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  • Repräsentative Polizei.

    Dieser Tage feiert die OSZE, speziell der Hohe Kommissar für nationale Minderheiten (HKNM), das Jubiläum der vor 15 Jahren aufgelegten Empfehlungen für Polizeiarbeit in multiethnischen Gesellschaften. Sie wurden zwischen 2005 und 2006 in Zusammenarbeit mit 14 renommierten unabhängigen Expertinnen formuliert.

    Von insgesamt 23 Empfehlungen befassen sich vier (in Abschnitt II) mit Rekrutierung und Repräsentation. In den Erläuterungen wird ausgeführt, dass es von großer Wichtigkeit sei, eine gleichberechtigte Vertretung nationaler Minderheiten in der Polizei sicherzustellen, da dies unter anderem ein Indikator für Chancengleichheit zwischen den ethnischen Gruppen und ein Weg zur Sicherstellung wichtiger Kompetenzen (u. a. Sprachfähigkeiten) sei, die für Polizeiarbeit in ethnisch diversen Gemeinschaften nötig ist. Außerdem helfe dies der Polizei, Beziehungen mit der Minderheit aufzubauen und Kommunikation, Kooperation und Vertrauen zu verbessern.

    Es solle ein strategischer Ansatz gewählt werden, um zu gewährleisten, dass die ethnische Zusammensetzung der Polizei die der Bevölkerung widerspiegelt. Dafür könne man Ziele (und nicht notwendigerweise Quoten) festlegen.

    Die Polizei solle nicht nur ihr Selbstverständnis als ethnisch repräsentativer Korps kommunizieren, sondern auch alle Schritte öffentlich bekanntgeben, die unternommen werden, um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen. Speziell in Gebieten, wo die Minderheit die größte Gruppe darstellt, sei es wichtig, dass der multiethnische Charakter der Polizei effektiv vorhanden und sichtbar ist.

    Außerdem wird unterstrichen, dass Minderheiten auch in den Führungspositionen angemessen vertreten sein sollten. Dies zeige nicht nur, dass alle Ebenen für alle Gruppen zugänglich sind, sondern bringe die Minderheitenperspektive auch in die Führungsebene der Polizei.

    Rekrutierungsmaßnahmen allein seien aber keineswegs ausreichend. Die Erfahrung zeige, dass Minderheiten, die nicht gleichwertig und mit Respekt behandelt werden und dieselben Chancen haben, in der Hierarchie aufzusteigen, dazu tendierten, ihre Anstellung bei der Polizei aufzugeben. Bei Frauen, die aufgrund ihres ethnischen Hintergrunds und ihres Geschlechts eine »doppelte Minderheit« darstellen, gelte dies umso mehr.

    Ferner brauche es effektive interne Beschwerdemöglichkeiten, damit Mitarbeiterinnen Diskriminierungen nicht still ertragen müssen.

    Südtirol

    All diese Aspekte sind aus Südtiroler Perspektive interessant und auch erstaunlich, da wir hierzulande mit dem sogenannten Proporz ein System haben, das die angemessene Vertretung der unterschiedlichen Sprachgemeinschaften in der Verwaltung sicherstellen soll. Gerade bei der Polizei, wo dies laut HKNM besonders wichtig wäre, gilt dieser Mechanismus jedoch nicht.

    Im Gegenteil: Wie auch Thomas Benedikter bemerkt, hält der Staat die Sprachgruppenverteilung bei den Ordnungskräften sogar geheim.

    Obschon die Polizeikräfte in Südtirol die gesetzliche Verpflichtung hätten, einen zweisprachigen Dienst zu gewährleisten, ist dies statistischen Erhebungen zufolge nur unzureichend der Fall. Meist liegen Carabinieri, Staats- und Finanzpolizei bei der Verweigerung der deutschen Sprache hierzulande ganz weit vorne (01 02).

    Andere, insbesondere konstitutiv mehrsprachige Staaten haben die Wichtigkeit gerade einer mehrsprachigen Polizei hingegen längst erkannt (01 02).

    Wie es deutschsprachigen Südtirolern bei den staatlichen Polizeikräften erging, schilderte vor einigen Jahren ein Carabinieri-Beamter in der TAZ.

