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  • Mehr als eine bunte Parade.
    Südtirolo Pride


    Es ist endlich soweit! Heute kommt zum ersten Mal die Pride nach Südtirol.

    von Andreas Unterkircher

    Eine bunte Parade wird um 16.00 Uhr am Bozner Verdiplatz starten und mit Karren und Musik lautstark durch die Straßen der Innenstadt und von Gries-Quirein ziehen.

    Um 18.00 Uhr kommt sie dann am Alexander-Langer-Platz auf den Talferwiesen an, wo die Abschlussfete mit Musik, Speis und Trank stattfindet.

    Doch wer denkt, dass es sich bei der Pride nur um einen schrillen Karneval von queeren Menschen handelt, der irrt sich gewaltig.

    Es geht darum, Minderheiten, welche über Jahrhunderte wegen ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität Unterdrückung und Verfolgung erlitten haben, endlich jene Sichtbarkeit und den Respekt zurückzugeben, der ihnen zusteht.

    Dass diese Pride unserem Land nicht nur guttut, sondern sogar notwendig ist, beweisen die heftigen Polemiken, welche in diesen Tagen allein die Aushängung der Regenbogenfahne auf öffentlichen Gebäuden verursacht hat. Ein Gemeinderat musste zurücktreten, weil er die Rainbowflag mit dem Nazi-Regime in Verbindung gebracht hat. Ja, Gewalt und Ausgrenzung beginnen schon mit den Worten. Und es ist noch viel zu tun.

    So wird auch die Pride nicht das Endziel sein, sondern nur der Beginn eines neuen Kampfes. Das Organisationskomitee hat nämlich eine Liste politischer Forderungen an die Landesregierung aufgestellt. Darin geht es unter anderem um Maßnahmen zur rechtlichen Gleichstellung, Ausbau der Antidiskriminierungsstrukturen, Zugang zu öffentlichen Diensten und Gesundheit, Bildung und Prävention. Eines der Hauptanliegen ist aber nach wie vor ein Landesgesetz gegen Homo-Bi-Transphobie, jenes Gesetz, das auf Staatsebene nie durchgegangen ist und einen echten, konkreten rechtlichen Schutz gegen Gewalt darstellen würde.

    Die Südtiroler LGBTQIA+-Community feiert, ja, aber sie ist auch besorgt darüber, dass weltweit die wenigen erworbenen Rechte immer mehr in Frage gestellt werden. Man denke nur an Trump in Amerika. In Italien drehte sich die Debatte kürzlich besonders um die Regenbogenfamilien. So wurde die Leihmutterschaft zum universalen Verbrechen erklärt. Dagegen hat das Verfassungsgericht vor wenigen Tagen die Eintragung der Kinder eines Frauenpaares auf dem gemeinsamen Familienbogen für rechtmäßig erklärt. Nicht selten kommt es zum Tauziehen zwischen Richtern und Parlament.

    Am selben Tag wie in Bozen wird es auch in Budapest eine Pride-Parade geben. Mit dem Unterschied, dass diese de facto illegal ist, da die ultrakonserative Regierung Ungarns die Pride schlicht für rechtswidrig erklärt hat. Die queere Community Südtirols wird auch für die ungarische auf die Straße gehen. Denn wie Marsha P. Johnson sagte: Es gibt keinen Stolz für einen von uns ohne die Befreiung von uns allen.


    Autor:innen- und Gastbeiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung oder die Position von BBD wider, so wie die jeweiligen Verfasser:innen nicht notwendigerweise die Ziele von BBD unterstützen. · I contributi esterni non necessariamente riflettono le opinioni o la posizione di BBD, come a loro volta le autrici/gli autori non necessariamente condividono gli obiettivi di BBD. — ©


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  • Die Tabubrüche der SVP.
    Quotation

    Wer hätte das gedacht, dass die Südtiroler Volkspartei mal jene politische Macht sein würde, die das von Repression und persönlichen Leiden punzierte „Alto Adige“ zu einer historischen Petitesse verkommen lässt, dass sie es sein würde, die in ihrer selbstüberschätzenden Hybris von Macht einen historisch bedeutsamen Tabubruch vollzieht, indem sie sich den demokratiefeindlichsten Kräften der Republik ausliefert.

