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  • Weniger Coronatote als in Norditalien.

    Ich lese dieser Tage immer wieder, der sogenannte Südtiroler Weg zur Pandemiebekämpfung sei ein Desaster und habe uns geradeaus ins Verderben geführt. Viel besser wäre es manchen Beobachterinnen — zumal den Grünen — zufolge gewesen, sich einfach dem zentralstaatlichen Weg unterzuordnen und somit auf Chancen und Risiken der Autonomie zu verzichten.

    Wo ich durchaus mitgehe ist die Kritik an der teils hemdsärmligen Vorgehensweise der Landesregierung. Dass es beim Gesundheitsbetrieb massive Probleme gab und gibt haben wir hier auf auch immer wieder aufgezeigt.

    Dass wir aber im Gleichschritt mit Rom besser dastünden wage ich sehr zu bezweifeln. Klar lässt sich die Vermutung weder bestätigen noch widerlegen. Doch die aktuellen Zahlen geben einfach nicht her, dass wir grundsätzlich schlechter dastehen, als andere Gebiete im Staat, die entweder gar keine Autonomie haben oder diese jedenfalls nicht genutzt haben, um einen eigenen Weg zu gehen.

    Um einen Vergleich anzustellen ist es wohl wenig sinnvoll, rein auf die Infektionszahlen zu schauen, ohne die deutlich höhere Testrate zu berücksichtigen — wie es offenbar die EU (bzw. das ECDC) gemacht hat, um uns als »dunkelrot« einzustufen.

    Deshalb habe ich mir jetzt auch die Todeszahlen angeschaut — und auch die geben eine Verurteilung des Südtiroler Wegs nicht her:

    Daten: Zivilschutz; Bevölkerungszahlen: ECDC.

    Weder insgesamt (von Pandemiebeginn bis zum gestrigen 2. Februar) noch in der zweiten Welle (ich habe hierzu die Zahlen vom 31. Oktober 2020 bis zum 2. Februar herangezogen) schneidet Südtirol auffallend schlecht ab.

    Während der gesamten Pandemie sind in Südtirol (je 100.000 Einwohnerinnen) den amtlichen Daten zufolge sogar weniger Menschen an/mit Corona gestorben, als in sämtlichen Regionen ganz Norditaliens.

    Betrachten wir nur die zweite Welle, waren die Lombardei, Ligurien und Piemont (etwas) erfolgreicher.

    Deutlich besser sah es nur in Mittel- und Süditalien aus, doch bei einem so eindeutigen Nord-Süd-Gefälle dürften da auch andere Faktoren eine Rolle spielen.

    Insgesamt ist der Südtiroler Weg also bis hierher sicher keine Glanzleistung, doch — zumindest was die Todeszahlen betrifft — wäre uns eine vorauseilende Aufgabe der Autonomie wohl kaum hilfreich gewesen. Scheuen müssen wir nicht den Vergleich mit dem Zentralstaat, sondern den mit manch erfolgreicherem anderen Land.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01 02 03



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  • Die Test-Nichtwahrheit.
    Tageszeitung

    Das heutige Titelthema der Tageszeitung (TAZ) lautet Die Zahlenjongleure und soll zur Aufklärung über die Infektionszahlen in Südtirol beitragen. Auf Seite zwei heißt es dann unter dem Titel Die Test-Wahrheit:

    In Europa testen nur wenigen [sic] Regionen so massiv wie Südtirol. Aber Südtirol ist nicht dunkelrot, weil es viel testet, sondern weil das Infektionsgeschehen massiv ist.

    Einen Nachweis bleibt Autor Matthias Kofler jedoch schuldig. Er zeigt lediglich auf: andere europäische Regionen, die ebenfalls viel testen, sind nicht notwendigerweise dunkelrot, sondern teilweise »nur« rot, eine einzige sogar orange.

    No na. Dass viele Tests nicht automatisch eine Einstufung als dunkelrote Zone bedeuten, dürfte allen, die ein Grundverständnis von Logik haben, klar sein.

    Allerdings kann eine hohe Testrate bedeuten, dass man deutlich schlechter eingestuft wird, als dies bei einer geringeren Testrate der Fall wäre.