    Allerdings scheint auch im Lande selbst das Verständnis für eine möglichst eigenständige, mehrsprachige Polizei nicht immer groß zu sein. Mit der ironischen Feststellung

    Natürlich perfekt zweisprachig und mit den kulturellen und historischen Gegebenheiten Südtirols vertraut müssen die uniformierten Landesbeamten sein. Dies ist bei der Verbrecherjagd garantiert das Um und Auf.

    machte sich zum Beispiel das Vorausgeschickt der Dolomiten vom 15. April 2015 über die Forderung nach Mehrsprachigkeit lustig.

    Dass Polizeiarbeit viel mehr als nur Verbrecherjagd ist, wird allzu oft vergessen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Der Formvorschriften öffentliche kfz-register.

    Wenn man hierzulande ein Fahrzeug neu zulässt, gibt es — wie ich jetzt erfahren habe — keine gesonderte »Eigentumsbescheinigung« mehr vom Öffentlichen Kraftfahrzeugregister, da sie mit dem Fahrzeugschein zusammengeführt wurde.

    Stattdessen gibt es eine entsprechende Bestätigung, die man aufbewahren soll. Und die sieht so aus:

    Ich gestehe: Mein Herz schlägt einfach jedes Mal höher, wenn ich sowas (oder sowas, sowas und sowas) sehe. Ich nehme dann mit allen Sinnen wahr, dass die Gleichbehandlung von Minderheiten in diesem Land ernstgenommen wird — und dass die einschlägigen Vorschriften wahrhaftig dazu führen, dass Diskriminierungen unterbleiben.

    Alle Bürgerinnen sind vor dem Öffentlichen Kraftfahrzeugregister, das jetzt Der Formvorschriften öffentliche kfz-register heißt, an Rechten und Würde gleich. Auch und gerade Zugunsten-Käufer deutscher Muttersprache, denn auch ihnen ermöglicht den QR -Code scannen (oder wahlweise indem sie den folgenden Code) selbstverständlich die Anzeige dieser Zertifizierung. Womit Bezüge und Gebühren Fuori Campo IVA nicht umsonst entrichtet wurden.

    Kommt her aus nah und fern und schaut, wie man es macht. Noch nie ward eine Minderheit besser behandelt und geschützt.

    Cëla enghe: 01



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  • Wo bleibt der Tutor?

    Im April 2018 hatte der Landtag auf Vorschlag der Grünen die Landesregierung verpflichtet, die Geschwindigkeitsübertretungen auf der Brennerautobahn zu erheben und dann Gegenmaßnahmen einzuleiten. Ausdrücklich war auch von der Möglichkeit die Rede, ein Abschnittskontrollsystem (Tutor) einzuführen. Über drei Jahre sind seitdem vergangen.

    Nachdem sich an der gefährlichen, gesundheits- und klimaschädlichen Raserei auf der Autobahn nichts geändert zu haben scheint, stellt sich mir die Frage, welche Maßnahmen ergriffen wurden oder ergriffen werden sollen, um die Lage unter Kontrolle zu kriegen.

    Von der Installation eines Tutors war für meinen Geschmack schon zu lange nichts zu hören.

    Cëla enghe: 01 02 03 | 04 || 01 02 03 04 05



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  • Schulführer von Bergamo.

    Der Gründer und Direktor des Istituto aeronautico Antonio Locatelli von Bergamo — eine Oberschule, die ihre Schüler auf Berufe in der Luftfahrt vorbereiten will — hatte am Montag (25. Oktober) gerade eine kurze Ansprache zu seinem eigenen 66. Geburtstag gehalten, als ihn seine Schüler mit wiederholten Duce-Rufen anfeuerten. Seine Reaktion: keineswegs ablehnend, sondern eine zum römischen Gruß erhobene Hand, auf die einige Jugendliche wiederum mit einem Faschistengruß geantwortet haben sollen. Nachdem ein Handyvideo von dem Vorfall in die Medien gelangt war, ließ der Gefeierte über seinen Anwalt wissen, dass lateinisch Dux eben Führer bedeute, was er für seine Schüler auch sei. Der erhobene Arm soll keiner gewesen sein — jedenfalls kein faschistischer.

