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  • Zensur in Russland und im »Westen«?

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    In Russland wurden infolge des brutalen Überfalls auf die Ukraine hohe Strafen (bis zu 15 Jahre Haft) eingeführt, die vielen in- und ausländischen Medien die Arbeit erschweren, teilweise sogar unmöglich machen. Die Maßnahmen sollen offiziell Desinformation bekämpfen, wenden sich aber gegen jede Abweichung von der offiziellen Linie des Kreml. So ist es etwa verboten, in Zusammenhang mit dem Krieg von einem Krieg (anstatt verharmlosend von einer militärischen Sonderoperation) zu sprechen.

    Mehrere unabhängige Medien wurden in Russland seit Kriegsbeginn geschlossen, weil sie versucht hatten, über den Angriff auf die Ukraine zu informieren, andere haben von selbst aufgegeben. Die Nowaja Gaseta hat zwar beschlossen, weiterzumachen, dafür aber nichts mehr über den Krieg — der nicht so heißen darf — zu berichten. Ausländische Medien haben ihre Korrespondentinnen aus Russland abgezogen und ihre Sendungen in dem Land eingestellt.

    Doch auch westliche Staaten haben während der letzten Tage Maßnahmen beschlossen, die gegen Medien gerichtet sind. So wurde RT (vormals Russia Today) und Sputnik die Sendeerlaubnis entzogen.

    In freien und demokratischen Ländern ist jeder Eingriff in die Freiheit von Medien eine äußerst heikle Angelegenheit. Möglicherweise werden Gerichte die Sendeverbote wieder kippen.

    Doch was ist nun der Unterschied?

    Immer wieder liest man, dass sich Demokratien mit dem Verbot von RT und Sputnik auf die Ebene von Putin begeben hätten.

    Das ist natürlich absoluter Blödsinn. Nicht nur, dass in Russland anders als bei uns inhaltliche Vorschriften gemacht wurden, wie zu berichten ist.

    Der entscheidende Unterschied ist, dass in Russland ausgerechnet den unabhängigen Medien die Arbeit erschwert wird, während sich die Maßnahmen des sogenannten Westens ausschließlich gegen abhängige Medien richten. Medien, die das offizielle Sprachrohr einer Macht sind, die gerade einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen ein freies und souveränes Land führt — und die durch ihre zweifelhafte Arbeit versuchen, diesen Angriffskrieg zu leugnen, zu rechtfertigen oder zu relativieren.

    Durch Propaganda und gezielte Desinformation tragen diese Medien außerdem seit vielen Jahren dazu bei, die öffentliche Meinung in freien Ländern zu manipulieren. RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan hatte ihren Sender 2012 offen als eine Art mediales Verteidigungsministerium bezeichnet, das einen Informationskrieg gegen den Westen führe.

    Unabhängige Medien haben dagegen im Westen wenig zu befürchten, selbst wenn sie sich gegenüber der offiziellen Linie ihrer Regierungen kritisch zeigen.

    Sollten sie dennoch ungerecht behandelt werden, steht ihnen — wie übrigens auch RT und Sputnik — der Rechtsweg offen, und zwar über eine weitgehend freie Justiz, die anders als in Russland dem direkten Zugriff der Regierungen entzogen ist. Man nennt das Gewaltenteilung.

    Größer könnte der Unterschied also kaum sein.



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  • Wenn Träume wahr werden.
    “Utopische” grüne Forderungen sind mittlerweile Mainstream

    Umweltschützerinnen, Wissenschaftlerinnen und Grünpolitikerinnen haben seit spätestens Ende der 1980er-Jahre gefordert, aus fossiler Energie auszusteigen, das Klima und die Meere zu schützen, Mobilitätskonzepte zu überdenken und die Städte zu begrünen anstatt sie zuzubetonieren und zuzuparken.

    Von den Entscheidungsträgern und Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft wurden sie daraufhin als “unrealistische Träumer” abgekanzelt: “Was das alles kostet.” “Utopisch.” “Grüne Spinner.” “Völlig unwirtschaftlich.” “Die haben von der Realität keine Ahnung.” “Panikmacher.” “Fußgängerzonen sind der Tod des Einzelhandels.” usw.