    Korrekt müsste man also folgender Frage auf den Grund gehen: Sind die Einstufungskriterien so, dass bei gleicher Infektionslage diejenigen benachteiligt werden, die mehr testen? In diesem Fall wäre die Vergleichbarkeit nämlich nicht gegeben.

    Wer doppelt so viel testet findet nämlich bei gleicher Infektionslage und gleichbleibenden Testkriterien rund doppelt so viele Fälle.

    Im TAZ-Beitrag steht weiters:

    Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen basiert ihre Entscheidungen zu den Zonen-Einstufungen auf drei Kriterien: die Anzahl der durchgeführten Tests, die 14-Tage-Inzidenz und die Positivitätsrate. Rot ist eine Region dann, wenn sie in zwei Wochen mehr als 50 Fälle pro 100.000 Einwohner aufweist und die Positivitätsrate höher als 4 Prozent ist. Oder aber wenn die Positivitätsrate niedriger als 4 Prozent ist, dafür aber die 14-Tage-Inzidenz über 150 liegt.

    Diese Kriterien findet man auf der Webseite des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) tatsächlich, doch sie beziehen sich offensichtlich nicht auf die Karte mit der regionalen Einstufung, auf der Südtirol dunkelrot dargestellt wird (s. unten). Diese Karte zeigt lediglich die 14-Tage-Inzidenz, ohne Berücksichtigung weiterer Kriterien.

    Quelle: ECDC.

    Ich lasse mich hier natürlich gern korrigieren, wenn ich irre.

    Und ich will hier auch keinerlei Schönfärberei betreiben: Auch meiner Meinung nach sind die Zahlen für Südtirol alles andere als gut. Doch von den Behörden würde ich mir zur objektiven Lageeinschätzung eine Einstufung aufgrund seriöser Kriterien erwarten — und von den Medien, dass sie die richtigen Zahlen recherchieren, vor allem dann, wenn sie (wie die heutige TAZ) vorgeben, die Wahrheit ans Licht holen zu wollen.

    Cëla enghe: 01 02 || 01



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  • Schleswig-Holstein erhöht den Minderheitenschutz.

    Anders als Italien hat Deutschland die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen nicht nur unterzeichnet, sondern auch ratifiziert und umgesetzt. Darauf beruhend genießen die Minderheitensprachen Dänisch, Sorbisch, Friesisch und Romanes sowie die Regionalsprache Niederdeutsch besonderen Schutz.

    Am 6. Jänner hat die Bundesrepublik dem Europarat im Auftrag von Schleswig-Holstein mitgeteilt, dass die in dem nördlichen Bundesland vertretenen Sprachen Dänisch, Friesisch und Niederdeutsch fortan einen höheren Schutz genießen sollen.

    Seit über zehn Jahren hatte sich kein Staat mehr freiwillig zu einer Erhöhung des Minderheitenschutzes verpflichtet. Die letzte derartige Mitteilung war von 2008 — bis jetzt Deutschland und das Vereinigte Königreich (bezüglich Manx Gaelic auf der Isle of Man) fast zeitgleich neue Verpflichtungen eingingen.

    Im Detail will Schleswig-Holstein den Minderheitenschutz wie folgt verbessern:

      • laut Artikel 10, Paragraph 1c zulassen, dass die Verwaltungsbehörden Schriftstücke auf Dänisch und/oder Friesisch abfassen;
      • laut Artikel 10, Paragraph 2g den Gebrauch oder die Annahme der herkömmlichen und korrekten Formen von Ortsnamen auf Dänisch und Niederdeutsch zulassen und/oder dazu ermutigen;
      • laut Artikel 12, in Bezug auf kulturelle Einrichtungen und Tätigkeiten
        • gemäß Paragraph 1a zu den der dänischen Sprache eigenen Formen des Ausdrucks und der Initiative ermutigen sowie die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten zu den in dieser Sprache geschaffenen Werken fördern;
        • gemäß Paragraph 1b die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten zu den auf Dänisch geschaffenen Werken in anderen Sprachen fördern, indem Tätigkeiten auf dem Gebiet der Übersetzung, Synchronisation, Nachsynchronisation und Untertitelung unterstützt und ausgebaut werden;
        • gemäß Paragraph 1e Maßnahmen fördern, um sicherzustellen, dass die für die Veranstaltung oder Unterstützung kultureller Tätigkeiten verantwortlichen Gremien über Personal verfügen, das die niederdeutsche Sprache sowie die Sprachen der übrigen Bevölkerung beherrscht.