    Jetzt, wo die rechtsnationalen Fratelli am Paket mitschreiben dürfen, und sogleich die politisch-symbolisch repräsentative Kraft, ihren völkerrechtlichen Advocatus, die Schutzmacht Österreich, infrage stellen, sollte die deutsche, italienische und ladinische Südtirolerschaft sich selbst befragen, wie viel ihr an einer Demokratie liegt, die sich einem internationalen Völkerrecht verpflichtet sieht.

    Auszüge aus einem Essay der Volkskundlerin und Philosophin Elsbeth Wallnöfer, der unter dem Titel Verlorene Mitte in der aktuellen ff (Nr. 26/2025) erschienen ist.

    Cëla enghe: 01 | 02 03 04 | 05 06 07



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  • Freie Fahrt für Verkehrsrowdys in Südtirol.

    Die Bürgermeister von Karneid, Völs am Schlern, Deutschnofen, Tiers und Welschnofen fordern Maßnahmen gegen den überbordenden Verkehr auf den Dolomitenpässen und gegen die vielen Regelverstöße.

    Den Bürgermeister von Welschnofen, Thomas Pardeller (Bürgerliste), zitiert Rai Südtirol folgendermaßen:

    Die gesamtstaatliche Politik lockert vielfach einfach die Regeln, sodass wir jene Maßnahmen, die wir bisher zumindest als Abschreckung setzen konnten[,] wie die Speed-Check-Boxen, sogar abbauen müssen.

    – Bürgermeister Thomas Pardeller

    Schon bisher galten in Italien äußerst restriktive, ja geradezu absurde Regeln für die Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen, die sogar mit einem Schild angekündigt werden müssen. Erst kürzlich setzte Verkehrsminister Matteo Salvini von der Lega eine Gesetzesänderung durch, auf deren Grundlage die Mehrzahl der fixen Radargeräte abgebaut werden musste und Kontrollen bei gewissen Geschwindigkeitslimits (etwa unter 50km/h) gar nicht mehr zulässig sind. Schilda ist ein Klacks dagegen.

    In Bozen sind seitdem die Strafen wegen Geschwindigkeitsübetretung angeblich um über 90 Prozent zurückgegangen, und zwar selbstverständlich nicht, weil sich die Disziplin der Verkehrsteilnehmerinnen schlagartig gebessert hätte. Zu erwarten ist im Gegenteil, dass die Regelbrüche — mit allen Gefahren und negativen Auswirkungen (von Lärmbelastung bis Luftverschmutzung) — mit der Straffreiheit deutlich zunehmen werden.

    Überhöhte Geschwindigkeit ist bekanntlich eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle, die jährlich zahllose Verletzten und Tote fordern. Italien schneidet diesbezüglich wesentlich schlechter ab, als alle (!) angrenzenden Staaten, aber beispielsweise auch als Deutschland oder Spanien.

    Wäre Südtirol ein unabhängiger Staat, könnten wir vernünftige Regeln für Geschwindigkeitskontrollen einführen, wie sie in fast jedem europäischen Land gelten. Das würde viele Unfälle vermeiden, Leben retten und für einen respektvolleren Umgang im Straßenverkehr sorgen. Stattdessen müssen wir populistische Maßnahmen ertragen, die nur den Verkehrsrowdys nutzen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Wohlfühlbeitrag über Tritan Myftiu.
    Rai Südtirol

    Am Vortag hatte der Fraktionsvize von Fratelli d’Italia im Bozner Gemeinderat, Diego Salvadori, ein Goebbels-Posting veröffentlicht, da fand es Rai Südtirol passend, einen unkritischen Lifestylebericht über einen weiteren Vertreter der neofaschistischen Partei von Giorgia Meloni auszustrahlen. Tritan Myftiu durfte darin nicht nur seine Migrationsgeschichte anreißen, sondern auch unhinterfragt seine Mitgliedschaft bei den rechtsextremen Fratelli und sein offensichtliches Desinteresse an der deutschen Sprache als Selbstverständlichkeit darstellen.