    Große Umbrüche und Zäsuren wie Fukushima, Naturkatastrophen mit Milliardenschäden, tödliche Hitzewellen oder aktuell auch die russische Invasion der Ukraine bringen dann bei den ach so vernünftigen “Wirtschaftsexperten”, “Realisten” und “Etablierten” ein – leider meist nur halbherziges – Umdenken in Form von Lippenbekenntnissen. Denn zur Erkenntnis, dass nur eine Sache langfristig mehr kostet als konsequenter Umweltschutz; nämlich kein bzw. zu wenig Umweltschutz, wollen sie nach wir vor nicht gelangen. Und so kann man dann auch mal Gas und Nuklearenergie als nachhaltig einstufen.

    Dabei ist seit jeher klar, dass Prävention günstiger kommt als Therapie. Doch die “Wirtschaftsexperten” warten lieber, bis es richtig teuer wird oder gar zu spät ist. Hätten wir mit eingangs erwähnten Maßnahmen (deren Notwendigkeit heute lustigerweise kaum jemand mehr anzweifelt und deren Umsetzung sich nahezu alle Parteien und Wirtschaftstreibenden auf die Fahnen geheftet haben) viel früher – sprich damals, als es die “unrealistischen Träumer” gefordert hatten – begonnen, hätte es uns einen Bruchteil gekostet, wären wir nicht in der Abhängigkeit von Despoten und zudem technologisch der restlichen Welt wieder einen Schritt voraus – und wir würden daran sogar noch großartig verdienen.

    Aber nein – es war alles unwirtschaftlich und unrealistisch. Einwand: “Das konnte man ja so nicht vorhersehen.” Doch, konnte man. Die Realität hat gezeigt, dass die “Träumer” die Realisten waren und die wahren Träumer jene sind, die dies nicht wahrhaben woll(t)en.

    P.S.: Die langjährigen Forderungen der Umweltschützerinnen, Pazifistinnen und Wissenschaftlerinnen einzig auf die wirtschaftliche Dimension zu reduzieren ist zynisch und falsch. Der Artikel soll lediglich untermauern, dass radikaler Umweltschutz selbst in der rein marktwirtschaftlichen/kapitalistischen Logik der “Wirtschaftsexperten” sinnvoller ist, als deren eigene Strategie.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Russisch in der Ukraine verboten?

    Autor:a

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    1 Comentâr → on Russisch in der Ukraine verboten?

    In dem bereits von Wolfgang Mayr kommentierten TAZ-Interview zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine behauptet die Landtagsabgeordnete Ulli Mair (F), in dem osteuropäischen Land sei die russische Sprache verboten worden. Sie ist mit dieser Auffassung nicht alleine, doch sie liegt falsch — und wer diese Lüge verbreitet, macht sich gewollt oder ungewollt zum Sprachrohr der Putin’schen Propaganda.

    Russisch ist die Muttersprache eines erheblichen Teils der Ukrainerinnen, vor allem im Ostteil des Landes, aber zum Beispiel auch in der Hauptstadt Kyjiw. Obwohl die Sprache rechtlich nicht mit Ukrainisch gleichgestellt ist, ist sie keineswegs verboten. Es gibt eine äußerst rege und völlig legale russische Sprach- und Kulturlandschaft im ganzen Land. Russisch ist außerdem unter anderem die Muttersprache des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und des Kyjiwer Bürgermeisters Vitali Klitschko. Beide sprechen Russisch deutlich besser als Ukrainisch und wurden trotzdem von Bürgerinnen beider Zungen gewählt und anerkannt.

    Nach westlichen Maßstäben genießt die russische Sprache in der Ukraine keinen ausdrücklichen Minderheitenschutz, Autonomierechte für bestimmte Regionen (nicht aber zum Beispiel für die Krim vor der russischen Annexion) wurden bislang verweigert.