    Mit dieser neuen Selbstverpflichtung unterstellt Schleswig-Holstein die zusätzlichen Maßnahmen der Überwachung durch Expertinnen des Europarats.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Testet Südtirol am meisten?

    Auf Staatsebene war Südtirol bis gestern als rote Zone eingestuft (seitdem orange), die EU hat unser Land sogar als eines von wenigen Gebieten dunkelrot eingefärbt. Laut Landesregierung unfair, weil Südtirol mehr als andere teste und dies nicht ausreichend Berücksichtigung finde.

    Ich war skeptisch und habe das überprüft — doch siehe da, zumindest die Aussage, dass Südtirol mehr als andere teste, scheint zu stimmen:

    PCR- und Antigen-Schnelltests; Testraten je 100 Einwohnerinnen; Daten: Zivilschutz; Bevölkerungszahlen: ECDC.

    Seit Pandemiebeginn haben auf Staatsebene (im Verhältnis zur Bevölkerungszahl) nur das Trentino (96,7 Tests je 100 Einwohnerinnen) und Friaul-Julien (93,4) mehr getestet als Südtirol (91,3). Während der letzten Woche (vom 22. bis zum 29. Jänner) hat Südtirol gar weitaus am meisten Tests durchgeführt: 9,06 je 100 Einwohnerinnen.

    Leider konnte ich nur mit anderen Gebieten des Staatsgebiets detailliert vergleichen, da ich aus den ECDC-Daten nicht schlau geworden bin.

    Quelle: ECDC – Aktualisiert zum 28. Jänner 2021

    Dass Südtirol auch auf europäischer Ebene zu den Vieltestern gehört, geht jedenfalls aus dieser Karte vom 28. Jänner hervor.

    Ob die hohe Testanzahl bei den Einstufungen wirklich zu wenig berücksichtigt wird (wer mehr testet, findet naturgemäß auch mehr Infizierte), wie die Landesregierung behauptet, konnte ich leider nicht überprüfen. Weder auf Staats- noch auf EU-Ebene habe ich die Einstufungskriterien gefunden. Für sachdienliche Hinweise bin ich dankbar.

    Es wäre aber auch die Aufgabe der Landesregierung, gegebenenfalls transparent zu kommunizieren, inwiefern viel testende Regionen vom Algorithmus benachteiligt wird. Einfach nur Behauptungen in den Raum zu stellen bringt uns allen recht wenig.

    Hinweis: Die Testanzahl ist nicht mit der Anzahl getesteter Personen gleichzusetzen, da sich mehrere Tests auf dieselbe Person beziehen können.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01 02 03



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  • Friesische Landesbezeichnung.

    Die zu den Niederlanden gehörende Region Fryslân (Friesland) hatte ich vor wenigen Tagen erstmals hier im Blog erwähnt, weil sich das dortige Parlament zur Vorhut eines — hoffentlich breiter werdenden — Protests gegen die minderheitenfeindliche Haltung der EU-Kommission gemacht hatte.

    In diesem Zuge bin ich (Achtung: großteils Wikipedia-Wissen) auch auf die Situation der Ortsnamen in Fryslân aufmerksam geworden.

    Demnach hat die niederländische Regierung 1996 beschlossen, das Thema zu liberalisieren, woraufhin das friesische Parlament beschloss, ab dem 1. Jänner 1997 nur noch die friesische Landesbezeichnung offiziell beizubehalten. Seitdem heißt die Provinz amtlich nicht mehr Fryslân/Friesland, sondern nur noch Fryslân. Dabei ist das niederländische Friesland — anders als A. Adige für Südtirol — immerhin historisch gewachsen. Und nicht faschistisch vorbelastet.

