellt werden. Man denke nur an Trump in Amerika. In Italien drehte sich die Debatte kürzlich besonders um die Regenbogenfamilien. So wurde die Leihmutterschaft zum universalen Verbrechen erklärt. Dagegen hat das Verfassungsgericht vor wenigen Tagen die Eintragung der Kinder eines Frauenpaares auf dem gemeinsamen Familienbogen für rechtmäßig erklärt. Nicht selten kommt es zum Tauziehen zwischen Richtern und Parlament.

    Am selben Tag wie in Bozen wird es auch in Budapest eine Pride-Parade geben. Mit dem Unterschied, dass diese de facto illegal ist, da die ultrakonserative Regierung Ungarns die Pride schlicht für rechtswidrig erklärt hat. Die queere Community Südtirols wird auch für die ungarische auf die Straße gehen. Denn wie Marsha P. Johnson sagte: Es gibt keinen Stolz für einen von uns ohne die Befreiung von uns allen.


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  • Die Tabubrüche der SVP.
    Quotation

    Wer hätte das gedacht, dass die Südtiroler Volkspartei mal jene politische Macht sein würde, die das von Repression und persönlichen Leiden punzierte „Alto Adige“ zu einer historischen Petitesse verkommen lässt, dass sie es sein würde, die in ihrer selbstüberschätzenden Hybris von Macht einen historisch bedeutsamen Tabubruch vollzieht, indem sie sich den demokratiefeindlichsten Kräften der Republik ausliefert.

    Jetzt, wo die rechtsnationalen Fratelli am Paket mitschreiben dürfen, und sogleich die politisch-symbolisch repräsentative Kraft, ihren völkerrechtlichen Advocatus, die Schutzmacht Österreich, infrage stellen, sollte die deutsche, italienische und ladinische Südtirolerschaft sich selbst befragen, wie viel ihr an einer Demokratie liegt, die sich einem internationalen Völkerrecht verpflichtet sieht.

    Auszüge aus einem Essay der Volkskundlerin und Philosophin Elsbeth Wallnöfer, der unter dem Titel Verlorene Mitte in der aktuellen ff (Nr. 26/2025) erschienen ist.

    Cëla enghe: 01 | 02 03 04 | 05 06 07



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  • Freie Fahrt für Verkehrsrowdys in Südtirol.

    Die Bürgermeister von Karneid, Völs am Schlern, Deutschnofen, Tiers und Welschnofen fordern Maßnahmen gegen den überbordenden Verkehr auf den Dolomitenpässen und gegen die vielen Regelverstöße.

    Den Bürgermeister von Welschnofen, Thomas Pardeller (Bürgerliste), zitiert Rai Südtirol folgendermaßen:

    Die gesamtstaatliche Politik lockert vielfach einfach die Regeln, sodass wir jene Maßnahmen, die wir bisher zumindest als Abschreckung setzen konnten[,] wie die Speed-Check-Boxen, sogar abbauen müssen.

    – Bürgermeister Thomas Pardeller

    Schon bisher galten in Italien äußerst restriktive, ja geradezu absurde Regeln für die Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen, die sogar mit einem Schild angekündigt werden müssen. Erst kürzlich setzte Verkehrsminister Matteo Salvini von der Lega eine Gesetzesänderung durch, auf deren Grundlage die Mehrzahl der fixen Radargeräte abgebaut werden musste und Kontrollen bei gewissen Geschwindigkeitslimits (etwa unter 50km/h) gar nicht mehr zulässig sind. Schilda ist ein Klacks dagegen.

    In Bozen sind seitdem die Strafen wegen Geschwindigkeitsübetretung angeblich um über 90 Prozent zurückgegangen, und zwar selbstverständlich nicht, weil sich die Disziplin der Verkehrsteilnehmerinnen schlagartig gebessert hätte. Zu erwarten ist im Gegenteil, dass die Regelbrüche — mit allen Gefahren und negativen Auswirkungen (von Lärmbelastung bis Luftverschmutzung) — mit der Straffreiheit deutlich zunehmen werden.

    Überhöhte Geschwindigkeit ist bekanntlich eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle, die jährlich zahllose Verletzten und Tote fordern. Italien schneidet diesbezüglich wesentlich schlechter ab, als alle (!) angrenzenden Staaten, aber beispielsweise auch als Deutschland oder Spanien.

    Wäre Südtirol ein unabhängiger Staat, könnten wir vernünftige Regeln für Geschwindigkeitskontrollen einführen, wie sie in fast jedem europäischen Land gelten. Das würde viele Unfälle vermeiden, Leben retten und für einen respektvolleren Umgang im Straßenverkehr sorgen. Stattdessen müssen wir populistische Maßnahmen ertragen, die nur den Verkehrsrowdys nutzen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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