    Diese Tatsachen (und selbst Maßnahmen zur Einschränkung der russischen Sprache in der Ukraine) sind aber nach meinem Dafürhalten äußerst vorsichtig und differenziert zu betrachten:

    • Erstens, weil Moskau die sprachliche Dimension seit dem Zerfall der Sowjetunion immer wieder bewusst dazu missbraucht hat, um aggressiv eigene Propaganda in den angrenzenden Staaten zu platzieren, sie zu destabilisieren und sich auch massivst — nichtmilitärisch und militärisch — in innere Angelegenheiten einzumischen. Russland geht es dabei weniger um Minderheitenschutz als um die Durchsetzung eigener geostrategischer Interessen.
    • Zweitens, weil die ukrainische Sprache zwar Staatssprache ist, historisch jedoch konstant benachteiligt und unterdrückt wurde bzw. unter starkem Druck des Russischen stand. Obschon sie heute (offiziellen Statistiken zufolge) von der Mehrheit der Bevölkerung gesprochen wird, hat sie nach wie vor Charakterzüge einer Minderheitensprache, die sie ja lange Zeit auch tatsächlich war. Ähnlich wie — natürlich nicht eins zu eins vergleichbar — auch die irische Sprache heute Staatssprache in Irland ist, aber trotzdem besonderer Schutz- und Revitalisierungsmaßnahmen (affirmative action) bedarf.

    Russisch ist in dieser Hinsicht auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion eher mit der weltweiten Lingua franca Englisch (die manchmal auch als »Killersprache« bezeichnet wird) zu vergleichen als mit einer klassischen Minderheitensprache. Ob sie tatsächlich aktiven Schutz benötigt, darf zumindest in Frage gestellt werden.

    Wichtig wäre mittelfristig — zumindest im Ostteil der Ukraine und in der Hauptstadt — sicherlich ein ganz oder teilweise gleichgestellter Status der russischen Sprache als Amtssprache, den es seit 2012 teilweise schon wieder gab, sowie die Aufhebung von ausdrücklichen Einschränkungen, die allerdings nach (und wegen) der Annexion der Krim eingeführt wurden.

    Neben der russischen existieren hingegen mehrere andere, kleinere Sprachgemeinschaften in der Ukraine, die tatsächlich eines ausdrücklichen Minderheitenschutzes bedürfen und (in noch unzureichendem Maße) genießen.

    Immerhin hat jedoch die Ukraine (anders als Russland1aber auch anders als Italien oder Frankreich) die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ratifiziert und unterzieht sich folglich regelmäßig der einschlägigen Evaluierung und Beratung durch Expertinnen des Europarats.

    Nicht zu vergessen ist abschließend, dass wir hier Maßstäbe ansetzen, die zwar möglichst überall gelten sollten, aber selbst in sogenannten westlichen Demokratien alles andere als selbstverständlich sind.

    Und vor allem, dass auch wenn all das, was ich hier ausgeführt habe, falsch (und Russisch in der Ukraine tatsächlich verboten) wäre, dies den brutalen russischen Überfall in keinster Weise rechtfertigen würde.


    Siehe auch: 01 || 01 02

    • 1
      aber auch anders als Italien oder Frankreich


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  • Brutaler Angriffskrieg in Europa.
    Überfall auf die Ukraine

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    Seit den Morgenstunden von Donnerstag, dem 24. Februar attackiert die Armee der Russischen Föderation auf Geheiß von Wladimir Putin das Territorium der Ukraine in einem massiven und brutalen Angriffskrieg.

    Selbst wenn man sämtliche Fehler im Vorfeld dieses Krieges nur auf der Seite der Ukraine und der NATO sehen wollte und dem Agieren der Russischen Föderation mit dem größten Wohlwollen begegnen wollte:

    Es würde trotzdem nichts davon diesen entsetzlichen Angriffskrieg auch nur ansatzweise rechtfertigen, der nun enormes Leid über viele Millionen Menschen in Europa bringen wird.

    Wir schließen uns denen an, die eine sofortige und bedingungslose Beendigung dieses Wahnsinns, die umgehende Aufnahme von Geflüchteten und die breitest angelegte humanitäre Hilfe für die Bevölkerung vor Ort fordern.