    Im Jahr 2017 hatte der Schulgründer und ehemalige FI-Gemeinderat — der seine Schule nach einem faschistischen Piloten und Kriegsverbrecher benannt hatte — einen gerichtlichen Vergleich wegen Demütigung eines Schülers abgeschlossen, dem er Cola und Rasierschaum auf den Kopf geleert haben soll. Durch die damit zusammenhängende Berichterstattung sollen weitere Misshandlungen bekannt geworden sein. Ein richtiger Dux.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • G-20 im faschistischen EUR.

    Auf einem Nebenschauplatz des soeben mit mäßigem Erfolg zu Ende gegangenen G20-Gipfels von Rom landete der Hauptschauplatz selbst, das Stadtviertel EUR, im medialen Kreuzfeuer: Die Washington Post hatte in einem alles andere als apodiktischen Beitrag auf die Wahl des von Mussolini errichteten monumentalen Quartiers als Kulisse für eine wichtige internationale Veranstaltung hingewiesen. Postwendend hyperventilierten italienische Medien (von Secolo d’Italia bis Corriere della Sera) — die in der recht harmlosen Darstellung eine Form von Cancel Culture sehen wollten.

    Schließlich hatte die Post unter anderem auch auf den Hintergrund des zunächst harmlos erscheinenden Mussolinizitats auf dem Palazzo della Civiltà Italiana (oder Colosseo Quadrato) oder auf ein Relief hingewiesen, das einen umjubelten Mussolini zu Ross als Kulminationspunkt der römischen Zivilisation darstellt.

    Dabei standen und stehen die städtebauliche und auch architektonische Qualität sowie die Existenzberechtigung des Stadtviertels — das ich übrigens selbst kürzlich besichtigen und durchaus bewundern durfte — gar nicht in Frage. Wennschon geht es einerseits um die nicht oder nur mangelhaft erfolgte Aufarbeitung, um die fehlende Beschäftigung mit einigen wenigen (aber bedeutungsvollen) Details sowie eben um die Angemessenheit, in einem solchen Umfeld eine wichtige internationale Veranstaltung zu organisieren. Doch all dies geht in Italien, jedenfalls medial und politisch, regelmäßig in einer unreflektiert verabsolutierten Selbstverteidigung unter. In Südtirol kennen wir das.

    Dass das EUR spätestens seit der Ära von Silvio Berlusconi und der damit einhergehenden Aufwertung des Faschismus wieder gerne auch von den etablierten Rechten als Kulisse politisch missbraucht wird, ist jedoch nicht ein Zufall.

    Cëla enghe: 01 || 01



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  • Schildkrötenpost.

    Nach 2009, 2014 und 2019 hat die Verbraucherzentrale (VZS) auch dieses Jahr eine Stichprobenerhebung der Postzustellzeiten innerhalb Südtirols durchgeführt. Dazu wurden an alle 116 Gemeindeämter des Landes sowie an fünf Bürgerinnenzentren der Landeshauptstadt gewöhnliche Briefe mit der Bitte um Rücksendung geschickt und die entsprechenden Beförderungszeiten gemessen.

    Zwar hat sich die Lage im Vergleich zum katastrophalen Ergebnis von 2019 (durchschnittliche Zustellzeit 6,2 Tage) verbessert, doch die heuer erhobenen 3,8 Tage sind noch immer deutlich länger als das Ergebnis von 2014 (2,7 Tage) und sogar doppelt so lang wie 2009 (1,9 Tage).

    Weitaus am längsten brauchen Briefe dabei aus und in den Vinschgau 4,54 Tage sowie Briefe innerhalb der Landeshauptstadt 4,6 Tage. Die Verbraucherzentrale spricht von einer Schneckenpost, die sich zur Schildkrötenpost verbessert habe, aber sowohl von den eigenen Zielvorgaben (Zustellung von 90% der Standardbriefe innerhalb des vierten Werktags nach Aufgabe) als auch vom europäischen Standard weit entfernt sei.

    Keine einzige Sendung sei am ersten Werktag nach der Aufgabe am Ziel gewesen. Bei Abschluss der Erhebung über 40 Tage nach Beginn waren aber noch immer 12 Sendungen ausständig — also jede zehnte!