    Sieben Jahre später (2004) beschloss das niederländische Innenministerium, ebenfalls nur noch die Bezeichnung Fryslân zu benutzen. Auch in niederländischen Texten.

    Mindestens elf der vormals 31 friesischen Gemeinden waren dem Vorbild der Provinz gefolgt und hatten ihren niederländischen Namen amtlich abgelegt, bevor sie am 1. Jänner 2019 zu heute nur noch 18 Gemeinden fusioniert wurden. Auch davon tragen mehrere (Dantumadiel, De Fryske Marren, Noardeast-Fryslân…) offiziell nur einen friesischen Namen. Wie viele genau es sind, konnte ich nicht eruieren — doch mir scheint sowieso das (in Südtirol bis heute undenkbare) Prinzip wichtiger, dass die Kommunen selbst über ihre amtliche Bezeichnung befinden können.

    Das ist im nahen Graubünden ähnlich und hat auch dort weder zum Weltuntergang noch zu Bürgerkriegen geführt, sondern zu einem differenzierten und demokratischen Umgang mit dem Thema.

    Achja, die offizielle Webseite der Provinz Fryslân ist unter fryslan.frl abrufbar (von friesland.frl wird man ebenfalls auf fryslan.frl umgeleitet). Das offenbart gleich dreierlei:

    • Fryslân hat wie soeben beschrieben — anders als Südtirol — amtlich nur eine Landesbezeichnung, die es selbst aussuchen durfte.
    • Fryslân ist — anders als Südtirol — nicht zu einer URL mit »staatlicher« Endung (.nl, in unserem Fall .it) gezwungen.
    • Fryslân hat es — anders als Südtirol — nicht verabsäumt, ein eigenes Internetsuffix (.frl) zu beantragen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 || 01 02



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  • Der blasphemische Buffon.
    Antiquierte italienische Gesetzgebung

    Der italienischen Torhüterlegende Gianluigi „Gigi“ Buffon könnte Medienberichten zufolge Ungemach drohen, da er im Spiel zwischen Parma und Juventus angeblich einen gotteslästerlichen Fluch ausgestoßen hat. Dem guten Buffon ist aber auch nicht zu helfen. Hätte er sich doch bloß nur zum Faschismus bekannt 01 02 03 oder die Hand zum römischen Gruß erhoben 01 02. Dann würde ihm wohl nichts passieren.

    Anmerkung: In vielen europäischen Ländern wurden die Blasphemie-Paragraphen im Sinne der Meinungsfreiheit abgeschafft (Frankreich, Niederlande, Irland, Schweden, Dänemark usw.). In Italien, Deutschland und Österreich bestehen sie nach wie vor. Meist werden sie jedoch sehr eng ausgelegt, sodass dadurch – wie beispielsweise in Deutschland der Fall – der “öffentliche Friede” und nicht mehr das religiöse oder weltanschauliche Empfinden geschützt wird.



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  • Assuefatti alle pratiche mediatiche illegittime.
    Quotation

    I compiti della polizia giudiziaria sono fissati nel codice di procedura penale in cui si afferma che devono essere ricercati gli elementi di prova. Io non ho mai letto di un articolo del codice di procedura penale che sancisca che le forze dell’ordine debbano fare marketing. Anzi, i pubblici ufficiali sono tenuti al segreto, e anche quando sia caduto il segreto devono esprimersi rispetto alle indagini con discrezione e riserbo. Distribuire alla stampa spezzoni di filmati con i loghi della polizia giudiziaria o foto degli arrestati in comodi formati per poter essere stampati sui giornali sono prassi illegittime, per le quali più volte l’Italia è stata condannata anche in sede sovranazionale. Vediamo praticamente tutti i giorni persone in manette in tv o suoi giornali ed è una pratica vietata dal nostro codice di procedura penale. Eppure siamo talmente assuefatti che ormai nemmeno lo notiamo più.

    Tratto da “(Ver)gogna mediatica, sistema malato”, intervista all’avvocato Nicola Canestrini realizzata da Sarah Franzosini per Salto

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