    Medienberichten zufolge soll das Land Südtirol die Konvention zur Führung des sogenannten Zarenbrunn-Komplexes in Meran mit der Stadt Moskau auf Eis gelegt haben.

    Ein Aufnahmeangebot für Geflüchtete und Solidaritätsbekundungen der Landesregierung an die in Südtirol lebenden Ukrainer:innen, die derzeit jede, auch symbolische Unterstützung gebrauchen können, bleiben aus.


     NACHBAR IN NOT   WEIẞES KREUZ 

    Siehe auch: 01 02 || 01 02 03 04 05 06 07 08 09



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  • Tourismus schmückt sich mit der Vetta.

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    2 Comentârs → on Tourismus schmückt sich mit der Vetta.

    Mit den (nach wie vor lebendigen) Relikten des faschistischen Imperialismus in Südtirol zu werben ist längst kein Tabu mehr. Eine öffentliche Gesellschaft wie die IDM (bzw. ihre Vorgängerin SMG) hatte es schon vor einigen Jahren vorgemacht, als sie ohne kritischen Hinweis das Siegesdenkmal auf ihrem Instagram-Kanal präsentierte.

    Nun wirbt ein Luxushotel im Ahrntal auch noch mit der Vetta, der wohl dreistesten Namensfälschung des Protofaschisten Ettore Tolomei — die zudem auch geografisch ein Fake ist: Der nördlichste Punkt Südtirols (und somit auch Italiens, das es annektiert hat) ist nicht der Klockerkarkopf, sondern das Westliche Zwillingsköpfl.

    Nichtsdestoweniger war auch und gerade dieser frei erfundene Name mit dafür verantwortlich, dass Südtirol am Ende des Ersten Weltkriegs Italien übergeben wurde.

    Hätte Südtirol die Möglichkeit, wie viele andere autonome Gebiete frei über die Ortsnamen zu befinden, wäre die Vetta — bis heute ein Liebling neofaschistischer Bewegungen — wohl einer der ersten, die fallen würden.

    Die Hemmungen der Touristikerinnen im Lande, mit imperialistischem »Ungut« zu werben, scheinen jedoch nach und nach zu fallen. Hauptsache, es könnte dem (möglichst unwissenden) Gast gefallen.

    Erst kürzlich haben wir übrigens konstatiert, wie rasch aus unwissenschaftlichen Tourismuslügen Daten und Fakten werden können. Wenn sich dieser Umstand mit bis heute aufrecht gebliebenen Zeugnissen einer ethnischen Säuberung vermischt, ist das Ergebnis umso besorgniserregender.

    Siehe auch: 01 02 03 | 04 || 01



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  • Ausschuss will Parteienfinanzierung erörtern.
    Landtag

    Der Sonderausschuss des Südtiroler Landtags, der sich mit den Diäten und Renten der Abgeordneten befasst, hat heute beschlossen, auch über die Einführung einer Parteienfinanzierung beraten zu wollen. Dafür waren 21 Abgeordnete (SVP, STF F sowie die beiden ehemaligen TK-Mandatare Feistnauer und Unterholzner), dagegen 13 (FI, Lega, FdI, Grüne, TK und 5SB). Sandro Repetto (PD), der sich im Vorfeld gegen den Vorschlag ausgesprochen und die römische Zuständigkeit verteidigt hatte, war abwesend.

    Zu diesem Thema war am Samstag ein Interview mit dem Politologen Günther Pallaver in der Südtirolbeilage des Corriere erschienen, der sich darin grundsätzlich für eine öffentliche Finanzierung der Parteien ausspricht. Besonders den Arbeiterparteien sei es in Vergangenheit schwergefallen, über die Mitgliedsbeiträge hinaus Geldmittel zu beschaffen.