    Cëla enghe: 01 || 01 02



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  • Pestizidprozess und Grundrechte.

    Wie Christoph Franceschini auf Salto darlegt, verkommt das Gerichtsverfahren gegen den inzwischen in den Bundestag gewählten Karl Bär (Grüne) vollends zur Farce. Der letzte verbliebene Kläger muss im Jänner sogar von der Polizei vorgeführt werden.

    Bär fordert nun von der EU, eine Richtlinie zu erlassen, die einen Justizmissbrauch wie diesen künftig unterbindet, da er die Meinungsfreiheit gefährde. Dessen Anwalt Nicola Canestrini wird von Franceschini mit den Worten zitiert, dass Italien das perfekte Pflaster für gegenstandslose Klagen sei, die nur geführt würden, um unangenehme Kritiker mundtot zu machen.

    »Nur wegen ein paar Südtiroler Bauern« stehe nun das italienische Justizsystem und dessen Vereinbarkeit mit internationalen Rechtsgrundsätzen im Fokus, so Franceschini.

    Wäre es aber nicht das Beste, was (uns) passieren könnte, wenn dieser unsägliche Prozess wenigstens dazu beitragen könnte, die italienische Justiz etwas fairer und grundrechtverträglicher zu machen? Solange sie sich für solch gefährliche Farcen hergibt, immer jemand versuchen, dies zu missbrauchen, um andere einzuschüchtern.

    Cëla enghe: 01 | 02 03 || 01



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  • Finanzielle Einigung mit dem Staat.

    Erst kürzlich hatte Verfassungsexperte Roberto Toniatti die Folgen des Finanzabkommens von 2014 auf die aktuelle Lage kritisiert: während der Staat dazu übergegangen sei, massiv Geld auszugeben, müssten Südtirol und das Trentino nach wie vor hohe Beträge nach Rom überweisen, die eigentlich als Beitrag zur Schuldentilgung gedacht wären.

    Nur wenige Tage später verkünden LH Arno Kompatscher (SVP) und sein Trentiner Amtskollege Maurizio Fugatti (Lega) nun einen Durchbruch.

    Demnach wird der Beitrag der Länder von bislang 905 Mio. um 20% auf 713 Mio. im Jahr gesenkt. Die Zentralregierung habe zudem eine Beteiligung an den Glücksspieleinnahmen (jährlicher Anteil derzeit rund 14 Mio.) anerkannt und werde Südtirol diesbezüglich für die Vergangenheit 100 Mio. als Einmalzahlung überweisen. Nicht zuletzt will der Staat die von der Regierung Monti zurückbehaltenen Raten zurückzahlen.

    Ich will das Verhandlungsgeschick des Landeshauptmanns gar nicht anzweifeln oder kleinreden — es hätte sicher auch schlimmer kommen können.

    Dennoch verstehe ich nicht, welchen Sinn eine Senkung der Beiträge zur Abtragung der Staatsschulden um 20% haben soll, wenn von einer Abtragung derzeit ohnehin keine Rede sein kann. Die 713 Mio. müssen Südtirol und das Trentino nach Rom schicken, obwohl dort gerade Steuern gesenkt und Gelder in großen Mengen verteilt werden. Wäre in diesem Zeitraum nicht eine vollständige Aussetzung der Zahlungen logisch gewesen, wie sie der Landeshauptmann meines Wissens ja unlängst verlangt hatte?

    Die Beteiligung an den Glücksspieleinnahmen will ich nicht bewerten, da mir dazu die Gesamtzahlen fehlen. Eigentlich sollte das Land die Statistiken im Sinne der Transparenz offenlegen.

    Laut Punkt 19 des Finanzabkommens hätte der Staat aber die von der Regierung Monti zurückbehaltenen Beträge schon seit 2019 in Raten zu 20 Mio. zurückzahlen sollen. Da es wohl frühestens 2022 dazu kommen wird, ist der Staat um drei Jahre in Verzug. Es mag also ein Erfolg sein, dass die aktuelle Regierung endlich handelt, doch während Südtirol und das Trentino ihren Verpflichtungen aus dem Pakt nachgekommen sind, war der Staat eben wieder einmal säumig.



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