    Er ist perfekt zweisprachig, Italienisch und seine Muttersprache Albanisch fließend, Deutsch wird wohl weiterhin ein Problem bleiben. Liege in der Natur der Sache, meint der neue Stadtrat, der in Zukunft unter anderem für die Integration zuständig sein wird. Es sei klar, dass man sich als Fremdsprachiger zunächst vor allem jene Sprache aneigne, in der man sich vorwiegend bewegt, und das sei in Bozen eben eine andere als im Pustertal oder im Vinschgau.

    – Rai Südtirol

    Transkription von mir

    Ich kenne in großmehrheitlich deutschsprachigen Teilen des Landes einige Menschen mit Migrationshintergrund. Dass sie sich jedoch nur Deutschkenntnisse angeignet hätten, ist bei keinem von ihnen der Fall. Sonst könnten sie schließlich nicht mit der Polizei (Einwanderungsbehörde) kommunizieren, Packungsbeilagen von Medikamenten bzw. Produktetiketten verstehen oder die Onlinedienste vieler Behörden in Anspruch nehmen, um nur einige Beispiele zu nennen. Italien verlangt zudem im Unterschied zu vielen anderen Staaten auch für längerfristige Aufenthaltsgenehmigungen (und nicht nur für den Erwerb der Staatsbürgerschaft) Sprachkenntnisse — womit nur Italienischkenntnisse gemeint sind und Minderheitensprachen, egal ob in Bozen oder im Vinschgau, ausgeschlossen sind (vgl. 01 02 03).

    Die vom Bericht angedeutete Spiegelbildlichkeit zwischen Bozen auf der einen und dem Vinschgau oder dem Pustertal auf der anderen Seite existiert nicht. Im Gegenteil: Selbst in mehrheitlich deutschsprachigen Ortschaften sind Migrantinnen ohne Deutschkenntnisse viel öfter anzutreffen als Migrantinnen ohne Italienischkenntnisse. Myftius Rechtfertigung für seine mangelnden Deutschkenntnisse beruht also auf einem Mythos, der die Minorisierung der deutschen Sprache in Südtirol unterschlägt und legitimiert (vgl.).

    Und so jemand wird in einer Stadtregierung, an der auch die Minderheitenpartei SVP beteiligt ist, mit dem sensiblen Sachbereich Integration beauftragt. Welche Impulse er setzen wird, um Migrantinnen für das Erlernen (auch) der deutschen Sprache zu sensibilisieren, kann man sich vorstellen.

    Die Volkspartei macht sich am weiteren Rückgang der deutschen Sprache in der Landeshauptstadt mitschuldig.

    Seit Jahren ist [Myftiu] politisch tätig. Schon immer rechtskonservativ, das komme auch von seiner Erfahrung mit dem Kommunismus in Albanien, sagt er, und zitiert Winston Churchill. Es sei besser, Reichtum ungerecht als Armut unter allen Menschen gleichermaßen zu verteilen. Abgesehen davon sei seine Familie in Albanien vom Regime verfolgt worden, das präge.

    – Rai Südtirol

    Transkription von mir

    Klar, wer kennt es nicht? Man wird von einem autoritären Regime unterdrückt und es bleibt einem gar nichts anderes übrig, als einer Partei beizutreten, die mit einem anderen autoritären Regime liebäugelt. Ebenso unausweichlich muss es gewesen sein, dass jemand als Bootsflüchtling nach Italien gekommen ist und jetzt mit denen Politik macht, die die Boote dieser Flüchtlinge am liebsten versenkt hätten.

    Südtirol jedenfalls hat nicht unter dem Kommunismus, sondern unter dem Faschismus gelitten. Und ausgerechnet hier ist Myftiu Teil eines politischen Projekts geworden, das sich von damaligem Unrecht nur sehr widerwillig distanziert und weiterhin an vielem festhält, was damals aufgezwungen wurde.

    Statt dem Stadtrat bloß ein Mikrofon hinzuhalten, hätte Rai Südtirol — gerade in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Sender der deutschsprachigen Minderheit — auf diese gelinde gesagt problematischen Zusammenhänge hinweisen und kritisch bei Myftiu nachfragen können.


    Tritan Myftiu hat sich übrigens gegen einen Rücktritt von Diego Salvadori wegen des Goebbels-Postings ausgesprochen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08



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