    Die Streichung der Parteienfinanzierung in Italien sei für europäische Demokratien ein Unikum, das auch keineswegs zum Verschwinden der Korruption geführt habe. Die Parteien hätten stattdessen andere Möglichkeiten der Finanzierung gefunden — was jedoch vor allem diejenigen begünstige, die mächtige Interessensgruppen hinter sich haben. Daraus ergebe sich ein unlauterer Wettbewerb.

    Trotz des vorherrschenden Populismus sei die Parteienfinanzierung so wichtig, dass man ihre Wiedereinführung auf Landesebene, notfalls mit dem Argument des Minderheitenschutzes, weiter verfolgen sollte, so Pallaver.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Verfassungsgericht gegen wichtige Referenda.

    Autor:a

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    0 Comentârs → on Verfassungsgericht gegen wichtige Referenda.

    Wieder einmal wurde uns letzte Woche eindrücklich vor Augen geführt, wie träge und schwerfällig dieser Staat ist, wenn es um wichtige Reformen geht, selbst wenn sie kein Geld kosten, sondern nur die überfällige Anpassung gesellschaftspolitischer Regeln betreffen.

    Da das Parlament seit Jahren unfähig ist, die Sterbehilfe zu reglementieren, hatten Aktivistinnen (worunter Wilhelmine Schett) ein entsprechendes Referendum initiiert und weit mehr als die erforderlichen 500.000 Unterschriften gesammelt: 1,2 Millionen. Erst anschließend wies das Verfassungsgericht (letzten Dienstag) die geplante Abstimmung ab, weil es der Meinung war, dass sich durch die Abschaffung von Teilen eines Strafgesetzparagraphen Unschärfen ergeben hätten.

    Einem geplanten Referendum zur Legalisierung von Hanf erging es sehr ähnlich.

    Bei seinen Vorgängern völlig unüblich, erklärte der neue Präsident des Verfassungsgerichts, Giuliano Amato, die Gründe der Abweisung — noch dazu in recht salopper Weise — im Rahmen einer Pressekonferenz. Dabei machte er unerhörte Beispiele, wie das eines Betrunkenen, der ungewollt seiner Tötung zustimmen könnte, ein Szenario, das nach einhelliger Meinung von Juristinnen jeglicher Grundlage entbehrt.

    Auch die Komitees wiesen die von Amato vorgebrachten Begründungen und Ausführungen empört zurück (01 02). Mehrfach wurden Vorwürfe laut, dass es sich bei den Abweisungen um politisch motivierte inhaltliche Entscheide gehandelt habe. Die Amtsführung und die persönliche Vorgeschichte des neuen Präsidenten helfen nicht, diesen Verdacht zu entschärfen.

    Hauptgrund für den Missstand ist aber wohl die Tatsache, dass Referenda in Italien — mit Ausnahme von Verfassungsreferenda — nur abschaffenden, nicht jedoch einführenden Charakter haben dürfen. Dies zwingt Initiativen, spitzfindige Streichungen von Wörtern und Satzfetzen aus Gesetzestexten vorzuschlagen, um irgendwie ans gewünschte Ziel zu gelangen. Unschärfen, die jedoch im Anschluss an ein erfolgreiches Referendum vom Parlament korrigiert werden könnten, sind damit geradezu vorprogrammiert.

    Wenn sich das Verfassungsgericht diese fast unvermeidlichen Ungenauigkeiten haarspalterisch — und sogar unlauter — zunutze macht, um Abstimmungen abzuweisen, können erwünschte Reformen zunichte gemacht werden.

    Demzufolge müssten auch die Mitbestimmungsrechte selbst dringend reformiert und ausgeweitet werden.

    Dazu gesellt sich, wie eingangs erwähnt, die Trägheit des Parlaments. Dadurch hinkt Italien anderen europäischen Ländern in vielen wesentlichen gesellschaftspolitischen Bereichen (neben der Sterbehilfe etwa die Homoehe oder die Einführung eines Antidiskriminierungsgesetzes) weit hinterher.

    Was aber für die meisten Menschen einfach nur ärgerlich ist, kann Betroffenen — auch in Südtirol — das Leben über viele Jahre zur Hölle machen.

    Siehe auch: 01 02 03



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